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  • 08.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120413

    Landgericht Freiburg: Urteil vom 28.04.2011 – StL 3/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Geschäftsnummer:
    StL 3/11
    3 StV 4/11
    Landgericht Freiburg
    Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen
    Im Namen des Volkes
    Urteil
    Berufsgerichtliches Verfahren gegen den Steuerberater XXX
    wegen Verletzung beruflicher Pflichten.
    Das Landgericht Freiburg – Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen - hat in der Sitzung vom 28.04.2011, an der teilgenommen haben:
    XXX
    für Recht erkannt:
    Dem Steuerberater H. wird wegen schuldhafter Verletzung seiner beruflichen Pflichten ein
    Verweis
    erteilt. Außerdem wird gegen ihn eine
    Geldbuße von 2.000,-- Euro
    verhängt.
    Der Steuerberater hat die Kosten des berufsgerichtlichen Verfahrens zu tragen.

    Angewandte Vorschriften: §§ 57, 89, 90 StBerG.
    G r ü n d e :
    (in abgekürzter Fassung nach § 153 StBerG i.V.m. § 267 Abs. 4 StPO)
    I.
    Zu den persönlichen Verhältnissen des Steuerberaters hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
    Der …. Steuerberater wurde in R. geboren. Nach dem Besuch der Grundschule wechselte er 1963 auf die Realschule und schloss diese 1969 mit der Mittleren Reife ab. Im Anschluss besuchte er das Wirtschaftsgymnasium in T wo er 1972 das Abitur erwarb. Es schloss sich ein fünfjähriges Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität A. zum Diplom-Ökonomen an. Von 1978 bis 1980 war der Steuerberater bei einem Steuerberatungsbüro in V. beschäftigt, anschließend war er bis 1983 als kaufmännischer Leiter eines Autohauses in R. tätig. Nach bestandener Prüfung zum Steuerbevollmächtigten im März 1983 machte er sich selbständig. Seit dem 18.11.1986 ist er als Steuerberater zugelassen. Das Steuerberatungsbüro führt er nach wie vor als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, seit 2003 hat er einen Juniorpartner.
    (persönlichen Verhältnisse werden ausgeführt)
    II.
    In der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen getroffen:
    Gegen den Steuerberater erging am 22.10.2010 das seit dem 30.10.2010 rechtskräftige Urteil des Landgerichts S. - 13 KLs 163 Js 84837/01 -, mit dem gegen ihn wegen Beihilfe zum vorsätzlichen Bankrott in 2 Fällen eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 100,-- Euro festgesetzt wurde. Dem Urteil liegt der festgestellte Sachverhalt und die rechtliche Würdigung wie folgt zugrunde:
    „Der Angeklagte war als Steuerberater für die G. GmbH mit Sitz in A. tätig. Die 1988 von den gesondert verfolgten R. und J. P. sowie E. gegründete Gesellschaft betrieb Immobiliengeschäfte und vermittelte, wie dem Angeklagten bekannt war, Finanzanlagen.
    Trotz der finanziellen Schieflage, in die die G. GmbH - wie spätestens seit dem 28.09.1998 von den gesondert verfolgten R. und J. P. sowie E. erkannt - geraten war, vertrieben diese weiter Finanzanlagen der G. GmbH, wobei sie in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken auch nach dem 28.09.1998 den Anlegern vorspiegelten, dass ihre Gelder sicher seien, obwohl ihnen bewusst war, dass die Rückzahlung der Anlegergelder auf Grund der schwierigen finanziellen Lage der G. GmbH gefährdet war. So getäuscht, schlossen zahlreiche Anleger Finanzanlagen in Höhe von insgesamt 5.207.146 DM bei der G. GmbH ab und überließen ihr im Rahmen dieser Anlageverträge insgesamt 3.342.690 DM an Anlagegeldern, wodurch ihr Vermögen in Höhe der Vertragsabschlüsse schadensgleich gefährdet wurde. Rückzahlungen erfolgten lediglich in Höhe von 375.490 DM.
    Unter anderem vertrieb die G. GmbH sogenannte „Einmalanlagen“ und „Aufbausparpläne“, die so gestaltet waren, dass die Kapitalanlagesummen zu 80 % als ein partiarisches Darlehen an die G. GmbH, bei dem die Anleger mit ihren Rückzahlungsforderungen hinter die Forderungen der übrigen Gläubiger der Gesellschaft zurücktraten, und zu 20 % als stille Beteiligung des Geldgebers mit Verlustbeteiligung in Höhe der erbrachten Einlage an der G. GmbH ausgestaltet waren.
    Um die finanzielle Schieflage der G. GmbH zu verbergen, nahm der gesondert verfolgte, für die Buchhaltung der G. GmbH verantwortliche E. eine Schönung der Vermögenslage der G. GmbH in den Jahresabschlüssen zum 31.10.1999 und 31.10.2000 vor. Der Angeklagte unterstützte ihn hierbei im Rahmen seiner Tätigkeit als Steuerberater, indem er auf Grund der von E. übermittelten Informationen und Unterlagen die Geschäftsvorfälle der G. GmbH verbuchte und den jeweiligen Jahresabschluss nebst Erläuterungen erstellte.
    Der gesondert verfolgte E. veranlasste jeweils auf Grund neuen Willensentschlusses, dass in den Bilanzen zum 31.10.1999 (erstellt bis zum 22.08.2001) und zum 31.10.2000 (erstellt bis zum 31.10.2001) zu Unrecht unter Positionen des Umlaufvermögens ein Aktivposten „Gewinnverfügung stille Gesellschafter“ eingestellt wurde, wobei er jeweils zumindest billigend in Kauf nahm, dass die Jahresabschlüsse deshalb fälschlicherweise keinen nicht durch Eigen-kapital gedeckten Fehlbetrag auswiesen und die Lage des Unternehmens unzutreffend widerspiegelten.
    Der Angeklagte half E. hierbei, indem er - wie ihm von E. vorgegeben - in den beiden genannten Bilanzen jeweils auf Grund neuen Willensentschlusses unter der Position „Sonstige Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens“ eine „Gewinnverfügung stille Gesellschafter“ aktivierte. Diesem Aktivposten der Bilanz lag jedoch in Wirklichkeit, womit der gesondert verfolgte E. und der Angeklagte rechneten und dies zumindest billigend in Kauf nahmen, keinerlei Vermögenswert zu Grunde. Er war auch nicht als Bilanzierungshilfe oder Rechnungsabgrenzungsposten in die Bilanz aufgenommen worden und hätte demnach so nicht aktiviert werden dürfen. In Kenntnis der Tatsache, dass nur echte Vermögenswerte in der Bilanz als Vermögensposition aktiviert werden dürfen, unterstützte der Angeklagte den gesondert verfolgten E. wissentlich und willentlich bei der Erstellung der Bilanzen mit dem beschriebenen Inhalt, wobei er es wie E. zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass die G. GmbH bei korrekter Bilanzierung einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag hätte ausweisen müssen. Im Einzelnen:
    1. In der Bilanz zum 31.10.1999 aktivierte der Angeklagte nach Vorgabe des gesondert verfolgten E. unter der Position „Sonstige Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens“ eine „Gewinnverfügung stille Gesellschafter in Höhe von 2.681.268,81 DM. Anstatt einer zutreffenden Bilanzsumme von 14.651.756,77 DM wies die Bilanz eine falsche höhere Bilanzsumme von 16.946.551,52 DM aus. Anstelle von Eigenkapital hätte die G. GmbH einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 386.474,06 DM ausweisen müssen.
    2. In der Bilanz zum 31.10.2000, aktivierte der Angeklagte nach Vorgabe des gesondert verfolgten E. unter der Position „Sonstige Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens“ eine „Gewinnverfügung stille Gesellschafter“ in Höhe von 2.918.173,81 DM. Anstatt einer zutreffenden Bilanzsumme von 14.244.259,51 DM wies die Bilanz eine falsche höhere Bilanzsumme von 16.675.530,52 DM aus. Anstelle von Eigenkapital hätte die G. GmbH einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 486.902,80 DM ausweisen müssen.
    Die Jahresabschlüsse wurden in dieser Form von der Gesellschafterversammlung festgestellt. Die G. GmbH war mithin, womit der gesondert verfolgte E. und der Angeklagte H. auch rechneten, spätestens seit dem Ende des Geschäftsjahrs 1999 überschuldet. Die G. GmbH hat am 30.04.2003 Insolvenz angemeldet. Das lnsolvenzverfahren wurde am 20.10.2004 eröffnet.
    Der Angeklagte hat sich der Beihilfe zum vorsätzlichen Bankrott in 2 Fällen gemäß §§ 283 Abs. 1 Ziffer 7a in Verb. mit Abs. 6, 14 Abs. 1, 27 StGB schuldig und strafbar gemacht.“
    III.
    Der Steuerberater H. hat somit gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen.
    Dieses Verhalten ist eine Berufspflichtverletzung gemäß §§ 57, 89, 90 StBerG.
    IV.
    Die schuldhafte Pflichtverletzung des Steuerberaters musste durch eine der in § 90 Abs. 1 Nr. 1-5 StBerG bezeichneten berufsgerichtlichen Maßnahmen geahndet werden. Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Steuerberater sprechenden Umstände hielt es die Kammer für geboten, auf einen
    Verweis
    zu erkennen und gegen den Steuerberater gleichzeitig eine
    Geldbuße in Höhe von 2.000,-- Euro
    zu verhängen.
    V.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 148 StBerG.

    RechtsgebietStBerGVorschriften§§ 57, 89, 90 StBerG

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