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  • · Fachbeitrag · ZGA und Erbquote

    Sittenwidriger Ehevertrag verhindert Erbrecht des Ehegatten nicht

    von RA Ernst Sarres, FA Erbrecht und Familienrecht, Düsseldorf

    | Ein umfassender Ehevertrag für eine bevorstehende Ehe kann sich noch nach Jahrzehnten erheblich auf erbrechtliche Ansprüche der überlebenden Ehefrau auswirken. Dies zeigt ein aktueller Fall des OLG Oldenburg. |

     

    Sachverhalt

    Der 1950 geb. M und die 1970 geb. F schlossen vor ihrer Ehe einen notariellen Ehevertrag, da F von M ein Kind erwartete. F war als Auszubildende in der Tierarztpraxis von M tätig. Durch diesen Vertrag wurden der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der F sollten zudem Unterhaltsansprüche nur bis zum achten Lebensjahr des jüngsten ihrer möglichen Kinder zustehen. Für den Zeitraum danach sollte ein Unterhaltsverzicht greifen. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Der M verstarb 2016. Das AG versagte der F einen Erbschein mit einer beantragten Erbberechtigung von 1/2-Anteil nach M und jeweils 1/6 für ihre Kinder. Die Beschwerde der F war erfolgreich (OLG Oldenburg 10.5.17, 3 W 21/17, Abruf-Nr. 196311).

     

    Entscheidungsgründe

    Die F hat M zu 1/2 beerbt, § 1931 Abs. 1, § 1371 Abs. 1 BGB. Denn der das Zugewinnausgleichviertel ausschließende und die F benachteiligende Ehevertrag ist sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB): Schon die Unterhaltsregelung bei Scheidung hat dazu geführt, dass F die Kinder hätte betreuen müssen, ohne Unterhalt verlangen zu können. Gleichzeitig hätte F vorhersehbar keine eigene Altersversorgung aufbauen und auch nicht an dem in der Ehe erworbenen Vermögen teilhaben können. Daraus ist eine verwerfliche Gesinnung des M zu schließen, der die ungleichen Verhandlungspositionen einseitig ausgenutzt und damit die subjektive Vertragsparität gestört hat. Denn M hat die Zwangslage der wirtschaftlich und sozial abhängigen F für sich ausgeschöpft. Sie ist jünger gewesen und hat über weniger Lebenserfahrung verfügt. Zudem hat sie als Auszubildende ihrem Arbeitgeber gegenübergestanden. Der Ehevertrag ist zwar nicht wegen seiner einzelnen Elemente, aber in dem Zusammenspiel der Vertragsteile sittenwidrig und nichtig. Er ist wirkungslos.