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  • · Fachbeitrag · Handels- und Steuerbilanz

    Ansatz, Bewertung und Einzelfragen bei der Passivierung von Jubiläumsrückstellungen

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund

    | Erhalten Arbeitnehmer anlässlich eines Dienstjubiläums zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn Einmalzuwendungen, muss der Arbeitgeber für diese Verpflichtung grundsätzlich eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden. Die Voraussetzungen und die Unterschiede zwischen der Handels- und Steuerbilanz werden im Beitrag veranschaulicht. |

    1. Begriff des Dienstjubiläums

    Sonderzuwendungen für die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers (Dienstjubiläum) werden regelmäßig zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt und sollen die Betriebstreue belohnen. Sie entstehen damit auch erst bei Erreichen des Dienstjubiläums. Scheidet der Arbeitnehmer vor Erreichen der festgelegten Betriebszugehörigkeit aus dem Unternehmen aus, hat er i.d.R. keinen Anspruch auf eine anteilige Prämie.

    2. Handelsrechtliche Ansatzvoraussetzungen

    Die künftigen Sonderzahlungen stellen für den Arbeitgeber Aufwand dar, der gemäß § 249 HGB als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren ist. Voraussetzung für eine ungewisse Verbindlichkeit ist eine dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verpflichtung, die wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht wurde und mit deren Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist.

     

    Handelsrechtlich sind für sämtliche rechtsverbindlich zugesagte Leistungen aus Anlass von Dienstjubiläen Rückstellungen zu bilden (Kozikowski/Schubert in Beck’scher Bilanzkommentar, 2012, § 249 HGB, Rz. 100).

     

    Hinweis | Eine Rückstellungsbildung kann aber auch unter dem Aspekt einer faktischen Verpflichtung in Betracht kommen. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Zahlung aus Gründen des Betriebsfriedens ungeachtet der fehlenden Rechtsverpflichtung nicht versagt werden kann (vgl. Küting/Pfitzer/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, ?§ 249 HGB, Rz. 152).

     

    Die Jubiläumsverpflichtung ist im abgelaufenen Geschäftsjahr bzw. auch in der davor liegenden Zeit wirtschaftlich verursacht, da die künftige Sonderzahlung im Hinblick auf eine schon bewirkte Leistung des Arbeitnehmers erbracht wird. Zuwendungen für ein 25-jähriges Dienstjubiläum belohnen die Arbeitsleistung für 25 Jahre - nicht nur die Tätigkeit im Jubiläumsjahr selbst. Der Arbeitnehmer erdient sich damit jedes Geschäftsjahr anteilig seine Jubiläumszuwendung.

     

    Des Weiteren muss eine Zahlungsverpflichtung eher zu erwarten sein als ?eine Nichtzahlung. Im Rahmen der Rückstellungsbildung ist also zu hinterfragen, wie wahrscheinlich es ist, dass der bzw. die Mitarbeiter die erforderliche Betriebszugehörigkeit erreichen. Diese Voraussetzung ist nicht nach den subjektiven Erwartungen zu prüfen, sondern auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns (vgl. BFH 18.1.07, IV R 42/04).

     

    Für Jubiläumssonderzahlungen bedeutet dies, dass der Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Ausscheidens von Arbeitnehmern durch einen anhand betrieblicher Erfahrungswerte oder pauschal ermittelten Fluktuationsabschlag Rechnung zu tragen ist (Kozikowski/Schubert, a.a.O.). Aber nicht nur ein ?etwaiger Arbeitsplatzwechsel ist zu berücksichtigen, sondern auch ein Ausscheiden aus dem Betrieb durch Tod, Invalidität sowie Renteneintritt.

     

    PRAXISHINWEIS | Soweit keine betriebsindividuellen Gegebenheiten entgegenstehen, kann ein pauschaler Fluktuationsabschlag derart berücksichtigt werden, dass für die ersten fünf Jahre der Betriebszugehörigkeit keine Rückstellungen gebildet werden (Kozikowski/Schubert, a.a.O.).

     

     

    Anlässlich des Dienstjubiläums gewährter Sonderurlaub wird im Rahmen ?einer Urlaubsrückstellung abgebildet (Kozikowski/Schubert, a.a.O.). Die „klassische“ Jubiläumsrückstellung beinhaltet nur Geldzahlungen.

    3. Handelsrechtliche Bewertung

    Rückstellungen sind nach § 253 Abs. 1 S. 2 HGB in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Dies bedeutet für die Jubiläumsrückstellungen, dass die avisierte Zahlung zzgl. der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und etwaiger zu übernehmender Lohnsteuer anzusetzen ist. Künftige Lohn- und Gehaltssteigerungen (wie z.B. jährliche Tarifanpassungen) sind zu berücksichtigen.

     

    Rückstellungen für Dienstjubiläen, die am Bilanzstichtag eine Laufzeit von mehr als einem Jahr haben, sind handelsrechtlich abzuzinsen (§ 253 Abs. 2 S. 1 HGB). Dies erfordert die Ermittlung der Wartezeit jedes Arbeitnehmers am Bilanzstichtag bis zum Erreichen des Jubiläums.

     

    PRAXISHINWEIS |" Die von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung (RückAbzinsV) veröffentlichten Zinssätze sind unter www.iww.de/sl200 abrufbar.

     

    Hinweis | Es wird nicht beanstandet, der Berechnung der Rückstellung für handelsrechtliche Zwecke § 5 Abs. 4 EStG zugrunde zu legen, ohne jedoch die steuerrechtlichen Einschränkungen zu beachten (vgl. nachstehend sowie ?Kozikowski/Schubert, a.a.O.).

    4. Ansatz in der Steuerbilanz

    Ist nach handelsrechtlichen Grundsätzen eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wird diese aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes grundsätzlich auch steuerlich passiviert (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG). Für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums sieht § 5 Abs. 4 EStG jedoch einige Einschränkungen vor, sodass eine Rückstellung nur unter den folgenden Voraussetzungen zulässig ist:

     

    • Dienstverhältnis muss mindestens 10 Jahre bestanden haben,
    • Zuwendung nur für Dienstverhältnisse von mindestens 15 Jahren,
    • schriftliche Zusage,
    • Anwartschaft wurde nach dem 31.12.92 erworben.

     

    Hinweis | Für Zuwendungen anlässlich eines Firmenjubiläums, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit der einzelnen Mitarbeiter bemessen, gelten die Einschränkungen des § 5 Abs. 4 EStG nicht (BFH 29.11.00, I R 31/00).

     

    4.1 Keine Rückstellung für die ersten 10 Jahre

    In den ersten 10 Jahren der Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers dürfen keine Jubiläumsrückstellungen gebildet werden. Damit wird die hohe Fluktuation von Arbeitnehmern in den ersten zehn Jahren der Betriebszugehörigkeit pauschal berücksichtigt. Steuerlich beginnt die Rückstellung damit erst vom 11. Dienstjahr an - dafür entfällt der Fluktuationsabschlag (BMF 8.12.08, IV C 6 - S 2137/07/10002, Rz. 7).

     

    4.2 Nur Dienstverhältnisse von mindestens 15 Jahren

    Steuerlich werden Jubiläumsrückstellungen nur anerkannt, wenn die versprochene Zuwendung eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren voraussetzt. Im Ergebnis werden damit insbesondere die 10-jährigen Dienstjubiläen steuerlich „ausgeblendet“.

     

    4.3 Erfordernis der Schriftform

    Hinsichtlich der geforderten Schriftform kommt jede schriftliche Festlegung der Sonderzuwendung in Betracht (z.B. Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag). Für Verpflichtungen, die auf einer betrieblichen Übung beruhen, kann wegen der fehlenden Schriftform keine Rückstellung gebildet werden (BMF 8.12.08, a.a.O., Rz. 5 i.V. mit R 6a Abs. 7 EStR 2005; Kozikowski/Schubert, a.a.O.).

     

    Hinweis | Die Zuwendung darf unter einem Widerrufsvorbehalt stehen und muss nicht zwingend rechtsverbindlich sein (BFH 18.1.07, a.a.O.). Steht sie allerdings unter einem Widerrufsvorbehalt, ist die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme - insbesondere in Krisenfällen - in besonderem Maße zu prüfen (BMF 8.12.08, a.a.O., Rz. 4).

     

    4.4 Anwartschaften nach dem 31.12.92

    Steuerlich dürfen Jubiläumsrückstellungen nur für Anwartschaften gebildet werden, die nach dem 31.12.92 erdient wurden. Gerade in Unternehmen mit langjährigen Arbeitsverhältnissen führt diese Einschränkung zu hohen Abweichungen zwischen handels- und steuerrechtlichem Ansatz.

    5. Steuerrechtliche Bewertung

    Für die Bewertung der zugesagten Jubiläumsleistungen sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Wie in der Handelsbilanz gehen die zugesagte Sonderzuwendung an sich, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sowie etwaige vom Arbeitgeber zu tragende Lohnsteuer in die Bewertung ein. Künftige Kosten- und Preissteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG).

     

    Wie bereits ausgeführt ist ein Abschlag für die Mitarbeiter-Fluktuation steuer-?lich nicht zulässig. Allerdings muss auch hier die Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens von Arbeitnehmern aus dem Betrieb durch Tod, Invalidität sowie durch Renteneintritt berücksichtigt werden (BMF 8.12.08, a.a.O., Rz. 7, 8).

     

    Da Dienstzeiten vor dem 1.1.93 nicht berücksichtigt werden, ist die Rückstellung zum maßgeblichen Stichtag um den Teilbetrag zu kürzen, der sich nach der gleichen Berechnung zum 31.12.92 ergeben hätte (BMF 8.12.08, a.a.O., Rz. 13).

     

    In ihrem Schreiben vom 8.12.08 erkennt die Finanzverwaltung generell zwei Bewertungsmethoden an:

     

    • Teilwertverfahren: Hier wird die Rückstellungshöhe möglichst exakt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung ?eines Zinssatzes von 5,5 % berechnet. Im Rahmen dieser Methode kann die individuelle Situation des betroffenen Unternehmens abgebildet werden.

     

    • Beim Pauschalwertverfahren wird die Rückstellungshöhe nach der dem BMF-Schreiben als Anlage beigefügten Tabelle ermittelt. Abzinsungsbeträge und die Wahrscheinlichkeit des Mitarbeiter-Ausscheidens aus dem Unternehmen sind in der Tabelle bereits berücksichtigt.

     

    Hinweis | Die Bewertungsmethode kann nur einheitlich je Betrieb gewählt werden. Das gewählte Verfahren ist dann für fünf Wirtschaftsjahre bindend (BMF 8.12.08, a.a.O., Rz. 11).

    6. Beispiele

    Ausgangssachverhalt: Unternehmer U zahlt seinen Arbeitnehmern für ein Dienstjubiläum von 25 Jahren zusätzlich zum laufenden Gehalt eine Sonderzuwendung von 2.000 EUR. Für eine Dienstzugehörigkeit von 40 Jahren werden 4.000 EUR gezahlt. Die betriebliche Fluktuation beträgt nach den Erfahrungswerten 5 %.

     

    Zum Bilanzstichtag 31.12.12 sollen die Jubiläumsrückstellungen für zwei Arbeitnehmer für die Handels- und die Steuerbilanz berechnet werden. Steuerlich sind beide Verfahren (Teilwert- und Pauschalwertverfahren) darzustellen. Künftige Lohn- und Gehaltssteigerungen sowie die Wahrscheinlichkeit des Ausscheidens wegen Tod oder Invalidität werden in den Beispielen vereinfachungsgemäß ausgeblendet.

     

    • Beispiel 1

    Arbeitnehmer A (geb. am 26.1.64) ist seit dem 1.1.1995 im Unternehmen angestellt.

     

    Lösung Handelsbilanz: Das 25-jährige Dienstjubiläum erreicht A am 1.1.20. Zum 31.12.12 beträgt die Wartezeit damit noch 7 Jahre. Unter Beachtung des Fluktuationsabschlags von 5 % sowie einer Abzinsung von 4,47 % beträgt die Rückstellung 1.678,78 EUR (2.000 EUR x 1,2 (AG-Anteile SV) x 0,95 (Fluktuation)/1,04477). Das 40-jährige Dienstjubiläum erreicht A im Jahr 2035. Da er zu diesem Zeitpunkt bereits das Renteneintrittsalter erreicht hat und damit aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, kommt diesbezüglich keine Rückstellung in Betracht.

     

    Lösung Steuerbilanz (Teilwertmethode):Steuerlich erfolgt keine Berücksichtigung des Fluktuationsabschlags. Damit ergibt sich eine Rückstellung für das 25-jährige Dienstjubiläum i.H. von 1.649,85 EUR (2.000 EUR x 1,2 (AG-Anteile SV)/1,0557). Für ein 40-jähriges Jubiläum entfällt eine Rückstellung (s.o.).

     

    Lösung Steuerbilanz (Pauschalwertmethode): Maßstab der Anlage zum Schreiben des BMF (8.12.08, a.a.O.) sind die abgeleisteten Dienstjahre (für A = 18 Jahre). Damit beträgt die Rückstellung 694 EUR (Wert gemäß Anlage je 1.000 EUR: 347 EUR).

     

     

    • Beispiel 2

    Arbeitnehmer B (geb. am 8.9.58) ist bereits seit dem 1.1.1979 für U tätig.

     

    Lösung Handelsbilanz: Das 40-jährige Dienstjubiläum erreicht B am 1.1.19. Zum 31.12.12 beträgt die Wartezeit damit noch 6 Jahre. Unter Beachtung des Fluktuationsabschlags von 5 % sowie einer Abzinsung von 4,35 % beträgt die Rückstellung 3.531,91 EUR (4.000 EUR x 1,2 (AG-Anteile SV) x 0,95 (Fluktuation)/1,04356).

     

    Lösung Steuerbilanz (Teilwertmethode): Steuerlich erfolgt keine Berücksichtigung des Fluktuationsabschlags. Die Abzinsung erfolgt mit 5,5 %. Zwecks Kürzung der Dienstzeiten vor dem 1.1.93 ist zusätzlich die Rückstellung auf den 31.12.92 zu ermitteln (damalige Wartezeit: 26 Jahre):

     

    Rückstellung auf den 31.12.12

    (4.000 EUR x 1,2 (AG-Anteile SV)/1,0556):

    3.481,18 EUR

    Rückstellung auf den 31.12.92

    (4.000 EUR x 1,2 (AG-Anteile SV)/1,05526):

    1.193,10 EUR

    Ansatz in der Steuerbilanz 31.12.12:

    2.288,08 EUR

     

     

    Lösung Steuerbilanz (Pauschalwertmethode): 

    Rückstellung auf den 31.12.12

    (34 geleistete Dienstjahre; Wert je 1.000 EUR = 446 EUR):

    1.784,00 EUR

    Rückstellung auf den 31.12.92

    (14 geleistete Dienstjahre; Wert je 1.000 EUR = 51 EUR):

    204,00 EUR

    Ansatz in der Steuerbilanz 31.12.12:

    1.580,00 EUR

     

     

    Hinweis | Wegen der unterschiedlichen Bewertung in Handels- und Steuerbilanz ergeben sich in den Beispielen aktive latente Steuern (§ 274 HGB).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 144 | ID 38800030

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