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  • 01.07.2010 | Erbschaftsteuer

    Kein Abzug latenter Einkommensteuer bei der Erbschaftsteuer

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA für Steuerrecht, Magdeburg

    1. Gehören zu einem erbschaftsteuerlichen Erwerb festverzinsliche Wertpapiere, sind die bis zum Tod des Erblassers angefallenen, aber noch nicht fälligen Zinsansprüche (sog. Stückzinsen) mit ihrem Nennwert ohne Abzug der Kapitalertragsteuer anzusetzen.  
    2. Fließen die Zinsen dem Erben zu, kann die dafür bei ihm entstehende Einkommensteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer abgezogen werden. Das gilt auch für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008, in denen nach der Aufhebung des § 35 EStG a.F. und vor der Einführung des § 35b EStG die Doppelbelastung nicht durch eine Anrechnungsregelung bei der Einkommensteuer abgemildert wird.  
    3. Eine wegen der kumulativen Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer behauptete Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) ist durch Rechtsbehelf gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen.  
    (BFH 17.2.10, II R 23/09, DStR 10, 1029, Abruf-Nr. 101599)

     

    Sachverhalt

    Der Kläger erbte u.a. festverzinsliche Wertpapiere. Die bis zum Tod des Erblassers angefallenen Zinsen wurden nach dessen Tod dem Kläger ausbezahlt, der sie der Einkommensteuer unterwarf. Das Finanzamt setzte bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer neben dem Wert der Wertpapiere auch die Zinsforderung an und ließ die Einkommensteuerschuld des Klägers nicht zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit zu. Dieser wehrte sich in sämtlichen Instanzen erfolglos gegen die doppelte Belastung der Zinsen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die auf geerbten Forderungen ruhende latente Einkommensteuerlast des Erben kann nicht bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Der Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeit setzt voraus, dass sie am Todestag des Erblassers tatsächlich bestehen und den Erben wirtschaftlich belasten.  

     

    Sind Zinsen aus Wertpapieren zum Todeszeitpunkt noch nicht zugeflossen, besteht am maßgebenden Stichtag keine Einkommensteuerschuld des Erblassers. Zwar mögen auch die bis zu seinem Tod angefallenen Stückzinsen auf dem Kapital und der Anlageentscheidung des Erblassers beruhen. Damit wird die Steuer auf die Zinsen aber nicht zu seiner Einkommensteuerschuld. Denn der Einkommensteuertatbestand wird erst nach dem erbschaftsteuerrechtlich maßgebenden Stichtag (§ 11 i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) mit Zufluss der Zinsen in der Person des Erben verwirklicht, § 11 Abs. 1 S. 1 EStG.