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  • · Nachricht · Umsatzsteuerbefreiung

    Nachweis des medizinisch-therapeutischen Ziels bei Fußpflegeleistungen von Podologen

    | Die medizinisch indizierten Leistungen eines Podologen sind umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen, selbstindizierte Behandlungen sind es nicht. Der therapeutische Zweck kann nicht nur mit ärztlichen Verordnungen (Kassen- oder Privatrezept) erbracht werden, sondern auch durch andere Unterlagen mit vergleichbarer Aussagekraft und von Personen, die zur Feststellung des therapeutischen Zwecks befähigt sind. Der Nachweis des therapeutischen Zwecks muss grundsätzlich für jede Leistung gesondert erbracht werden. (BFH 1.10.14, XI R 13/14). |

     

    Von Angehörigen der Gesundheitsfachberufe wird zum Nachweis der medizinischen Indikation von der Verwaltung eine ärztliche Individualverordnung gefordert. Auch bei einer Anschlussheilbehandlung (nach einer verordneten Erstbehandlung) ist das der Fall (BMF 19.6.12, IV D 3 - S 7170/10/10012, BStBl I 12, 682; bestätigend: BFH 10.3.05, V R 54/04; 30.1.08, XI R 53/06, 6.6.08, XI B 11/08; 4.10.12, XI B 46/12 12.2.14, V B 100/13 und FG Köln 8.3.12, 10 K 2389/09). Aber diese Entscheidungen waren zu Behandlungen in der Grenzzone (Ernährungsberatung, therapeutisches Reiten, Fastenseminare, Raucherentwöhnung und Yogakurse) ergangen, sodass die Argumentation der Vorinstanz (FG Schleswig-Holstein 5.2.14, 4 K 75/12; Nieskoven, PFB 14, 144) nachvollziehbar erscheint, wonach jenseits dieser Grenzzone weder systemlogisch noch nach dem Wortlaut des deutschen UStG oder der EG-Richtlinie eine Regelattestierung durch einen Arzt erforderlich sei.

     

    Nachweis ist weiterhin erforderlich

    Das sieht der BFH anders. Der Nachweis ist erforderlich, denn Podologen wirken zwar mit allen von ihnen erbrachten Leistungen, also auch den „selbstindizierten Behandlungen“ i.S. des § 3 Alt. 1 PodG, bei der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen mit. Allerdings handelt es sich sowohl beim Schneiden der Fußnägel als auch beim Entfernen der Hornhaut um Leistungen, die nicht nur therapeutischen, sondern auch anderen Zwecken (nämlich der allgemeinen Körperpflege oder kosmetischen Zwecken) dienen können. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des PodG im Jahr 2001 davon ausgegangen ist, dass ein Viertel der an Diabetes erkrankten Personen an behandlungsbedürftigen Veränderungen am Fuß leiden (BRDrucks 672/00, S. 9), also drei Viertel nicht.

     

    Dies zu beurteilen ist Aufgabe eines behandelnden Arztes oder Heilpraktikers. Selbstindizierte Behandlungen i.S. des § 3 Alt. 1 PodG scheiden danach als steuerfreie Heilbehandlungen von Podologen aus; denn die zur Einstufung als Heilbehandlung erforderlichen medizinischen Feststellungen können Podologen nach dem Berufsbild des § 3 PodG magels diagnostischer Befähigung nicht selbst treffen.

     

    Nachweismöglichkeiten werden jedoch erweitert

    Weder das nationale Recht noch das Unionsrecht schreiben einem Unternehmer mit beruflichem Befähigungsnachweis zwingend vor, wie er den Nachweis des therapeutischen Zwecks der von ihm erbrachten Leistung zu führen hat. Liegen die materiellen Voraussetzungen einer Norm (hier: der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG) zweifelsfrei vor, darf deren Anwendung grundsätzlich nicht allein aufgrund fehlender formeller Nachweise (hier: eines Kassen- oder Privatrezepts) versagt werden. Ein Podologe mit Leistungen, die nicht auf einer ärztlichen Verordnung in Form eines Kassen- oder Privatrezepts beruhen, wird auch nicht außerhalb seines Berufsbilds tätig; denn das nationale Berufsrecht der Podologen enthält die vom FA gesehene Begrenzung des Berufsbilds nicht. Für medizinisch indizierte Leistungen, zu denen Podologen ebenfalls befähigt sind, lässt § 3 Alt. 3 PodG eine ärztliche Veranlassung genügen und verlangt keine ärztliche Verordnung in Form eines Privat- oder Kassenrezepts, die das FA als einzig mögliche Nachweise gelten lassen will.

     

    Unter den genannten Voraussetzungen (vergleichbare Aussagekraft, erstellt von medizinisch befähigtem Fachpersonal) können Podologen deshalb den Nachweis des therapeutischen Zwecks einer Leistung gemäß § 81 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 1 FGO mit allen zulässigen Beweismitteln führen.

     

    Die Vorgaben des BFH für das FG

    Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG nicht beachtet hat, dass fußpflegerische Leistungen durch Podologen auch anderen als therapeutischen Zwecken dienen können und deshalb in jedem Einzelfall Feststellungen zur therapeutischen Zweck zu treffen sind. Die Sache ist daher nicht spruchreif und so gibt der BFH dem FG folgende Erwägungen mit auf den Weg:

     

    • Die Podologen hatten in der Patientenkartei das Krankheitsbild, die Grundbeschwerden und die jeweilige Behandlung des Patienten dokumentiert. Das reicht für eine Steuerbefreiung nicht aus, weil sich daraus nicht ergibt, wer das Krankheitsbild und die Grundbeschwerden diagnostiziert hat.

     

    • Soweit die Podologen im Revisionsverfahren geltend gemacht haben, das Krankheitsbild sei „aufgrund ärztlicher Diagnose“ festgestellt und die Patienten verfügten über einen „vom Arzt ausgestellten Krankheitsausweis“, der in Kopie in der jeweiligen Patientenkartei aufbewahrt werde, fehlen entsprechende tatsächliche Feststellungen des FG, und zwar für jeden einzelnen Patienten.

     

    • Da von Podologen behandelten Zustände nicht zwingend chronisch sind, müssen die Podologen außerdem nachweisen, dass die medizinischen Feststellungen von dem dazu qualifizierten Fachpersonal in den medizinisch gebotenen zeitlichen Abständen erneuert wurden, damit ersichtlich ist, dass der ursprünglich vorhandene therapeutische Zweck trotz der mittlerweile erfolgten Behandlungen immer noch fortbestand.

     

    • Verbleibende Zweifel am therapeutischen Zweck (etwa deshalb, weil der therapeutische Zweck im Zeitpunkt der Behandlung im Nachhinein nicht mehr mit dem für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Grad an Gewissheit festgestellt werden kann) gehen zu Lasten der Klägerin, die insoweit in besonderem Maße darlegungspflichtig ist.
    Quelle: ID 43191212

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