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  • · Fachbeitrag · Ordnungsgemäße Kassenführung

    Kassenführung ab dem 1.1.17: Der Stand der Dinge

    von Dipl.-Finw. Tobias Teutemacher, Greven

    | Als Steuerberater steht man aktuell vor einem Problem. Viele Mandanten aus bargeldintensiven Branchen fragen an, in welcher Form ab dem 1.1.17 die Kassenführung erfolgen muss. Viele unterschiedliche Informationen sind in den Medien abrufbar. Mit dem folgenden Artikel wollen wir Sie auf den aktuellen Stand (4.10.16) bringen. |

    1. Grundlagen

    Für eine zuverlässige Beratung sollte man die Inhalte folgender Veröffentlichungen kennen:

     

    • BMF-Schreiben vom 26.11.10 (IV A 4-S 0316/08/10004-07, BStBl I 10, 1342)
    • Diese sogenannte 2. Kassenrichtlinie beschäftigt sich mit der Aufbewahrung digitaler Unterlagen (= Daten) bei Bargeschäften.

     

    • BMF-Schreiben vom 14.11.14 (BStBl I 14, 1450)
    • Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von
    • Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

     

    • Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Unterlagen vom 13.7.16

     

    Fassen wir das Wichtigste noch einmal in Kürze zusammen.

    2. Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften

    Das BMF-Schreiben vom 26.11.10 - auch 2. Kassenrichtlinie genannt - findet Anwendung auf alle

     

    • Registrierkassen
    • Waagen mit Registrierkassenfunktion
    • Taxameter und Wegstreckenzähler.

     

    Beachten Sie | Im weiteren Verlauf des BMF-Schreibens werden diese als „Geräte“ bezeichnet.

     

    Im Anwendungserlass zur AO (zu § 158) wird explizit auf das BMF-Schreiben hingewiesen: „Werden digitale Unterlagen bei Bargeschäften nicht entsprechend dem BMF-Schreiben vom 26.11.10 aufbewahrt, kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel der Ordnungsmäßigkeit sein.“

     

    Danach müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht) einschließlich etwaiger mit der EDV-Registrierkasse, dem PC-(Kassen-)System, etc., elektronisch erzeugter Rechnungen i. S. des § 14 UStG unveränderbar und vollständig - digital und nicht in Papierform - aufbewahrt werden. Eine Verdichtung dieser Daten oder ausschließliche Speicherung der Rechnungsendsummen ist unzulässig.

     

    Ein ausschließliches Vorhalten aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ausgedruckter Form ist nicht ausreichend. Die digitalen Unterlagen und die Strukturinformationen müssen in einem mit der Prüfsoftware IDEA auswertbaren Datenformat vorliegen.

     

    Beachten Sie | Alle Daten (Journal-, Auswertungs-, Programmierdaten, Stammdatenänderungen, etc.) müssen

     

    • jederzeit verfügbar,
    • unverzüglich lesbar und
    • maschinell auswertbar

     

    aufbewahrt werden (§ 147 Abs. 2 Nr. 2 AO)! Die Feststellungslast liegt beim Mandanten bzw. bei der Mandantin!

     

    Ist die komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten - bei der EDV-Registrierkasse insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten - innerhalb des Gerätes nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger (z. B. USB-Stick, externe Festplatte, etc.) gespeichert werden.

     

    Bei PC-(Kassen-)Systemen ist davon auszugehen, dass ausreichende Speicherkapazitäten vorhanden sind, um sämtliche Änderungsdaten auf einer internen Festplatte zu speichern. Aber auch bei diesen Systemen besteht die Möglichkeit der externen Datenspeicherung, ggf. auf besonderen Archivsystemen. Ein Archivsystem muss die gleichen Auswertungen wie jene im laufenden System ermöglichen.

     

    Die konkreten Einsatzorte und -zeiträume der EDV-Registrierkassen, PC-(Kassen-)Systeme, Warenwirtschaftssysteme, Waagen mit Registrierkassenfunktionen, etc., sind zu protokollieren und diese Protokolle sind aufzubewahren (vgl. § 145 Abs. 1 AO,§ 63 Abs. 1 UStDV).

     

    Außerdem müssen die Grundlagenaufzeichnungen zur Überprüfung der Bareinnahmen für jedes einzelne Gerät getrennt geführt und aufbewahrt werden.

     

    Die zu den Geräten gehörenden Organisationsunterlagen (u. a. Bedienungs- und Programmieranleitungen, Struktur- und Verfahrensdokumentation, sowie sonstige Anweisungen zur Programmierung) müssen aufbewahrt werden.

     

    Soweit mithilfe eines solchen Geräts unbare Geschäftsvorfälle (z. B. EC-Cash, ELV - Elektronisches Lastschriftverfahren, Kreditkarten, etc.) erfasst werden, muss aufgrund der erstellten Einzeldaten ein Abgleich der baren und unbaren Zahlungsvorgänge und deren zutreffende Verbuchung im Buchführungs- bzw. Aufzeichnungswerk gewährleistet sein.

     

    Beachten Sie | Die noch bis zum 31.12.16 geltende Härtefallregelung, wonach Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter und Wegstreckenzähler ohne Einzelaufzeichnungen und ohne Datenexportfunktion noch bis zu diesem Datum genutzt werden können, wird nicht verlängert! (Stand: 3.10.16)

     

    Nutzen Mandanten diese Geräte auch nach dem 31.12.16 weiterhin, liegt nicht etwa eine „offene Ladenkasse“ vor, sondern es handelt sich um eine nicht steuerverwaltungskonforme Kassenführung, die im Rahmen von Betriebsprüfungen zu Zuschätzungen führen kann.

    3. Anwendung der GoBD

    Auf die EDV-Registrierkassen und PC-(Kassen-)Systeme sowie die anderen digitalen Geräte mit Einzeldatenspeicherung und Datenexportmöglichkeit finden die Regelungen der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) Anwendung.

     

    Danach müssen Kassensysteme insbesondere

     

    • die Belegfunktion (GoBD Rz. 77-79),
    • die Grund(buch)aufzeichnungsfunktion (GoBD Rz. 85) und
    • die Journalfunktion (GoBD Rz. 83, 90, 92)

     

    erfüllen.

     

    Hier eine kurze Zusammenfassung:

     

    Belegfunktion

    • Dokumentation des maßgeblichen Rechnungsinhalts
    • Wer, Was, Wann, Wie
      • Eindeutige Belegnummer
      • Betrag, Mengen- und Wertangaben
      • Währungsangaben
      • Erläuterung des Geschäftsvorfalls
      • Belegdatum
      • Bediener der Kasse
      • Skonti, Rabatte
      • Zahlungsart
      • Steuersatz/Steuerbefreiung

     

    Grund(buch)aufzeichnungsfunktion

    • Erfassungsdatum
    • Uhrzeit der Erfassung
    • Unveränderbarkeit (Stichwort „Festschreibung“)
      • Belegsicherung
      • Garantie der Unveränderbarkeit

     

    Journalfunktion

    • Zeitlich geordnet
      • vollständig
      • zeitgerecht
      • formal richtig
    • Schutz gegen Löschung und Veränderung

     

    Bei der Einhaltung der GoBD ist darauf zu achten, dass die Daten unveränderbar gespeichert werden.

     

    Beachten Sie | Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Buchführung, hier: der Kassen(buch)führung, fordert, dass ein schlüssiger Nachweis hinsichtlich der Unveränderbarkeit der Einzelbuchungen und deren Zusammenführung bei der Erstellung steuerlicher Abschlüsse geführt werden kann (s. Anwendungserlass zu AO zu § 158 AO)!

     

    Werden Einzelaufzeichnungen über EDV-Registrierkassen bzw. PC-(Kassen-)Systeme erfasst, muss eine revisionssichere Speicherung der Daten erfolgen!

    4. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen

    Am 13.7.16 wurde der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (www.Bundestag.de, Bundestagsdrucksache 18/9535) im Internet veröffentlicht. Der Entwurf beinhaltet folgende wichtige Änderungen:

     

    •  § 146 Abs. 1 S. 1 AO

    Bisher:

    „Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden.“

     

    Neu (Änderung hervorgehoben):

    „Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten.“

     

    Erläuterungen

    Damit wird die Einzelaufzeichnungspflicht erstmalig im Gesetz normiert!

     

    Die Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren sind, sodass sich die einzelnen Vorgänge in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen können. Damit gilt auch für elektronische Aufzeichnungssysteme die fortlaufende Einzelaufzeichnung sämtlicher aufzeichnungspflichtiger Geschäftsvorfälle.

     

    Nach dem BFH-Urteil vom 12.5.66 (BStBl II 66, S. 371) gibt es von der Einzelaufzeichnungspflicht nur dann eine Ausnahme, wenn Waren von geringem Wert an eine Vielzahl unbekannter Kunden verkauft werden und Einzelaufzeichnungen nicht zumutbar wären. In dem neuen § 146 Abs. 1 S. 1 AO-RegE wird die Zumutbarkeit jedoch nicht erwähnt.

     

    § 146 Abs. 1 S. 2 AO wird dahingehend gefasst, dass nunmehr Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten sind (= „muss“). Nach dem bisherigen Wortlaut, dass Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden sollen, war nicht in jedem Fall die tägliche Aufzeichnung von Kasseneinnahmen und -ausgaben erforderlich, insbesondere dann nicht, wenn die Kassengeschäfte gegenüber den Bankgeschäften nicht ins Gewicht gefallen sind.

     

    § 146a AO (neu) Ordnungsvorschrift für die Buchführung und für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme

    Unter elektronischen Aufzeichnungssystemen im Sinne des § 146a AO sind elektronische oder computergestützte Systeme zu verstehen, mit denen aufbewahrungspflichtige Grundaufzeichnungen geführt werden (z. B. EDV-Re-gistrierkassen).

     

    § 146a AO schreibt vor, dass bei der Nutzung dieser elektronischen Aufzeichnungssysteme, die in § 1 der KassenSichV genannt sind, künftig nur noch ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet werden darf, das jeden Geschäftsvorfall einzeln, vollständig, zeitgerecht, richtig und geordnet aufzeichnet und dass dieses elektronische Aufzeichnungssystem durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen ist.

     

    § 146b AO (neu) Kassen-Nachschau

    Die Kassen-Nachschau ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung. Sie ist keine Außenprüfung im Sinne des § 193 AO. Deshalb gelten die Vorschriften für eine Außenprüfung nicht. Die Kassen-Nachschau wird nicht angekündigt.

     

    Die Kassen-Nachschau gilt nicht nur im Fall elektronischer Kassenauf-zeichnungssysteme, sondern auch im Fall einer offenen Ladenkasse.

     

    § 30 EGAO-RegE regelt, dass die neuen §§ 146a, 146b und 379 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 AO-RegE u. a. zu den neuen zertifizierten Sicherheitseinrichtungen erstmals für Kalenderjahre anzuwenden sind, die nach dem 31.12.19 beginnen.

     

    Zu beachten ist aber, dass Registrierkassen, die

     

    • nach dem 25.11.10 und vor dem 1.1.20 angeschafft wurden,
    • den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.10 entsprechen und
    • bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, sodass sie die Anforderungen des § 146a AO-RegE nicht erfüllen,

     

    nach dem derzeitigen Stand des Regierungsentwurfs bis zum 31.12.22 (Anmerkung: Eventuell wird diese Frist noch verkürzt bis zum 31.12.20) weiter verwendet werden dürfen, und zwar abweichend von § 146a und § 379 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AO-RegE.

     

    § 146 Abs. 1 AO-RegE (s. o.) tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sollte das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden, würde damit die Einzelaufzeichnungspflicht sofort per Gesetz eingeführt werden.

     

    Ab dem 1.1.17 sind somit folgende Formen der Kassenführung möglich:

     

    • Offene Ladenkasse
    • Elektronische Registrierkassen, PC-Kassensysteme mit Einzeldatenspeicherung und mit der Möglichkeit des Datenexports.

    5. Handlungsempfehlungen

    • Mandanten mit EDV-Registrierkassen, die keine Einzeldaten speichern können und auch keinen Datenexport ermöglichen, müssen bei ihrem Kassenaufsteller nachfragen, ob diese Kassen durch eine technische bzw. softwaremäßige Aufrüstung den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.10 entsprechen können.

     

    • Wenn ein Update möglich ist, dann können diese Kassen noch bis zum31.12.22 (Anmerkung: Eventuell wird diese Frist noch verkürzt bis zum 31.12.20) genutzt werden.

     

    • Ist ein Update nicht möglich, dann darf diese Kasse ab dem 1.1.17 nicht mehr genutzt werden, da ansonsten eine nicht steuerverwaltungskonforme Kassenführung vorliegt, die bei Betriebsprüfungen zu Zuschätzungen führen kann.

     

    • Mandanten mit EDV-Registrierkassen, die den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.10, aber noch nicht den Anforderungen des Gesetzentwurfes entsprechen, können diese noch bis zum 31.12.22 (Anmerkung: Eventuell wird diese Frist noch verkürzt bis zum 31.12.20) weiter nutzen.

     

    • Sollte bei diesen Kassen die Möglichkeit eines Updates auf die zukünftigen Sicherheitslösungen möglich sein, muss dieses Update unverzüglich vorgenommen werden.

     

    Sollten sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch gravierende Änderungen ergeben, werden wir Sie an dieser Stelle informieren.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2016 | Seite 192 | ID 44300685

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