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  • · Fachbeitrag · Zwangsvollstreckung

    Dinglicher Arrest bei Vollmachtsmissbrauch

    von RA Dr. Thomas Papenmeier, FA Erbrecht, Chemnitz

    | Nach Ansicht des OLG Hamm kann ein Erbe seine Ansprüche im Wege des dinglichen Arrests sichern, wenn ein Bevollmächtigter eine Vorsorgevollmacht missbraucht. |

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin (E) hatte dem Bevollmächtigten (B) eine Vorsorgevollmacht und Bankvollmachten erteilt. B hob damit vor und nach dem Tod der E Geld ab. Die Alleinerbin (A) beantragte daher einen dinglichen Arrest, § 917 Abs. 1 ZPO. Das LG wies den Antrag zurück, weil sich A nur auf die Vermutung stütze, dass missbräuchliche Überweisungen vorlagen. Das OLG ordnete den dinglichen Arrest bezüglich der abgehobenen Beträge und einer Kostenpauschale in das gesamte Vermögen des B an (OLG Hamm 22.12.15, I-24 W 40/15, Abruf-Nr.  146526).

     

     

    Entscheidungsgründe

    A steht ein Zahlungsanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §  266 StGB zu. Der B hat die ihm von der E erteilten Vollmachten zum eigenen Vorteil i. S. von § 266 Abs. 1 StGB missbraucht, indem er Einzelbeträge ohne erkennbaren Auftrag auf sein eigenes Konto überwies, ohne dabei die Vermögensinteressen der E wahrzunehmen.

     

    Soweit das LG angenommen hat, dass sich A ausschließlich auf Vermutungen stütze, aber letztlich nicht hinreichend vortrage und glaubhaft mache, dass die Überweisungen zulasten der E vorgenommen worden seien, überspannt es die Anforderungen an einen ausreichend substanziierten Vortrag der A.

     

    Grundsätzlich muss zwar ein Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine deliktische Haftung weil ein Schutzgesetz verletzt worden ist, muss er alle Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes verwirklicht worden sind.

     

    Etwas anderes gilt aber, wenn der Behauptende es nicht näher darlegen kann oder ihm dies nicht zumutbar ist, während der Anspruchsgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt, sodass es ihm zuzumuten ist, nähere Angaben zu machen. Diese Grundsätze gelten insbesondere bei Schadenersatzansprüchen, die daraus hergeleitet werden, dass anvertraute Gelder - wie vorliegend - veruntreut werden (vgl. BGH MDR 15, 726).

     

    Der durch § 917 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Arrestgrund liegt abweichend von der Ansicht des LG ebenfalls vor. Zwar genügt eine Straftat oder unerlaubte Handlung des Arrestgegners allein nicht als Arrestgrund. Liegen Tatsachen vor, die ein vermögenbezogenes Strafgesetz erfüllen, ist jedoch regelmäßig von einem Arrestgrund auszugehen, wenn sie glaubhaft gemacht werden. Im Einzelfall kommt es darauf an, ob die Tathandlungen geeignet sind, eine Vollstreckung als gefährdet erscheinen zu lassen, etwa dadurch, dass es wahrscheinlich ist, dass weiter verschleiert oder getäuscht wird.

     

    Vorliegend rechtfertigt die glaubhaft gemachte unerlaubte Handlung des B nach den Umständen des Einzelfalls die Annahme, er werde seine rechtsfeindliche Verhaltensweise fortsetzen, um den rechtswidrig erlangten Vermögensvorteil zu behalten, d. h. die Zwangsvollstreckung zu vereiteln. Denn B hat insbesondere auch noch nach dem Tod der E erhebliche Summen von dem Konto der E auf sein eigenes Konto überwiesen. Damit hat er deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht dazu bereit ist, nicht nur den Belangen der E, sondern ebenfalls denen der Erben auch nur ansatzweise Rechnung zu tragen, zumal die einzelnen Überweisungen als Schenkungen sowie Spenden deklariert worden sind und die verfahrensgegenständlichen Überweisungen insgesamt in einem Zeitraum von nur sechs Wochen erfolgt sind.

     

    Das OLG Hamm gewährte der A Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil ihre Beschwerdeschrift erst nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Gericht einging. A hatte glaubhaft gemacht, dass der Brief in der Kanzlei ihrer Rechtsanwältin weit vor Fristablauf abgesandt wurde. Ein Organisationsverschulden der Rechtsanwälte ist nicht festzustellen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der dingliche Arrest sichert die Forderung der A. Nach Ansicht des OLG Hamm genügt es, dass A die Überweisungen glaubhaft macht und versichert, dass ihr kein Rechtsgrund und damit insbesondere keine Schenkung bekannt ist. Damit ist ein erhebliches Kostenrisiko verbunden, wenn sich später herausstellt, dass B die Gelder berechtigt abgehoben hat.

     

    Zum Schenkungsvollzug durch einen Bevollmächtigten:

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 65 | ID 43823234