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  • 01.08.2007 | Umsatzsteuer

    Erbengemeinschaft und Umsatzsteuer

    von RA Holger Siebert, FA Steuerrecht und Erbrecht, Alsfeld

    Fraglich ist, ob bzw. in welchen Fällen eine Erbengemeinschaft nach dem Tod des umsatzsteuerpflichtigen Erblassers ebenfalls umsatzsteuerpflichtig ist. Der Beitrag beantwortet diese Frage.  

     

    Erbengemeinschaft muss Unternehmer sein

    Steuerpflichtiger der Umsatzsteuer ist der Unternehmer. Er trägt die zivilrechtlichen und steuerlichen Pflichten des UStG (z.B. Rechnungsausstellung, Steueranmeldung mit Selbstberechnung der Steuer und Abführung der Steuer nach Vorsteuerabzug). In welcher Rechtsform der Unternehmer auftritt – als natürliche Person (Einzelunternehmer), Personen- oder Kapitalgesellschaft – ist für die Umsatzsteuer grundsätzlich unerheblich (sog. Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer, die aus dem Verbrauchsteuercharakter hergeleitet wird). Der Rechtsformneutralität ist genügt, wenn die Steuerpflichtigen unabhängig davon, ob sie eine Leistung von einem Einzelunternehmer oder einer Personen- oder Kapitalgesellschaft in Anspruch nehmen, in gleicher Höhe mit Umsatzsteuer belastet werden (BFH BStBl. II 99, 630). Das entspricht der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe nach der EuGH-Rechtsprechung (BFH/NV 00, 932, m.w.N.).  

     

    Checkliste: Unternehmereigenschaft i.S. des UStG
    • Unternehmer i.S. des UStG ist, wer eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt selbstständig und nachhaltig ausführt. Grundsätzlich wird nur durch die Ausführung steuerbarer Umsätze diese Unternehmereigenschaft erreicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH zur 6. EG-Richtlinie hat aber als Steuerpflichtiger bereits zu gelten (Beginn der Unternehmereigenschaft), wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diese Zwecke tätigt. Er hat für diese das Recht auf (sofortigen) Vorsteuerabzug und braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten. Das gilt insbesondere für den sofortigen Vorsteuerabzug bei Unternehmensgründung. Ferner kann die so begründete Unternehmereigenschaft nicht mehr aberkannt werden, wenn die beabsichtigten Umsätze später nicht ausgeführt werden (EuGH BStBl. II 03, 452).

     

    • Gegen Entgelt ist jede Leistung ausgeführt, für die der Leistende eine Gegenleistung erwarten kann (weil sie vertraglich vereinbart, gesetzlich festgelegt oder üblich ist). Leistungen, die lediglich in Erwartung freiwilliger Spenden ausgeführt werden (z.B. Straßenmusikanten), führen nicht zur Entgeltlichkeit und zur Unternehmereigenschaft.

     

    • Selbstständig tätig wird jede Person, die die Leistung nicht aufgrund eines Weisungsverhältnisses (z.B. Arbeitnehmer) ausführt.

     

    • Nachhaltig ist die Leistungstätigkeit, die i.d.R. auf Wiederholung angelegt ist und sich innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ausweitet. Typisch gewerbliche Betätigung ist nicht erforderlich (BFH BStBl. 93 II, 379). Nachhaltig sind auch weniger tätigkeitsintensive Leistungen, wie die Nutzung von Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, z.B. Vermietung einer Wohnung (zur „privat“ veranlassten Testamentsvollstreckung: BFH BFH/NV 07, 176).
     

    Geht ein Unternehmen im Erbfall auf eine Erbengemeinschaft oder auf einzelne Erben über, liegt nach h.M. kein steuerbarer Umsatz vor, da es an einer Leistung des Erblassers mangelt. Auch eine unentgeltliche Wertabgabe kann nicht vorliegen, da es an einem willentlichen Verhalten des Erblassers mangelt (vgl. Bülow in Vogel/Schwarz, UStG, §1 Rn. 117). Selbst wenn eine solche Leistung – auch ohne willentliches Verhalten des Erblassers – unterstellt werden würde, wäre der Übergang des Unternehmens eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Denn für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist es unerheblich, ob ein Übergang entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.