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  • · Fachbeitrag · Heilmittelverordnung

    WIdO-Bericht: Pflegebedürftige erhalten fast drei Fünftel der Heilmittelbehandlungen ab 65 Jahren

    | Pflegebedürftige ab 65 Jahren erhielten im Jahr 2022 mehr Heilmittelbehandlungen als andere Patienten der gleichen Altersgruppe. Das geht aus dem aktuellen Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor (online unter iww.de/s10389 ). Der jährlich erscheinende Bericht basiert auf den Daten der AOK-Versicherten. Und da jedes dritte Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der AOK versichert ist, erlaubt der WIdO-Bericht Rückschlüsse auf das Verordnungsgeschehen in der GKV allgemein. Alle Angaben in den folgenden Ausführungen beziehen sich ‒ soweit nichts anderes erwähnt wird ‒ auf das Berichtsjahr 2022. |

    Pflegebedürftige sind Schwerpunktthema des Reports

    Schwerpunktthema des WIdO-Heilmittelreports 2023/2024 ist die Heilmittelbehandlung Pflegebedürftiger. Der Report untersucht die Daten aller Patienten, die vom Medizinischen Dienst als pflegebedürftig i. S. d. §§ 14 und 15 Sozialgesetzbuch (SGB) XI eingestuft wurden und älter als 65 Jahre sind.

     

    30,7 Prozent der AOK-Versicherten ab 65 Jahren (knapp 1,88 Mio. Menschen) waren im Jahr 2022 mindestens einen Tag pflegebedürftig. Bei den Männern waren es 250 von 1.000 Versicherten, bei den Frauen 347 von 1.000. In der gleichen Altersgruppe entfielen überdurchschnittlich viele Heilmittelbehandlungen auf die Pflegebedürftigen: knapp 55 Prozent der Verordnungen (3,2 Mio.) und 57,5 Prozent der Behandlungen (29,3 Mio.).

     

    Am höchsten ist die Heilmittelversorgung bei den Pflegebedürftigen, die mit Unterstützung durch einen Pflegedienst zu Hause gepflegt werden (479 Heilmittelpatienten je 1.000 Pflegebedürftige), gefolgt von den Heimbewohnern (464 von 1.000) und den Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege ohne professionelle Unterstützung (402 von 1.000). Dass Pflegebedürftige in vollstationärer Versorgung weniger Heilmittel bekommen als Pflegebedürftige, die über einen Pflegedienst zu Hause gepflegt werden, interpretiert das WIdO dahin gehend, dass Pflegeheimbewohner oft schon zu fragil oder zu krank sind, um noch von einer Heilmitteltherapie zu profitieren.

     

    • Weitere Untersuchungsergebnisse zur Heilmittelbehandlung Pflegebedürftiger (Auszug)
    • Die häufigste Diagnosegruppe bei Pflegebedürftigen ist Diabetes mellitus (ICD-E10 bis ICD-E13) mit 17,8 Prozent aller pflegebedürftigen Heilmittelpatienten, gefolgt von Symptomen, die das Nerven- und das Muskel-Skelett-System betreffen (12,3 Prozent), und sonstigen Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (14,5 Prozent).
    • Mehr als jeder dritte Pflegebedürftige (352 von 1.000 AOK-Versicherten) erhielt eine Physiotherapie.
    • Auch bei den Pflegebedürftigen dominiert unter den physiotherapeutischen Heilmitteln die „normale“ Krankengymnastik (62,6 Prozent der Patienten), gefolgt von manueller Lymphdrainage (13,6 Prozent), Krankengymnastik ZNS (10,3 Prozent), manueller Therapie (9,1 Prozent) und Massage (7,5 Prozent).
    • Von einigen Ausnahmen im äußersten Westen und Nordosten Deutschlands abgesehen wurden Pflegebedürftige am häufigsten in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und dem Süden Brandenburgs mit Heilmitteln versorgt (452 bis 577 je 1.000 Pflegebedürftige).
     

    Weitere Erkenntnisse zum Verordnungsgeschehen

    Die weiteren Erkenntnisse zum Verordnungsgeschehen überraschen zum Teil wenig, denn sie entsprechen weitgehend den Feststellungen, die das WIdO schon in den Berichten der Vorjahre getroffen hat.

     

    Heilmittelumsatz steigt weiter, aber nicht mehr so stark wie im Vorjahr

    Im Jahr 2022 wurden für alle GKV-Versicherten 37,8 Mio. Heilmittelverordnungen, über 46,3 Mio. Leistungen und 317 Mio. Behandlungen ausgestellt. Für die AOK-Versicherten waren es 13,2 Mio. Verordnungen, 16,6 Mio. Leistungen und 112,3 Mio. Behandlungen.

     

    Je 1.000 GKV-Versicherten wurden 629 Leistungen abgerechnet, das sind 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr. In der AOK waren es 596 Leistungen je 1.000 Versicherte (1,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Über die GKV insgesamt wurde 2022 ein Heilmittelumsatz i. H. v. 11,1 Mrd. Euro erwirtschaftet (Ausgaben der GKV und Zuzahlung der Patienten), über die AOK waren es 4,02 Mrd. Euro. Je 1.000 Versicherte gab die GKV 150.683 Euro aus. Das entspricht einem Zuwachs von knapp 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die AOK zahlte pro 1.000 Versicherte 144.452 Euro ‒ 8,4 Prozent mehr als im Vorjahr.

     

    MERKE | Im Jahr 2021 waren bei der Anzahl der Verordnungen, Behandlungen und Leistungen noch zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen gewesen ‒ es handelte sich offenbar um Nachholeffekte gegenüber dem „Pandemiejahr“ 2020.

     

    Der Löwenanteil entfällt weiterhin auf die Physiotherapie

    In der Physiotherapie wurden zulasten der GKV rund 254 Mio. einzelne Behandlungen im Wert von 7,8 Mrd. Euro abgerechnet. Damit bleibt die Physiotherapie mit 80,1 Prozent der Behandlungen und 70,5 Umsatzanteil weiterhin der größte Heilmittelbereich.

     

    Je 1.000 GKV-Versicherte wurden 486 physiotherapeutische Leistungen mit 3.454 Behandlungen erbracht. Das sind 4 Prozent weniger Leistungen und 1,7 Prozent weniger Behandlungen als im Vorjahr. Je 1.000 AOK-Versicherte waren es 445 Leistungen (- 3 Prozent) mit 3.153 Behandlungen (-0,7 Prozent).

     

    Im Gegensatz dazu ist der Umsatz der Physiotherapeuten über die GKV wie auch über die AOK weiter gestiegen: Die GKV gab 7,8 Mrd. Euro für Physiotherapie aus, die AOK 2,7 Mrd. Pro 1.000 Versicherte zahlte die GKV 106.306 Euro, das sind 6,4 Prozent mehr als im Vorjahr, in der AOK waren es 99.800 Euro (+ 7,3 Prozent).

     

    Sachsen bleibt bei den Behandlungen Spitzenreiter

    Gemessen an der Zahl der Behandlungen je 1.000 Versicherte bleibt Sachsen mit 5.336 Behandlungen Spitzenreiter im regionalen Vergleich. Es folgen Mecklenburg-Vorpommern (4.888 Behandlungen), Sachsen-Anhalt (4.815), Berlin (4.297) und Hamburg (4.095). Weit unter dem Bundesdurchschnitt (3.454 Behandlungen je 1.000 Versicherte) liegen Bremen (2.982 Behandlungen), Westfalen-Lippe (2.608) und Hessen (2.558).

     

    Orthopäden und Chirurgen verordnen am meisten

    Unter den verordnenden Facharztgruppen nimmt die zusammengefasste Fachgruppe der Orthopäden und Chirurgen den Spitzenplatz ein. Knapp die Hälfte (49,1 Prozent) aller 2,1 Mio. physiotherapeutischen AOK-Patienten erhielt die Verordnung von ihnen. Es folgen

    • Allgemeinmediziner / praktische Ärzte (41,9 Prozent),
    • Internisten (17,3 Prozent),
    • Psychiater / ärztliche Psychotherapeuten / Nervenärzte (4,0 Prozent),
    • Kinderärzte (2,2 Prozent),
    • HNO-Ärzte (0,3 Prozent) und
    • andere (5,1 Prozent).

     

    Die Patientenklientel ist überwiegend weiblich, fast die Hälfte über 60 Jahre

    Im Durchschnitt wurden je 1.000 AOK-Versicherte 155 Personen physiotherapeutisch behandelt. Je 1.000 Versicherte waren es 119 Männer und 189 Frauen. Fast zwei Drittel der Physiotherapiepatienten sind Frauen. Knapp die Hälfte (48,1 Prozent) aller physiotherapeutisch behandelten Personen ist 60 Jahre und älter. Auch in dieser Altersgruppe überwiegen die Frauen: 50,4 Prozent von ihnen erhielten physiotherapeutische Leistungen, bei den Männern waren es nur 50,4 Prozent. Am höchsten ist die Rate der Physiotherapiepatienten im Alter von 85 bis 89 Jahren: 301 von 1.000 AOK-Versicherten dieser Altersgruppe wurden physiotherapeutisch behandelt.

     

    Bezogen nur auf die tatsächlichen Patienten erhielt jeder Patient im Durchschnitt 20,4 Behandlungen, Männer 19 und Frauen 20. Im Alter von 85 sind es 24 Behandlungen bei den Männern und 28 bei den Frauen. Die jährlichen Kosten pro Patient beliefen sich auf 635 Euro.

     

    Unspezifische Rückenschmerzen und Krankengymnastik bleiben jeweils weiter auf Rang 1

    Mit 27,2 Prozent der Physiotherapiepatienten bleibt die Diagnose „unspezifische Rückenschmerzen“ (ICD-M54) weiter an erster Stelle. Betroffen waren im Jahr 2022 mehr als 1,17 Mio. AOK-Versicherte. Es folgen Schulterläsionen (M75) mit 6,3 Prozent der Patienten, sonstige Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückens (5,5 Prozent) sowie mehrere weitere Diagnosegruppen mit Anteilen von 4 bis 5 Prozent.

     

    Mit rund 70 Prozent aller physiotherapeutischen Maßnahmen wurde normale Krankengymnastik abgerechnet, gefolgt von

    • manueller Therapie (25,0 Prozent),
    • Wärme-/Kältetherapie (15,8 Prozent),
    • manueller Lymphdrainage (10,8 Prozent) und
    • Massage (5,7 Prozent).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Quelle: Wissenschaftliches Institut der AOK, WIdO (Hrsg.): Heilmittelbericht 2023/2024. Ergotherapie, Sprachtherapie, Physiotherapie. Podologie, Berlin, Januar 2024, PDF, 76 Seiten, online unter iww.de/s10389
    • WIdO-Bericht 2022/2023: nach Pandemiejahr zweistellige Zuwachsraten für Heilmittel (PP 03/2023, Seite 3 ff.)
    Quelle: Ausgabe 03 / 2024 | Seite 3 | ID 49920609