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  • 01.09.2005 | Erbengemeinschaft

    Erfüllung einer Nachlassforderung durch einen Dritten

    von RA Gudrun Möller, Nordkirchen
    Die Erfüllung einer Nachlassforderung tritt nur ein, wenn der Schuldner an die noch ungeteilte Erbengemeinschaft leistet, nicht wenn er seine Leistung nur an einen Miterben erbringt. Eine Ausnahme kommt nach Treu und Glauben in Betracht, wenn das Erfordernis der Leistung an die Erbengemeinschaft purer Formalismus wäre, weil die Leistung an einen Miterben die Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft nur vorwegnimmt. Dafür muss gesichert sein, wem der Leistungsgegenstand in einer bestimmten Quote zuzuweisen ist (OLG Koblenz 11.7.05, 12 U 647/04, n.v., Abruf-Nr. 052370).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger nimmt den Beklagten wegen eines Anspruchs einer Erbengemeinschaft auf Erfüllung einer Nachlassforderung auf Zahlung eines Grundstückskaufpreises in Anspruch. Der Kläger ist neben seinem Bruder und weiteren Personen Miterbe am Nachlass seiner verstorbenen Mutter. Der Beklagte ist ein nicht erbberechtigter Enkel der Erblasserin und Sohn des Bruders des Klägers. Der Beklagte erwarb auf Grund eines „Übergabevertrags“ mit der Erblasserin deren Hausgrundstück. Gemäß dem Vertrag sollte der Geldbetrag innerhalb von drei Monaten nach dem Tod der Erblasserin „an deren Erben“ gezahlt werden. Der Beklagte überwies 2/3 der Summe als „Erbauszahlung“ auf ein Nachlasskonto. Streitig war, ob er das restliche Drittel der Summe an seinen Vater überwiesen hatte, nachdem dieser Zahlungen an sich gefordert hatte. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Nachlassverbindlichkeit des Beklagten wurde nicht durch die etwaige Zahlung an dessen Vater (Miterben) erfüllt. Ob die Zahlung tatsächlich erfolgte, kann dahin stehen, da sie keine Erfüllung bewirken konnte.  

     

    Ein Miterbe kann Leistungen Dritter nur zu Gunsten aller Miterben einfordern (BGHZ 146, 310). Nach dem Gesamthandsgrundsatz kann der Schuldner der Nachlassforderung nur an alle Miterben mit befreiender Wirkung leisten (MüKo/Heldrich, BGB, 4. Aufl., § 2039, Rn. 10). Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hinsichtlich des Gesamtnachlasses und die Aufteilung der einzelnen Nachlassgegenstände ist Sache der Erbengemeinschaft. Es darf weder ein Dritter als Nachlassschuldner mit Rechtswirkung für und gegen die Erbengemeinschaft Einfluss auf deren Auseinandersetzung nehmen, noch kann ein einzelner Miterbe ohne oder gegen den Willen der anderen Miterben vorgreifen. Denn § 2039 BGB will verhindern, dass durch Rechtshandlungen zwischen einem Nachlassschuldner und einem einzelnen Miterben ohne Ermächtigung der Erbengemeinschaft in die Auseinandersetzung eingegriffen wird (Heldrich, a.a.O.). Erfüllung der Nachlassforderung tritt nach § 432 Abs. 1 S. 1, § 2039 BGB daher nur ein, wenn der Schuldner an die ungeteilte Erbengemeinschaft leistet. Dies gilt auch unbeschadet des Übergabevertrags zwischen der Erblasserin und dem Beklagten. Denn mangels Bezeichnung der Erben ist daraus nicht ersichtlich, dass der Übergabevertrag an der gesetzlichen Regelung etwas ändern sollte.