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  • 01.07.2007 | Steuerrecht

    Einkommensteuer und Erbfall

    von RA Holger Siebert, FA Steuerrecht und Erbrecht, Alsfeld

    Der Erbfall selbst ist bei den Erben nicht einkommensteuerpflichtig. Gleichwohl gibt es unterschiedliche Konstellationen, bei deren Vorliegen im Zusammenhang mit dem Erbfall Einkommensteuer ausgelöst wird. Besonders groß ist hier die Gefahr im Bereich von Betriebsvermögen. Aber auch Privatvermögen kann von einer Einkommensbesteuerung betroffen sein. Der folgende Beitrag skizziert die Möglichkeiten des Auslösens von Einkommensteuer im Zusammenhang mit dem Erbfall nach Fallgruppen und erläutert, wie dies vermieden werden kann.  

    Differenzierung zwischen Besteuerung des Erblassers und der Erben

    Bei Eintritt des Erbfalls ist zwischen der Besteuerung des Erblassers und der laufenden Besteuerung des Erben bzw. der Erbengemeinschaft einerseits und der Besteuerung der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auf der anderen Seite zu unterscheiden. Es gilt:  

     

    • Grundsatz: Der Vermögenserwerb von Todes wegen unterliegt nicht der Einkommen-, sondern der Erbschaftsteuer. Einkommensteuerpflichtig sind erst die Erträge aus dem ererbten Vermögen.
    • Einkommensteuer: Der Erbfall ist ein außerbetrieblicher Vorgang der Vermögenssphäre, durch den der Nachlass unentgeltlich auf die Erben (auch Vor- und Nacherben) übergeht.
    • Kosten: Der Erbe muss bestimmte Kosten tragen, z.B. Nachlassschulden, Gerichts- und Notariatskosten etc. Diese sind als Vermögensaufwendungen regelmäßig weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten und daher nicht abziehbar. Nach herrschender Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis können die Erben daher aus der Erfüllung von Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen grundsätzlich keine Anschaffungskosten herleiten und dafür anfallende Finanzierungskosten weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten absetzen.

    Besteuerung des Erblassers

    Die Einkommensteuerpflicht des Erblassers endet mit seinem Tod. Das bedeutet, dass die Überschüsse und Einkünfte für den Erblasser zeitanteilig für den Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr § 25 Abs. 1 EStG) zu ermitteln sind. Dies geschieht durch vereinfachte Zwischenabschlüsse oder zeitanteilige Aufteilungen von Jahresergebnissen, wenn durch eine solche vereinfachte Art der Einkünftezuordnung nicht offensichtlich unzutreffende Ergebnisse erreicht werden (BMF BStBl. I 06, 253 Rn. 1 bis 6). Seine bis dahin entstandene Einkommensteuerschuld müssen die Erben als Gesamtschuldner entrichten, §§ 1967, 2058 BGB, § 45 Abs. 2 AO. Der Erbe ist verpflichtet, für den Erblasser die Einkommensteuererklärung abzugeben. Auf ihn geht das Recht über, die Zusammenveranlagung zu beantragen (BFH BStBl. II 80, 188). Dem Erblasser werden durch Veranlagung die bis zu seinem Tod erwirtschafteten Einkünfte zugerechnet.  

     

    Den Erblasser betreffende Steuerbescheide muss das Finanzamt an die namentlich zu bezeichnenden Erben richten (AEAO, zu § 122, Tz. 2.12.). Ergeht der Steuerbescheid an den verstorben Erblasser, ohne den bzw. die Erben mindestens als Adressaten zu benennen, ist er nichtig (BFH BStBl. 93 II, 174). Das gilt auch bei Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Bevollmächtigten des Erblassers. Da nichtige Bescheide ohne Rechtswirkung sind, sollte man solche Mängel im Zweifel durch Einspruch oder Feststellungsklage (§ 41 FGO) geltend machen, was unbefristet möglich ist.  

     

    Der Erbe kann seiner Einkommensteuerschuld nicht den Einwand beschränkter Erbenhaftung entgegenhalten (vgl. VRBFH C. Herden, Haufe-Index 7537; a.A.: Staudinger/Marotzke, BGB, 13. Aufl., 02, Vor § 2058 Rn. 4). Ob in Härtefällen ein Erlass in Betracht kommt, ist streitig.  

     

    Neben der Besteuerung der laufenden Einkünfte, die auf den Todestag zu trennen ist, kann auch Einkommensteuer im Erbfall anfallen.  

     

    Sonderbetriebsvermögen

    Von Sonderbetriebsvermögen spricht man bei Wirtschaftsgütern, die zivilrechtlich einem Gesellschafter gehören, die dieser der Gesellschaft zur Nutzung überlässt. Es wird ertragsteuerlich als Betriebsvermögen behandelt. Kommt es durch erbrechtliche Gestaltungen zum Auseinanderfallen der Eigentumsverhältnisse zwischen dem Mitunternehmeranteil des Erblassers und dem (zivilrechtlichen) Eigentum am Sonderbetriebsvermögen, werden hierdurch die stillen Reserven dieser Vermögensteile aufgedeckt und sind als Entnahmegewinn des Erblassers zu versteuern.  

     

    Beispiel

    E ist Eigentümer eines Grundstücks und stellt es der X-OHG, deren Gesellschafter er ist, zur Nutzung zur Verfügung. Aufgrund Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag und Testament erbt Tochter T als alleinige Erbin den Mitunternehmeranteil. Seiner Lebensgefährtin L hat E das Grundstück vermächtnisweise zugewandt. Mit Erfüllung dieses Vermächtnisses fallen Gesellschafter- und Eigentümerstellung am Grundstück auseinander, sodass das Grundstück steuerrechtlich als dem Betrieb entnommen gilt.  

     

    Praxishinweis: Hier sollte daher stets darauf geachtet werden, dass Sonderbetriebsvermögen und Gesellschafterstellung nicht auseinander fallen.  

     

    Betriebsaufspaltung

    Auch bei der Betriebsaufspaltung kann es im Erbfall zur ungewollten Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven kommen. Als Betriebsaufspaltung wird die Aufteilung betrieblicher Bereiche auf zwei rechtlich getrennte Unternehmen bezeichnet. Kennzeichnend ist, dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Tätigkeit, das Vermieten und Verpachten von Wirtschaftsgütern, durch eine enge personelle und sachliche Verflechtung zwischen dem oder den Vermietern bzw. Verpächtern (= Besitzunternehmen) und einer oder mehrerer gewerblicher Betriebsgesellschaften (= Betriebsunternehmen) zum Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG, § 2 GewStG wird (Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 15 Rn. 800 m.w.N.).  

     

    Ebenso wie beim Sonderbetriebsvermögen kann es bei einer Betriebsaufspaltung zum ungewollten Auseinanderfallen der Beteiligungen an Betriebsgesellschaft und Besitzunternehmen kommen, wenn durch den Erbfall die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung nicht mehr gegeben sind. Diese Fälle führen zur vollständigen Gewinnrealisierung in der Besitzgesellschaft und in den Anteilen der Betriebsgesellschaft. Die Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven ist dem Erblasser zuzurechnen, wobei der Gewinn als Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG zu behandeln ist.  

     

    Praxishinweis: Zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung sollte bei der Nachfolgeplanung darauf geachtet werden, dass die beiderseitigen Beteiligungen stets nur parallel an dieselben Berechtigten übergehen. Alternativ kann die Besitzgesellschaft vorab in eine gewerbliche oder gewerblich geprägte Personengesellschaft eingebracht werden. Ist der Erbfall eingetreten, kann ggf. mittels Ausschlagung durch nur einseitig beteiligte Erben ein Auseinanderfallen verhindert werden. Achtung: Die nachträgliche Wiederherstellung der Verflechtung durch Maßnahmen nach dem Erbfall kann die Entflechtung und die damit verbundene Gewinnrealisierung nicht verhindern. Sie begründet nur eine neue Betriebsaufspaltung.  

     

    Beschränkende Nachfolgeklauseln

    War der Erblasser an einer Personengesellschaft beteiligt und hat die Gesellschaft in ihrem Gesellschaftsvertrag Nachfolgeklauseln der Art vorgesehen, dass die Erben eines Gesellschafters nicht in die Gesellschaft nachrücken (Fortsetzungsklausel), erlangen die Erben regelmäßig nur einen Abfindungsanspruch gegen die übrigen Gesellschafter, denen der Gesellschaftsanteil des Erblassers anwächst. Die Aufgabe dieses Mitunternehmeranteils wird steuerlich dem Erblasser zugerechnet, sodass für diesen die Regeln einer entgeltlichen Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils auf den Todesfall gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG bzw. § 16 Abs. 3 S. 1 EStG gelten. Das gleiche Ergebnis kann eintreten, wenn im Gesellschaftsvertrag eine Eintrittsklausel besteht und die Erben von ihrem Eintrittsrecht keinen Gebrauch machen.  

     

    Auch bei Vorliegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel werden die nicht berufenen Erben nicht Mitunternehmer. Insoweit entsteht quotal ein Entnahmegewinn der gleichfalls dem Erblasser zugerechnet wird, wobei die Vergünstigungen des § 16 EStG nicht in Anspruch genommen werden können, da es nicht zur vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven kommt.  

    Einkommensbesteuerung der Erben(-gemeinschaft)

    Mit dem Erbfall tritt der Erbe ertragsteuerlich in die Rechtsstellung des Erblassers ein.  

     

    Verlustabzug beim Erben

    Der Erbe kann bisher (a.A. h.M. im Schrifttum) den vom Erblasser mangels erzielter Einkünfte nicht ausgeschöpften Verlustausgleich bei seiner Einkommensteuerveranlagung für das Jahr des Erbfalls geltend machen (BFH BStBl. II 02, 487; BMF BStBl. I 02, 667). Die Streitfrage liegt aber inzwischen dem Großen Senat des BFH vor (BStBl. II 05, 262). Soweit der Verlustausgleich nicht möglich ist, steht dem Erben der Verlustabzug gemäß § 10d EStG zu (vgl. H 10d EStH „Verlustabzug im Erbfall“).  

     

    Der Erbe muss durch diesen Verlust wirtschaftlich belastet sein. Daran mangelt es insbesondere bei fehlender oder nur beschränkter Erbenhaftung (BMF BStBl. I 02, 667; FG Hamburg EFG 02, 1230). Der steuerliche Verlust wird auf das Ende des Todesjahres des Erblassers gesondert festgestellt (§ 10d Abs. 4 S. 1 EStG) als Grundlagenbescheid für die Einkommensbesteuerung des Erben (dazu Dißars, INF 03, 306). Jedoch wurde die Möglichkeit zum Verlustrücktrag ab 2001 wesentlich eingeschränkt.  

     

    Für die Besteuerung des Erben oder der Erbengemeinschaft ist grundsätzlich zu beachten, dass der Erbfall und die Erbauseinandersetzung selbstständige Vorgänge sind. Der Erbanfall ist auf Seiten des Erben grundsätzlich ein unentgeltlicher privater Vorgang. Das bedeutet, dass die Erblasserschulden, Auflagen und Vermächtnisse keine Anschaffungskosten für die Übernahme des Erbes darstellen. Für Betriebsvermögen im Nachlass findet die Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 3 EStG statt.  

     

    Ist ein Einzelunternehmen Teil des Nachlasses oder folgen alle Erben in den Anteil der Personengesellschaft nach, werden alle Miterben Mitunternehmer, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Sie können das Unternehmen bzw. den Anteil fortführen (laufende gewerbliche Einkünfte nach Erbquoten) oder liquidieren (begünstige Aufgabegewinne nach § 16 Abs. 1und 3 EStG) kraft eigener mitunternehmerischer Betätigung (BMF BStBl. I 06, 253 Rn. 1 bis 6).  

     

    Andere Einkünfte der Erbengemeinschaft, z.B. solche aus Vermietung und Verpachtung, werden durch Vorliegen gewerblicher Einkünfte nicht gewerblich infiziert, denn die sog. Abfärberegel (§ 15 Abs. 3 S. 1 EStG) findet auf die Erbengemeinschaft keine Anwendung (BMF, a.a.O.).  

     

    Beschränkende Nachfolgeklauseln

    Ist eine Personengesellschaft Nachlassgegenstand, hängt die ertragsteuerliche Beurteilung davon ab, ob die Gesellschaft aufzulösen ist oder fortgeführt werden kann. Maßgeblich ist, ob die Fortführung aufgrund einer Übernahme- oder qualifizierten Nachfolgeklausel erfolgt.  

    • Übernahmeklausel: Diese räumt den verbleibenden Gesellschaftern ein Übernahmerecht des Anteils des Erblassers ein. Zunächst jedoch geht der Gesellschaftsanteil auf die Erben über. Üben die „Alt“-Gesellschafter ihr Übernahmerecht aus, gilt dies als Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch die Erben. Die Erben realisieren den Veräußerungsgewinn und können für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 EStG vorliegen, die entsprechenden Vergünstigungen in Anspruch nehmen.
    • Qualifizierte Nachfolgeklausel: Dabei wird die Gesellschaft nur mit den berufenen Miterben nach dem Gesellschaftsvertrag fortgeführt, auf welche der Anteil durch Sondererbfolge unverändert übergeht. Die anderen Miterben erhalten nur einen erbrechtlichen Wertausgleichsanspruch gegen die qualifizierten Miterben, aber keinen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft. Steuerlich erwirbt der qualifizierte Erbe den Mitunternehmeranteil unentgeltlich und hat diesen Buchwert des Erblassers fortzuführen. Daraus folgt, dass Wertausgleichszahlungen der qualifizierten Erben nicht zu Anschaffungskosten bei den Begünstigten führen. Die Finanzierung solcher Ausgleichszahlungen führt nur zu Privatschulden, deren Zinsaufwand nicht als Betriebsausgabe absetzbar ist.

     

    Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

    Unter Erbauseinandersetzung versteht man die Verteilung des Nachlasses vor allem unter den Miterben einschließlich der Erfüllung von Vermächtnissen, Pflichtteils- und Erbersatzansprüchen. Eine Erbengemeinschaft kann durch die Erbauseinandersetzung beendet werden, etwa durch  

    • Auseinandersetzungsvertrag,
    • Testamentsvollstrecker,
    • gerichtliches Vermittlungsverfahren oder
    • zivilgerichtliches Urteil.

     

    Außerdem kann der Miterbe seinen Erbanteil in notarieller Form an andere übertragen (§ 2033 BGB) oder aus der Erbengemeinschaft ausscheiden. Einkommensteuerrechtlich ist die Erbauseinandersetzung für den Empfänger von Nachlassteilen grundsätzlich ohne Auswirkung, wenn und solange er ohne Gegenleistung nur das bekommt, was ihm aufgrund letztwilliger Verfügung oder kraft Gesetzes zusteht. Dem folgend können die Beteiligten auch aufgrund der Nachlassteilung keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehen.  

     

    Beispiel

    A und B sind Erben zu je 1/2. Zum Nachlass gehört ein Grundstück (Wert 2 Mio. EUR), das mit einer noch voll valutierten Hypothek von 1 Mio. EUR belastet ist. Zum Nachlass gehören außerdem Wertpapiere (Wert 3 Mio. EUR). Die Erben setzen sich dahin auseinander, dass A das Grundstück und B die Wertpapiere erhält. B übernimmt außerdem die Verbindlichkeit in voller Höhe. h 

     

    Es liegt eine Teilung ohne Abfindungszahlung, also ein unentgeltlicher Rechtsvorgang vor. A erhält einen Wert von 2 Mio. EUR (Grundstück). B erhält ebenfalls einen Wert von 2 Mio. EUR (Wertpapiere im Wert von 3 Mio. EUR abzüglich einer übernommenen Verpflichtung von 1 Mio. EUR).  

     

    Müssen dagegen aus Paritätsgründen Ausgleichszahlungen erbracht werden, handelt es sich in deren Höhe um entgeltliche Vorgänge. Die einkommensteuerlichen Konsequenzen richten sich dann im Einzelnen danach, ob es sich um Betriebs- oder Privatvermögen handelt. Das gilt auch für die Kosten der Erbauseinandersetzung, und zwar nicht nur für Gerichts- oder Notargebühren und Anwaltskosten, sondern auch für Kosten der Testamentsvollstreckung.  

     

    Beispiel

    S und T sind Miterben zu je 1/2. Zum Nachlass gehören zwei gewerbliche Betriebe (Betrieb A: Verkehrswert 2 Mio. EUR, Buchwert 0,2 Mio. EUR; Betrieb B: Verkehrswert 1,6 Mio. EUR, Buchwert 0,16 Mio. EUR). Bei der Erbauseinandersetzung erhält S den Betrieb A und T den Betrieb B. Außerdem zahlt S an T eine Abfindung von 0,2 Mio. EUR.  

     

    S und T stehen jeweils 1,8 Mio. EUR am Nachlass zu. Da S den Betrieb im Verkehrswert von 2 Mio. EUR, also 0,2 Mio. EUR mehr erhält, zahlt er diesen Betrag für 1/10 des Betriebsvermögens des Betriebs A. S erwirbt 9/10 des Betriebs A unentgeltlich und 1/10 entgeltlich. Auf dieses 1/10 entfällt ein Buchwert in Höhe von 0,02 Mio. EUR, sodass S die Aktivwerte um 0,18 Mio. EUR aufstocken muss und T einen Veräußerungsgewinn von 0,18 Mio. EUR zu versteuern hat. Die Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben gegen Abfindung ist dabei gemäß § 16 Abs. 4, § 34 EStG, hier also für T, begünstigt.  

     

    Private Veräußerungsgeschäfte (Spekulationsgewinne)

    Vorsicht ist bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern geboten, die der Erblasser erst vor kurzem erworben hat. Hier kann es dazu führen, dass Spekulationsgewinn gemäß § 23 EStG anfällt und der Einkommensteuer unterworfen werden muss, da sich der Erbe die Anschaffungskosten und deren Zeitpunkt durch den Erblasser zurechnen lassen muss. Liegt daher bei einer Erbauseinandersetzung vor allem über Grundstücke Teilentgeltlichkeit vor, z.B. wegen Abfindungsleistungen (s.o.), ist insoweit auch eine Anschaffung i.S. eines Spekulationsgeschäfts gegeben.  

     

    Beispiel

    A erwirbt 1997 ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude für umgerechnet 150.000 EUR, das er noch im selben Jahr (nachträgliche Herstellungskosten) für 400.000 EUR sanieren lässt. A nimmt für das vermietete Gebäude für die Jahre ab 1997 lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von 3.000 EUR (2 % von 150.000 EUR) und erhöhte Absetzungen nach § 7i EStG in Höhe von 40.000 EUR (10 % von 400.000 EUR) jährlich in Anspruch. Ende Dezember 02 verstirbt der A. Durch Testament hat er seine Lebensgefährtin L als alleinige Erbin eingesetzt. Diese muss Pflichtteilsansprüche des einzigen Sohns bedienen und muss das Haus im Dezember 04 zu einem Preis von 500.000 EUR veräußern. Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn beläuft sich auf:  

     

       

    EUR  

    EUR  

    Veräußerungspreis  

       

    500.000  

    ./. Anschaffungskosten / Herstellungskosten  

    550.000  

       

    vermindert um die lineare AfA (8x 3.000 EUR = 24.000 EUR) und erhöhte Absetzungen (8 x 40.000 EUR = 320.000 EUR)  

    ./. 344.000  

       

       

    206.000  

    ./. 206.000  

    Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn  

       

    294.000  

     

    Der unentgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts z.B. durch Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteil oder Schenkung, ist keine Anschaffung i.S. des § 23 EStG. Bei Grundstücksübertragungen beim Zugewinnausgleich liegt i.d.R. ein Anschaffungsgeschäft vor (OFD Frankfurt, Verfügung v. 5.2.01, S 2256 A - 16 - St II 27). Da der Gesamtrechtsnachfolger (Erbe) in die gesamte Rechtsstellung des Erblassers eintritt (Fußstapfentheorie), ist nach der Rechtsprechung des BFH dem Erben aber die Anschaffung durch den Erblasser zuzurechnen (BFH BStBl. 88 II, 942) . Erblasser und Erbe werden demnach für die Berechnung der steuerschädlichen Veräußerungsfrist und für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Einheit behandelt.  

     

    Fazit: Im Rahmen der erbrechtlichen Planung und der damit einhergehenden Nachlassauseinandersetzung sind neben den erbschaftsteuerlichen Konsequenzen auch immer etwaige ertragsteuerliche Konsequenzen im Auge zu behalten. Eine nachträgliche Regulierung ist allenfalls mit Hilfe der Ausschlagung, aber auch nur in eingeschränktem Rahmen möglich.  

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2007 | Seite 113 | ID 109689