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  • · Fachbeitrag · Vergütung

    Wann dürfen Sie als Therapeut ein Ausfallhonorar verlangen?

    von Rechtsanwalt Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler

    | Für eine erbrachte Behandlungsleistung erhalten Sie als Therapeut eine Vergütung - entweder von der Krankenkasse des Patienten oder vom Patienten selbst. Für eine ausfallende Behandlung erhalten Sie grundsätzlich erst einmal nichts - es sei denn, Sie holen den Behandlungstermin (und damit auch den Umsatz) nach oder Sie verlangen als Schadenersatz ein Ausfallhonorar. In welchen Fällen Sie ein Ausfallhonorar fordern, auf welche Rechtsgrundlagen Sie sich stützen und wie Sie Ihre Beweislast reduzieren können, fasst PP für Sie zusammen. |

    Ausfallhonorar ist Schadenersatz

    Das Ausfallhonorar ist keine Vergütung für eine erbrachte Leistung, sondern eine Schadenersatzzahlung des Patienten. Einen Anspruch auf Schadenersatz haben Sie gegen einen Patienten aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.

     

    • Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausfallhonorar
    • Es wurde ein wirksamer Behandlungsvertrag abgeschlossen. Mit diesem Vertrag haben Sie sich verpflichtet, die ärztlich verordneten Therapien fachgerecht an den mit dem Patienten vereinbarten Terminen zu erbringen. Ob Sie mit dem Patienten direkt (Privatversicherte) oder mit dessen Krankenversicherung (gesetzlich Versicherte) abrechnen, spielt für die Frage, ob Sie ein Ausfallhonorar verlangen können, grundsätzlich keine Rolle. Der Patient ist verpflichtet, die vereinbarten Behandlungen abzunehmen.
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    • Der fest vereinbarte Behandlungstermin fällt aus einem Grund aus, den der Patient zu verantworten hat (z. B. aufgrund seiner Absage). Wenn Sie als Therapeut erkranken und deshalb den Termin absagen müssen, haben Sie keinen Anspruch auf Schadenersatz.
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    • Ihnen ist ein Schaden in Form eines Umsatzausfalls entstanden. Können Sie die durch die Absage des Patienten entstandene Lücke durch einen anderen Patienten füllen, ist kein Schaden entstanden. Dass und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist, müssen Sie im Streitfall genau darlegen und durch Vorlage von geeigneten Unterlagen auch beweisen (siehe PP 10/2007, Seite 6).
     

    Ausfallgebühren können nicht in allen Fällen verlangt werden. Es sind grundsätzlich drei Fallgruppen zu unterscheiden.

     

    Fallgruppe 1: Der Patient kommt - ohne Absage - nicht

    Wenn der Patient ohne Absage nicht kommt, haben sie als Therapeut einen Vergütungsanspruch, obwohl Sie keine Behandlungsleistung erbracht haben. Sie müssen sich aber ersparte Aufwendungen anrechnen lassen sowie das, was Sie durch anderweitige Verwendung Ihrer Dienste erwerben. Sagt der Patient nicht ab, stellt sich die Frage der „anderweitigen Verwendung Ihrer Dienste“ in der Regel nicht. Haben Sie als Therapeut eine pauschale Ausfallgebühr schriftlich vereinbart, so dürfen Sie diese in Rechnung stellen.

     

    Fallgruppe 2: Der Patient sagt kurzfristig ab

    Wenn der Patient kurzfristig absagt, besteht für Sie grundsätzlich ein Vergütungsanspruch. Sie müssen sich aber die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, unnötige Aufwendungen unterlassen und die Terminlücke auffüllen („anderweitige Verwendung Ihrer Dienste“). Hier kommt es auf die Größe und Struktur Ihrer Praxis an. Nicht immer werden Sie kurzfristig einen anderen Patienten behandeln können. Auch in diesem Fall dürfen Sie eine schriftlich vereinbarte pauschale Ausfallgebühr in Rechnung stellen.

     

    Fallgruppe 3: Der Patient sagt rechtzeitig ab

    Wenn der Patient rechtzeitig absagt und einen neuen Termin vereinbart, besteht für den abgesagten Termin kein Vergütungsanspruch. Der ursprüngliche Termin wurde einvernehmlich aufgehoben und durch einen neuen ersetzt.

    Die Rechtsgrundlagen

    Wird kein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen und auch keine schriftliche Vereinbarung nur über das Ausfallhonorar getroffen, können Sie als Therapeut gemäß § 615 BGB (sogenannter Annahmeverzug) die vereinbarte Vergütung vom Patienten für nicht in Anspruch genommene Termine verlangen. Auf den Vergütungsanspruch müssen Sie sich allerdings ersparte Aufwendungen (z. B. für Therapiematerialien) anrechnen lassen sowie Einnahmen, die Sie durch eine andere Verwendung Ihrer Arbeitskraft erzielt haben (z. B. durch Einschieben eines Patienten) oder hätten erzielen können.

     

    Umständliche Berechnungen dieser Art können Sie vermeiden, wenn Sie mit dem Patienten einen schriftlichen Behandlungsvertrag schließen oder in einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung ausdrücklich vereinbaren, dass und in welcher Höhe ein Ausfallhonorar zu zahlen ist. Das Ausfallhonorar ist in diesen Fällen immer eine Pauschale, ein direkter Zusammenhang zwischen der Behandlung und der zu zahlenden Vergütung besteht also nicht.

     

    MERKE | Die Vereinbarung eines Ausfallhonorars, das genauso hoch ist wie die Vergütung für die zu erbringende Behandlung, ist kritisch zu sehen. Diese Vereinbarung würde gegen die gesetzlichen Grundsätze des Annahmeverzugs verstoßen. Trotz schriftlicher Vereinbarung könnte ein Gericht im Streitfall zum Ergebnis kommen, dass die Vereinbarung nicht wirksam ist und den vertraglichen Anspruch auf die Ausfallgebühr für nicht rechtmäßig erklären.

     

    Vereinbarung exakt formulieren

    In jedem Fall sollten Sie mit dem Patienten eine schriftliche Vereinbarung über die Zahlung einer Ausfallgebühr treffen. Diese wird immer von allen Vertragspartnern unterschrieben, also auch von Ihnen selbst. Das folgende Muster finden Sie auch online unter der Abruf-Nr. 44255832.

     

    Vertragsmuster / Behandlungsvertrag

    Behandlungsvertrag

     

    zwischen

    Therapiepraxis ABC - im Folgenden Praxis -

     

    und

    Herrn / Frau XYZ - im Folgenden Patient -

     

    Der Patient wird aufgrund der ärztlichen Verordnung von Dr. … vom … mit dem Diagnoseschlüssel …in der Praxis behandelt. Die ärztliche Verordnung und die darin verordneten Behandlungsintervalle sind Bestandteil dieses Behandlungsvertrags.

     

    Der Preis pro Behandlung beträgt … Euro. (Alternativ: Die Abrechnung erfolgt mit der gesetzlichen Krankenkasse des Patienten).

     

    Es werden folgende Behandlungstermine verbindlich vereinbart: (…)

     

    Der Patient wurde darauf hingewiesen, dass die Praxis mit Wartelisten und Terminvergaben arbeitet und zur Behandlung jeweils ein Therapeut zur Verfügung steht. Bei Absagen, die nicht spätestens 24 Stunden vor dem vereinbarten Behandlungstermin erfolgen, ist es nicht möglich, einen anderen Patienten zu behandeln.

     

    Der Patient verpflichtet sich daher, Termine, die er aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht wahrnehmen kann, spätestens 24 Stunden vorher abzusagen. Unterbleibt die rechtzeitige Absage, verpflichtet sich der Patient, für den ausfallenden Termin als Schadenersatz den o. g. Betrag abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 30 Prozent/eine Ausfallpauschale i. H. v. … Euro zu zahlen.

     

    Der Patient wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Ausfallhonorar/ die Ausfallpauschale nicht von der gesetzlichen und/oder privaten Krankenversicherung übernommen wird und er dieses/diese selbst zahlen muss.

     

    Ort, Datum

    Unterschrift Praxis Unterschrift Patient

     

     

    FAZIT | Ein Ausfallhonorar setzt einen wirksamen Behandlungsvertrag, eine Verantwortlichkeit des Patienten und einen Schaden in Form eines Umsatzausfalls voraus. Einvernehmliche Terminänderungen führen nicht zu einem Ausfallhonorar. Ohne ausdrückliche Vereinbarung als Schadenersatzanspruch können Sie das Ausfallhonorar unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend machen. Sie müssen sich allerdings ersparte Aufwendungen und andere Einnahmen oder mögliche, aber unterlassene Behandlungen anrechnen lassen. Im Streitfall müssen Sie den Ihnen entstandenen Schaden konkret beziffern und beweisen. Deshalb empfiehlt sich eine ausdrückliche Vereinbarung, die die Höhe des Ausfallhonorars regelt. Die Höhe des Ausfallhonorars sollte dabei nicht identisch sein mit der zu zahlenden Vergütung für die erbrachte Behandlungsleistung.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 8 | ID 44058280