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  • · Fachbeitrag · Personengesellschaften mit Auslandsbezug

    Abzugsverbot für Sonderbetriebsausgaben - die Wirkungsweise des neuen § 4i EStG

    von Univ.-Prof. Dr. Stephan Kudert und Dr. Christian Kahlenberg, beide Frankfurt (Oder)

    | Die Arbeiten der OECD und EU scheinen im Bereich der hybriden Gestaltungsstrukturen weitgehend abgeschlossen. Nun haben die einzelnen Steuerjurisdiktionen zu reagieren und die OECD-Empfehlungen bzw. EU-Vorgaben im Bereich des europäischen Sekundärrechts umzusetzen. Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Änderung der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und -verlagerungen“ scheint dies in Deutschland nun zu geschehen. Die Einführung des § 4i EStG steht ausweislich der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Abwehr von hybriden Gestaltungen. |

    1. Hintergrund

    Das OECD-BEPS-Projekt fand mit der Veröffentlichung der endgültigen Berichte im Oktober 2015 seinen vorläufigen Abschluss. Im Juli 2016 folgte die Publikation der EU-BEPS-Richtlinie. Beide Projekte haben gemein, dass insbesondere Regelungen zur Neutralisierung hybrider Gestaltungseffekte vorgegeben werden. Das Grundproblem dieser Gestaltungen liegt hauptsächlich in einer abweichenden Qualifikation einer Gesellschaft (transparent versus intransparent) oder eines Finanzinstruments (Eigen- versus Fremdkapital) durch die beteiligten Staaten. In der Folge können vor allem Zahlungen aus schuldrechtlichen Beziehungen unterschiedlich behandelt werden. Dies kann im Ergebnis zu einem Betriebsausgabenabzug ohne korrespondierende Besteuerung (Deduction/non-Inclusion-Effekt) oder zu einem doppelten Betriebsausgabenabzug (Double-Deduction-Effekt) führen (ausführlich Kahlenberg, PIStB 14, 312 ff.).

     

    Als Reaktion des Gesetzgebers folgt nun § 4i EStG, der nach dessen Auffassung im Zusammenhang mit dem OECD-Aktionspunkt 2 (Neutralising Hybrid Mismatch Arrangements) steht (BR-Drs. 406/1/16, 4). Die Regelung fand sich zunächst nicht in dem am 12.8.16 vorgelegten Gesetzesentwurf (BT-Drs. 18/9536), sondern wurde durch den Bundesrat in seiner Stellungnahme ergänzt und in die nachfolgenden Verabschiedungen des Gesetzes zur Umsetzung der Änderung der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und -verlagerungen (sog. BEPS-Umsetzungsgesetz 1) übernommen.

     

    1Aufwendungen eines Mitunternehmers dürfen nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. 2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen mindern, die bei ihm sowohl der inländischen Besteuerung unterliegen als auch nachweislich der tatsächlichen Besteuerung in dem anderen Staat.“

     

    2. Problemstellung

    Es ist allgemein bekannt, dass das deutsche Mitunternehmerkonzept im grenzüberschreitenden Kontext zu Konflikten führt (für Outbound-Situationen z. B. BFH 27.2.91, I R 15/89, BStBl II 91, 444, 31.5.95, I R 74/93, BStBl II 95, 683 und für Inbound-Situationen BFH 17.10.07, I R 5/06, BStBl II 09, 356; 8.9.10, I R 74/09, IStR 11, 32; 12.6.13, I R 47/12, BStBl II 14, 770). Grund dafür ist das zweistufige Gewinnermittlungsschema bei Mitunternehmerschaften:

     

    • Auf der 1. Stufe wird zunächst der Gesamthandsgewinn ermittelt und steuerlich den einzelnen Mitunternehmern anteilig zugerechnet (unproblematisch).

     

    • Anschließend folgt auf der 2. Stufe eine Ergänzung um Erträge und Aufwendungen, die der betreffende Mitunternehmer aus seinem Sonderbetriebsvermögen (SBV) erzielt (sehr problematisch).

     

    MERKE | Für die steuerliche Erfassung ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob die Erträge bzw. Aufwendungen dem SBV I (unmittelbare Nutzung von Wirtschaftsgütern durch die Personengesellschaft) oder SBV II (Stärkung oder Begründung der Gesellschafterstellung) zuzurechnen sind.

     

    Die vorliegende Problemstellung erwächst gerade aus diesem Sonderbetriebsvermögens-Institut, weil es weltweit nahezu unbekannt ist; in Grundzügen allenfalls noch in Österreich. Die Erträge und Aufwendungen aus dem SBV werden in den anderen Staaten zumeist nicht dem Gewinn aus der Mitunternehmerschaft zugerechnet, sondern außerhalb der mitunternehmerischen Sphäre erfasst. Sofern nun Deutschland diese Erträge bzw. Aufwendungen im grenzüberschreitenden Kontext der Personengesellschafts-Betriebsstätte zurechnet - z. B. auf Basis von § 50d Abs. 10 EStG (hierzu PIStB 13, 97 ff.; PIStB 14, 199; PIStB 15, 17 ff.) - werden sie in Konsequenz doppelt erfasst.

     

    • § 50d Abs. 10 EStG

    1Sind auf eine Vergütung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 zweiter Halbsatz […] Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden […], gilt die Vergütung […] ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters. […] 3Die Vergütung des Gesellschafters ist ungeachtet der Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung […] derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zuzurechnen, der der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist […].“

     

    MERKE | Nach § 50d Abs. 10 EStG gelten (Fiktion) Sondervergütungen ausschließlich als Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA (S. 1) und werden derjenigen Betriebsstätte zugerechnet (Fiktion), die den korrespondierenden Aufwand trägt (S. 3).

     
    • Beispiel 1

    Die im Ausland ansässige B-Co. - soll nach dem Rechtstypenvergleich einer inländischen GmbH entsprechen - ist Mitunternehmerin einer inländischen, gewerblich tätigen OHG. Um ihre Kapitaleinlage leisten zu können, hatte sie bei einer ausländischen Bank ein Darlehen aufgenommen, für das sie angemessene Zinsen zahlt.

     

    Das Refinanzierungsdarlehen stellt aus deutscher Sicht unzweifelhaft negatives SBV II dar. Mithin sind die entsprechenden Zinsaufwendungen auch als Sonderbetriebsausgaben der inländischen OHG zuzurechnen, da sie durch diese wirtschaftlich verursacht sind. Aus deutscher Sicht werden daher innerstaatlich die dafür geleisteten Zinsen der Personengesellschafts-Betriebsstätte (OHG) zugerechnet und mindern den auf B-Co. entfallenden Gewinn aus der deutschen Mitunternehmerschaft (§ 4 Abs. 4 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bzw. Art. 7 Abs. 1 S. 1, 2. HS i. V. m. S. 2 OECD-MA).

     

    Nichts anderes sollte sich abkommensrechtlich unter Berücksichtigung von § 50d Abs. 10 S. 1 i. V. m. S. 3, 2. HS EStG i. V. m. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA ergeben. Demnach werden neben den klassischen Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG) auch die durch das SBV veranlassten Erträge und Aufwendungen der aufwandstragenden Personengesellschafts-Betriebsstätte zugerechnet. Zu beachten wäre allerdings, dass § 50d Abs. 10 S. 3, 2. HS EStG jedenfalls nur dann einschlägig sein kann, wenn auch tatsächlich Sondervergütungen gezahlt werden (s. Kahlenberg, PIStB 16, 8).

     

    Beachten Sie | Ob § 50d Abs. 10 EStG aber für Erträge und Aufwendungen aus dem SBV II überhaupt anwendbar ist, wird stark bezweifelt (sehr anschaulich Hagemann, BFuP 16, 474 ff.).

     

    Aus Sicht des Ansässigkeitsstaates der B-Co. werden die für das Refinanzierungsdarlehen geleisteten Zinsen steuerlich als regulär abzugsfähige Betriebsausgaben der B-Co. zugeordnet. Grund dafür dürfte regelmäßig sein, dass dieser Aufwand der betrieblichen Sphäre der Kapitalgesellschaft zugeordnet wird (sie ist der Schuldner) und das deutsche Sonderbetriebsvermögens-Institut keine Anwendung findet. In der Folge mindern die Zinsen die Steuerbemessungsgrundlage der B-Co. im Ansässigkeitsstaat und zugleich den deutschen Gewinn aus der Mitunternehmerschaft.

    Die Gestaltungsmodelle für einen doppelte Betriebsausgabenabzug (DD-Effekt) sind zwar hinlänglich bekannt (Lüdicke, StbJb 97/98, 477; Menck StBp 97, 177), werden aber erst jetzt durch § 4i EStG (möglicherweise) eingefangen.

    3. Regelungsziel

    Die Einfügung von § 4i EStG zielt auf eine Abzugsbeschränkung für Sonderbetriebsausgaben beim Mitunternehmer ab, falls die betreffenden Aufwendungen - wie soeben geschildert - nicht nur bei der inländischen Bemessungsgrundlage (etwa bei der OHG), sondern auch irgendwo anders steuerlich geltend gemacht werden können (nämlich auch auf Ebene der B-Co.). Dabei ist die Regelung zweistufig konzipiert:

     

    • Grundregel: Zunächst bestimmt § 4i S. 1 EStG, dass Aufwendungen eines Mitunternehmers nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit diese auch in einem anderen Staat die Steuerbemessungsgrundlage mindern.

     

    • Ausnahme: Die Abzugsbeschränkung hinsichtlich der (Sonder-)Betriebsausgaben wird sodann durch § 4i S. 2 EStG eingegrenzt. So greift das Abzugsverbot nur ein, soweit (erneut quantitativ-konditional) die Aufwendungen auch Erträge dieses Mitunternehmers übersteigen, die ebenfalls doppelt berücksichtigt werden. Voraussetzung dafür ist, dass neben der Erfassung in der inländischen Bemessungsgrundlage das Ausland jene Erträge nachweislich auch tatsächlich besteuert hat. Ist dies der Fall, wird der Betriebsausgabenabzug nicht eingeschränkt.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Wort „soweit“ soll bewirken, dass eine Betriebsausgabe nur für den Teil steuerlich nicht abziehbar ist, der doppelt erfasst wird (sog. Einkünfteatomisierung). Werden Zinsen nur anteilig doppelt berücksichtigt, greift das Abzugsverbot ebenfalls nur anteilig.

     

    Ausweislich der Gesetzbegründung werden doppelte Betriebsausgaben bei Personengesellschaften in erheblichem Maße für die Erzielung von Steuervorteilen ausgenutzt. Der dadurch verursachte DD-Effekt soll in Deutschland - analog zu den Maßnahmen des OECD-Aktionspunkts 2 - versagt werden. Da es sich um ein milliardenhohes Betriebsausgabenabzugsvolumen handele, möchte der Gesetzgeber diese Problematik sofort gelöst wissen.

     

    Es scheint so, als würde der Gesetzgeber selbst erkennen, dass es sich im Bereich des SBV nicht um die von OECD und EU anvisierten hybriden Gestaltungen handelt, weshalb auch kein Abstimmungsbedarf gesehen wird (BR-Drs. 406/1/16, 4). Als Begründung wird angeführt, dass sich die EU-BEPS-RL subjektiv ausschließlich an Kapitalgesellschaften richtet und die OECD-Empfehlung 6 die gegenständliche Problemstellung wohl nicht zu lösen vermag. Diese Empfehlung konzentriert sich nämlich ausschließlich auf Besteuerungsdiskrepanzen, die durch hybride Gesellschaften verursacht werden.

     

    • Beispiel 2

    An der im Ausland ansässigen A-Co. ist eine deutsche GmbH beteiligt. Nach dem Rechtstypenvergleich qualifiziert sich die A-Co. als Personengesellschaft, wird aber aus Sicht ihres Ansässigkeitsstaates (z. B. Estland, Litauen, Portugal, Slowakei etc.) steuerlich einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt. Die Tätigkeit der A-Co. beschränkt sich z. B. auf das Halten und Verwalten von Beteiligungen (Vermögensverwaltung). Im VZ 2016 nimmt die A-Co. nunmehr ein Darlehen bei einer Bank auf und zahlt dafür angemessen hohe Zinsen.

     

    Aus deutscher Sicht wird die A-Co. transparent behandelt, weshalb diese allenfalls für Zwecke der Gewinnermittlung bedeutsam ist. Die Einkünfte werden hingegen der GmbH zugerechnet (Transparenzprinzip). Aufgrund der bloßen Vermögensverwaltung scheitert die Annahme einer Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat der A-Co., weshalb die Zinsen die Steuerbemessungsgrundlage der GmbH unmittelbar mindern (§ 4 Abs. 4 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG). Gleiches gilt auf Abkommensebene. Demgegenüber behandelt Staat A die A-Co. intransparent, weshalb die Zinsen dort die Steuerbemessungsgrundlage der A-Co. mindern (DD-Effekt).

     

    Vorliegend ist der Steuersubjekt-Qualifikationskonflikt betreffend die A-Co. ursächlich für den doppelten Betriebsausgabenabzug. Nach der Empfehlung 6 des OECD-Aktionspunkts 2 soll daher der Staat (Deutschland) der Muttergesellschaft (GmbH) den Betriebsausgabenabzug versagen. Ein Abgleich mit § 4i EStG macht deutlich, dass zwar sowohl die Besteuerungsdiskrepanz (DD-Effekt) als auch die Rechtsfolgen (Abzugsverbot in Deutschland) identisch sind. Gleichwohl fallen die Tatbestandsanforderungen auseinander, weil im skizzierten Beispiel keine Sonderbetriebsausgaben vorliegen. § 4i EStG würde also im Beispiel 2 nicht greifen. Mithin trifft die Vermutung des Gesetzgebers im Kern zu: Das von der Empfehlung 6 des OECD-Aktionspunkts 2 anvisierte Problem lässt sich nicht auf den SBV-Bereich übertragen, weshalb die Maßnahmen insoweit auch nicht greifen würden - mangels Steuersubjekt-Qualifikationskonflikt.

    4. Die Tatbestandsmerkmale anhand von Praxisfällen

    Durch § 4i EStG sind lediglich Aufwendungen im Bereich des SBV betroffen, d. h., die Regelung nimmt keinen Einfluss auf das Gesamthandsvermögen (s. Gesetzesbegründung BR-Drs. 406/1/16, 4).

     

    • Beispiel 3

    An einer in Deutschland vermögensverwaltend tätigen, gewerblich geprägten GmbH & Co. KG (z. B. Liquiditätsmanagement) sind A und B beteiligt, beide im DBA-Ausland ansässig. Die GmbH & Co. KG nimmt ein Darlehen bei einer inländischen Bank auf und zahlt dafür angemessene Zinsen. Die KG wird vom Ausland als transparent behandelt.

     

    Die Zinsen mindern auf Gesamthandsebene als Betriebsausgaben den Gewinn aus der Mitunternehmerschaft (§ 4 Abs. 4 i. V. m. § 15 Abs. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die gewerbliche Prägung dürfte im Ausland - Ansässigkeitsstaat von A und B - regelmäßig nicht anerkannt werden. Aufgrund der vermögensverwaltenden Tätigkeit begründet die GmbH & Co. KG aus ausländischer Sicht regelmäßig keine Betriebsstätte in Deutschland, weshalb der Zinsaufwand aus dortiger Sicht allein dem jeweiligen Mitunternehmer zuzurechnen ist. Folglich wird der Zinsaufwand sowohl in Deutschland als auch im Ansässigkeitsstaat von A und B berücksichtigt. Mangels Eigenschaft als Sonderbetriebsausgaben fallen die Zinsen jedoch nicht unter die Abzugsbeschränkung von § 4i EStG.

     

    MERKE | Nach allein nationalem Recht kann auch die bloße vermögensverwaltende Tätigkeit zur Betriebsstättenbegründung nach § 12 AO führen (dazu FG Bremen 25.6.15, 1 K 68/12 (6), EFG 16, 88; ausführlich PIStB 16, 156).

     

    Weiterhin greift das Abzugsverbot nur ein, soweit die Sonderbetriebsausgaben doppelt berücksichtigt werden. Kommt es dementsprechend nur zu einer anteiligen Doppelberücksichtigung - z. B. weil Zinsen im Rahmen von Unterkapitalisierungsvorschriften nur anteilig abziehbar sind -, greift das Abzugsverbot auch nur insoweit ein. Ferner ist es unbeachtlich, ob es sich um Aufwendungen aus dem SBV I oder II handelt, da der Tatbestand insoweit generell von Sonderbetriebsausgaben spricht.

     

    PRAXISHINWEIS | § 4i EStG fordert eine Doppelberücksichtigung, trifft aber keine nähere Einschränkung dazu, ob diese periodengleich erfolgen muss oder auch periodenübergreifend erfolgen kann. Aufschluss darüber liefert die Gesetzesbegründung, nach der auch der vor- oder nachgelagerte Betriebsausgabenabzug relevant ist. Diese Vorstellung dürfte in der Praxis äußerst problematisch zu handhaben sein.

     
    • Beispiel 4

    Die in Staat A (kein DBA mit Deutschland) ansässige A-Co. überlässt der im Inland gewerblich tätigen OHG, an der sie beteiligt ist, eine Maschine (AK = 100.000 EUR) befristet zur Nutzung (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer fünf Jahre), ohne hierfür eine entsprechende Mietzahlung zu fordern.

     

    Die die jährliche Abnutzung abbildende AfA zählt aus deutscher Sicht zu den Sonderbetriebsausgaben der A-Co., die den Gewinn aus der Mitunternehmerschaft auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung mindern (§ 4 Abs. 4 i. V. m. §  5 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Eine entgeltliche Nutzungsüberlassung ist für die Annahme der Abschreibungsbeträge als Sonderbetriebsausgaben nicht erforderlich. Bilanzsteuerrechtlich hat die AfA in Deutschland linear über die Nutzungsdauer zu erfolgen (§ 5 Abs. 6 i. V. m. 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 1 f. EStG).

     

    MERKE | Vorliegend käme auch keine Einkünfteberichtigung nach § 1 AStG in Betracht, da durch die unentgeltliche Überlassung an die OHG keine inländischen Einkünfte gemindert werden.

     

    Aus Sicht des Ansässigkeitsstaates der A-Co. sollte die Überlassung nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führen (Befristung!), sondern die Maschine auch steuerlich weiterhin der A-Co. zuzurechnen sein (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO Umkehrschluss). Dabei würde der Staat A die AfA aber allein als Aufwand der A-Co. beurteilen und dementsprechend die Steuerbemessungsgrundlage der A-Co. mindern. Erneut würden die Sonderbetriebsausgaben (hier: die AfA) doppelt berücksichtigt. Sofern Staat A nunmehr andere steuerbilanzielle Abschreibungsmodalitäten gewährt als Deutschland (z. B. geometrisch-degressiv), käme es zu unterschiedlichen Abschreibungsbeträgen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt:

     

    • Unterschiedliche Abschreibungsbeträge (in EUR)
    Deutschland
    Staat A

    Buchwert

    AfA

    Buchwert

    AfA

    Jahr 01

    100.000

    20.000

    100.000

    25.000

    Jahr 02

    80.000

    20.000

    75.000

    18.750

    Jahr 03

    60.000

    20.000

    56.250

    14.062

    Jahr 04

    40.000

    20.000

    42.188

    10.546

    Jahr 05

    20.000

    20.000

    31.642

    31.642

     

    Für die Anwendung des § 4i EStG wäre dies unbeachtlich. Zwar wird der Abschreibungsaufwand durch die verschiedenen Abschreibungsmethoden über die Nutzungsdauer abweichend verteilt. In der Gesamtbetrachtung erfolgt gleichwohl eine Berücksichtigung der Abschreibung der gesamten Anschaffungskosten in beiden Staaten und somit ein doppelter Betriebsausgabenabzug. Folglich würden die durch die AfA verursachten Sonderbetriebsausgaben in Deutschland dem Abzugsverbot nach § 4i S. 1 EStG unterfallen.

     

    Wie bereits erwähnt, wird das Abzugsverbot jedoch über § 4i S. 2 EStG dahin gehend eingeschränkt, dass Sonderbetriebsausgaben weiterhin vollständig abzugsfähig sind, soweit auch Erträge doppelt erfasst werden.

     

    Für das vorstehende Beispiel wäre bei bloßer grammatikalischer Auslegung des § 4i S. 2 EStG zu argumentieren, dass die Gewinnanteile der A-Co. aus der Mitunternehmerschaft sowohl in Deutschland als auch im Staat A der Besteuerung unterliegen; zumindest wenn Staat A den Betriebsstättengewinn nicht freistellt. Bei teleologischer Auslegung könnte man auch vertreten, dass nur die Betriebseinnahmen gemeint sein könnten, die mit der AfA korrespondieren. Dies wäre hier allenfalls eine Mietzahlung der OHG an die A-Co., die vorliegend wegen der unentgeltlichen Überlassung nicht existiert. Mithin wäre die Anwendbarkeit von Satz 2 zu hinterfragen. Etwas anderes könnte auch nicht gelten, wenn das Recht des Staates A eine Einkünftekorrekturnorm vorsieht, die aufgrund der - fremdunüblichen - unentgeltlichen Überlassung des Wirtschaftsgutes eine Gewinnerhöhung bei der A-Co. vorschreibt (ähnlich wie § 1 Abs. 1, Abs. 5 AStG), da selbst bei einer Einkünftekorrektur in Staat A aufgrund der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung Deutschland keine mit der AfA korrespondierenden Erträge besteuert. Der Anwendungsbereich des § 4i S. 2 EStG wäre mangels Doppelerfassung nicht eröffnet.

     

    Aufgrund der wörtlichen Eingrenzung „soweit“ (quantitativ-konditional) müssen die doppelt erfassten Erträge zudem die doppelt berücksichtigten Betriebsausgaben übersteigen und zugleich tatsächlich der Besteuerung unterliegen. Die zentrale Frage wird zukünftig lauten, „wann wurden Erträge eigentlich tatsächlich besteuert?“

     

    Als tatsächliche Besteuerung wird in der Gesetzesbegründung allgemein und abstrakt der Einbezug in die Steuerbemessungsgrundlage im anderen Staat beschrieben. Steuerbefreiungen und fehlende Steuerbarkeit sprechen gegen die tatsächliche Besteuerung (BR-Drs. 406/1/16, 6). Diese Voraussetzungen mögen noch einleuchten. Gleichzeitig hält die Gesetzesbegründung aber auch den Hinweis parat, dass auch eine aus sonstigen Gründen ausbleibende Besteuerung keiner tatsächlichen Besteuerung entspricht. Was hierunter gemeint ist, bleibt völlig unklar.

     

    PRAXISHINWEIS | In dem zu abkommensrechtlichen Subjekt-to-tax-Klauseln ergangenen BMF-Schreiben (BMF 20.6.13, IV B 2 - S 1300/09/10006, BStBl I 13, 980) finden sich eine Vielzahl von Beispielen, wann die Finanzverwaltung von einer tatsächlichen Besteuerung ausgeht, und wann nicht (dazu PIStB 14, 10 ff.). Hieran sollten sich Steuerpflichtige und Berater im Zweifel orientieren.

     
    • Beispiel 5

    Die im DBA-Staat A ansässige A-Co. - entspricht einer deutschen GmbH - ist Mitunternehmerin einer inländischen OHG. Die A-Co. besitzt einen Maschinenpark, den sie entgeltlich an die OHG vermietet. Die dafür zu leistenden Mietzahlungen von 75.000 EUR stellen Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS EStG dar. Den Maschinenpark hatte die A-Co. durch ein Bankdarlehen finanziert, für das angemessene Zinszahlungen von jährlich 30.000 EUR zu zahlen sind.

     

    Das Bankdarlehen stellt negatives SBV I dar, weshalb die Zinsen der A-Co. den Gewinn aus der Mitunternehmerschaft auf der 2. Stufe mindern (§ 4 Abs. 4 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Staat A erkennt erneut annahmegemäß das Mitunternehmerkonstrukt nicht an und ordnet die Zinszahlung direkt der A-Co. zu. Es kommt zu einem doppelten Betriebsausgabenabzug (DD-Effekt): In Deutschland im Rahmen der Mitunternehmerschaft und im Staat A unmittelbar bei der A-Co. Somit würde § 4i S. 1 EStG den Abzug der Zinsen verwehren.

     

    Hier greift nun § 4i S. 2 EStG ein: Die Mietzahlungen sind aus Sicht des Staates A abkommensrechtlich i. d. R. Lizenzgebühren (Spezialitätsgrundsatz: Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Art. 12 Abs. 1, 2 OECD-MA), die in Staat A besteuert werden können. Zwar unterfallen Mietzahlungen für gewerbliche Ausrüstungen seit dem OECD-MA 1992 nicht mehr Art. 12 OECD-MA (zur Gefahr doppelter Nichtbesteuerung bereits PIStB 12, 105 ff.). Die dafür verantwortliche Streichung des Begriffs „Ausrüstungen“ in der Definition von Lizenzgebühren (Art. 12 Abs. 2 OECD-MA) wurde aber in der überwiegenden Zahl deutscher DBA nicht konsequent nachvollzogen (vgl. zum Überblick Pöllath/Lohbeck in: V/L, DBA, 6. Aufl. 16, Art. 12 Rn. 79).

     

    Aus deutscher Sicht handelt es sich bei den Mietzahlungen um Sondervergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS EStG, die unter § 50d Abs. 10 EStG fallen. Damit gelten die Mietzahlungen abkommensrechtlich ausschließlich als Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) und werden der inländischen (Personengesellschafts-)Betriebsstätte (OHG) zugerechnet, da diese die Miete als Aufwand auf Gesamthandsebene gebucht hat (§ 50d Abs. 10 S. 1, 3 EStG). Die in Staat A anfallende Steuer kann dann auf die inländische Körperschaftsteuerschuld der A-Co. angerechnet werden (§ 50d Abs. 10 S. 5 EStG). Folglich werden die Mietzahlungen steuerlich ebenfalls doppelt erfasst, da das Ausland die deutsche Steuer, die nach deren Verständnis zu Unrecht erhoben wurde, nicht anrechnen wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Als gewerbliche Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG) unterliegen die Mietzahlungen stets auch der Gewerbesteuer (§ 7 S. 6 GewStG). Eine Anrechnungsoption ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer besteht aber nicht.

     

    Nach § 4i S. 2 EStG hat der Steuerpflichtige jedoch den Nachweis zu erbringen (§ 90 Abs. 2 AO), dass die Miete im Ausland tatsächlich besteuert wurde. Ist dies der Fall, können die Sonderbetriebsausgaben in einer Vergleichsrechnung von den doppelt erfassten Erträgen abgezogen werden. Da im vorliegenden Fall die doppelt erfassten Erträge (75.000 EUR) die doppelt berücksichtigten Sonderbetriebsausgaben (30.000 EUR) übersteigen, greift das Abzugsverbot nicht.

     

    Beachten Sie | § 4i S. 2 EStG erfordert lediglich einen Vergleich der Erträge mit den (Sonderbetriebs-)Ausgaben, nicht aber einen Vergleich hinsichtlich der Steuerzahlungen der betreffenden Beträge im In- und Ausland.

     

    Die mit § 4i S. 2 EStG vorgesehene Ausnahme ist zu begrüßen, schützt sie doch vor einer stark überschießenden Regelungswirkung. Gleichwohl ist zu beachten, dass dem Steuerpflichtigen die Nachweispflicht auferlegt werden soll (BR-Drs. 406/1/16, S. 6), sowohl um eine doppelte Aufwandsberücksichtigung zu widerlegen als auch um eine tatsächliche Besteuerung doppelt erfasster Erträge anzuzeigen. Die damit verbundenen verfahrensseitigen Hürden sind derzeit noch nicht abzusehen. Gleichwohl sollte für den Fall einer vor- bzw. nachgelagerten Berücksichtigung von Aufwendungen und Erträgen die Korrektur bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich sein, sofern die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist. Damit wird sich das endgültige Festsetzungsverfahren weiter verschieben.

    5. Zusammenfassung

    Mit § 4i EStG möchte der Gesetzgeber Besteuerungslücken schließen, die sich aus der Gestaltung zur doppelten Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben ergeben. Diese Maßnahme weicht dabei klar von den Empfehlungen bzw. Vorgaben von OECD bzw. EU ab, da die dort adressierten Vorgaben nur hybride Gestaltungen betreffen. § 4i EStG hingegen knüpft allein an Besteuerungskonflikte an, die sich aus dem Sonderbetriebsvermögens-Institut ergeben.

     

    Wenngleich die Intention von § 4i EStG nachvollziehbar ist, dürften sich erhebliche Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung ergeben. Grund dafür ist insbesondere die intertemporale Betrachtung in Bezug auf doppelt erfasste Betriebseinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben. So wird zukünftig eine kontinuierliche Dokumentation der steuerlichen Behandlung im Ausland über mehrere Veranlagungszeiträume erforderlich sein, um einen Nachweis gegen die Vermutung einer doppelten Berücksichtigung erfolgreich führen zu können. Diese periodenübergreifende Dokumentation betrifft natürlich auch mögliche Erträge. Falls die Abzugsbeschränkung nämlich eingreift, ist eine Verrechnung mit doppelt erfassten (korrespondierenden) Erträgen, die nachweislich auch im Ausland besteuert wurden, möglich. Nur der übersteigende Betrag an Sonderbetriebsausgaben unterliegt dann dem Abzugsverbot. Die Doppelerfassung von Erträgen muss aber ebenfalls nicht phasengleich erfolgen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2017 | Seite 44 | ID 44441020

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