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  • · Fachbeitrag · Chefarzt-Vergütung

    Die „Teamlösung“ bei wahlärztlichen Leistungen: eine Win-win-Lösung für Chefarzt und Klinik

    von RA und FA für Arbeits- und Medizinrecht, Dr. Tilman Clausen, Hannover und RA und FA für Medizinrecht Kai Labenski, Seesen, www.armedis.de 

    | Chefärzte sind vielbeschäftigt: Sie sind nicht allein in ihrer Klinik tätig, sondern auch in Verbänden, auf Symposien und Kongressen. Dürfen sie privat liquidieren, stehen sie vor dem Problem, dass sie mangels Zeit nicht alle wahlärztlichen Leistungen selbst erbringen können. Operiert der Vertreter, ohne dass eine Vertretungsvereinbarung vorliegt, und der Chefarzt rechnet anschließend ab, kann dies böse Folgen haben: Honorarrück-forderungen oder gar Ermittlungen wegen Abrechnungsbetrugs drohen. Es gibt aber intelligente Lösungen, wie ein Fallbeispiel aus der Praxis zeigt. |

    Der praktische Fall

    Chefarzt Prof. Dr. C. leitet eine Klinik mit einer operativen Fachrichtung in einer deutschen Großstadt. Aufgrund seines Chefarzt-Vertrags verfügt er allein über das Liquidationsrecht hinsichtlich der in seiner Klinik erbrachten wahlärztlichen Leistungen und generiert dabei einen Umsatz von ca. einer Million Euro jährlich. Der sehr angesehene Prof. Dr. C. übt daneben noch weitere Tätigkeiten aus: als Vorsitzender eines Chefärzte-Verbandes, in der Bezirksstelle der KV und in der Landesärztekammer. Dies hat zur Folge, dass viele wahlärztliche Leistungen in seiner Klinik von seinen Oberärzten erbracht werden müssen - Prof. Dr. C. rechnet diese Leistungen aber weiterhin ab, auch wenn er selbst nicht tätig war.

     

    Anfang 2014 wechselte das Krankenhaus die anwaltlichen Berater. Die neuen Juristen wiesen Prof. Dr. C. und die Klinik-Geschäftsführer darauf hin, dass wahlärztliche Leistungen, die nicht von Herrn Prof. Dr. C. erbracht werden, derzeit nicht abrechenbar seien, da er allein über das Liquidationsrecht verfüge. Die bereits geschilderten drohenden Gefahren wurden deutlich vor Augen geführt. Das Problem der fehlenden persönlichen Leistungserbringung könne auch nicht allein dadurch gelöst werden, dass die Patienten Vertretungsvereinbarungen unterschreiben und anstelle von Herrn Prof. Dr. C. einer seiner Oberärzte tätig werde, Prof. Dr. C. aber weiterhin abrechne.

    Die Teamlösung

    Die Rechtsanwälte erarbeiteten gemeinsam mit den Chefärzten und der Klinikleitung folgende Teamlösung:

     

    • Prof. Dr. C. erklärt sich bereit, dass das Liquidationsrecht auf mehrere Ärzte verteilt wird, um die mit der bisherigen Abrechnungspraxis verbundenen Risiken zu vermeiden und trotzdem den bisherigen Verdienst weitgehend zu erhalten. Sein Liquidationsrecht wurde auf einen Teilbereich des Leistungsspektrums der Klinik beschränkt, damit Prof. Dr. C. einerseits in seinem Bereich die wahlärztlichen Leistungen persönlich erbringen und andererseits weiterhin seinen vielfältigen Aufgaben außerhalb der Klinik nachgehen kann.

     

    • Die anderen Teilbereiche des Leistungsspektrums der Klinik, für die bislang Prof. Dr. C. allein liquidationsberechtigt war, werden von zwei besonders qualifizierten Oberärzten übernommen. Hierdurch treten diese beiden Oberärzte als leitende Krankenhausärzte der Klinik bei wahlärztlichen Leistungen gleichberechtigt neben Prof. Dr. C. Zugleich werden sie in die Wahlleistungsvereinbarung des Krankenhauses mit aufgenommen. Prof. Dr. C. wird dort weiterhin als Klinikleiter besonders herausgehoben.

     

    • Ein Liquidationsrecht wird den Oberärzten nicht eingeräumt. Das Liquidationsrecht soll vielmehr sowohl bei diesen Oberärzten als auch bei Prof. Dr. C. zukünftig vonseiten des Krankenhauses ausgeübt werden und die betroffenen Ärzte jeweils eine Beteiligungsvergütung erhalten.

     

    • Mit beiden Oberärzten wird eine deutlich geringere Beteiligungsvergütung als mit Prof. Dr. C. vereinbart; der jeweils überschießende Betrag wird durch den Klinikträger als Bonus an Prof. Dr. C. ausgezahlt. Damit werden dessen bisherige Einnahmen aus wahlärztlichen Leistungen zum größten Teil erhalten.

    Die Teamlösung: eine Win-win-Situation

    Mit der vonseiten der Anwälte des Krankenhauses vorgeschlagenen Realisierung der Teamlösung waren alle Beteiligten einverstanden. Die Erbringung wahlärztlicher Leistungen durch Prof. Dr. C. wurde auf einen Umfang beschränkt, mit dem dieser weiterhin in der Lage war, die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung auch persönlich zu erfüllen.

     

    Der Umfang der Einnahmen aus Privatliquidationen von Prof. Dr. C. konnte bei dieser Teamlösung zwar nicht in vollem Umfang, aber doch sehr weitgehend erhalten werden. Die Einnahmen speisten sich bei der Teamlösung zum einen aus der Beteiligungsvergütung, zum anderen aus der Bonusregelung zwischen Prof. Dr. C. und dem Krankenhausträger im Rahmen der Änderung des Chefarzt-Vertrages.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine solche Gewährung von Bonuszahlungen ist zulässig, da der Krankenhausträger im Rahmen der Privatautonomie nicht daran gehindert ist, seinen Chefärzten Sonderzahlungen in beliebigem Umfang zu gewähren.

     

    Fazit | Der Chefarzt hat nun Rechtssicherheit, ihm drohen keine Honorarrückzahlungen oder gar strafrechtliche Folgen. Die beiden Oberärzte von Prof. Dr. C. erhalten nun über die Beteiligungsvergütung eine deutliche Verbesserung ihres Einkommens. Und auch der Krankenhausträger ist zufrieden: Durch die Teamlösung muss er „unter dem Strich“ nicht mehr Geld für die beteiligten Ärzte ausgeben, er erhält zudem eine rechtssichere Lösung und behält seinen Chefarzt: eine Win-win-Situation für alle!

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 6 | ID 42774728