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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    Chefarzt muss eine wahlärztlich vereinbarte Operation selbst durchführen

    von RA Benedikt Büchling und RA Dr. Tobias Scholl-Eickmann, FA für MedR, Wirtschaftsmediator, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Besteht eine Wahlleistungsvereinbarung zwischen dem Patienten und der Klink, wonach nur der Chefarzt den Eingriff vornehmen soll, dann darf ohne vorherige Einwilligung des Patienten kein anderer Arzt operieren. Eine Schadensersatzpflicht bzw. ein Schmerzensgeldanspruch bestehen auch dann, wenn der Vertreter den Eingriff fehlerfrei durchgeführt hat (BGH 19.7.16, VI ZR 75/15).

     

    Sachverhalt

    Der Patient wollte vom Chefarzt operiert werden. In die Operation durch den Oberarzt hatte er nicht eingewilligt. An der operierten Hand kam es zu Folgeschäden, obwohl die Operation durch den Oberarzt fehlerfrei erfolgte. Der Patient klagte gegen den Chefarzt, den Operateur sowie das Klinikum und forderte Schmerzensgeld. Dagegen wandten diese ein, dass der Patient bei einer Operation durch den Chefarzt nicht weniger beeinträchtigt gewesen wäre. Während das LG dieser Argumentation noch gefolgt war, hob der BGH dessen Entscheidung auf und entschied zugunsten des Patienten.

     

    Anmerkungen

    Der Anspruch auf Schmerzensgeld folgt aus §§ 280 Abs. 1, 278, 823 Abs. 1, 831, 253 Abs. 2 BGB. Ein Patient, der erklärt, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen, nimmt sein Selbstbestimmungsrecht wahr. Der Eingriff darf dann - ohne vorherige Einwilligung des Patienten - von keinem anderen Arzt durchgeführt werden. Der Oberarzt hatte daher ungerechtfertigt die körperliche Integrität des Patienten verletzt. Er kann sich nicht darauf berufen, dass der Patient mit dem Eingriff durch einen anderen - zumal besser qualifizierten - Operateur einverstanden gewesen sei. Könnte er sich so einer Haftung entziehen, bliebe der rechtswidrige Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten sanktionslos. Außerdem hat der Patient die Wahlleistungsvereinbarung geschlossen, um sich die besonderen Erfahrungen und die herausragende medizinische Kompetenz des Chefarztes zu sichern. Dafür ist er auch bereit, ein zusätzliches Honorar zu zahlen (vgl. BGH 20.12.07, III ZR 144/07).

     

    Praxishinweis

    Operiert ein Arzt einen Patienten, ohne dass der Patient in diesen Eingriff eingewilligt hat, setzt er sich rechtswidrig über dessen Entscheidungsfreiheit hinweg. Es ist unerheblich, dass der Eingriff fehlerfrei durchgeführt wird. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich der Chefarzt wegen einer unvorhersehbaren Abwesenheit bzw. im Falle einer „Individualvereinbarung“ vertreten lässt. Beides bleibt auch nach dieser Entscheidung zulässig. Gleichwohl sollte die vielfach etwas „laxe Handhabung“ der Stellvertretung nun dringend abgestellt werden. Es drohen zivil- wie auch strafrechtliche Sanktionen.

    Quelle: ID 44227840

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