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  • 01.05.2005 | Vor-, Zwischen und Nachpraktika

    Sozialversicherungsrechtliche Beurteilungvon Studenten und Praktikanten Teil II

    Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Studenten und Praktikanten bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten. Im ersten Teil des Beitrags haben wir Ihnen anhand von Beispielen einen Überblick über die geltenden Regeln bei der Beschäftigung von Studenten gegeben (April-Ausgabe, Seite 62 bis 67). Teil II in dieser Ausgabe ist den Praktikanten gewidmet. 

     

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    Verschiedene Formen von Praktika

    Viele Studien- oder Prüfungsordnungen von Hoch- und Fachschulen sehen vor, dass Studenten eine (berufs-)praktische Beschäftigung ableisten müssen, die allgemein als „Praktikum“ bezeichnet wird. Daneben werden natürlich auch nicht vorgeschriebene Praktika von Studenten oder solchen, die es werden wollen, ausgeübt.  

     

    Für die verschiedenen Formen der Praktika gelten unterschiedliche Vorschriften im Hinblick auf deren sozialversicherungsrechtliche Beurteilung.Insbesondere kommt es darauf an, ob während des Praktikums Arbeitsentgelt gezahlt wird oder nicht. 

    Vorgeschriebenes Vorpraktikum mit Arbeitsentgelt

    Ist für Zulassung zum Studium ein Praktikum erforderlich, unterliegt der Praktikant während dieses Vorpraktikums grundsätzlich der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung.  

     

    Wichtig: Die Versicherungspflicht wird auch dann wirksam, wenn das Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro nicht übersteigt. Grund: Praktikanten gehören zu den zur Berufsausbildung Beschäftigten und für diese gilt die Geringfügigkeitsgrenze nicht. 

     

    Wenn das Arbeitsentgelt monatlich 325 Euro nicht übersteigt, muss der Arbeitgeber auch den Arbeitnehmeranteil des Praktikanten übernehmen. Liegt das Arbeitsentgelt zwischen 400,01 Euro und 800 Euro gilt für die Beiträge zur Sozialversicherung die Gleitzone. 

     

    Beispiel

    Lutz Müller (21 Jahre) absolviert ein für die Zulassung zum Studium erforderliches Vorpraktikum. Er erhält monatlich 300 Euro (alternativ 400 Euro bzw. 401 Euro). Es fallen folgende Beiträge zur Sozialversicherung an (Krankenversicherung 14 %, Pflegeversicherung 1,7 %, Rentenversicherung 19,5 % und Arbeitslosenversicherung 6,5 %): 

     

    Arbeitsentgelt 

    300 Euro 

    400 Euro 

    401 Euro 

    Arbeitgeberanteil 

    125,10 Euro 

    83,40 Euro 

    83,61 Euro 

    Arbeitnehmeranteil 

    ---- 

    83,40 Euro 

    16,25 Euro 

     

    Vorgeschriebenes Vorpraktikum ohne Arbeitsentgelt

    Wird das Vorpraktikum ohne Zahlung von Arbeitsentgelt ausgeübt, ist der Praktikant versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Er muss die anfallenden Beiträge selbst tragen. Die Beiträge sind nach den gleichen Bedingungen zu berechnen wie in der studentischen Krankenversicherung (KVdS). 

     

    Unser Tipp: Keine Versicherungspflicht besteht, wenn der Praktikant durch eine Versicherung eines Elternteils oder des Ehegatten bei einer Krankenkasse als Familienangehöriger versichert ist. 

     

    Renten- und Arbeitslosenversicherung

    Anders sieht es in der Renten- und Arbeitslosenversicherung aus. In diesen Versicherungszweigen besteht Versicherungspflicht, unabhängig von einer Familienversicherung bei einer Krankenkasse.  

     

    Als Beitragsbemessungsgrundlage ist ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße anzusetzen. Für 2005 sind das 24,15 Euro in den alten Bundesländern und 20,30 Euro in den neuen Bundesländern. Der Beitrag ist vom Arbeitgeber zu übernehmen und an die gewählte Krankenkasse abzuführen. 

     

    Beispiel

    Karl Kurz absolviert ein für die Zulassung zum Studium erforderliches Vorpraktikum in Köln. Er erhält von seinem „Arbeitgeber“ kein Arbeitsentgelt. Der Arbeitgeber muss folgende Sozialversicherungsbeiträge abführen: 

    Arbeitslosenversicherung 

    6,5 % x 24,15 Euro 

    1,57 Euro 

    Rentenversicherung 

    19,5 % x 24,15 Euro 

    4,71 Euro 

     

    Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum mit Arbeitsentgelt

    Studenten, die ein in der Prüfungs- oder Studienordnung vorgeschriebenes Praktikum während ihres Studiums (Zwischenpraktikum) absolvieren, bleiben ihrem Erscheinungsbild nach Studenten. Das gilt unabhängig davon, ob sie das Zwischenpraktikum während der Semesterferien oder während der Vorlesungszeit leisten.  

     

    Unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts und der wöchentlichen Arbeitszeit sind diese Praktikanten versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Außerdem ist der Praktikant versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI). Die Vorschriften für „Werkstudenten“ gelten insoweit nicht. 

    Beispiel

    Lutz Müller muss nach der Prüfungsordnung vor Beginn des Hauptstudiums ein zweimonatiges Praktikum absolvieren. Er erhält von seinem Arbeitgeber monatlich 1.000 Euro. Weil Herr Müller in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei ist, fallen aus diesem Arbeitsverhältnis keine Beiträge zur Sozialversicherung an.  

     

    Familienversicherung

    Ist der Praktikant über eine Familienversicherung krankenversichert, kann diese für die Zeit des Praktikums nur weitergeführt werden, wenn das Arbeitsentgelt nicht mehr als 345 Euro im Monat beträgt. Liegt das Arbeitsentgelt darüber, lebt für die Dauer des Praktikums die Krankenversicherungspflicht als Student wieder auf.  

    Freiwilliges Zwischenpraktikum mit Arbeitsentgelt

    Für Studenten, die ein freiwilliges Praktikum ableisten, gilt das „Werkstudentenprivileg“. Das heißt: Sie bleiben in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei, wenn sie das Praktikum während des Studiums als eingeschriebener Student ausüben. 

     

    In der Rentenversicherung sind diese Praktikanten grundsätzlich versicherungspflichtig (Änderung des § 5 Abs. 3 SGB VI zum 1. Juli 2004). Ausnahmen: Das monatliche Arbeitsentgelt übersteigt 400 Euro nicht oder das Zwischenpraktikum ist im Voraus auf nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt. 

     

    Beispiel

    Medizinstudent Max Klein absolviert in den Semesterferien ein zehnwöchiges Praktikum bei einem Heilpraktiker. Er erhält ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 Euro. Auf Grund des Werkstudentenprivilegs bleibt er versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Es besteht jedoch Rentenversicherungspflicht. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ermitteln sich nach den Regeln der Gleitzone. Der Beitrag für Max Klein beträgt 16,24 Euro. Der Arbeitgeber muss monatlich 43,88 Euro Arbeitgeberanteil (9,75 % von 450 Euro) zahlen. 

    Beachten Sie: War Max Klein bislang familienversichert, muss er sich für die Dauer des Praktikums in der Krankenversicherung der Studenten versichern. 

    Zwischenpraktikum ohne Arbeitsentgelt

    Erhält der Praktikant während eines vorgeschriebenen Zwischenpraktikums kein Arbeitsentgelt wird die Kranken- und Pflegeversicherung entweder über die Familienversicherung oder die Krankenversicherung der Studenten sichergestellt. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt der Praktikant ohne Arbeitsentgelt versicherungsfrei. Gleiches gilt, wenn das Zwischenpraktikum ohne Arbeitsentgelt freiwillig ausgeübt wird. 

    Vorgeschriebenes Nachpraktikum

    Für in Prüfungs- oder Studienordnungen vorgeschriebene Praktika, die nach Abschluss des Studiums geleistet werden müssen, gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie bei einem Vorpraktikum: 

     

    • Wird dem Praktikanten ein Arbeitsentgelt gezahlt, ist er in allen Zweigen der Sozialversicherung als Arbeitnehmer versicherungspflichtig. Es gelten weder das „Werkstudentenprivileg“ noch die Vorschriften über die Geringfügigkeit.

     

    • Erhält der Praktikant kein Arbeitsentgelt, ist er grundsätzlich in allen Zweigen versicherungspflichtig. Ausnahme: Familienversicherung in einer Krankenkasse.

     

    Beachten Sie: Zu den Nachpraktikanten gehören unter anderem auch die Referendare im juristischen Vorbereitungsdienst. Weil der juristische Vorbereitungsdienst nicht mehr während des Studiums ausgeübt wird, sind die Referendare – außerhalb eines Beamtenverhältnisses – in vollem Umfang sozialversicherungspflichtig. 

    Freiwilliges Vor- oder Nachpraktikum

    Bei einen freiwilligen Vor- oder Nachpraktikum gelten hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung keine Sonderregelungen. Weil das Praktikum vor bzw. nach dem Studium ausgeübt wird, sind die Praktikanten nicht als ordentlich Studierende sondern als Arbeitnehmer anzusehen. Sie sind daher grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Es gelten aber die Vorschriften über die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügig Beschäftigten. 

    Befreiung von der Krankenversicherungspflicht

    Wird ein Praktikant ohne Arbeitsentgelt durch das Praktikum krankenversicherungspflichtig, kann er sich auf Antrag von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Den Antrag muss er innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Krankenversicherungspflicht als Praktikant bei einer frei wählbaren Krankenkasse stellen (Achtung Ausschlussfrist!).  

     

    Beispiel

    Frank Schulz absolviert vom 1. Juli 2005 bis zum 30. September 2005 ein vorgeschriebenes Vorpraktikum ohne Arbeitsentgelt. Weil er privat krankenversichert ist, lässt er sich von der Krankenversicherungspflicht befreien. Die Befreiung gilt dann auch für die soziale Pflegeversicherung. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht jedoch Versicherungspflicht (siehe „Vorgeschriebenes Vorpraktikum ohne Arbeitsentgelt“). Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht verliert allerdings ihre Wirkung, wenn Herr Schulz durch Aufnahme einer anderen Beschäftigung während des Praktikums krankenversicherungspflichtig wird. 

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2005 | Seite 86 | ID 87923

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