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  • · Fachbeitrag · Testament

    Steuerliche Gefahren beim Unternehmertestament

    von RA Holger Siebert, FA Erbrecht und Steuerrecht, Alsfeld

    | Das beliebte sog. Unternehmertestament birgt steuerliche Gefahren. Dazu im Einzelnen: |

    1. Erbschaftsteuer

    Der Erbfall ist erbschaftsteuerpflichtig, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Erbschaftsteuer wird nach dem Steuersatz für die Steuerklasse I gem. § 15 Abs. 1, § 19 Abs. 1 ErbStG berechnet. Sie entsteht mit dem Tod des Erblassers, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Das Kind erhält neben den persönlichen Freibeträgen gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 2 ErbStG auch die Vergünstigungen des § 13a ErbStG, wenn ein (Teil-)Betrieb, oder ein Mitunternehmeranteil (einschließlich etwaigen Sonderbetriebsvermögens) auf den oder die Erwerber übergeht. Betriebsaufgaben (auch ertragsteuerlich fingierte) vernichten i.d.R. erbschaftsteuerrechtliche Begünstigungen (Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, § 8 Rn. 20). Wird bei der Erbauseinandersetzung Betriebsvermögen auf einen oder mehrere Miterben übertragen, kann der Übertragende die Vergünstigung nicht beanspruchen, § 13a Abs. 3 S. 2 ErbStG.

     

    Kapitalgesellschaftsanteile sind nur begünstigt, wenn der Erblasser eine Beteiligung von mehr als 25 Prozent des Nennkapitals der Gesellschaft besaß. Ggf. kommt auch eine Poolung seiner Beteiligung mit den Anteilen anderer Gesellschafter in Betracht, soweit mit diesen ein entsprechender Stimmbindungsvertrag (einschließlich Verfügungsbeschränkungen) besteht (Riedel, a.a.O., § 8 Rn. 20).

    2. Ertragsteuer

    Bei Fortführung des Betriebs erzielt der Erbe laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eventuelle Verlustvorträge gem. § 10d EStG gehen nicht auf den Erben über. Verlustvorträge sind nicht vererblich (BFH ZEV 08, 199). Erbfälle können auch zu Ertragsteuern führen, insbesondere zur Einkommensteuer. Das gilt insbesondere bei der Erbauseinandersetzung und der ungewollten Aufdeckung stiller Reserven. Diese können im Betriebsvermögen entstehen, wenn betriebliche Vermögenswerte mit Wertansätzen in der Bilanz aktiviert sind, die hinter den tatsächlichen Werten zurückstehen.

     

    • Beispiel

    Wird ein Grundstück gekauft, ist es in der Bilanz höchstens mit den Anschaffungskosten zu aktivieren, § 253 Abs. 1 HGB. Tatsächliche Wertsteigerungen werden auch in den Folgejahren nicht erfasst. Steigt der tatsächliche Wert, entsteht eine immer größere Differenz zum Bilanzwert. Es entstehen stille Reserven. Wird es später veräußert, ist die Differenz zwischen den aktivierten Anschaffungskosten und dem tatsächlich erzielten Kaufpreis als Gewinn zu versteuern.

     

    Solche Wertsteigerungen sind allerdings nur bei Betriebsvermögen steuerpflichtig. Bei Privatvermögen ist dies nur ausnahmsweise der Fall:

     

    Übersicht / Steuerpflichtige Wertsteigerungen bei Privatvermögen

    • Zwischen Anschaffung und Veräußerung eines Grundstücks liegen Fristen, die so kurz bemessen sind, dass der Steuergesetzgeber den Gewinn, der durch den Unterschied des Veräußerungs- zum Anschaffungspreis entsteht, als Spekulationsgewinn (Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften) ansieht. Bei Grundstücksgeschäften (mit Ausnahme solcher, die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Grundstücke betreffen) beträgt die maßgebliche Frist zehn Jahre (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG), bei anderen Wirtschaftsgütern ein Jahr, § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Nach Ablauf dieser Fristen endet die Steuerverstrickung, der nach Ablauf der Haltefristen realisierte Veräußerungsgewinn ist nicht steuerpflichtig.

     

    • Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH oder AG), die im Privatvermögen liegen, sind steuerverstrickt, wenn der Gesellschafter zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre an der Gesellschaft zu mindestens 1 Prozent beteiligt war, vgl. § 17 EStG. Die Besteuerung erfolgt in diesen Fällen seit 1.1.09 nach dem sog. Teileinkünfteverfahren, vgl. § 3 Nr. 40 EStG, d.h. 60 Prozent des Gewinns unterliegen der normalen Besteuerung.

     

    • Bei Beteiligung unter 1 Prozent an Kapitalgesellschaften gilt: Die Gewinne aus der Veräußerung bis Ende 2008 angeschaffter Kapitalgesellschaftsbeteiligungen sind nur steuerpflichtig beim Verkauf innerhalb eines Jahres beim sog. Halbeinkünfteverfahren. Nach Ablauf der Jahresfrist erzielte Gewinne sind steuerfrei. Seit 1.1.09 gilt für solche Gewinne - aber nur für nach dem 1.1.09 angeschaffte Kapitalgesellschaftsbeteiligungen unter 1 Prozent - die sog. Abgeltungsteuerbelastung (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG) ohne Einhaltung von Fristen.

     

    • Zwischen dem Privateigentum und der betrieblichen Nutzung dieses Privateigentums im Betrieb bestehen so enge sachliche und persönliche Verflechtungen, dass das Privatvermögen steuerlich als Betriebsvermögen qualifiziert wird (sog. Sonderbetriebsvermögen).
     

    a) Betriebsvermögen

    Der Erblasser sollte kein Betriebsvermögen an Personen vererben, die nicht selbst am Betrieb beteiligt sind oder zusammen mit dem Sonderbetriebsvermögen eine Beteiligung an dem Betrieb erwerben, steuerlich gesprochen also nicht Mitunternehmer sind oder jedenfalls Mitunternehmer werden.

     

    • Beispiel

    Erblasser E ist an einer OHG beteiligt. Er vererbt diese Beteiligung. Zur Sicherung seiner Ehefrau F ordnet er testamentarisch an, dass die Erben aus dem Vermögen der OHG ein Grundstück an die F vermächtnisweise übertragen sollen. Erfüllen die Erben das Vermächtnis, wird das Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen. Die Differenz zwischen seinem Buchwert, also dem Wert, mit dem es in der Bilanz der OHG aktiviert ist, und dem tatsächlichen Wert (dem sog. Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG), gilt als aus dem Betrieb entnommen und unterliegt als Betriebseinnahmeder Einkommensteuer (sog. Entnahmegewinnbesteuerung, Scherer/Blanc/Kormann/Groth/Wimmer, Familienunternehmen, 2. Aufl., Kap. 4 Rn. 30 ff., 40 ff.).

     

    b) Sonderbetriebsvermögen

    Ertragsteuerbelastungen können aber auch drohen, wenn Sonderbetriebsvermögen an einen Nichtgesellschafter fällt.

     

    aa) Entstehen von Sonderbetriebsvermögen

    Bei Sonderbetriebsvermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die zwar im Privateigentum eines Mitunternehmers stehen, aber dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb zu dienen. Diese Wirtschaftsgüter werden handelsrechtlich nicht der Gesellschaft zugerechnet, wohl aber steuerrechtlich wegen der engen persönlichen und sachlichen Verflechtung. Steuerlich wird das Sonderbetriebsvermögen als Betriebsvermögen qualifiziert (Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 15 Rn. 506; § 35 Rn. 174, 185). Erbschaftsteuerlich gilt die Einordnung als Betriebsvermögen jedenfalls, wenn das Sonderbetriebsvermögen nicht als schädliches Verwaltungsvermögen angesehen wird (Viskorf/Philipp, ZEV 09, 230 ff.). Im Veräußerungsfall ist daher der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Veräußerungserlös der Einkommensteuer und ggf. der Gewerbesteuer unterworfen. Ein Beispiel für Sonderbetriebsvermögen ist ein im Privateigentum eines Mitunternehmers liegendes Grundstück, das der Gesellschaft vermietet wird. Die Besteuerung der Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem tatsächlichen Wert des Grundstückes droht neben dem Veräußerungsfall auch, wenn das Grundstück als aus dem Betriebsvermögen entnommen gilt (Entnahmegewinnbesteuerung), z.B. weil es einer anderen (privaten) Nutzung zugeführt oder auf eine Person übertragen wird, die selbst nicht Gesellschafter ist.

     

    bb) Gefahr im Erbfall

    Wird ein Grundstück des Sonderbetriebsvermögens an eine Person vererbt oder vermacht, die nicht Unternehmer wird, gilt das Grundstück als aus dem Betrieb entnommen. Das ist z.B. der Fall, wenn der Erblasser seinen Kommanditanteil an seine Kinder vererbt und er seiner Frau das Grundstück vermacht, das er an die KG vermietet hatte (und dessen Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen den Beteiligten eventuell nicht bekannt war). Dies ist misslich, da Steuerschulden ausgelöst werden, ohne dass den Beteiligten Liquidität zufließt. Ein Auseinanderfallen von Mitunternehmerstellung und Sonderbetriebsvermögen durch letztwillige Verfügungen ist daher zu vermeiden.

     

    cc) Sonderbetriebsvermögen und Gesellschaftsverträge

    Um diese unerwünschte Entnahmegewinnbesteuerung zu vermeiden, ist es bei Abfassung der letztwilligen Verfügungen stets erforderlich, genau zu prüfen, ob Vermögenswerte des Erblassers Sonderbetriebsvermögen sind und sich die den Erblasser betreffenden Gesellschaftsverträge kritisch anzusehen. Gefahren drohen, wenn der Vertrag nach dem Tod eines Gesellschafters die Fortsetzung der Personenhandelsgesellschaft unter den verbliebenen Gesellschaftern anordnet (Fortsetzungsklausel), die Beteiligung also nicht vererblich gestellt war. Folge einer solchen Klausel ist, dass sich der Anteil des verstorbenen Gesellschafters, soweit er persönlich haftender Gesellschafter war oder sich die Klausel auch auf die Kommanditisten bezog, nicht vererbt, sondern den verbleibenden Gesellschaftern anwächst. Diese schulden den Erben eine Abfindung entsprechend dem Wert der Beteiligung, falls der Gesellschaftsvertrag keine geringere Abfindung vorsieht oder die Abfindung ganz ausschließt. Bei dieser Konstellation kann es leicht dazu kommen, dass stille Reserven im Sonderbetriebsvermögen aufgedeckt werden, da die Erben von der Fortführung des Unternehmens ausgeschlossen werden. Ab dem Erbfall besteht keine Verknüpfung mehr zwischen der Mitunternehmerstellung und dem Sonderbetriebsvermögen. Folge wäre, dass nicht nur der Abfindungsbetrag zu versteuern ist, sondern auch die aufgedeckten stillen Reserven des Sonderbetriebsvermögens. Der Betrag ist zum Wert des Abfindungsanspruchs zu addieren und erhöht den (unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStGtarifbegünstigten) Veräußerungsgewinn.

     

    Gefahr droht auch bei qualifizierten Nachfolgeklauseln, nach denen sich die Beteiligung nur auf bestimmte Erben vererben kann. Fällt das Sonderbetriebsvermögen aufgrund der letztwilligen Anordnungen an die Erben, behält es seine Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen nur in Höhe der Erbquote der Erben, die aufgrund der qualifizierten Klausel zur Nachfolge berechtigt sind. Entsprechend der Erbquote der übrigen Erben, die nicht Unternehmensnachfolger werden, entsteht wiederum ein laufender Entnahmegewinn (Crezelius, Unternehmenserbrecht, Rn. 277). Bei der einfachen Nachfolgeklausel, nach der die Gesellschaftsanteile auf alle Miterben übergehen, entstehen diese Probleme nicht. Denn hier fallen die Gesellschaftsanteile ebenso wie das Sonderbetriebsvermögen an die Miterben.

     

    dd) Sonderbetriebsvermögen und Wiesbadener Modell

    Genau umgekehrt drohen Gefahren, wenn bei der Trennung von Vermögensmassen - i.d.R. einerseits dem Unternehmen und andererseits dem Grundstück, auf dem das Unternehmen betrieben wird - nach dem sog. Wiesbadener Modell ungewollt Sonderbetriebsvermögen und damit eine Steuerverstrickung durch ungeschickte letztwillige Verfügungen entsteht.

     

    Übersicht / Wiesbadener Modell

    Beim Wiesbadener Modell wird versucht, der Entstehung von Sonderbetriebsvermögen dadurch vorzubeugen, dass von Anfang an auf eine strikte Trennung der Vermögensmassen geachtet wird. Voraussetzung für das Funktionieren dieses Modells ist steuerrechtlich das Fehlen der personellen Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen. Dieses Ziel wird beim Wiesbadener Modell oft so erreicht, dass nur ein Ehegatte die Gesellschaftsanteile hält, während der andere Ehegatte, der nicht Mitunternehmer ist, ausschließlicher Eigentümer des Grundstücks ist und das Grundstück an die Gesellschaft vermietet. Da bei dieser Konstellation das Unternehmen anders beherrscht wird als das Grundstück, wird das Grundstück nicht zu Sonderbetriebsvermögen, eine Steuerverstrickung dieses Grundstücks tritt nicht ein. Beerbt aber ein Ehegatte den anderen Ehegatten, z.B. beim Berliner Testament, endet die Trennung und das Grundstück wird ab diesem Zeitpunkt zu Sonderbetriebsvermögen.

     

    c) Betriebsaufspaltung

    Die Betriebsaufspaltung wird als Rechtsform - neben der GmbH und der GmbH & Co. KG - u.a. gewählt, weil sich hierdurch die Haftung der Betriebsinhaber beschränken lässt. Bei der Aufspaltung eines Unternehmens in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen verbleibt das wertvolle Anlagevermögen (Grundstücke, Gebäude, Patente usw.) beim Besitzunternehmen. Dem Betriebsunternehmen - also der neu gegründeten GmbH - wird das Anlagevermögen nur miet- oder pachtweise überlassen. Es ist dem Zugriff der GmbH-Gläubiger entzogen. Die GmbH haftet nur mit ihrem eigenen - oft sehr geringen - Vermögen. Dieser grundsätzlichen Beschränkung der Haftung kommt aber in der Praxis häufig nicht die Wirkung zu, die man ihr auf den ersten Blick einräumt. Eine Abwägung der steuerlichen Vor- und Nachteile ergibt, dass die Betriebsaufspaltung vielfach zu einer geringeren Gesamtsteuerbelastung führt als andere Unternehmensformen wie z.B. die GmbH oder die GmbH & Co. KG. Das liegt im Wesentlichen daran, dass sich bei einer Betriebsaufspaltung die steuerlichen Vorteile eines Personenunternehmens (Einzelkaufmann, Personengesellschaft) mit den steuerlichen Vorteilen einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) kombinieren lassen.

    3. Gewerbesteuer

    Gewerbesteuerlich gilt der Gewerbebetrieb als mit dem Tod des Einzelunternehmers eingestellt. Führt der Erbe den Betrieb fort, ist dies gewerbesteuerlich eine Neugründung durch den Erben (BFH BStBl. II 71, 526). Mit dem Tod des Einzelunternehmers entfällt der Verlustabzug gem. § 10a GewStG vollständig (BFH BStBl II 94, 331).

    4. Umsatzsteuer

    Auch umsatzsteuerlich erlöschen das Unternehmen und die Unternehmereigenschaft des Erblassers mit dessen Tod. Der Erbe wird nicht durch den Erbfall zum Unternehmer, sondern erst, wenn er selbst Umsätze i.S. des UStG ausführt (A 19 Abs. 5 S. 2 UStR). Dabei genügt es, wenn der Erbe lediglich kurzfristig das Unternehmen fortführt. Veräußert der Erbe jedoch das Unternehmen im Ganzen, ohne selbst unternehmerisch tätig zu werden, ist dies keine ausreichend nachhaltige Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1 S. 3 UStG und begründet keine Unternehmereigenschaft des Erben (BFH BStBl II 87, 512).

    5. Grunderwerbsteuer

    Sofern im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ein Grundstück vorhanden war, ist der Erwerb des Grundstücks durch den Tod des Einzelkaufmannes gem. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

    6. Haftung für Steuern

    Die Erben haften gem. § 45 AO für rückständige Steuern des Erblassers einschließlich der betrieblichen Steuern.

     

    Weiterführende Hinweise

    • EE 14, 140, zur Vermeidung von Erbengemeinschaften im Unternehmertestament
    • EE 14, 157, zu gesellschaftsrechtlichen Aspekten im Unternehmertestament
    • EE 14 , 175, zur Testamentsvollstreckung bei Handelsgeschäften und persönlich haftenden Gesellschaftsanteilen
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 184 | ID 42994287