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  • 03.02.2011 | 100 Fragen/100 Antworten

    Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen (Teil 1)

    von RAin Gabriele Ritter, FA für Steuer- und Sozialrecht, Wittlich

    Strategien, Familienvermögen zu erhalten und zu mehren, werden meist unter dem Gesichtspunkt steueroptimaler Übertragungsmöglichkeiten auf die nächste Generation entwickelt. Eine solide Vermögensplanung setzt aber eine gewisse Weitsicht voraus, die eine Grundkenntnis der damit in Zusammenhang stehenden Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten, z.B. solche sozialrechtlicher Natur, unverzichtbar macht. In einer mehrteiligen Reihe greifen wir Fragen auf, die im Zusammenhang mit dem Vermögensschutz in besonderen Lebenssituationen wie etwa bei einer schweren Erkrankung oder allgemein im Alter regelmäßig gestellt werden. Der erste Beitrag behandelt die wesentlichen Kriterien des Elternunterhalts und des Regresses des Sozialhilfeträgers.  

     

    Checkliste: Elternunterhalt und Regressansprüche des Sozialhilfeträgers
    1. Was ist unter Elternunterhalt zu verstehen?
    Elternunterhalt ist zu zahlen, wenn die Eltern ihren Bedarf nicht aus Einkommen oder durch eigenen Vermögenseinsatz abdecken können.

     

    Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt folgende Unterhaltspflichtigen: Ehegatten untereinander (§§ 1360 ff., 1569 ff. BGB) und Verwandte in gerader Linie (§§ 1601 ff. BGB), also Kinder, (Ur-)Enkel, Eltern, (Ur-)Großeltern, außerdem der Vater gegenüber der Mutter des nichtehelichen Kindes und ebenso die Mutter gegenüber dem Vater des nichtehelichen Kindes (§ 1615 Abs. 1 BGB) sowie Lebenspartner und Lebenspartnerinnen untereinander ( §§ 5, 12, 16 LPartG). Von Elternunterhalt spricht man also, wenn die Kinder im Bedarfsfall für ihre Eltern einstehen müssen. Sind Kinder nicht mehr vorhanden, geht diese Verpflichtung auf die jeweils nächste Generation in direkter absteigender Linie über, also auf die Enkelkinder.

     

    Dass der Einsatz privaten Vermögens angesichts der stärker zurückgehenden Sozialleistungen zunehmen wird, belegt folgendes Beispiel: Bei der vollstationären Versorgung in einem Pflegeheim betragen die durchschnittlichen Pflegekosten in der Pflegestufe II rund 2.700 EUR monatlich. Die gesetzliche Pflegeversicherung trägt davon 1.279 EUR. Der monatliche Eigenaufwand, den der Pflegebedürftige oder seine Verwandten zu tragen haben, beträgt demnach monatlich 1.421 EUR. Bei einer angenommenen Pflegezeit von zehn Jahren bedeutet dies ein beachtliches Kostenpotenzial.

     

    2. Wie kommt es trotz Unterhaltsverpflichtung zur Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers?
    Nicht immer wenden sich die Eltern an ihre Kinder, wenn sie bedürftig sind. Noch seltener machen Eltern einen gerichtlichen Anspruch gegen ihre Kinder geltend. Ein solches Anspruchsdenken wird überlagert von der doch eigentlich umgekehrten, Natur gegebenen und gesellschaftlich verankerten Verpflichtung, dass Eltern ihre Kinder zu unterstützen haben. Deshalb wenden sich Eltern zunächst an den Sozialhilfeträger. Stellt der Sozialhilfeträger eine Notfallsituation fest, tritt er ein.
    3. Was ist unter Regress des Sozialhilfeträgers zu verstehen?
    Unter Regress des Sozialhilfeträgers ist nun das Vorgehen des Sozialhilfeträgers gegen die eigentlich unterhaltsrechtlich Verpflichteten zu verstehen. Er prüft, ob Leistungen eingefordert werden können, denn die Sozialhilfe ist grundsätzlich nachrangig (§ 2 Abs. 1 SGB XII), d.h., Sozialhilfe darf nicht erhalten, wer erforderliche Leistungen von anderen, insbesondere von Angehörigen erhält bzw. erhalten könnte. Der Regress des Sozialhilfeträgers erfolgt auf der Grundlage des § 94 SGB XII.

     

    4. Sind Unterhaltsverpflichtete nach dem Familienrecht auch zugleich Verpflichtete gegenüber dem Sozialhilfeträger?
    Nein, während sich die familienrechtliche Unterhaltspflicht auf die direkten Verwandten in auf- und absteigender Linie bezieht, vollzieht sich der Sozialregress nicht gegenüber Personen, die mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt sind (§ 94 Abs. 1 S. 3 SGB XII). Die Inanspruchnahme bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsverpflichteter beschränkt sich daher sozialrechtlich nur auf die Verwandten ersten Grades.

     

    5. Kann durch einen entsprechenden Vertrag auf den Unterhalt wirksam verzichtet werden?
    Im Voraus kann grundsätzlich auf Elternunterhalt nicht verzichtet werden (§ 1614 BGB). Ein Vertrag oder sonstiges Rechtsgeschäft, das einen solchen Verzicht enthält, ist gemäß 134 BGB nichtig.

     

    6. Wie hoch kann die Regressforderung sein?
    Gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII geht der Unterhaltsanspruch „bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen“ auf den Träger der Sozialhilfe über; dies ist der denkbar höchste Anspruch. Von Bedeutung ist dies allerdings nur, wenn der familienrechtliche Unterhaltsanspruch nach BGB höher ist als die geleisteten Aufwendungen. In diesem Fall verbleibt dem Unterhaltsberechtigten der darüber hinausgehende Betrag.

     

    Ob aber ein Unterhaltsanspruch überhaupt bis zur Höhe der Aufwendungen oder darüber hinaus besteht, hängt davon ab, ob Identität zwischen dem Unterhaltsanspruch und der konkreten Sozialhilfeleistung besteht, also ob der sozialhilferechtliche Bedarf und der unterhaltsrechtliche Bedarf identisch sind. Insofern kann es deutliche Unterschiede geben.

     

    Sofern der Sozialhilfebedarf quantitativ und/oder qualitativ höher ist als der unterhaltsrechtliche Bedarf, besteht kein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch. Da dieser aber Voraussetzung für den Sozialregress ist, kann folglich für derartige sozialhilferechtliche Tatbestände nach h.M. keine Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger erfolgen. Dies gilt z.B. für Hilfe aus sozialpolitischen Gründen wie etwa der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII oder des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII. Bei der Überprüfung der Regressforderung bedarf es daher stets einer Analyse der durch den Sozialhilfeträger erhobenen Ansprüche.

     

    7. Wie geht der Sozialhilfeträger im Leistungsfall vor?
    Der Sozialhilfeträger wird unmittelbar nach der Leistungserbringung die in Betracht kommenden Unterhaltspflichtigen von dem Leistungsbezug in Kenntnis setzen und deren Leistungsfähigkeit prüfen. Zwar geht der Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers kraft Gesetzes mit der Gewährung von Sozialhilfe auf den Träger der Sozialhilfe über, ohne dass es dazu einer besonderen Überleitungsanzeige bedarf. Allerdings kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt nur von der Zeit ab fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat.

     

    Die Mitteilung selbst ist nach herrschender Meinung kein Verwaltungsakt, es handelt sich um schlichtes Verwaltungshandeln. Die Mitteilung hat die Wirkung einer Mahnung und bewirkt im Verhältnis zum Unterhaltspflichtigen, dass nunmehr Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Mit der Mitteilung der Leistungsgewährung an den Unterhaltspflichtigen verschickt der Sozialhilfeträger regelmäßig einen Fragebogen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Rechtsgrundlage hierfür ist der mit dem Unterhaltsanspruch übergegangene unterhaltsrechtliche Auskunftsanspruch. Dieses Auskunftsrecht bezieht sich nicht nur auf den Unterhaltsverpflichteten selbst sondern auch auf dessen Ehepartner.

     

    Die Anspruchserhebung gegen den Unterhaltspflichtigen wird durch den Sozialhilfeträger grundsätzlich zügig in Gang gesetzt. Seine Ansprüche gelten nämlich dann als verwirkt, wenn er seine Rechte längere Zeit nicht geltend macht. Mit Urteil vom 23.10.02 (XII ZR 266/99, NJW 03, 128) hat der BGH Verwirkung angenommen, da der Sozialhilfeträger in dem dort zu entscheidenden Fall eine Frist von mehr als einem Jahr hat verstreichen lassen.

     

    8. In welchem Umfang ist das Kind verpflichtet, sein Einkommen einzusetzen?
    Beim Einsatz von Einkommen ist auf das bereinigte Einkommen - nach Abzug von notwendigen Abgaben und angemessener Altersvorsorgebeiträge - abzustellen. Bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit ist der Durchschnitt der drei vorangehenden Jahre als Grundlage heranzuziehen.

     

    Zu einem Einsatz darf es nur kommen, wenn dem Unterhaltsverpflichteten ein eigener angemessener Eigenbedarf verbleibt. Bezug genommen wird insofern auf die Tabellen (Leitlinien) der Oberlandesgerichte. Allgemein wird ein Betrag von 1.500 EUR als Eigenbedarf anerkannt. Dieser Grenzwert verändert sich jedoch, wenn der Ehepartner kein eigenes Einkommen hat oder unterhaltsberechtigte Kinder vorhanden sind. Auch können zusätzliche Kosten, wie z.B. Schulden, Kinderbetreuungskosten, Versicherungsprämien, Rücklagenbildungen teilweise zusätzlich mindernd berücksichtigt werden. Andererseits können auch einkommenserhöhende Umstände angenommen werden. Beispielsweise wird bei Wohnen in einem Eigenheim die ersparte Miete als zusätzliches Einkommen gerechnet. Berechnungsgrundlage ist hier in der Regel die ortsübliche Miete.

     

    Liegt das Einkommen unter diesen Grenzwerten, besteht kein Unterhaltsanspruch, der übergehen kann. Liegt das Einkommen oberhalb dieser Grenze, dürfen 50 % dafür für den Elternunterhalt vom Sozialhilfeträger verwendet werden. Dadurch soll die Fortführung des bisherigen Lebensstils der Kinder im Großen und Ganzen gewährleistet bleiben (BGH 23.10.02, XII ZR 266/99, NJW 03, 128). Die Entwicklungen im Einzelnen, insbesondere seine konkreten Berechnungen, sind in der Rechtsprechung immer wieder im Fluss. Zuletzt hat der BGH in der Entscheidung vom 28.7.10 (XII ZR 140/07, NJW 10, 3161) Kriterien für den Elternunterhalt aufgestellt. Bei jenem Sachverhalt ging es um die Fallgestaltung, dass der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte verfügt.

     

    9. Können auch die Schwiegerkinder herangezogen werden?
    Der BGH hat im Unterhaltsrecht eine „verschleierte“ Schwiegerkinderhaftung entwickelt. Hiernach soll es bei der Leistungsfähigkeit eines verheirateten Unterhaltsberechtigten, der selbst nur Einkünfte unterhalb des Eigenbedarfs hat, darauf ankommen, ob und ggf. inwieweit dieser sein Einkommen zur Bestreitung des vorrangigen Familienvermögens benötigt. Falls der andere Ehegatte entsprechend hohe Einkünfte hat und damit das unter dem Eigenbedarf liegende Einkommen des anderen Ehegatten, also des Kindes des Unterhaltsberechtigten, für den Familienunterhalt nicht benötigt wird, steht es grundsätzlich für den Familienunterhalt des Unterhaltsberechtigten zur Verfügung. Auch hier sind die Berechnungen im Einzelnen im Fluss. Haushaltsführung und Kindererziehung sowie auch Konsum- und Spargewohnheiten können eine Einzelfallbetrachtung erfordern.

     

    10. Kann auch Vermögen herangezogen werden?
    Erträge des Vermögens zählen als Einkommen und werden dort berücksichtigt. Daneben ist aber auch der Stamm des Vermögens einzusetzen, wobei dem Unterhaltsverpflichteten ein gewisses Schonvermögen zur Bildung von Reserven für unvorhersehbare Ausgaben und zur Gewährleistung einer angemessenen Altersabsicherung verbleiben muss. Weiter darf die Verwertung nicht wegen Unwirtschaftlichkeit unzumutbar sein.

     

    11. Muss ich mein Eigenheim wegen des Elternunterhalts verwerten?
    Zivilrechtlich (unterhaltsrechtlich) besteht zwischenzeitlich Einigkeit dahingehend, dass die Verwertung eines selbstgenutzten Eigenheims nicht verlangt werden kann (BGH 19.3.03, XII ZR 123/00, NJW 03, 2306). Dem hat das Sozialrecht zu folgen. Gleiches gilt im Übrigen auch für eine beruflichen Zwecken dienende Immobilie.

     

    12. Altersabsicherung als Strategie zur Vermeidung von Elternunterhalt?
    Wie dargelegt muss der Unterhaltsverpflichtete Schonvermögen nicht zum Unterhalt seiner Eltern einsetzen. Zum Schonvermögen zählt die eigene Altersabsicherung. Hier können bis zu 5 % vom Brutto-Einkommen zur eigenen Alterssicherung angelegt werden (BGH 30.8.06, XII ZR 98/04, NJW 06, 3344).

     

    13. Grundsätzliches zum Sozialregress bei Schenkungen
    Oftmals verschenken Eltern Immobilien (oder Geldbeträge) an ihre Kinder, um auf diese Weise das Erbe vorwegzunehmen und durch die mehrmalige Möglichkeit der Ausnutzung von Steuerfreibeträgen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu sparen. Gerät der Schenker nach der Schenkung selbst in wirtschaftliche Not, stellt sich die Frage des Sozialregresses. Dazu gilt im Grundsatz Folgendes:

     

    Gemäß § 528 BGB kann der Schenker innerhalb von 10 Jahren seine Schenkung vom Beschenkten heraus verlangen, wenn er nach der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder seiner gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht gegenüber seinen Verwandten, seinem Ehegatten oder seinem früheren Ehegatten nicht nachkommen kann. Der Sozialhilfeträger kann den Rückforderungsanspruch gem. § 93 SGB XII auf sich überleiten und auch gegen den Willen des Schenkers gegenüber dem Beschenkten durchsetzen. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat oder die Schenkung 10 Jahre zurückliegt.

     

    14. Wie ist der Sozialregress bei einer geschenkten Immobilie zu behandeln?
    Hier wie auch bei allen Sachgeschenken ist zu differenzieren: Ist der Wert des Geschenkes niedriger als die bereits aufgelaufene Bedarfslücke (Forderung des Sozialhilfeträgers), so richtet sich der Anspruch originär auf die Rückgabe des geschenkten Gegenstandes in Natur.

     

    Bei geschenkten Immobilien wird dies in der Regel nicht der Fall sein. Übersteigt also der Wert der Immobilie die auszugleichende Unterhaltslücke und ist die Immobilie nicht teilbar (wovon ebenfalls regelmäßig auszugehen ist), richtet sich der Anspruch auf den Ersatz des Wertes, weil die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist. Im Ergebnis führt dies dazu, dass bei wiederkehrenden Leistungen (Heimkosten) eine monatliche Geldrente geschuldet wird, bis der Wert der Schenkung aufgezehrt ist. Der unteilbare Gegenstand verbleibt beim Schenker.

     

    Die Einstufung des Anspruchs aus § 528 BGB als Wertersatzanspruch führt sozialhilferechtlich zu der Besonderheit, dass dadurch nunmehr eine volle Einsatzpflicht der Geldzahlungen als laufendes Einkommen entsteht, obgleich die Immobilie unter Umständen beim Schenker selbst als Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht hätte verwertet werden können.

     

    15. Kann sich der Beschenkte durch die Rückgabe der Immobilie von der Zahlung der Wertersatzbeträge - z.B. Geldrente - befreien lassen?
    Die Entrichtung einer monatlich wiederkehrenden Geldzahlung wird den Beschenkten häufig schwerer treffen als die Rückgabe des geschenkten Gegenstands. Daher drängt sich die Frage auf, ob der Geschenkte statt Wertersatz auch das geschenkte Haus zurückübertragen kann. Überträgt der Beschenkte die Immobilie zurück, leistet er gesetzessystematisch etwas anderes (ein „aliud“), was ihn von seiner Geldzahlungspflicht nicht befreien würde. Denn nach § 528 BGB wandelt sich der Rückgabeanspruch in einen (originären) Wertersatzanspruch um, d.h., die Immobilie verbleibt dem Beschenkten.

     

    Soweit erkennbar soll aber eine ausdrückliche Abrede im Sinne einer vertraglichen Modifizierung des § 528 BGB nach allgemeiner Meinung zulässig sein (umgekehrte Ersetzungsbefugnis). Diese ermöglicht sodann ein Wahlrecht zwischen der monatlichen Zahlungsverpflichtung und der Rückgabe des geschenkten Gegenstandes. Eindeutige Rechtsprechung hierzu liegt jedoch, soweit ersichtlich, nicht vor.

     

    16. Was gilt, wenn dem Übertragenden Versorgungsrechte (z.B. Pflegeleistungen) eingeräumt wurden?
    Können z.B. durch Umzug in ein Pflegeheim Pflegeleistungen nicht mehr erbracht werden, wandeln die Sozialhilfeträger diesen Versorgungsanspruch gerne in einen Geldanspruch um. Diesen Anspruch kann der Sozialleistungsträger auf sich nach § 93 SGB XII überleiten.

     

    Die Thematik der Umwandlung von Pflegeleistungen hat der BGH in seiner Entscheidung vom 20.1.10 (Az.: V ZR 132/09) aufgegriffen und differenziert betrachtet. Eltern hatten mit notariellem Vertrag ein Wohnhaus mit der Verpflichtung übertragen, dem Übergeber unentgeltlich eine gute Pflege und Betreuung zu gewähren. Sollte der Erwerber einmal künftig diese Leistungen nicht mehr persönlich erbringen können, hat er auf seine Kosten für eine entsprechende Hilfskraft zu sorgen. Der BGH entschied, dass im Falle des Umzugs des Übergebers in ein Pflegeheim und der deswegen eintretenden Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Erwerber die ergänzend vorgenommene Vertragsauslegung nicht dazu führe, dass an die Stelle des ersparten Zeitaufwandes ein Zahlungsanspruch des Übergebers treten soll.

     

    Etwas anderes käme allerdings in Betracht - so der BGH - wenn der Erwerber aus in seiner Person liegenden Gründen heute nicht mehr in der Lage wäre, die geschuldeten Leistungen selbst zu erbringen und deshalb - lebte der Übergeber noch im Hause - verpflichtet wäre, auf seine Kosten eine Hilfskraft zu besorgen; denn in diesem Fall hätte der Erwerber infolge des Heimaufenthaltes finanzielle Aufwendungen erspart.

     

    17. Können Sozialhilfeträger auf ererbtes Vermögen zurückgreifen?
    Zum Nachteil der Erben eines Sozialhilfebedürftigen wurde mit § 102 SGB XII eine selbstständige Haftung eingeführt. Die Vorschrift steht in engem Zusammenhang mit den Regelungen in § 90 SGB XII über den Einsatz des Vermögens. Den hilfesuchenden Personen soll ein Schonvermögen verbleiben, welches sie nicht für die Sozialhilfe einsetzen müssen. Den Erben soll dies grundsätzlich jedoch nicht zugutekommen.

     

    Der Nachkomme des Sozialhilfeempfängers, der dieses Schonvermögen im Todesfall erbt, ist gemäß § 102 SGB XII zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Die Ersatzpflicht besteht allerdings ebenfalls nur innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren vor dem Erbfall. Da die Ersatzpflicht des Erben zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört, haftet der Erbe nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Vermögens, nicht aber zusätzlich mit seinem eigenen Vermögen.

     

    18. Haben Sozialleistungsträger Zugriff auf den Pflichtteilsanspruch?
    Ja, der Pflichtteilsanspruch geht gemäß § 93 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über.

     

    19. Besteht eine Erstattungspflicht aus dem Leistungsbezug einer Lebensversicherung?
    Hatte der Sozialhilfeempfänger eine Lebensversicherung abgeschlossen und darin eine Person (den Erben) als Bezugsberechtigte benannt, gilt diese Bezugsberechtigte nicht als Erbe, weshalb diese mit den Bezügen aus der Lebensversicherung nicht nach § 102 SGB XII haftet. Fehlt eine vertragliche Bezugsberechtigung, fällt sie allerdings in den Nachlass, sodass die aufgrund des Lebensversicherungsvertrags zugeteilte Summe nach § 102 SGB XII berücksichtigt wird.

     

    20. Gibt es Möglichkeiten, das finanzielle Risiko „Pflegefall“ zu minimieren?
    Die Gefahr, durch Pflegebedürftigkeit der Eltern das eigene Vermögen zu minimieren, ist groß. Vermeidungsstrategien sind spärlich und müssen wohl überlegt werden. Das mit dem Elternunterhalt verbundene finanzielle Risiko lässt sich durch private Pflegezusatzversicherungen zumindest mindern. Die Versicherer bieten gegenwärtig drei Alternativen an:
    • die Pflegerentenversicherung,
    • die Pflegekostenversicherung und
    • die Pflegetagegeldversicherung.

     

    Bei den jeweiligen Policen ist neben dem Leistungsumfang unbedingt auf grundlegende Fragen wie z.B. „Wie ist der Pflegefall definiert?“ zu achten.
    Aus der Komplexität der Gesamtthematik „Sozialregress“ wird deutlich, dass bei umfassenderen Sachverhalten die Einholung qualifizierten Rates unabdingbar ist. In weiten Teilen liegt gerade beim Elternunterhalt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Berechnungspraxis der Sozialhilfeträger ist extrem uneinheitlich. Außerdem sorgen die Schnittstellen zwischen Familien- und Sozialrecht häufig für weiteres Konfliktpotenzial. Zusätzlich gilt es bei der Nachfolgeplanung erbrechtliche und steuerrechtliche, gegebenenfalls auch gesellschaftsrechtliche Aspekte zu überdenken.  

     

    In der nächsten ErbBstg (3/2011) werden zum Thema „Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen“ praxisbezogene Fragestellungen aus dem Bereich des Betreuungsrechts behandelt.  

     

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