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  • · Fachbeitrag · Nachlasspflegschaft

    Sinn und Zweck der Nachlasspflegschaft

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    | Bei der Nachlasspflegschaft i.S. des § 1960 BGB handelt es sich nicht um eine Vermögens-, sondern um eine Personenpflegschaft. Daher besteht ein Bedürfnis für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft auch dann, wenn keine konkrete Gefährdung des Nachlasses anzunehmen ist, jedoch der oder die Erben unbekannt sind. Das OLG München hatte sich nun in seinem Beschluss vom 16.8.18 mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen eine Nachlasspflegschaft anzuordnen ist. |

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser verstarb kinderlos ‒ ohne ein Testament. Als Erben kamen gesetzliche Erben der dritten Ordnung väterlicherseits und mütterlicherseits in Betracht. Die B, eine Verwandte mütterlicherseits, beantragte einen Erbschein, konnte ihre Verwandtschaft zum Erblasser aber (noch) nicht mit geeigneten Urkunden belegen. Der Erblasser hatte der B eine (General-)Vollmacht erteilt, die über seinen „Tod hinaus bis zum Widerruf durch die Erben fortgilt“. Das Nachlassgericht ordnet Nachlasspflegschaft an. Der Nachlasspfleger hat daraufhin die Vollmacht namens der unbekannten Erben widerrufen. Die B wendet sich gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft. Es bestehe dafür kein Bedürfnis. Insbesondere könne für den Nachlass mit der Vollmacht gehandelt werden.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG München (16.8.18, 31 Wx 145/18, Abruf-Nr. 205058) hat sich wie folgt geäußert: Grundsätzlich gehört es zu den wesentlichen Aufgaben des Nachlasspflegers, die unbekannten Erben zu ermitteln. Das Bedürfnis, einen Nachlasspfleger einzusetzen, kann aber fehlen, wenn dringliche Nachlassangelegenheiten bereits von einer bevollmächtigten handlungsfähigen Person erledigt werden und missbräuchliche Verfügungen vor Erbscheinserteilung ausgeschlossen sind. Allerdings wurde hier im konkreten Fall die Vollmacht von dem bereits bestellten Nachlasspfleger wirksam widerrufen. Denn die Bestellung des Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht ist rechtsbegründend und selbst beim Fehlen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Pflegschaft bis zu deren Aufhebung wirksam. Dies hat zur Folge, dass der von dem Pfleger erklärte Widerruf der Vollmacht wirksam ist. Das gilt selbst dann, wenn die Gründe für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft wegfallen würden. Die widerrufene Vollmacht würde daher selbst bei Aufhebung des Beschlusses des Nachlassgerichts nicht wieder wirksam.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Vollmacht müsste erneut erteilt werden, was vorliegend jedoch gerade nicht möglich ist. Ob ein Widerruf der Vollmacht geboten war, betrifft allein die Ordnungsgemäßheit der Ausführung des Amtes des Nachlasspflegers, nicht aber die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung der Nachlasspflegschaft.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2018 | Seite 272 | ID 45500139

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