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  • · Nachricht · Lebensversicherung

    Kündigung des Lebensversicherungsvertrages ist nicht zwingend auch als Widerruf der Bezugsberechtigung anzusehen

    | Im Revisionsverfahren hatte sich der BGH (22.3.23, IV ZR 95/22, Abruf-Nr. 234846 ) im Rahmen der Klage der Versicherung gegen die Erbin der Versicherungsnehmerin mit der Frage zu befassen, ob es einen Erfahrungssatz gibt, dass die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages zugleich den Widerruf der Bezugsberechtigung auf den Todesfall enthält. |

     

    Der BGH hat diesen Erfahrungssatz ‒ entgegen der Auffassung der Vorinstanz (OLG Stuttgart 10.2.22, Z U 165/21) ‒ nicht angenommen, sondern ausgeführt, dass diese Frage durch Auslegung der Erklärung (Kündigung) im Einzelfall zu entscheiden sei. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass der Widerruf der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Versicherer sei, die auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe abstellend aus Sicht des Versicherers als objektiver Empfänger gemäß §§ 133, 157, 242 BGB auszulegen sei.

     

    In Rechtsprechung und Literatur sei allerdings umstritten, ob einer Kündigungserklärung des Versicherungsnehmers im Regelfall, ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte, konkludent auch der Wille des Versicherungsnehmers zu entnehmen ist, dass er damit zugleich ein widerruflich bestehendes Bezugsrecht widerrufen will (wird ausgeführt).

     

    Da es nach Auffassung des Senats keinen Erfahrungssatz gibt, wonach die Kündigung eines Lebensversicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer stets zugleich den Widerruf der Bezugsberechtigung auf den Todesfall enthält, sei diese Frage durch Auslegung der Erklärung des Versicherungsnehmers zu beantworten. Zu berücksichtigen sei dabei, dass bei einer Erklärung im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung im Interesse des Vertragspartners, hier des Versicherers, weitgehend auf deren Wortlaut und darauf abzustellen sei, wie die Erklärung aus dessen Sicht zu verstehen ist.

     

    Außerdem solle der Versicherer im Interesse einer schnellen und reibungslosen Abwicklung des Versicherungsfalls nicht ‒ mitunter schwierige ‒ Auslegungsfragen entscheiden müssen. Danach sei im Streitfall der Kündigungserklärung der Versicherungsnehmerin aus Sicht der Klägerin nicht konkludent der Widerruf der Bezugsberechtigung zu entnehmen. Ein solcher erschließe sich der Klägerin auch nicht aus den Umständen. Aus dem Wortlaut des Schreibens ergebe sich für sie nur die Erklärung der Kündigung, jedoch ergäben sich daraus keine Gründe, warum die Versicherungsnehmerin diese erklärt habe. Es stehe auch nicht fest, dass die Klägerin Anhaltspunkte für weitere mit der Kündigungserklärung möglicherweise beabsichtigte Zwecke der Versicherungsnehmerin gehabt hätte (wird ausgeführt).

     

    MERKE | Für die Praxis bedeutet das, dass die Kündigungserklärung des Versicherungsvertrages stets dahin gehend auszulegen ist, ob damit auch der Widerruf der Bezugsberechtigung auf den Todesfall gewollt ist. Will der Versicherungsnehmer diese Auslegung vermeiden, muss er sich klar darüber äußern, ob er mit der Kündigung auch die Bezugsberechtigung widerrufen will.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2023 | Seite 201 | ID 49780557