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  • 01.06.2005 | Durchsuchung

    Nichtrichterliche Anordnung

    von RiOLG Detlef Burhoff, Münster
    1.Polizei und Staatsanwaltschaft müssen bei ihrem Vorgehen im Ermittlungsverfahren den Ausnahmecharakter einer nichtrichterlichen Durchsuchungsanordnung beachten. Sie dürfen die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters nicht unterlaufen. 
    2.Die in den §§ 100gund 100h StPO geregelten Schranken dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass in anderer Weise als durch ein an den Telekommunikationsdienstleister gerichtetes Auskunftsverlangen auf Verbindungsdaten des Betroffenen zurückgegriffen wird. 

     

    Sachverhalt

    Die Polizei ermittelte in einer Serie von Einbruch- und Autodiebstählen. Vor dem Haus, in dem der Beschwerdeführer wohnte, wurde ein Fahrzeug aufgefunden, das mit einem gestohlenen Kennzeichen versehen war. Der Beschwerdeführer, den die Polizeibeamten gegen 17.00 Uhr in seiner Wohnung aufsuchten, stritt jede Verbindung zu dem Fahrzeug ab. Gegen 19:00 Uhr erschienen die Polizeibeamten erneut, durchsuchten die Wohnung und beschlagnahmten das Mobiltelefon, um eventuell geführte Gespräche in der Zeit zwischen 17.00 und 19.00 Uhr zu ermitteln. Nach Auslesen der auf der SIM-Karte gespeicherten Daten gab die Polizei das Gerät dem Beschwerdeführer zurück. Der Tatverdacht bestätigte sich nicht. Das Rechtsmittel des Betroffenen hatte erst beim BVerfG Erfolg. 

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beschlüsse des AG und des LG verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1und 2 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) und seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG (Gewährung effektiven Rechtsschutzes). Die Anordnung einer Durchsuchung ist grundsätzlich dem Richter vorbehalten. Die Anordnung durch die StA oder durch Ermittlungsbeamte bei Gefahr im Verzug soll nach Wortlaut und Systematik des Art. 13 Abs. 2 GG die Ausnahme sein. Daraus folgen für das Verfahren der Wohnungsdurchsuchung zweierlei Anforderungen: 

     

    • Die Landesjustiz- und die Gerichtsverwaltungen sowie die Ermittlungsrichter müssen sicherstellen, dass der Richtervorbehalt als Grundrechtssicherung praktisch wirksam wird. Dazu gehört die Erreichbarkeit des Richters bei Tage – auch außerhalb der üblichen Dienststunden – uneingeschränkt und während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO).

     

    • Polizei und StA müssen bei ihrem Vorgehen im Ermittlungsverfahren den Ausnahmecharakter der nichtrichterlichen Durchsuchungsanordnung beachten und ggf. die nachträgliche gerichtliche Prüfung der Durchsuchungsvoraussetzungen ermöglichen. Sie dürfen die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters nicht unterlaufen, indem sie so lange zuwarten, bis die Gefahr eines Beweismittelverlustes eingetreten ist. Selbst herbeigeführte tatsächliche Voraussetzungen können die Gefahr im Verzuge und die Eilkompetenz nicht begründen. Der Durchsuchung muss zumindest der Versuch vorausgehen, einen Ermittlungsrichter – und bei dessen Unerreichbarkeit – einen StA zu erreichen (§ 105 Abs. 1 S. 1 StPO).

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