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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Organschaft mit Personengesellschaft möglich

    von RiFG Dr. Axel Leonard, Wallenhorst

    Der EuGH (16.7.15, C 108/14, C 109/14 - Larentia und Minerva) sieht die Beschränkung der Organschaft auf juristische Personen als EU-rechtswidrig an. Nach nationalem Recht kommen zwar nur „juristische Personen“ als Organgesellschaften in Betracht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Das EU-Recht kennt eine solche Beschränkung aber nicht. Vielmehr können alle „Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, als ein Steuerpflichtiger behandelt werden“ (Art. 11 MwStSystRL).

     

    Sachverhalt

    Im Verfahren C-108/14 hält die klagende Holding (AG) als Kommanditistin 98 % der Anteile an zwei GmbH & Co. KGs, die je ein Handelsschiff betreiben. Für diese Gesellschaften erbringt die Holding entgeltlich administrative und betriebswirtschaftliche Dienstleistungen. Zur Finanzierung warb die Holding Kapital mithilfe einer fremden GmbH ein. Hierbei und für ein Prospektgutachten entstanden Vorsteuerbeträge, die die Klägerin vollständig abziehen wollte und die das FA nur zu 22 % zum Abzug zuließ. Begründung: Das insgesamt eingeworbene Kapital diene in Höhe von ca. 78 % ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich des Haltens von Anteilen an den Tochtergesellschaften, für den ein Vorsteuerabzug ausscheide.

     

    Anmerkungen

    Grundsätzlich verstößt eine nationale Regelung, nach der nur juristische Personen Organgesellschaften sein können, gegen Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie (Art. 11 MwStSystRL). Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn eine entsprechende nationale Regelung eine Maßnahme darstellt, um missbräuchliche Praktiken oder Steuerhinterziehung oder -umgehung zu vermeiden. Art. 4 Abs. 4 der 6. EG-Richtlinie (Art. 11 MwStSystRL) eröffnet jedoch kein unmittelbares Berufungsrecht. Eine unmittelbare Berufung auf die günstigere EU-Richtlinie ist daher nicht möglich.

     

    In der Nachfolgeentscheidung kommt der BFH (19.1.16, XI R 38/12) zu dem Ergebnis, dass eine GmbH & Co. KG - obgleich § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur juristische Personen aufführt - eine potenzielle Organgesellschaft sein kann. Er begründet dies mit der richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs „juristische Person“. Der BFH stellt fest, dass jedenfalls bei kapitalistisch strukturierten Personengesellschaften wie der GmbH & Co. KG die richtlinienkonforme Auslegung möglich ist. Dies gebiete nicht nur der Grundsatz der Rechtsformneutralität, sondern ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, die dieselbe Auslegung in anderem Zusammenhang bereits ebenfalls vorgenommen haben.

     

    Zwischenzeitlich war der V. Senat BFH (2.12.15, V R 25/13) zu dem gleichen Ergebnis gekommen, jedoch mit dem „Kunstgriff“ der teleologischen Extension. Diese sei aber nur möglich, wenn als Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur solche Personen fungieren, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Im konkreten Fall ging es um steuerbare und steuerpflichtige Leistungen der Muttergesellschaft an ihre Tochterpersonengesellschaften, die ihrerseits steuerfrei Altenheime betrieben und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren. Die Leistungen der O-GmbH an die KG unterlagen dann nicht der Besteuerung, wenn die O-GmbH und die KG als Organgesellschaften mit der AG als Organträgerin eine Organschaft bildeten.

    Praxishinweis

    Die Einbeziehung von Personengesellschaften in eine umsatzsteuerliche Organschaft kann nachteilig sein. Zu den beiden BFH-Urteilen wird ein BMF-Schreiben erlassen. Dieses ist dem Vernehmen nach bereits vorbereitet, muss jedoch wohl nochmals präzisiert werden. Bis dahin könnten sich Unternehmer dann wahlweise auf die bisherige Finanzverwaltungsauffassung berufen oder aber bereits (ggf. auch rückwirkend) die Einbeziehung von Personengesellschaften in den Organkreis gegenüber dem Finanzamt geltend machen. Rechtsklarheit für alle Beteiligten wird es nur geben, wenn der Gesetzgeber endlich die Organschaft mit einem Antragsrecht und einem Feststellungsverfahren ausgestaltet.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2016 | Seite 175 | ID 44080631

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