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  • · Fachbeitrag · Gesellschaftsrecht

    Ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung von GmbH-Gesellschafterversammlungen

    von RA Dr. Jochen Blöse, FA f. Handels- und Gesellschaftsrecht, MBA, Mediator (CfM), Köln

    | Die ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung einer GmbH-Gesellschafterversammlung ist von großer praktischer Relevanz. Nachfolgend werden die nach den gesetzlichen Bestimmungen zu beachtenden Regeln vorgestellt. Hinzuweisen ist darauf, dass durch Gesellschaftsvertrag die gesetzlichen Bestimmungen in weitem Umfang abbedungen werden können, d.h., es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob im Gesellschaftsvertrag Anordnungen für die Einberufung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung getroffen wurden, die vom gesetzlichen Muster abweichen. |

    1. Einberufung der Gesellschafterversammlung

    1.1 Einberufungskompetenz

    Im Grundsatz gilt, dass die Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer einzuberufen ist (§ 49 Abs. 1 GmbHG). Gibt es mehrere Geschäftsführer, so ist jeder einzelne Geschäftsführer zur Einberufung berechtigt und ggf. verpflichtet, auch wenn der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung gelten sollte (Luther/Hommelhoff-Bayer, GmbHG, 18. Aufl., 2012, § 49, Rz. 2).

     

    Allerdings können die Gesellschafter bestimmenden Einfluss darauf nehmen, ob eine Gesellschafterversammlung einberufen wird; dies ist Regelungsgegenstand des § 50 GmbHG. Danach haben Gesellschafter, die mit insgesamt 10 % am Stammkapital beteiligt sind, das Recht, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen. Ist eine Gesellschafterversammlung einberufen, so haben die Gesellschafter weiterhin das Recht zu verlangen, dass bestimmte Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden.

     

    Kommen der oder die Geschäftsführer dem Verlangen zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung nicht nach, so haben die Gesellschafter selbst das Recht zur Einberufung der Versammlung (§ 50 Abs. 3 GmbHG).

     

    1.2 Anlässe der Einberufung

    Wann eine Gesellschafterversammlung einzuberufen ist, bestimmt sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag. Darüber hinaus hat eine Einberufung immer dann zu erfolgen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint (§ 49 Abs. 2 GmbHG). Diese allgemeine Bestimmung wird durch Abs. 3 des § 49 GmbHG dahingehend konkretisiert, dass eine Versammlung auf jeden Fall einberufen werden muss, wenn sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist.

    Mindestens einmal im Jahr ist eine Gesellschafterversammlung jedenfalls durchzuführen, damit über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung beschlossen werden kann.

     

    1.3 Frist der Einberufung

    Die Einberufungsfrist wird regelmäßig in Gesellschaftsverträgen abweichend von der gesetzlichen Bestimmung geregelt. Nach § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG beträgt die Einberufungsfrist eine Woche. Üblich ist es, in den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen eine Frist von zwei Wochen vorzusehen. Wie bei allen Fristen sind für die korrekte Berechnung jedoch zwei Dinge von Bedeutung. Dies ist zum einen die Dauer der Frist und zum anderen die Frage, wann die Frist zu laufen beginnt. Sind dazu keine ausdrücklichen vertraglichen Regelungen getroffen, so ist es heute h.M., dass die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem im Normalfall der Zugang des Einberufungsschreibens zu erwarten ist (Lutter/Hommelhoff-Bayer, a. a. O., § 51, Rz. 14).

     

    • Beispiel

    G ist Geschäftsführer der A-GmbH und möchte zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung einladen. Die zu behandelnden Beschlussgegenstände sind dringend und daher soll die Gesellschafterversammlung so bald wie möglich stattfinden. Nach den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen hat die Einberufung mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen; die Einberufungsfrist beträgt zwei Wochen. Bestimmungen dazu, wann die Frist zu laufen beginnt, sind im Gesellschaftsvertrag nicht enthalten. Die Gesellschafter B, C und D der A-GmbH sind an unterschiedlichen Orten ansässig. B wohnt in Köln, wo die Gesellschaft auch ihren Sitz hat, C in München und D im außereuropäischen Ausland. Er hat für Zustellungszwecke und auch für den Zugang von Einladungen zur Gesellschafterversammlung der A-GmbH eine inländische Zustellanschrift bei seinem Rechtsanwalt angegeben. G gibt die Einberufungsschreiben an einem Freitagmorgen zur Post und fragt sich, wann die Einberufungsfrist zu laufen beginnt.

     

    Im vorstehenden Fall wird man davon ausgehen können, dass die Einberufungsschreiben B und C am Folgetag, also dem auf die Aufgabe zur Post folgenden Samstag zugehen. Hinsichtlich des Gesellschafters D ist aber zu berücksichtigen, dass G nicht zwingend davon ausgehen kann, dass dessen Rechtsanwalt als Empfangsbevollmächtigter an einem Samstag in seinem Büro anzutreffen ist. Diesbezüglich beginnt die Einberufungsfrist also erst an dem auf den Einlieferungstag folgenden Montag zu laufen. Da die Fristberechnung zwar für Gesellschafter gesondert erfolgen muss, aber gleichwohl die fristgemäße Ladung nur dann erfolgt ist, wenn alle Gesellschafter das Einberufungsschreiben rechtzeitig erhalten, ist auf den spätesten Zugang abzustellen; d.h., die Einberufungsfrist beginnt an dem Montag, der auf die Aufgabe des Schreibens zur Post folgt.

     

    Zu beachten ist, dass mit der Einberufung zunächst nur die Mitteilung darüber gemeint ist, dass eine Gesellschafterversammlung stattfindet. Was Gegenstand der Tagesordnung ist, muss nicht zwingend mit der eigentlichen Einberufung mitgeteilt werden, gleichwohl ist dies in der Praxis üblich und nach § 51 Abs. 2 GmbHG „soll“ so auch verfahren werden. Wie sich aus § 51 Abs. 4 GmbHG ergibt, ist es aber ausreichend, dass die Tagesordnung mindestens drei Tage vor der Versammlung mitgeteilt wird. Auch hier ist nach h.M. für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem im Normalfall mit einem Zugang des die Tagesordnung enthaltenden Schreibens zu rechnen ist.

     

    1.4 Form

    Hinsichtlich der Form der Einberufung geht das Gesetz von einem Schriftform-erfordernis i.S. des § 126 BGB aus, d.h., die Einberufung muss schriftlich erfolgen und unterschrieben sein. Weiteres gesetzliches Erfordernis ist die Einberufung mittels eingeschriebenen Briefes. In Gesellschaftsverträgen wird heute üblicherweise eine Erleichterung der Einberufung dahingehend vorgesehen, dass auch auf andere Art und Weise formwirksam einberufen werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Einladung mittels E-Mail, aber auch die mündliche oder telefonische Einladung (Baumbach/Hueck-Zöllner, GmbHG, 20. Aufl., 2013, § 51, Rz. 39).

     

    1.5 Inhalt der Einladung

    Die Einberufung muss jedenfalls Zeit und Ort der Gesellschafterversammlung angeben. Die Versammlungszeit muss dabei grundsätzlich verkehrs- und ortsüblich sein. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Einberufung auf Sonn- oder Feiertage immer unzulässig ist. Sie kann es jedoch sein, wenn im Gesellschaftsvertrag - was allerdings nicht üblich ist - eine Beschränkung auf Werktage erfolgt (Baumbach/Hueck-Zöllner, a. a. O., § 51, Rz. 14).

     

    Bzgl. des Ortes der Gesellschafterversammlung gilt zunächst, dass diese am Sitz der Gesellschaft stattfinden soll. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 121 Abs. 4 S. 1 AktG. Allerdings besteht auch insoweit die Möglichkeit, durch gesellschaftsvertragliche Bestimmung Flexibilität einzuräumen. Üblich ist es, dass eine weitere Öffnungsklausel vorgesehen wird, nach der die Gesellschafterversammlung auch an einem anderen geeigneten Ort stattfinden kann, mitunter ergänzt dadurch, dass ein abweichender Ort nur dann zulässig sein soll, wenn dies aus sachlichen Gründen erforderlich ist. Eine solche gesellschaftsvertragliche Bestimmung bedeutet aber nicht, dass eine unbeschränkte Freiheit bei der Wahl des Ortes der Versammlung besteht. Jedenfalls zu beachten ist hier die Schranke der Zumutbarkeit für die Gesellschafter, die dann überschritten sein kann, wenn bei bestehenden Interessenkonflikten zwischen den Gesellschaftern in die Privatwohnung eines Gesellschafters oder in die Kanzlei von dessen Rechtsanwalt eingeladen wird (Baumbach/Hueck-Zöllner, a. a. O., § 51, Rz. 15).

     

    1.6 Universalversammlung

    Auf alle vorstehend benannten Erfordernisse können die Gesellschafter verzichten. Dies aber nur dann, wenn auch tatsächlich alle Gesellschafter mit der Nichteinhaltung der vorstehenden Formalien, die letztlich ja ihrem Schutz dienen, einverstanden sind. Im Rahmen einer sogenannten Voll- oder Universalversammlung können die Gesellschafter also auch ad hoc wirksame Beschlüsse fassen. Um etwaigen, sich im Nachhinein ergebenden Streitigkeiten über die Wirksamkeit der bei einer Universalversammlung gefassten Beschlüsse vorzubeugen, sollte im Protokoll der Versammlung ausdrücklich festgehalten werden, dass die Gesellschafter mit der Durchführung der Gesellschafterversammlung einverstanden sind. Um alle Eventualitäten abzudecken, sollte zudem ergänzend klargestellt werden, dass das Einverständnis nicht nur auf die Durchführung der Gesellschafterversammlung, sondern auch auf die Fassung wirksamer Beschlüsse bezogen ist. Eine entsprechende Formulierung im Protokoll der Gesellschafterversammlung kann - nach Feststellung der Anwesenheit sämtlicher Gesellschafter - wie folgt lauten:

     

    • Beispiel für eine Formulierung

    Die anwesenden Gesellschafter erklären, dass sie mit der Durchführung einer Gesellschafterversammlung unter Verzicht auf alle Formen und Fristen der Einberufung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung einverstanden sind. Sie erklären weiterhin, dass sie damit einverstanden sind, dass in der Gesellschafterversammlung wirksame Beschlüsse gefasst werden.

     

    2. Durchführung der Gesellschafterversammlung

    2.1 Bestimmung eines Versammlungsleiters/Protokollführers

    Zu Beginn der Gesellschafterversammlung sollte, so nicht diesbezüglich im Gesellschaftsvertrag bereits eine Regelung enthalten ist, ein Versammlungsleiter bestimmt werden. In der Praxis nicht unüblich ist es, dass diese Funktion von einem Geschäftsführer übernommen wird. Dies ist jedoch in keiner Weise zwingend, ebenso gut kann auch ein Gesellschafter die Versammlung leiten. Häufig übernimmt der Versammlungsleiter auch das Führen des Protokolls. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass ein gesonderter Protokollführer ausgewählt wird.

     

    Soweit über die Person des Versammlungsleiters und/oder Protokollführers kein Einvernehmen zwischen den Gesellschaftern besteht, ist darüber ein Beschluss herbeizuführen, der den üblichen Bestimmungen genügen muss (dazu sogleich).

     

    2.2 Feststellung der Beschlussfähigkeit

    Der Versammlungsleiter sollte zunächst feststellen, ob die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist. Über die Beschlussfähigkeit sind in Gesellschaftsverträgen fast immer Regelungen enthalten. Diese gehen meist dahin, dass die Beschlussfähigkeit nur dann gegeben ist, wenn eine bestimmte Mindestanzahl von Geschäftsanteilen anwesend oder vertreten ist.

     

    • Beispiel für eine solche Vertragsbestimmung

    Die Gesellschafterversammlung ist nur dann beschlussfähig, wenn Gesellschafter anwesend oder vertreten sind, die insgesamt über mindestens 50 % der Geschäftsanteile verfügen.

     

    Ist im Gesellschaftsvertrag eine solche Regelung nicht enthalten, so hängt die Beschlussfähigkeit alleine von der ordnungsgemäßen Einberufung, Ladung und Ankündigung der Gesellschafterversammlung ab, d.h., Beschlussfähigkeit ist dann schon gegeben, wenn nur eine einzige Stimme anwesend ist (Roth/Altmeppen-Roth, GmbHG, 7. Aufl., 2012, § 47, Rz. 5, § 48, Rz. 12). Zur Feststellung der Beschlussfähigkeit gehört demgemäß, dass der Versammlungsleiter feststellt, dass die Versammlung ordnungsgemäß einberufen wurde und die gesellschaftsvertraglich festgelegte Mindestanwesenheit erreicht ist. Sind gesellschaftsvertraglich Mindestanwesenheiten vorgesehen, so ist es üblich, dass eine ergänzende Regelung für den Fall einer Beschlussunfähigkeit getroffen wird. Dies dient dazu zu verhindern, dass ein Gesellschafter durch bloßes Nichterscheinen wirksame Beschlussfassungen verhindern kann. Entsprechende Satzungsklauseln können folgenden Wortlaut haben:

     

    • Beispiel für eine Satzungsklausel

    Ist eine Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig, so ist unverzüglich eine weitere Versammlung einzuberufen. Hinsichtlich dieser gelten dieselben Erfordernisse an die Einberufung wie für die nicht beschlussfähige Gesellschafterversammlung. Diese weitere Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Gesellschafter beschlussfähig.

    2.3 Abhandlung der Tagesordnung/Beschlussfassung

    Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit kann in die Abhandlung der Tagesordnung eingetreten werden. Die Tagesordnung kann inhaltlich grob in zwei Bereiche unterschieden werden. Dies sind zum einen die Tagesordnungspunkte, zu den Beschlüsse gefasst werden sollen, und zum anderen eben jene, für die eine Beschlussfassung nicht vorgesehen ist.

     

    • Beispiel für die Formulierung des Tagesordnungspunktes

    Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresergebnisses und Bericht der Geschäftsführung über das abgelaufene Geschäftsjahr.

     

    Soweit eine Beschlussfassung vorgesehen ist, muss sichergestellt sein, dass die Angaben in der Tagesordnung zu dem entsprechenden Beschlussgegenstand so konkret sind, dass den Gesellschaftern eine angemessene Vorbereitung auf die Stimmabgabe möglich ist. Weil dies so ist, gilt im Grundsatz, dass eine Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ nicht möglich ist. Dieser ganz typischerweise in Tagesordnungen aufgenommene Punkt dient letztlich dazu, „das, was wir sonst noch besprechen wollten“, abzudecken. Allerdings gilt auch hier das zur Universalversammlung Gesagte: Sind sämtliche Gesellschafter anwesend und sind alle damit einverstanden, kann auch zu diesem Tagesordnungspunkt eine Beschlussfassung erfolgen. In der Protokollierung sollte dann allerdings darauf geachtet werden, dass dieses Einverständnis ausdrücklich festgehalten wird.

     

    Um festzustellen, ob ein Beschluss gefasst, mit anderen Worten die erforderliche Mehrheit erreicht wurde, müssen die Mehrheitserfordernisse geklärt werden. Die gesetzliche Regelung dazu ist in § 47 Abs. 1 GmbHG enthalten. Danach ist im Grundsatz die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.

     

    • Beispiel

    Die A-GmbH hat ein Stammkapital von 100.000,00 EUR und die vier Gesellschafter A, B, C und D. A und B halten Geschäftsanteile von insgesamt je 30.000,00 EUR, C und D solche mit einem Gesamtbetrag von jeweils 20.000,00 EUR; gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Beschlussfähigkeit sind im Gesellschaftsvertrag nicht enthalten. Bei einer ordnungsgemäß eingeladenen Gesellschafterversammlung sind die Gesellschafter A und B anwesend. Sie stimmen einer Beschlussvorlage zu. Die Zustimmung liegt also bei 60 % des Stammkapitals, der Beschluss ist damit wirksam gefasst.

     
    • Abwandlung des Beispiels

    In einer anderen Gesellschafterversammlung ist ausschließlich der Gesellschafter D anwesend. In Ermangelung von entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen ist auch diese Gesellschafterversammlung beschlussfähig. D stimmt einer Beschlussvorlage zu. In diesem Fall ist nur eine Zustimmung von 20 % des Stammkapitals der GmbH gegeben, gleichwohl ist der Beschluss wirksam gefasst, da es auf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ankommt.

     

    Für bestimmte Beschlussgegenstände sieht das Gesetz jedoch eine höhere Mehrheit vor. Dies gilt insbesondere für satzungsändernde Beschlüsse, für die nach § 53 Abs. 2 GmbHG eine Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. Ein solches erhöhtes Mehrheitserfordernis gilt auch für sonstige Beschlussgegenstände, die von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft sind; so z.B. für den Auflösungsbeschluss (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG).

     

    Da auch diese gesetzlichen Regelungen jeweils auf die abgegebenen Stimmen abstellen, kann aber auch ein satzungsändernder Beschluss von einem Minderheitsgesellschafter alleine gefasst werden, so die fragliche Gesellschafterversammlung wirksam eingeladen und beschlussfähig ist und keine Gegenstimmen zu zählen sind.

     

    In Gesellschaftsverträgen werden die gesetzlichen Regelungen zu den Mehrheitserfordernissen jedoch teilweise abgeändert. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Herabsetzung des 3/4-Erfordernisses für Satzungsänderungen nicht möglich ist (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 53, Rz. 62; nach überwiegender Meinung ist allerdings eine Verringerung des Mehrheitserfordernisses für den Auflösungsbeschluss möglich, Baumbach/Hueck-Haas, a.a.O., § 60, Rz. 17). Eine solche Satzungsbestimmung kann in zwei Richtungen gehen.

     

    Zum einen kann das prozentuale Mehrheitserfordernis - z.B. statt einfacher Mehrheit eine 2/3-Mehrheit - und/oder die Bezugsgröße der Mehrheit angepasst werden. Letzteres bedeutet, dass nicht auf die abgegebenen Stimmen, sondern auf eine andere Bezugsgröße abzustellen ist. Typischerweise werden dabei alle vorhandenen Stimmen genannt.

     

    • Beispiel zur Formulierung einer Beschlussmehrheit

    Im Gesellschaftsvertrag der B-GmbH ist zur erforderlichen Beschlussmehrheit Folgendes geregelt:

     

    Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen einer Mehrheit von 2/3 der vorhandenen Stimmen, es sei denn, gesetzlich ist ein höheres Mehrheitserfordernis vorgesehen.

     

    Hat die B-GmbH nun ein Stammkapital von 100.000 EUR und die vier Gesellschafter A, B, C und D, die mit Geschäftsanteilen von zweimal 30.000 EUR und zweimal 20.000 EUR an der Gesellschaft beteiligt sind, so ist eine Beschlussvorlage nur dann angenommen, d.h., ein Beschluss nur dann gefasst, wenn entweder einer der beiden Gesellschafter, deren Geschäftsanteile 30.000 EUR ausmachen sowie beide weiteren Gesellschafter zustimmen oder beide Gesellschafter, die über jeweils Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von 30.000 EUR verfügen, sowie ein weiterer Gesellschafter mit „ja“ stimmen.

     

    Würde die vorstehend genannte Satzungsklausel nicht lediglich eine 2/3-Mehrheit, sondern eine 3/4-Mehrheit vorsehen, und gäbe es nur drei Gesellschafter, die mit Geschäftsanteilen von insgesamt einmal 40.000 EUR und zweimal 30.000 EUR beteiligt sind, so würde die Klausel zu einem Einstimmigkeitserfordernis führen.

     

    Für den Versammlungsleiter einer Gesellschafterversammlung ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass er sich hinreichende Klarheit über die bestehenden Mehrheitserfordernisse verschafft.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Neuering, Dieter/Stein, Philip, Form der Einberufung einer GmbH-Gesellschafterversammlung, NJW-Spezial 2013, 591
    • Blasche, Sebastian, Praxisfragen und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Beschlussfassung ohne Gesellschafterversammlung, GmbHR 2011, 232
    • Wernicke, Thomas/Albrecht, Frauke, Kombinierte Beschlussfassung in der GmbH, GmbHR 2010, 393
    • Geißler, Markus, Die Einberufung der Gesellschafterversammlung in der Krise der UG (haftungsbeschränkt), DZWIR 2010, 98
    • Geißler, Markus, Die gesetzlichen Veranlassungen zur Einberufung einer GmbH-Gesellschafterversammlung, GmbHR 2010, 457

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 171 | ID 42756495

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