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Schneiden Nettopolicen wirklich besser ab?
von Peter Hieber, Finanzplanung, Leonberg
| (Lebens-)Versicherungen werden zumeist als Bruttopolicen verkauft. Gerade gegenüber Verbrauchern sind die in der Bruttopolice enthaltenen Abschluss- und Vertriebskosten bzw. Provisionen so lange kein Thema, bis der Rückkaufsfall eintritt und sie sich über die niedrigen Rückkaufswerte wundern. Bruttopolicen werden aber auch mit Blick auf die Anlageberatungsqualität kritisch gesehen. Denn der Kunde kann z.B. nicht sicher sein, ob die Versicherung nur wegen der hohen Provision empfohlen wird. Abhilfe sollen da Nettopolicen schaffen. Doch was leisten sie wirklich? |
Nettopolicen bieten mehr Transparenz
Bei Bruttopolicen zahlt der Versicherungskunde die Abschluss- und Vertriebskosten erst nach Abschluss. Der Versicherer entnimmt die Kosten dann den Beiträgen und nur der Rest wird investiert. Die Abschlusskosten werden auf die ersten fünf Jahre gleichmäßig verteilt. Nettotarife hingegen sind abschlusskostenfreie Tarife, in die keine Provision oder damit zusammenhängende Kosten eingerechnet werden. Der Versicherungskunde schließt zusätzlich eine Honorarvereinbarung (z.B. nach Zeitaufwand oder auch Festpreis) ab. Eine Provisionierung durch das Versicherungsunternehmen erfolgt dann nicht.
Netto- oder Honorartarife gibt es zwischenzeitlich für alle staatlich geförderten Altersvorsorgewege, Riester- und Basisrente (Rürup-Rente) sowie für die betriebliche Altersversorgung und auch für die Invaliditätsabsicherung (Berufsunfähigkeit) und die reine private Vorsorge (Rentenversicherungen).
Nettopolicen können vorteilhafter sein
Für die Beispielberechnungen wurden jeweils die Original-Kosten aus den Produktinformationsblättern zweier großer deutscher Versicherer verwendet. Die Fondskosten entstammen den jeweiligen Fondsportraits. Für eine bessere Vergleichbarkeit wurde ein fiktives Honorar von 1.000 EUR angenommen. Damit bei beiden Tarifen die gleichen Summen erreicht werden, wurde beim Normaltarif bei der Berechnung eine Einmalzahlung von 1.000 EUR zu Beginn berücksichtigt.
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Der ledige Versicherungsnehmer ist 30 Jahre alt und plant den Renteneintritt mit 65. Die Laufzeit liegt also bei 35 Jahren. Er bringt monatlich 200 EUR auf. Auf die Laufzeit bezogen sind das 84.000 EUR. Zusätzlich zahlt er zu Beginn 1.000 EUR einmalig ein. Das Investment beträgt also 85.000 EUR. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Anmerkungen zur Berechnung: Die Versicherungen haben spezielle Tarife mit niedrigeren Verwaltungskosten für Honorarberater entwickelt, dadurch ergibt sich der Vorteil bei den Kosten der Police. Wird bei der Fondsauswahl konsequent auf ETF gesetzt statt auf aktiv gemanagte Investmentfonds, liegen die durchschnittlichen internen Fondsverwaltungskosten nur bei bis zu 0,6 % p.a. statt bei bis zu 2,5% p.a. Bei gleicher Bruttorendite ergibt sich eine höhere Nettorendite durch die Reduzierung der internen Fondskosten. |
Fazit
Versicherungen müssen auch leben, keine Frage. Da gibt es schließlich einiges zu bezahlen. So müssen Verträge und Anträge bearbeitet, überprüft und die eingenommen Beiträge verwaltet werden. Neben den Kosten, die durch die Arbeit des Innendienstes entstehen, gibt es mit den Provisionen für die Vermittler aber einen weiteren Faktor, der sich direkt auf die Erträge für die Kunden auswirkt, und das häufig genug in nicht nachvollziehbarer Weise, was den Vergleich von Produkten unterschiedlicher Anbieter erschwert. Nettotarife sind in Verbindung mit einer Honorarvereinbarung geeignet Licht in dieses Dunkel zu bringen. Darüber hinaus erzielen sie auch eine bessere Leistung.
↘ WEITERFÜHRENDE HINWEISE
- Honorarvereinbarung: Vergütungsvereinbarung bei Nettopolice zulässig (Schleicher, WVV 2/2014, 10)
- Beratungsgebühr: Können Versicherungsvertreter Honorarberatung anbieten? (Beenken, WVV 11/2004, 5)