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  • · Fachbeitrag · Studie

    Bitter für Helios, Sana & Co: Kliniken privater Träger kaum attraktiv für künftige Chefärzte

    | Chefärzte sind die Aushängeschilder der Krankenhäuser. In Zeiten des Ärztemangels ist es daher für Kliniken umso wichtiger zu wissen, nach welchen Kriterien sich Chefärzte ihren Arbeitgeber aussuchen. Die Studie einer Personalberatung und der Universität Freiburg zeigt nun: Krankenhäuser in privater Trägerschaft sind die letzten, für die sich angehende Chefärzte entscheiden würden - bitter also für die Helios, Sana & Co. Doch was sind die Gründe für die Abkehr von den Privaten? |

    Öffentliche Krankenhäuser mit bestem Ansehen

    Für die Studie wurden 239 Ärzte in leitender Funktion, die in deutschen Krankenhäusern arbeiten und für die Position des Chefarztes qualifiziert sind, online befragt. Die Ärzte gaben an, welche Kriterien sie den Klinikträgern zuschreiben - von 1 („trifft überhaupt nicht zu“) bis 7 („trifft voll und ganz zu“). In der Summe genießen öffentliche Einrichtungen in den wichtigsten Aspekten das beste Ansehen. Bei der Jobsicherheit erreichten sie im Durchschnitt 4,8, die übrigen Träger liegen deutlich darunter. Privatkliniken erhalten sogar nur eine Zustimmung von 2,9. Auch bei der Bewertung der Karrierechancen liegen öffentliche Krankenhäuser mit 4,89 vorne.

     

    Hohes Vertrauen

    Das gute Abschneiden der städtischen Kliniken und Kreiskrankenhäuser wird damit erklärt, dass sie als Arbeitgeber ein höheres Vertrauen genießen, da sie regional verwurzelt sind und in der Regel eine gewisse Größe haben. Zudem strahlen sie Stabilität aus. Gerade für kleinere Privatkliniken ist es schwer, damit zu konkurrieren.

     

    Jobwechsel in eine öffentliche Klinik? - Ja gerne!

    Aus diesem Grund ziehen die angehenden Chefärzte einen Jobwechsel vor allem dann in Betracht, wenn die neue Stelle von einer öffentlichen Klinik angeboten wird. Auf der Skala der Wechselbereitschaft erreichen die öffentlichen Träger mit Abstand den höchsten Wert (5,27), gefolgt von den freigemeinnützigen (4,59), konfessionellen (4,18) und privaten Kliniken (3,67).

    Keine Sozialkompetenz bei den Privaten

    Der Aspekt der sozialen Kompetenz, zu dem Eigenschaften wie Fürsorge, Freundlichkeit und Großzügigkeit zählen, wird von den Ärzten vor allem bei konfessionellen Häusern (4,62) vermutet, frei-gemeinnützige und öffentliche Träger folgen dicht dahinter. Privatwirtschaftliche Kliniken erreichen auf der Sozialkompetenz-Skala nur einen Wert von 3,21 - und landen damit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Wichtiger noch als die Sozialkompetenz sind für die befragten Ärzte gute Aufstiegschancen bei ihrem zukünftigen Arbeitgeber sowie - an zweiter Stelle genannt - die Sicherheit des Arbeitsplatzes.

     

    Private Träger zu sehr auf Kennzahlen fixiert?

    Neben den genannten Aspekten, welche die Attraktivität der Arbeitgeber positiv beeinflussen, ermittelte die Studie auch zwei Faktoren, die auf die befragten Ärzte offenbar abschreckend wirken: Dazu zählt die Dominanz wirtschaftlicher Ziele, die vor allem Krankenhäusern in privater Trägerschaft zugeschrieben wird. Die Ärzte befürchten offenbar, dort einen Arbeitsalltag zu erleben, der allein von Profitgedanken geprägt ist.

     

    Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels für die Klinikbetreiber Helios, Sana & Co: Wie die Studie zeigt würden Ärzte, die bereits in einem privaten Haus gearbeitet haben, diesen Kliniktyp durchaus wieder wählen. Zudem richten sich auch andere Trägertypen immer mehr an wirtschaftlichen Zielen aus (siehe hierzu auch das Interview mit Prof. Lohmann auf Seite 3).

    Wunsch oder Wirklichkeit? - Gehalt spielt nachrangige Rolle

    Gute Gehaltsperspektiven sind im Vergleich zu den Karriereaussichten für die Arbeitgeberattraktivität der Kliniken weniger ausschlaggebend - so zumindest äußerten sich die befragten Ärzte. Inwieweit derartige Antworten „wahr“ sind oder eher einem gesellschaftlichen Wunsch nachkommen, kann hierbei freilich nicht beurteilt werden.

     

    KOMMENTAR | „Fresenius-Chef erhöht den Druck und fordert einen Gewinn von 15 Prozent für Helios-Kliniken“ - so meldeten es kürzlich die Wirtschaftsredaktionen großer Zeitungen. Was für Anleger attraktiv sein mag, schreckt künftige Chefärzte offenbar ab. Sie wollen nicht bloß eine Kennzahl in der Jahresbilanz sein, sondern qualitativ hochwertige Medizin erbringen - und die kostet und erfordert motiviertes und gut bezahltes Personal.

     

    Doch nicht nur mit ihren Ärzten, sondern auch mit ihren weiteren Mitarbeitern haben einige von privaten Trägern betriebene Kliniken derzeit ein Problem - die Vorgänge um die gescheiterte Privatisierung der Unikliniken Gießen und Marburg sind hierbei ein warnendes Beispiel. Somit gilt es für die Privaten, künftig den Fokus weg von der „Spitzen-Rendite“ und hin zur „Spitzen-Medizin“ zu lenken. Nur so wird es ihnen gelingen, die Attraktivität für zukünftige Chefärzte zu steigern. Das Ansehen bei den Aktionären ist das eine - das Ansehen bei Ärzten, Pflegern und Patienten das andere. Letzteres ist genauso wichtig - mindestens.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Der Beitrag basiert auf einer Mitteilung des Personalberatungsunternehmens „Rochus Mummert“, das die Studie gemeinsam mit der Universität Freiburg durchgeführt hat.
    • Zur Thematik der ökonomischen Fixierung von Kliniken siehe auch das Interview mit Prof. Heinz Lohmann in dieser Ausgabe auf Seite 3.
    • Ein Plädoyer für „mehr Ökonomie“ bei der Führung von Chefärzten durch Klinikleiter finden Sie in einem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Klinikkette AMEOS, Dr. Axel Paeger, in CB 01/2013, Seite 13.
    • Kritisch mit dem aktuellen DRG-Vergütungssystem setzt sich der Medizinethiker Prof. Dr. Kai Wehkamp auseinander: Deutsches Ärzteblatt 2012; 109 (39).
    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 1 | ID 42828372