· Fachbeitrag · Neue Arbeitsformen
Das Homeoffice als Digitalisierungskatalysator
von StB Jens Henke, Berlin
| Die Arbeit im Homeoffice hat weder etwas mit der Heimarbeit des späten 19. oder frühen 20. Jahrhunderts zu tun noch mit dem Bild, das die SPD im letzten Jahr prägte, bei dem eine junge Frau sich vor ihrem Laptop auf dem Bett rekelte. Vielmehr geht es darum, Arbeitnehmer in die betrieblichen Prozesse so einzugliedern, als ob sie am Standort des Unternehmens tätig sind, obwohl sie sich tatsächlich an einem anderen Ort befinden. Dies kann die eigene Wohnung, ein Sommerhaus, eine (temporäre) Wohnung auf der anderen Seite der Erde oder auch ein Coworking-Space sein. |
Grundvoraussetzungen für ein Homeoffice
Tatsächlich entscheidend sind drei Grundvoraussetzungen:
- Vertrauen: Als Inhaber müssen Sie guten Gewissens davon ausgehen, dass die Arbeit im Homeoffice erledigt wird, denn Sie geben das Kontrollmittel, über die physische Anwesenheit zu bestimmen, aus der Hand. Bei neuen Mitarbeitern ist es daher Ihre Entscheidung, ob Sie hier einen Vertrauensbonus gewähren oder ob Sie die neue Kraft erst näher kennenlernen wollen, um zu sehen, wie sie sich in die Kanzleiabläufe einfügt.
- Einbindung: Der Mitarbeiter ist und bleibt wirklich absolut in die betrieblichen Prozesse eingegliedert. Das dient nicht nur der Effizienz der Abläufe, sondern ist auch für die Bindung des Mitarbeiters an die Kanzlei wichtig. Wer nicht laufend in der Kanzlei ist, fühlt sich schnell von den Entwicklungen dort abgehängt.
- Gerade für Teilzeitkräfte kann das Homeoffice eine sehr hilfreiche Option sein, die Stunden zu erhöhen, da die tägliche Reisezeit ins Büro entfällt. Gleichzeitig sollte jedoch sichergestellt sein, dass sich alle Kollegen mindestens ein- oder sogar zweimal pro Woche auch physisch sehen, die rein virtuelle Zusammenarbeit ist in einer klassischen Kanzlei sicherlich nicht zielführend.
- Organisation: Der alternative Arbeitsort ist weder für den Mitarbeiter im Homeoffice noch für die Kollegen und Mandanten eine Belastung. Kollegen z. B. sollen nicht das Gefühl haben, dass sie durch umständliche Abläufe ‒ oder noch schlimmer ‒ Mehrarbeit und Nachbessern anderen das Homeoffice erst ermöglichen.
Beachten Sie | Für uns als Steuerberater ist zudem essenziell, dass jederzeit die absolute Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis gewahrt bleiben. Ein öffentlicher Coworking-Space dürfte daher in der Regel ausscheiden. Ebenso ist zu vermeiden, dass Mandantenakten oder interne Kanzleiakten mit in das Homeoffice genommen werden.
Und wieder einmal kommt es auf die Prozesse an
Hierfür braucht es klar beschriebene und sichere (digitale) Prozesse.
Mindestanforderungen an den Raum und an die Ausstattung
Der Arbeitsplatz im Home-Office sollte während der Arbeitszeit ausschließlich für den betreffenden Arbeitnehmer zugänglich sein, außerhalb der Arbeitszeit sollte dieser abschließbar sein. Das notwendige Equipment sollte der Arbeitgeber stellen und es sollte der Ausstattung in der Kanzlei entsprechend. So behält er die Hoheit über die Systeme. Ebenso sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass der Arbeitsplatz den Arbeitsschutz-Vorschriften entspricht.
Das papierlose Büro
Ein papierloses Büro ist die beste Basis für ein Homeoffice, da keine nicht-digitalen Belege durch den Arbeitnehmer benötigt werden. Alle noch zu digitalisierenden Belege werden zentral in der Kanzlei durch das Sekretariat oder eine Scan-Kraft digitalisiert und im Dokumentenmanagement-System abgelegt. Dokumente, die der Arbeitnehmer erstellt, werden über den Dokumenten-Freigabeprozess des Dokumentenmanagement-Systems freigegeben und, sofern ein Ausdruck erforderlich ist, durch das Sekretariat gedruckt.
(Tele-)Kommunikation
Durch Video- oder Telefon-Konferenzen lässt sich der Arbeitnehmer jederzeit in Besprechungen innerhalb der Kanzlei oder mit dem Mandanten einbinden. Hier empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass das bei einer Videokonferenz gezeigte Bild stets einen aufgeräumten und ansprechenden Zustand wiedergibt.
Durch den Arbeitgeber sollte ebenso sichergestellt sein, dass die Telekommunikation ausschließlich über Hardware des Arbeitgebers erfolgt. Hier kann es sich anbieten, Telekommunikationssoftware wie zum Beispiel XPhone einzusetzen. Dies ermöglicht, unabhängig vom tatsächlichen Ort unter der Büronummer telefonieren zu können. Gleichzeitig können so die Kollegen im Büro sehen, ob der Kollege im Homeoffice gerade ansprechbar ist oder eben nicht.
Über eine Smartphone-App auf dem durch den Arbeitgeber bereitgestellten Smartphone kann zudem die tägliche Arbeitszeiterfassung erfolgen, die sodann mit der Vollzeiterfassung der Kanzlei-Verwaltung abgeglichen wird. So kann sichergestellt werden, dass die Zeit im Homeoffice auch wirklich produktiv genutzt wird. Hierbei sei anzumerken, dass die Produktivität im Homeoffice teilweise höher ist als in der Kanzlei.
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