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  • 01.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144159

    Sozialgericht Marburg: Urteil vom 06.02.2015 – S 12 KA 137/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    S 12 KA 137/14

    1. Die Klage wird abgewiesen

    2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

    3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten um die Änderung des Regelleistungsvolumens für die drei Quartale IV/09 bis II/10.

    Die Klägerin ist eine seit 01.07.2008 bestehende Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in A-Stadt. Herr Dr. med. A1. ist als hausärztlich tätiger Internist, zunächst in der Zeit vom 01.10.1993 bis 31.12.1998 in einer Berufsausübungsgemeinschaft und im Zeitraum vom 01.01.1999 bis 30.06.2008 in Einzelpraxis, Herr A2. ist als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

    Die Beklagte setzte jeweils mit Bescheid das Honorar für die Quartale III/08 bis III/09 wie folgt fest:

    Quartal III/08 IV/08 I/09 II/09 III/09
    Honorarbescheid vom 13.01.2009 30.03.2009 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009
    Nettohonorar gesamt in EUR 64.109,14 68.444,42 84.385,56 87.262,20 71.824,99
    Bruttohonorar PK + EK in EUR 61.149,48 66.349,17 82.436,64 85.299,84 68.949,33
    Fallzahl PK + EK 962 989 1.089 1.065 1.117
    Regelleistungsvolumen Über-/Unterschreitung in Punkten/ab I/09 in EUR +81.070,1 +141.088,6 -12.459,12 -15.930,67 +14.908,27

    Die Beklagte setzte jeweils mit Bescheid das Honorar für die streitbefangenen Quartale (IV/09 bis II/10) wie folgt fest, wogegen die Klägerin jeweils keinen Widerspruch einlegte:

    Quartal IV/09 I/10 II/10
    Honorarbescheid vom 27.03.2010 29.06.2010 27.09.2010
    Nettohonorar gesamt in EUR 78.974,89 82.357,57 74.575,17
    Bruttohonorar PK + EK in EUR 77.047,08 79.816,58 71.538,46
    Fallzahl PK + EK 1.227 1.143 1.109 Honoraranteile PK + EK
    Regelleistungsvolumen in EUR 48.897,86 46.002.91
    Quotiertes Regelleistungsvolumen in EUR 5.097,51 4.598,72 2.912,74
    Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in EUR 4.598,72 7.259,89 7.323,07
    Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) 2.912,74 9.587,97 7.510,21
    Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG) 12.608,97 9.472,14 7.789,53
    Ausgleichshonorar netto in EUR 9.129,42

    Regelleistungsvolumen
    Obergrenze in EUR 45.898,77 51.471,45 48.424,12
    Angefordert in EUR 62.116,91 61.935,92 59.089,57
    Überschreitung in EUR 16.116,91 10.464,47 10.665,45

    Die Beklagte setzte mit Bescheid das Regelleistungsvolumen für die streitbefangenen Quartale wie folgt fest, wogegen die Klägerin jeweils Widerspruch einlegte:

    Quartal Bescheiddatum Widerspruch am RLV-relevante Fallzahl Fallwert in EUR Fallwertabstaffelung Altersstrukturquote Aufschlag fachgleiche BAG RLV in EUR
    IV/09 26.08.2009 11.12.2009
    A2 304 42,18 1 1,1356 1,1 16.017,63
    Dr. A1 613 42,18 1 1,0506 1,1 29.881,14
    Gesamt 917* 45.898,77
    I/10 17.12.2009 13.01.2010
    A2 439 42,18 1 1,0922 1,1 22.246,72
    Dr. A1 612 42,18 1 1,0292 1,1 29.224,73
    Gesamt 1.051* 51.471,45
    II/10 26.02.2009 18.03.2010
    A2 447 41,96 1 1,0771 1,1 22.222,44
    Dr. A1 547 41,96 1 1,0378 1,1 26.201,68
    Gesamt 994* 48.424,12
    * Berechnung der Kammer

    Die Klägerin trug vor, sie begehre eine Erhöhung bis zum Fachgruppendurchschnitt. Dies sei in einem deutlichen Anstieg der Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal begründet. Dies beruhe im Wesentlichen auf ihrer Neugründung.

    Die Beklagte wertete die Widersprüche der Klägerin gegen die Festsetzung der Regelleistungsvolumina als einen Antrag auf Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen. Diese Anträge lehnte sie mit Bescheid vom 25.10.2011 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses (erstmals aus seiner Sitzung am 27./28.08.2008) zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelung zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ab 2009 sähen vor, dass für Neuzulassungen von Vertragsärzten und Umwandlung der Kooperationsform Anfangs- und Übergangsregelungen vereinbart werden könnten. Der Änderungsbeschluss vom 20.04.2009 sehe auch Regelungen für Praxen in der Anfangsphase (sog. Jungpraxen) vor. Auf der Basis dieser Beschlüsse habe ihr Vorstand am 14.02.2011 beschlossen, dass Sonderregelungen für "junge Praxen" mit unterdurchschnittlichen Fallzahlen in Form von Einzelfallentscheidungen durch den Vorstand zu treffen seien. Allerdings könne laut Vorstand nur den Ärzten eine Sonderregelung gewährt werden, die sich innerhalb von 2 Jahren vor dem Aufsatzquartal niedergelassen hätten und deren Fallzahl im Aufsatzquartal unterhalb der Fachgruppen-Fallzahl liege. Würden beide Kriterien erfüllt werden, so sei dem Arzt die Fallzahl der Fachgruppe bei der Berechnung der RLV zugrunde zu legen. Herr Dr. A2 sei bereits in der Zeit vom 01.10.1993 bis 31.12.1998 in einer Berufsausübungsgemeinschaft und im Zeitraum vom 01.01.1999 bis 30.06.2008 in Einzelpraxis tätig gewesen. Durch das Hinzukommen von Herrn A1 zum 01.07.2008 ändere sich nicht der Status der von Herrn Dr. A2 bereits seit längerer Zeit geführten Praxis, so dass aus diesem Grund nicht sämtliche Voraussetzungen für eine mögliche Sonderregelung erfüllt seien und die diesbezüglichen Anträge abzulehnen seien. Ferner erläuterte sie die Berechnung der RLV-relevanten Fallzahl für das Quartal II/10.

    Hiergegen legte die Klägerin am 25.11.2011 Widerspruch ein, den sie nicht weiter begründete.

    Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2014 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung erläuterte sie die Berechnung der praxisbezogenen Regelleistungsvolumina für die streitbefangenen Quartale und führte weiter aus, hinsichtlich des Begehrens auf ein Anwachsen bis zum Fachgruppendurchschnitt sei klarzustellen, dass die Vorgaben des Bewertungsausschusses keine Sonderregelungen vorsähen. Eine Sonderregelung sei auch nicht erforderlich, da das geltende Vergütungssystem ein Anwachsen bis zum Fachgruppendurchschnitt bereits ermögliche. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 44/12 R – klargestellt, dass der für eine Aufbauphase anzusetzende Zeitraum von 3 bis 5 Jahren nicht durch einen verzögerten Praxisaufbau verlängert werde. Ebenso könnten sich Praxen auf einen sog. Wachstumsanspruch für Aufbaupraxen weder bei Hinzutritt eines neuen Partners in die bereits bestehende BAG noch bei Verlegung des Standortes innerhalb des Planungsbereiches berufen. Die seit 2009 geltende Regelung, wonach sich Fallzahlerhöhungen erst ein Jahr später für das Regelleistungsvolumen auswirkten, genüge dem Anspruch auf Erhöhung der Durchschnittsfallzahl der Fachgruppe innerhalb von fünf Jahren.

    Hiergegen hat die Klägerin am 13.03.2014 die Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, bei ihrer Praxis handele es sich um eine "junge Praxis". Die Gründung der Berufsausübungsgemeinschaft sei erst durch den Zusammenschluss mit Herrn Dr. med. A1 möglich geworden. Es habe eine Statusänderung der von Herrn A2 bereits seit längerer Zeit geführten Praxis stattgefunden. Es handele sich nicht um eine bereits bestehende Berufsausübungsgemeinschaft, der ein weiterer Arzt beigetreten sei, wie es in der Entscheidung des Bundessozialgerichts der Fall gewesen sei. Insgesamt seien in den streitbefangenen Quartalen 42.786,46 EUR nur quotiert vergütet worden. Aufgrund der Neuniederlassung des Dr. med. A1 hätte diesem nach Abschnitt II Ziffer 3.5 Honorarvertrag 2009 das arztgruppenspezifische Regelleistungsvolumen zugebilligt werden müssen.

    Die Klägerin beantragt,
    1. den Bescheid der Beklagten vom 25.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über die Anträge auf Änderung der Regelleistungsvolumina/Qualitätsgebundenen Zusatzvolumina für die Quartale IV/09 bis einschließlich II/10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

    2. die Beklagte zu verpflichten, die Honorarbescheide der Berufsausübungsgemeinschaft A./Dr. med. A1 für die Quartale IV/09 bis einschließlich II/10 gemäß Ziffer 1 zu korrigieren und die aufgrund der Quotierung einbehaltene Vergütung auf das Honorarkonto der jetzigen Berufsausübungsgemeinschaft A./Dr. med. A1/Dr. med. C. zu überweisen.

    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Sonderregelung nicht vorlägen. Es könne keine Rolle spielen, ob ein Arzt in eine alteingesessene Einzelpraxis oder in eine alteingesessene Berufsausübungsgemeinschaft hinzutrete. Die Konstellationen seien vielmehr vergleichbar. Bei einem Zusammenschluss zweier Ärzte, bei der bereits ein Arzt seit langem niedergelassen und somit etabliert sei, sei bereits von einer gesicherten Existenzgründung auszugehen. Komme nunmehr ein weiterer Arzt hinzu, profitiere dieser aufgrund der Kooperationsform der Gemeinschaftspraxis von dem bestehenden Patientenstamm und könne diesen ausweiten, es bestehe daher kein Bedürfnis für die Anwendung der Regelung "junge Praxis". Die Annahme, dass sich die Berufsausübungsgemeinschaft erst etablieren müsse, komme höchstens dann in Frage, wenn diese an einem anderen und weiter entfernten Standort gegründet werde. Die Berufsausübungsgemeinschaft sei aber an derselben Adresse gegründet worden, an der Herr A2 bereits zuvor seine Einzelpraxis geführt habe.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 15.01.2015 angehört.

    Die Klage ist zum Klageantrag zu 1. zulässig und zum Klageantrag zu 2. unzulässig. Für den Klageantrag zu 2. fehlt es bereits an der Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens.

    Die Klage ist zum Klageantrag zu 1. zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

    Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen, weil die Honorarbescheide bestandskräftig geworden sind.

    Für die Klärung der Rechtmäßigkeit der Zuweisung eines Regelleistungsvolumens ist nur solange Raum - und ein Rechtschutzbedürfnis gegeben - als die den streitbefangenen Zeitraum betreffenden Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Die Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft muss nicht notwendig in der Weise erfolgen, dass der Vertragsarzt gegen den abschließenden Honorarbescheid Widerspruch einlegt. Es reicht auch aus, wenn die KV gegenüber Vertragsärzten, deren RLV noch im Streit steht, die Verpflichtung übernimmt, den Honorarbescheid einer eventuell geänderten RLV-Festsetzung anzupassen oder generell verlautbart, dass sie neue Honorarbescheide erlassen wird, wenn sich beim einzelnen Arzt Änderungen bei dem RLV ergeben (vgl. BSG, Urt. v. 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 1 = NZS 2013, 197 = MedR 2013, 331 = USK 2012-56, juris Rdnr. 11 u. 15). Die KVen haben zu prüfen, ob Vertragsärzten, die im Vertrauen auf die (ältere) Rechtsprechung des BSG von einer gleichzeitigen Anfechtung der Honorarbescheide abgesehen haben, Vertrauensschutz zu gewähren sein kann. Hierfür besteht ggf. Veranlassung, weil durch die nicht einheitliche Rechtsprechung des Senats Rechtsunsicherheit eingetreten sein kann und zudem die grundlegenden Ausführungen des Senats im Beschluss vom 17.08.2011 (B 6 KA 30/11 B) nicht veröffentlicht worden sind, sodass hiervon keine Kenntnis genommen werden konnte. Dies gilt jedenfalls für Honorarbescheide, bei denen vor Veröffentlichung der Entscheidung des Senats vom heutigen Tag Bestandskraft eingetreten ist (vgl. BSG, Urt. v. 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - a.a.O. Rdnr. 16).

    Die Beklagte hat bereits mit Schreiben vom 04.10.2010 die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie trotz einer Verfristung des Widerspruchs gegen den Zuweisungsbescheid für das Quartal IV/09 den Antrag auf Erhöhung des Regelleistungsvolumens hinsichtlich einer Sonderregelung prüfen werde. Von daher konnte die Klägerin davon ausgehen, dass ein evtl. positiver Bescheid auch Auswirkungen auf das Honorar haben werde. Auch für die Folgequartale hat die Beklagte nicht auf die Notwendigkeit der Einlegung eines Widerspruchs gegen die Honorarbescheide verwiesen, was insofern der damaligen Praxis entsprach, Verfahren bzgl. der Regelleistungsvolumina unabhängig von der Bestandskraft zu bearbeiten. Insofern hat die Beklagte sich in konsequenter Weise auch im angefochtenen Widerspruchsbescheid nicht auf die Bestandskraft der Honorarbescheide berufen, sondern die Klägerin vielmehr materiellrechtlich über die Höhe ihres Regelleistungsvolumens neu beschieden. Jedenfalls in diesen Fällen ist von einem weiterhin bestehenden Rechtsschutzbedürfnis auszugehen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 08.05.2013 - S 12 KA 464/11 - juris Rdnr. 24, Berufung anhängig beim LSG Hessen: L 4 KA 31/13; SG Marburg, Gerichtsb. vom 10.04.2013 - S 12 KA 832/11 -). Die Kammer hat ferner bereits entschieden, dass es gerichtsbekannt ist, dass die Beklagte in der Vergangenheit auch die Verfahren über die Festsetzung eines Regelleistungsvolumens fortgeführt hat, obwohl die Honorarbescheide nicht angefochten wurden (vgl. SG Marburg, Gerichtsb. vom 10.04.2013 - S 12 KA 832/11 -).

    Von daher kann dahinstehen, ob der Rechtsprechung des LSG Hessen zu folgen ist, wonach eine Klage gegen die Festsetzung des Regelleistungsvolumens unzulässig ist, wenn der Vertragsarzt es versäumt hat, gegen die Honorarbescheide Widerspruch einzulegen, so dass diese in Bestandskraft erwachsen sind (§ 77 SGG), da mit dem Eintritt von Bestandskraft hinsichtlich der Honorarbescheide zwischen den Beteiligten rechtsverbindlich feststeht, dass für die betreffenden Quartale kein Anspruch auf höheres Honorar besteht. In einem solchen Fall entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung des Bescheids über die Höhe des Regelleistungsvolumens (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 28.11.2012 - L 4 KA 73/11 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 23). Soweit das LSG Hessen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verweist, so war diese in der Vergangenheit nicht einheitlich und hat das Bundessozialgericht deshalb zuletzt betont, wie bereits ausgeführt, die Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft müsse nicht notwendig in der Weise erfolgen, dass der Vertragsarzt gegen den abschließenden Honorarbescheid Widerspruch einlege.

    Die Klage ist zum Klageantrag zu 2. unzulässig. Mit dem Klageantrag zu 2. begehrt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten, die Honorarbescheide der Klägerin für die Quartale IV/09 bis einschließlich II/10 gemäß Ziffer 1 zu korrigieren und die aufgrund der Quotierung einbehaltene Vergütung auf das Honorarkonto der Klägerin zu überweisen. Bei der Korrektur eines Verwaltungsakts handelt es sich um eine Abänderung des Honorarbescheids als Verwaltungsakt, die wiederum nur in Form eines Verwaltungsakts ergehen kann, was nur durch eine Verwaltungsbehörde möglich ist. Hierzu fehlt es aber bereits an einem vorausgegangenen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Von daher war die Klage zum Klageantrag zu 2. unzulässig

    Die Klage zum Klageantrag zu 1. ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2014 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Beklagte war nicht zu verpflichten, über die Anträge auf Änderung der Regelleistungsvolumina/Qualitätsgebundenen Zusatzvolumina für die Quartale IV/09 bis einschließlich II/10 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

    Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Regelleistungsvolumina und Qualitätsgebundenen Zusatzvolumina ist der ab 01.01.2009 gültige Honorarvertrag vom 13.12.2008, der in den hier maßgeblichen Bestimmungen im ab 01.01.2010 geltenden Honorarvertrag 2010 wortgleich und unverändert durch die 1. Nachtragsvereinbarung zum Honorarvertrag 2010 vom 10.05.2010 für die Quartale I und II/10 fortgeführt wurde (im Folgenden: HVV). Auf der Grundlage der Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses gemäß § 87b SGB V werden nach Abschnitt II.1 HVV arztbezogen Regelleistungsvolumina auch für die Arztgruppe der Mitglieder der Klägerin ermittelt. Die Zuweisung der Regelleistungsvolumina erfolgt praxisbezogen. Dabei ergibt sich die Höhe des Regelleistungsvolumens einer Arztpraxis aus der Addition der Regelleistungsvolumina je Arzt, die in der Arztpraxis tätig sind (Arztfall). Das Regelleistungsvolumen wird aus dem Produkt des KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes gemäß 2.3 im Vorjahresquartal gebildet (Abschn. II Ziff. 3.2.1 HVV). Nach Abschn. II Ziff. 3.5 HVV "Regelleistungsvolumen bei Neuzulassung und Umwandlung der Kooperationsform" wird für Ärzte, die im Aufsatzzeitraum noch nicht niedergelassen waren, das arztgruppendurchschnittliche Regelleistungsvolumen für das jeweilige Quartal zugrunde gelegt. Soweit diese Ärzte eine Praxis übernommen haben, werden stattdessen die Fallzahlen des Vorgängers zugrunde gelegt, soweit dies die für den Vertragsarzt günstigere Regelung darstellt. Diese Regelung beruht auf dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008. Nach Teil F Ziff. 3.5 "Regelleistungsvolumen bei Neuzulassung und Umwandlung der Kooperationsform" beschließen die Partner der Gesamtverträge für Neuzulassungen von Vertragsärzten und Umwandlung der Kooperationsform Anfangs- und Übergangsregelungen. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Sofern nichts entsprechend Anderes vereinbart wurde, gilt für Ärzte, die im Aufsatzzeitraum noch nicht niedergelassen waren (Neupraxen), das arztgruppendurchschnittliche Regelleistungsvolumen für das jeweilige Quartal.

    Ausgehend von diesen Regelungen hat die Beklagte der Klägerin die Regelleistungsvolumina für die strittigen Quartale auf der Grundlage der Fallzahlen für das jeweilige Vorjahresquarztal festgesetzt. Strittig zwischen den Beteiligten ist dabei nur die Frage, ob wegen der Neuniederlassung des Herrn A2 diesem oder der neu gegründeten Gemeinschaftspraxis die Fallzahlen des aktuellen Quartals oder des Fachgruppendurchschnitts zuzuweisen sind.

    Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht bei der Neuformierung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) durch Austritt oder Neueintritt eines Partners die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die Partnerschaftsgesellschaft und gleichermaßen auch die BAG unverändert fort. Dies gilt beim Eintritt eines neuen Partners unabhängig davon, wie lange dieser schon praktiziert hat. Eine BAG kann sich nicht durch Aufnahme eines jungen Partners "verjüngen" und so die Eigenschaft als Aufbaupraxis länger als fünf Jahre - oder gar durch regelmäßige Neueintritte junger Partner fortwährend - behalten. Vielmehr müssen sich die BAG und der Neueintretende darüber im Klaren sein, dass dieser sich durch den Eintritt in die BAG in diese einbindet. Damit kann der Verlust von bestimmten Vorteilen verbunden sein, wie etwa der bisherigen Position seiner Einzelpraxis als Aufbaupraxis, wenn nämlich die BAG, in die er eintritt, keine Aufbaupraxis mehr ist. Das Bundessozialgericht lässt es u.a. dahinstehen, ob die Rechte des Eintretenden aus der Eigenschaft seiner bisherigen Einzelpraxis als Aufbaupraxis dann weiter wirken könnten, wenn er - indem er sich mit anderen Einzelpraxisinhabern zusammenschließt - erst die BAG zur Entstehung bringt. Die KV wird allerdings im ersten Jahr nach dem Eintritt eines Arztes in eine BAG das RLV für die BAG nicht allein nach deren Fallzahl im jeweiligen Vorjahresquartal berechnen dürfen, sondern eine zusätzliche Fallzahl für das neu eintretende Mitglied berücksichtigen müssen - was z.B. entweder durch eine Erhöhung der Fallzahl der BAG entsprechend dem Personenzuwachs in der BAG oder durch Hinzurechnung der vom Eintretenden zuvor erbrachten Fallzahlen erfolgen kann und was evtl. normativ-schematisch durch die KV vorgegeben oder an der Gestaltung des konkreten Falles ausgerichtet werden kann -. Eine Sonderregelung zur Berücksichtigung zusätzlich geleisteter Behandlungsfälle ist aber dann nicht erforderlich, wenn der betreffende Arzt bereits im Aufsatzquartal tätig war. Eine Sonderregelung für eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis lehnt das Bundessozialgericht ab. Dem Bewertungsausschuss und der KV kommt die Befugnis zu, das RLV nach der vorjährigen geringeren Fallzahl zu bemessen und somit den Wachstumsanspruch einem einjährigen Moratorium zu unterwerfen. Die Bestimmung, dass für die Bemessung des RLV die Fallzahl im Vorjahresquartal maßgebend ist, hält sich in dem beschriebenen zulässigen Rahmen (vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2013 - B 6 KA 44/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2 = NZS 2013, 952 = GesR 2013, 739 = MedR 2014, 509 = ZMGR 2014, 114 = USK 2013-37, juris Rdnr. 26 ff.; das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29.08.2014 1 BvR 864/14 - die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht zur Entscheidung angenommen).

    Beide Mitglieder der Klägerin waren bereits in den Aufsatzquartalen IV/08 bis II/09 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Bei den hier strittigen Quartalen handelt es sich für Herrn A2 um sein zweites Leistungsjahr. Von daher ist nicht ersichtlich, woraus sich ein weitergehender Anspruch ergeben sollte. Insofern sieht die Kammer keinen Unterschied zwischen dem Beitritt eines neu niedergelassenen Vertragsarztes zu einer bereits bestehenden BAG und der Neugründung einer BAG, wenn der andere Gemeinschaftspraxispartner bereits seit längerem tätig ist und die BAG am Praxisstandort dieses Partners gegründet wird und beide Ärzte gleicher Fachrichtung sind. Insofern wird die bereits bestehende Praxis nunmehr erweitert und fortgeführt, wenn auch in rechtlicher Hinsicht eine Zäsur besteht und die Einzelpraxis von der BAG als Leistungserbringer zu unterscheiden ist. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da Ziff. 3.5 HVV und der genannte Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses auch bei Neuniederlassungen ab dem 2. Leistungsjahr von der Fallzahl im Aufsatzquartal ausgehen, was nach der genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu beanstanden ist.

    Im Übrigen zeigt die Fallzahlentwicklung zwar eine Steigerung der Fallzahlen in den Quartalen IV/08 bis II/09 von 2.962 auf 3.327 Behandlungsfälle in den Quartalen IV/09 bis II/10 bzw. um 12 %. Gleichzeitig zeigen aber die von der Beklagten vorgelegten Zahlen einen Rückgang der Fallzahlen in den streitbefangenen Quartalen und zeigen sich auch zuvor bereits Schwankungen:
    Fallzahl/Quartal III/08 IV/08 I/09 II/09 III/09 IV/09 I/10 II/10
    Dr. A1 390 613 612 547 582 590 560 510
    A2 452 304 439 447 502 557 555 555
    gesamt 842 917 1.051 994 1.084 1.147 1.115 1.065

    Nach allem war die Klage abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

    In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

    Die Klägerin macht geltend, insgesamt seien in den streitbefangenen Quartalen 42.786,46 EUR nur quotiert vergütet worden. Die für die streitbefangenen Quartale vorgenommene Vergütung hierfür ("Quotiertes Regelleistungsvolumen") betrug 12.608,97 EUR (5.097,51 EUR, 4.598,72 EUR und 2.912,74 EUR), die von den 42.786,46 EUR abzuziehen sind. Dies ergibt 30.177,49 EUR. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag ist hiervon die Hälfte zu nehmen. Gerundet ergab dies den festgesetzten Streitwert.

    RechtsgebieteSGB V, SGGVorschriften§ 87 Abs. 4 SGB V; § 87b SGB V; § 77 SGG

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