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  • · Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr

    Das beA und der Super-GAU: Was müssen Sie jetzt machen?

    von RA Christian Stake, FA Arbeitsrecht, Werne

    | Die BRAK hat die beA-Plattform am 22.12.17 vom Netz genommen. Begründet wird dies damit, dass ein für den Zugang erforderliches Zertifikat als unsicher eingestuft und gesperrt worden war. Das beA-System soll erst wieder bereitstehen, wenn der technologische Dienstleister die Störungen vollständig behoben und einen sicheren Zugang gewährleistet hat. Was bedeutet das nun für den Rechtsanwalt? |

    1. Ist die Sicherheit Ihrer Hardware gefährdet?

    Haben Sie entsprechend der Empfehlung der BRAK vom 22.12.17 das ersatzweise bereitgestellte Sicherheitszertifikat installiert, sollten Sie dies dringend deinstallieren. Dies ist nach Angaben der BRAK erforderlich, um sich aus dem Zertifikat möglicherweise ergebende Sicherheitsrisiken für die individuelle PC-Umgebung auszuschließen.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Anleitung dazu stellt die BRAK hier zur Verfügung: www.iww.de/s347

     

    Haben Sie das Zertifikat „bealocalhost.de“ vom 22.12.17 nicht manuell installiert, brauchen Sie nach Angaben der BRAK keine weiteren Maßnahmen durchzuführen. Gleichwohl empfehlen wir, den security client aus dem Autostart zu entfernen.

     

    PRAXISHINWEIS | Wer prüfen will, ob der jeweilige PC-Arbeitsplatz das gefährliche Zertifikat der BRAK vom 22.12.17 noch aufweist, kann es auf einer von Hanno Böck dafür zur Verfügung gestellten Webseite überprüfen: https://bea.tlsfun.de/. Die BRAK bietet einen solchen Service bisher nicht an. Dieser Test funktioniert aber möglicherweise bei Windows 10 nicht mit exakter Sicherheit.

     

    2. Ich komme nicht ins beA ‒ und wenn Gerichtspost kommt?

    Sie sind zwar ab dem 1.1.18 verpflichtet, das beA zumindest passiv zu nutzen. Diese Nutzungspflicht können Sie aber nicht erfüllen, solange beA vom Netz ist. So wie Sie beA nicht nutzen können, können es aber die anderen Kollegen auch nicht. Solange das beA abgeschaltet ist, müssen Sie daher auch keine Sorge vor eingehenden Nachrichten haben.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch Gerichte sind nicht in der Lage, in diesem Zeitraum Nachrichten an Anwälte zu senden.

     

    3. Ist das EGVP auch betroffen?

    Das EGVP arbeitet unabhängig vom beA. Daher kann es derzeit auch weiter genutzt werden. Sie können somit Ihre Klagen auf diesem Weg elektronisch einreichen.

     

    PRAXISHINWEIS | Reichen Sie einen Schriftsatz über EGVP/Governikus ein, müssen Sie diesen unbedingt zuvor digital signieren. Der Wegfall der Signaturpflicht zum 1.1.18 gilt nur, wenn über das beA Postfach versendet wird.

     

    4. Welche Alternativen zu beA gibt es noch?

    RiLSG Dr. Henning Müller hat hier Alternativen für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten aufgezeigt: www.iww.de/s348.

    5. Muss jetzt DE-Mail genutzt werden?

    Heiß diskutiert wird die Frage, ob Sie als Anwalt nun einen anderen Weg außerhalb des beA wählen müssen, um Ihrer Pflicht nach § 31 BRAO nachzukommen, z. B. ein DE-Mail-Postfach.

     

    Wer dies machen möchte, kann das natürlich tun. Allerdings eröffnen Sie damit eine weitere Zugangsmöglichkeit für Nachrichten, die auch immer überwacht werden muss.

     

    Bei der DE-Mail besteht jedoch keine vollständige Verschlüsselung vom einen bis zum anderen Ende. Die Mails werden auf den Servern der Anbieter entschlüsselt. Es kann daher mit guten Gründen davon ausgegangen werden, dass daher auf diesem Weg kein ausreichender Ersatz für die elektronische Empfangsmöglichkeit geschaffen wird.

     

    So sieht es wohl auch die BRAK. Sie nimmt dazu wie folgt Stellung: „Während das beA offline ist, kann die von uns Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten grundsätzlich ab 1.1.18 zu beachtende passive Nutzungspflicht natürlich nicht erfüllt werden. Die BRAK hat daher umgehend nach Weihnachten das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz offiziell hierüber in Kenntnis gesetzt.“

     

    Das bedeutet im Ergebnis, dass die gesetzliche Pflicht aus rein faktischen Gründen nicht zu erfüllen und damit quasi außer Kraft gesetzt ist. Eine andere Zugangsmöglichkeit muss nicht geschaffen werden.

    6. Was gilt zur Nutzungsverpflichtung im Mahnverfahren?

    Zum Mahnverfahren teilt die BRAK in einem Sondernewsletter mit: „Für das automatisierte Mahnverfahren gilt ab dem 1.1.18 nach dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (vom 5.7.17, BGBl. I 2208) eine erweiterte Nutzungsverpflichtung; über den Mahnantrag hinaus müssen weitere Anträge im automatisierten Mahnverfahren eingereicht werden.

     

    Das automatisierte Mahnverfahren sieht jedoch auch die Möglichkeit der Einreichung in Papierform über das „Barcode-Verfahren“ vor. Zudem kann der EGVP-Bürgerclient, solange dieser zur Verfügung steht, bzw. ab 1.1.18 auch De-Mail verwendet werden, um Mahnanträge in elektronischer Form (Übermittlung von EDA-Dateien) einzureichen. Die erweiterte Nutzungspflicht für das automatisierte Mahnverfahren kann auch ohne das beA erfüllt werden.“

    7. Was ist beim Schutzschriftenregister zu berücksichtigen?

    Nach § 49c BRAO besteht bereits seit dem 1.1.17 eine berufsrechtliche Pflicht, das elektronische Schutzschriftenregister zu nutzen.

     

    PRAXISHINWEIS | Dies ist nicht nur mit dem beA möglich. Schutzschriften können Sie beim Schutzschriftenregister sowohl über weitere EGVP-Clients (z. B. Governikus Communicator) als auch über ein Online-Formular einreichen.

     

    8. Wie geht es weiter?

    Wir haben es hier mit einem ernsthaften Sicherheitsproblem zu tun. Das kann man nicht einfach mal eben innerhalb von ein paar Tagen lösen. Es steht also zu erwarten, dass der aktuelle „Off-Zustand“ noch längere Zeit anhält.

     

    Auch die BRAK kann derzeit nicht sagen, wann das beA wieder online gehen wird. Es sollen verschiedene technische Varianten für eine sichere Lösung auf ihre Machbarkeit geprüft werden. Die BRAK geht davon aus, dass das beA auch im Januar nicht erreichbar und nicht adressierbar sein wird. Das gilt auch für Gerichte oder andere nichtanwaltliche Teilnehmer am elektronischen Rechtsverkehr.

     

    Für die Wiederinbetriebnahme des beA beabsichtigt die BRAK derzeit einen zweiphasigen Prozess: Zuerst soll die neue ClientSecurity zum Herunterladen bereitgestellt werden. Nach einer angemessenen Frist soll dann das beA wieder aktiv geschaltet werden. Konkrete Termine will die BRAK mitteilen, wenn es soweit ist.

     

    Das gesamte beA-System soll erst wieder online gehen, wenn sichergestellt ist, dass mit der ClientSecurity keine Sicherheitsrisiken mehr verbunden sind. Dazu wird die BRAK einen externen Experten einschalten, der den vom Dienstleister Atos eingeforderten Lösungsvorschlag begutachten und dessen Sicherheit testieren soll.

     

    FAZIT | Die Empfehlung für alle Kolleginnen und Kollegen kann daher nur lauten: Ruhig bleiben und abwarten.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2018 | Seite 7 | ID 45069691