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  • 30.07.2010 | Der praktische Fall

    Stolperstein Volljährigenadoption

    von RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

    Die Volljährigenadoption wird häufig in Betracht gezogen, wenn eine betagte Person über Vermögen verfügt und dieses einem Erwachsenen zuwenden möchte, ohne mit diesem verwandt zu sein. Ziel ist, die ungünstige Erbschaftsteuerklasse III (§ 15 ErbStG) zu umgehen und einen hohen Erbschaftsteuerfreibetrag beanspruchen zu können. Bei einer Volljährigenadoption sind jedoch oft drei Hürden zu überwinden, die anhand eines praktischen Falls dargestellt werden:  

     

    Der Fall des OLG München (ZErb 10, 118)

    Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten mit notarieller Urkunde von Ende 08 die Annahme der volljährigen Beteiligten zu 1 als Kind durch die Beteiligte zu 2. Unter Ziffer III dieser Urkunde ist ausgeführt: „Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass mit dem Antrag auf Annahme als Kind verschiedene Unterlagen beim Vormundschaftsgericht (jetzt Familiengericht) einzureichen sind, insbesondere auch Heirats- und Geburtsurkunden etc. Die Beteiligten werden den Antrag selbst beim AG einreichen. Für den Fall des Todes der Antragstellerin wird der beurkundende Notar mit der Einreichung des Antrags auf Annahme eines Kindes beim zuständigen Vormundschaftsgericht (jetzt Familiengericht) betraut.“ Die Annehmende verstarb am 16.2.09, bevor der Adoptionsantrag beim AG eingereicht worden war. Am selben Tag reichte die Beteiligte zu 1 den Adoptionsantrag unter Hinweis auf das zwischenzeitliche Versterben der Annehmenden ein. Das AG lehnt die Adoption ab. Die Beschwerde und weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 blieben erfolglos. Zu Recht?  

     

    Nachweis eines Eltern-Kind-Verhältnisses bei der Volljährigenadoption

    Die Adoption Volljähriger ist in §§ 1767 ff. BGB geregelt. Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind nur angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Dazu ist zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden vor allem ein Eltern-Kind-Verhältnis als Grundlage notwendig, § 1767 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Grund für die sittliche Rechtfertigung der Annahme ist, dass die Herstellung familienrechtlicher Beziehung nicht der freien Disposition der Beteiligten überlassen bleiben soll (BT-Drucksache 7/3061, S. 52). Die sittliche Rechtfertigung ist insbesondere gegeben, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits besteht. Dazu reichen gelegentliche Kontakte nicht aus (BayObLG FamRZ 05, 546). Es reicht jedoch, wenn Onkel und Nichte gemeinsam einen Hof bewirtschaftet haben (BayObLG FamRZ 05, 131) oder wenn das Eltern-Kind-Verhältnis in den ersten Lebensjahren bestanden hat (BayObLG FamRZ 02, 1653). Im Übrigen muss die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses mindestens zu erwarten sein (OLG Düsseldorf FamRZ 81, 94; Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1767 Rn. 4). Dabei muss die Absicht seiner Begründung auf beiden Seiten bestehen (BayObLG FamRZ 97, 638).  

     

    Das Familiengericht muss die Motive eingehend prüfen und die Umstände im Einzelfall gegeneinander abwägen. Die für die Entstehung einer Eltern-Kind-Beziehung sprechenden Gründe müssen dabei deutlich überwiegen (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1767 Rn. 5). Verbleiben begründete Zweifel, ist die Annahme abzulehnen (BayObLG FamRZ 96, 183; OLG Köln FGPrax 07, 121).