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  • · Fachbeitrag · DBA-Schweden

    Abschaffung schwedischer SchenkSt: Besteuerung in Deutschland bei Doppelansässigkeit bleibt!

    von StB Dipl.-Kauffrau Dr. Katrin Dorn, München

    | Der BFH hat mit Urteil vom 24.5.23 (II R 27/20) entschieden, dass nach Abschaffung der Schenkungsteuer im Königreich Schweden zum 1.1.05 der Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweden 1992 bei einer Doppelansässigkeit des Schenkers kein Besteuerungsrecht in Schweden begründen kann. Dies hat zur Folge, dass die Schenkung eines in Deutschland und zugleich in Schweden ansässigen Schenkers der deutschen Schenkungsteuer unterliegt. Dass Schweden damit keine Schenkungsteuer erhebt, führte damit in dem Streitfall trotz des unverändert fortbestehenden DBA nicht zur erwünschten Nichtbesteuerung. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin war Schwedin. Sie bekam von ihrem Vater in 2005 Anteile an einer schwedischen AG geschenkt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Schenker Wohnsitze in Deutschland und Schweden; sein Lebensmittelpunkt lag jedoch unstreitig in Schweden. Damit unterlag die Schenkung jedenfalls in Deutschland der unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht aufgrund des Wohnsitzes im Inland (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Klägerin begehrte jedoch, dass Deutschland dieses Besteuerungsrecht nicht ausüben darf. Denn das zwischen Deutschland und Schweden abgeschlossene DBA (BGBl II 94, 686) sieht in den Fällen der Doppelansässigkeit vor, dass die Person (nur) dort ansässig ist, wo sie ihren Lebensmittelpunkt hat. Da dieser in Schweden gelegen habe, dürfe ausschließlich Schweden das Besteuerungsrecht ausüben.

     

    Nach Auffassung der Klägerin dürfte es danach im Streitfall zu keiner Besteuerung kommen, weil Schweden die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu Beginn des Jahres 2005 abgeschafft hat. Das deutsche Finanzamt setzte hingegen aufgrund der Ansässigkeit in Deutschland Schenkungsteuer fest, weil das DBA-Schweden in diesem Fall keine Schutzwirkung entfalten könne. Das FG Baden-Württemberg (5.8.20, 7 K 2779/18) sah das anders. Nach Auffassung des FG ergibt sich aus dem genannten DBA das alleinige Besteuerungsrecht Schwedens. Durch die Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Schweden habe das DBA-Schweden keine Änderung erfahren. Demnach habe Deutschland kein Recht, die Schenkung der Anteile zu besteuern. Allerdings wehrte sich das beklagte FA gegen diese Entscheidung mit der Revision und bekam vor dem BFH Recht.

     

    Rechtliche Würdigung

    Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage mit Urteil vom 24.5.23 (II R 27/20, Abruf-Nr. 237761) ab. Die Schenkung der Anteile ist in Deutschland schenkungsteuerpflichtig. Der BFH vertritt dabei die Auffassung, dass die in Art. 4 DBA-Schweden enthaltene Regelung der Besteuerung in Deutschland nicht entgegensteht. Denn seit der Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Schweden für Zwecke der Schenkungsteuer besteht keine „Ansässigkeit“ in Schweden mehr.

     

    Der Ausdruck „eine in einem Vertragsstaat ansässige Person“ im Sinne des Abkommens verweist für Zwecke der Schenkungsteuer auf eine Person, die „nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist“. Damit greift die Regelung für die Bestimmung der Ansässigkeit des Schenkers auf das inländische Recht des Staates ‒ hier Schwedens ‒ zurück. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b DBA-Schweden definiert den Begriff des Wohnsitzes oder ständigen Aufenthaltsortes als örtlichen Anknüpfungspunkt für die „Ansässigkeit“ im abkommensrechtlichen Sinne nicht. Im Ergebnis liegt daher die notwendige Ansässigkeit nicht vor. Denn eine solche setzt danach voraus, dass der Nachlass oder die Schenkung „nach dem Recht dieses Staates dort […] steuerpflichtig ist“. Da Schweden die Schenkung- und Erbschaftsteuer jedoch seit 2005 abgeschafft hat, kann eine solche Steuerpflicht in Deutschland und damit die geforderte Ansässigkeit in Schweden nicht bestehen.

     

    MERKE | Die Regelung des Art. 4 DBA-Schweden läuft seit der Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer ins Leere und kann insbesondere das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht einschränken. Folgerichtig ist eine Besteuerung der Schenkung der Anteile in Deutschland nach Auffassung des BFH möglich.

     

    Dementsprechend hat der BFH auch in den Parallelentscheidungen II R 28/20 und II R 29/20 entschieden. Gegenstand waren die Schenkungen an die Brüder der Klägerin. Auch diese hatten Vermögen vom Vater geschenkt bekommen und mussten dieses in Deutschland besteuern. Dagegen wehrten auch diese sich ‒ im Ergebnis aber erfolglos.

     

    Relevanz für die Praxis

    Mit dieser Entscheidung hat der BFH klargestellt, dass Deutschland trotz der Regelung im DBA-Schweden ein Besteuerungsrecht hat, wenn der Schenker über eine Wohnstätte in einem ausländischen Staat verfügt, dort zum Zeitpunkt der Schenkung zudem den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat, jedoch die Schenkung in diesem Staat aufgrund der Abschaffung der Schenkungsteuer dort keiner Steuerpflicht mehr unterfällt. Damit hat der BFH sowohl der Auffassung der Vorinstanz als auch namhaften Stimmen der Literatur (u. a. Schmid in: Wassermeyer, DBA, Schweden, Vor Art. 24 bis 28 Rn. 5; Eisele in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 21 Rn. 71.1) widersprochen.

     

    Nach Auffassung des BFH setzt die Zuweisung des Besteuerungsrechts zugunsten des anderen Staates in dem vorliegenden Fall voraus, dass dort auch eine entsprechende Ansässigkeit aufgrund der geforderten Steuerpflicht in diesem Staat besteht. Fehlt es an der notwendigen Ansässigkeit aufgrund der fehlenden Steuerpflicht in dem anderen Vertragsstaat, kann das Besteuerungsrecht nicht Schweden zugewiesen werden. Insoweit hatte der Vortrag der Klägerin keinen Erfolg. Dass Schweden die Schenkungsteuer aufgehoben hat, kommt damit ‒ unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen des DBA-Schwedens ‒ allein Deutschland zugute, wenn die Schenkung hier (z. B. aufgrund des inländischen Wohnsitzes des Schenkers) der Schenkungsteuer unterliegt.

     

    Die Entscheidung des BFH dürfte in der Praxis nur geringe Bedeutung erlangen, da Deutschland nur wenige DBA abgeschlossen hat und von den Staaten, mit denen ein solches Abkommen besteht, nur Schweden keine Schenkung- und Erbschaftsteuer mehr erhebt. Sie zeigt aber, dass in grenzüberschreitenden Sachverhalten genau zu prüfen ist, in welchem Staat ein Besteuerungsrecht besteht und dass Besteuerungsrechte grundsätzlich in mehreren Staaten bestehen können. Dafür kann sowohl die Mehrfachansässigkeit des Schenkers/Erblassers als auch die Ansässigkeit des Beschenkten/Erben bzw. Vermächtnisnehmers und Schenkers/Erblassers in unterschiedlichen Staaten ursächlich sein. Ein weiterer Grund könnte das Nebeneinanderbestehen von beschränkter und (ggf. mehrfacher) unbeschränkter Steuerpflicht sein.

     

    Die Entscheidung zeigt zudem, dass auch in den Fällen, in denen der andere Staat dann keine Schenkung- oder Erbschaftsteuer erhebt (wie z. B. Österreich und Tschechien), Deutschland gleichwohl besteuert und damit der Vorteil aus der fehlenden Besteuerung in dem Staat verloren geht, solange eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht in Deutschland besteht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn ein DBA etwas anderes regeln sollte. Dies dürfte jedoch nur ausnahmsweise der Fall sein, weil Deutschland auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur wenige solcher Abkommen abgeschlossen hat (vgl. BMF 18.2.21, BStBl I 21, 265; noch bestehende Abkommen mit Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden, der Schweiz und den USA).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2024 | Seite 83 | ID 49945637

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