Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 11.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130535

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 20.09.2012 – 10 Sa 121/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011, Az.: 1 Ca 821/10, wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Entschädigung und materiellen Schadensersatz wegen behaupteten Mobbings bzw. Strainings, Diskriminierung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts.

    Die 1959 geborene Klägerin ist seit Januar 1991 bei dem beklagten Landesverband des C. laut Arbeitsvertrag als "Verwaltungsfachkraft (EDV)" angestellt. Sie wird im Kreisverband Z.-Stadt beschäftigt und ist Mitglied im Betriebsrat des Kreisverbandes. Ihr Bruttojahresgehalt betrug zuletzt EUR 40.041,96. Die Klägerin ist ein schwerbehinderter Mensch. Der festgestellte GdB betrug zunächst 50, seit Ende April 2010 beträgt er 70 (Bescheid des Versorgungsamtes vom 21.09.2010, Bl. 639 d.A.).

    Am 01.07.2009 nahm die neue Geschäftsführerin des Kreisverbandes ihre Tätigkeit auf. Seit dem 05.11.2009 ist die Klägerin ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben ihrer früheren Rechtsanwältin vom 24.11.2009 (Bl. 317/318 d.A.) machte sie erstmals geltend, sie werde von der neuen Geschäftsführerin gemobbt und diskriminiert. Dem trat der Beklagte mit Schreiben vom 04.12.2009 (Bl. 1453 d.A.) entgegen. Mit Klageschrift vom 03.05.2010, die am selben tag per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangen und dem Beklagten am 11.05.2010 zugestellt worden ist, verlangt die Klägerin die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von mindestens EUR 120.125,88, Ersatz der Kosten ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.173,10 sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Gesundheits-, Vermögens- und sonstigen Schäden sowie die Kosten der weiteren gerichtlichen Rechtsverfolgung zu ersetzen.

    Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 09.11.2010 (Bl. 455 ff d.A.) machte sie die Zahlung von EUR 2.905,38 geltend. Auf Seite 68 [von 117] dieses Schriftsatzes (Bl. 522 d.A.) führt sie aus, sie beanspruche die Differenz zwischen dem Krankengeld und ihrem Netto-Tagesverdienst vom 17.06.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von insgesamt EUR 1.740,56 sowie das Weihnachtsgeld 2010 in Höhe von EUR 1.164,82, dass ihr der Beklagte bei Fälligkeit am 15.11.2010 voraussichtlich nicht zahlen werde. Am 16.12.2010 (Bl. 620 d.A.) teilte sie schriftsätzlich mit, dass ihr der Beklagte EUR 978,35 Weihnachtsgeld überwiesen habe. Diese Forderung werde nicht mehr geltend gemacht.

    Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 04.05.2011 (Bl. 749 ff. d.A.) verlangte sie vom Beklagten die Zahlung von EUR 3.810,77 sowie von EUR 3.303,52 an die Zusatzversorgungskasse. Zur Begründung führte sie auf Seite 45/46 [von 59] des Schriftsatzes (Bl. 793/794 d.A.) aus, sie mache den materiellen Schaden in Höhe der Nettodifferenz zwischen Krankengeld und Arbeitsentgelt für die Zeit vom 16.06.2010 und bis zum 30.04.2011 geltend. Außerdem sei die Beklagte verpflichtet, für die Zeit von Januar 2010 bis April 2011 einen monatlichen Beitrag von EUR 206,47 auf ihr Versorgungskonto bei der Zusatzversorgungskasse in Y-Stadt zu leisten (EUR 206,47 x 16 Mon.).

    Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des am 21.11.2011 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz (dort Seite 2-30 = Bl. 945-973 d.A.) Bezug genommen.

    Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

    die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei einen angemessene Ersatz für den immateriellen Schaden (Entschädigung und Schmerzensgeld) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, der EUR 120.125,88 nicht unterschreiten soll,

    die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei einen Betrag von EUR 3.810,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    die beklagte Partei wird verurteilt, EUR 3.303,52 an die Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Y-Stadt, X-Straße 55, Y-Stadt, auf das Versorgungskonto der klägerischen Partei zu zahlen,

    festzustellen, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, alle weiteren Gesundheits-, Vermögens- und sonstigen Schäden zu ersetzen, die der klägerischen Partei aufgrund der in der Klage beschriebenen Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Form von Benachteiligungen, Belästigungen und Diskriminierungen durch die beklagte Partei und ihre Mitarbeiter im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses entstanden sind und die zukünftig entstehen werden soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,

    die beklagte Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits,

    die beklagte Partei wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.173,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die klägerische Partei zu zahlen,

    es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, die weiteren Kosten der gerichtlichen Rechtsverfolgung an die klägerische Partei zu zahlen,

    des Weiteren wird beantragt,

    der klägerischen Partei nach Erlass des Urteils eine vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung zu erteilen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Beklagte sei der Klägerin nicht gemäß §§ 280, 826, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. wegen "Mobbings und Strainings" zum Schadenersatz verpflichtet. Die Klägerin stütze die von ihr geltend gemachten Ansprüche insbesondere auf Handlungen der am 01.07.2009 neu eingestellten .Geschäftsführerin bis zum Eintritt ihrer Arbeitsunfähigkeit am 05.11.2009 (ca. 4 Monate). Der Klägerin sei nicht gelungen, darzulegen, aufgrund welcher, dem Beklagten zurechenbaren Verletzungshandlungen bei ihr eine Rechtsgutsverletzung eingetreten sei. Dies gelte auch, wenn man berücksichtige, dass nicht jede einzelne Handlung für sich gesehen eine Rechtsverletzung darstellen müsse, sondern es ausreiche, wenn Verhaltensweisen, die für sich gesehen den Boden rechtmäßigen Verhaltens nicht verlassen, in ihrer Gesamtschau zu einer Rechtsgutsverletzung führen. Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten materiellen Schäden wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts bestehe nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - BAGE 122, 304) ohnehin nicht. Es bedürfe deshalb auch keiner Entscheidung über die Zulässigkeit des auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für künftige und noch nicht bezifferbare Schäden gerichteten Antrags der Klägerin. Die Klage, sei auch unbegründet, soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf behauptete Diskriminierungen stütze. Der für einen Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch nach §§ 15 Abs. 1, Abs. 2 AGG erforderliche Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liege nicht vor. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 30 bis 56 des erstinstanzlichen Urteils vom 21.11.2011 (Bl. 973-999 d.A.) Bezug genommen.

    Das genannte Urteil ist der Klägerin am 14.02.2012 zugestellt worden. Sie hat mit am 09.03.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 11.06.2012 verlängerten Begründungsfrist mit am 11.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Telefax vom 08.06.2012 (Bl. 1027-1231 d.A.) begründet. Die Begründungsschrift ist in drei Teile gegliedert. In Gliederungspunkt 1.) wird der Sachverhalt dargestellt (Seite 3-71), in Gliederungspunkt 2.) die rechtliche Würdigung (Seite 72-196), in Gliederungspunkt 3.) (Seite 197-204) folgt die "Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung".

    Die Klägerin macht geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie gemäß §§ 280, 826, 823 Abs. 1 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche we-gen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. wegen "Mobbings und Strainings". Es sei ihr sehr wohl gelungen, darzulegen, dass ihr Verletzungen - wie dargestellt - zugefügt worden seien, die auf der Beklagten zurechenbare Handlungen zurückzuführen seien. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass für jede einzelne Handlung auch konkret eine entsprechende Rechtsgutsverletzung quasi als abgeschlossene Einheit bezeichnet werden müsse, sei fernab jeglicher Lebensrealität, vielmehr sei auf die Gesamtheit mehrerer Verletzungshandlungen abzustellen. Dies erkenne das Arbeitsgericht zwar in der Folge auch an, stelle aber zugleich darauf ab, dass Handlungen, die aufgrund einer Provokation des Arbeitnehmers erfolgt seien, nicht einzubeziehen seien. Damit versuche das Arbeitsgericht ihr schlussendlich das Recht abzusprechen, sich gegen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts zu wehren, nach dem Motto: "Wer sich wehrt, ist selber schuld".

    Das Arbeitsgericht stehe auf dem Standpunkt, sie habe nicht dargelegt, worin die Degradierung ihrer Leitungsfunktion im Personalbüro bestanden habe. Insoweit verweise sie auf den erstinstanzlichen Sachvortrag, der hinreichend substantiiert sei. Ergänzend trage sie vor, dass sie offiziell als Leiterin des Personalbüros eingesetzt worden und den Mitarbeitern W. U. und T. S. vorgesetzt und weisungsbefugt gewesen sei. Zudem sei sie mit dem betrieblichen Ausbildungswesen im kaufmännischen Bereich befasst gewesen. Ein besonderes Augenmerk sei auf das Zwischenzeugnis zu legen, in dem ausdrücklich die eigenverantwortliche Durchführung der Berufsausbildung im Verwaltungsbereich hervorgehoben werde. Dies beinhalte auch das komplette Auswahlverfahren bis hin zur Entscheidung, wer eingestellt werde. Sie sei seitens der Geschäftsführung nach innen und außen als Leiterin des Personalbüros vorgestellt worden.

    Am 28.07.2009 habe sich der ihr unterstellte Mitarbeiter R. Q. geweigert, seinen Laufzettel zur Erfassung der erledigten Aufgaben weiterhin auszufüllen, da ihm dies die Geschäftsführerin bewilligt habe. Sie sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Dadurch sei eindeutig ihre Weisungsbefugnis übergangen worden. Dies sei im August 2009 erneut erfolgt, als die Geschäftsführerin nicht ihrem Rat gefolgt sei, die vorhandene Auszubildende nach und nach alles erlernen zu lassen, sondern sie sogleich immer aus der Abteilung abgezogen habe. Am 14.09.2009 sei ihr von der Geschäftsführerin untersagt worden, sich weiterhin "Leiterin" des Personalbüros zu nennen, weil es laut Organigramm kein Unterstellungsverhältnis gäbe. Damit habe man ihr nach 19 Jahren ihren Titel genommen und sie ihren Kollegen gleichgestellt. Während ihres Urlaubs vom 21.09. bis 04.10.2009 sei sie erneut in ihrer Position übergangen worden. Die Auszubildende P. N. habe am 02.10.2009 um ihre Versetzung in eine andere Abteilung gebeten. Die erbetene Versetzung sei bereits zum 05.10.2009 erfolgt. Sie sei am 05.10.2009 aus dem Urlaub zurückgekehrt und habe einen unaufgeräumten Schreibtisch vorgefunden. Im Gegensatz zu ihren Kollegen habe sie als direkt Betroffene nichts gewusst. Ihr sei demnach ohne sachlichen Grund die Weisungsbefugnis gegenüber den anderen Mitarbeitern des Personalwesens, das Ausbildungswesen und der Titel entzogen worden. Das Arbeitsgericht habe ohne Begründung festgestellt, dass in diesem Kompetenzentzug kein schadensersatzauslösendes Ereignis zu sehen sei. Der Hinweis des Arbeitsgerichts, ihr habe der Klageweg offen gestanden, sei unsinnig. Wollte man dem folgen, wäre auch ein tätlicher Angriff am Arbeitsplatz kein schadensersatzauslösendes Ereignis, weil der Geschädigte eine Strafanzeige erstatten könne.

    Auch hinsichtlich der Missachtung ihrer Person durch die Geschäftsführerin seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts fehlgehend. Das Arbeitsgericht habe ihren Vortrag verkannt, wenn es ausführe, es sei nicht üblich, sich bei jeder Begegnung zu begrüßen. Sie habe dargelegt, dass ihr die Geschäftsführerin den "morgendlichen Gruß", also die erste Begrüßung des Tages, regelmäßig verweigert habe.

    Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Frage unsinniger und unterqualifizierter Beschäftigungen seien nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der tatsächlichen Vorgänge verweise sie auf den erstinstanzlichen Sachvortrag. Insbesondere die Zuweisung der Erstellung eines Abwesenheitskalenders entspreche nicht ihrem Tätigkeitsprofil. Auch das "Anherrschen" durch die Geschäftsführerin bewerte das Arbeitsgericht falsch. Es handele sich um eine grobe Unhöflichkeit. Das "Anherrschen" sei geeignet, das Gegenüber in seiner Person herabzuwürdigen. Davon abgesehen habe sie den Vorgang hinreichend genau dargestellt. Auf den bisherigen Sachvortrag nehme sie Bezug.

    Weiterhin habe das Arbeitsgericht übersehen, dass hinsichtlich der Personalakten sehr wohl signifikante Beeinträchtigungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorlagen. Sie habe vorgetragen, dass es zu Veränderungen in Personalakten gekommen sei. Sie habe nur nicht vorgetragen, dass dies der Geschäftsführerin zuzurechnen sei, weil sie dies nicht beweisen könne. Es sei zwingend, dass die Veränderungen außerhalb ihrer Arbeitszeit erfolgt seien. Außerhalb ihrer Arbeitszeit habe nur die Geschäftsführerin Zugriff auf die Personalakten. Die Geschäftsführerin werde versehentlich kaum Veränderungen vorgenommen haben, so dass hier dennoch ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht vorgelegen habe. Sie habe damit rechnen müssen, für die veränderten Personalakten wegen schlechter Aktenführung verantwortlich gemacht zu werden. Ebensolches gelte bezüglich der zum 01.07.2009 eingestellten Mitarbeiterin bzw. bezüglich des Attestes des Herrn R. Das Vorgenannte gelte auch für die von ihr gerügte Nutzung ihres PCs durch Dritte. Auch insoweit sei die angegriffene Entscheidung unzutreffend.

    Hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Einschränkungen werde auf den bisherigen Sachvortrag Bezug genommen. Dieser werde vom Arbeitsgericht offenkundig nicht ordnungsgemäß berücksichtigt, so dass die Entscheidung auch insoweit falsch sei.

    Zum Vorwurf der Steuerhinterziehung habe sich das Arbeitsgericht offenkundig nicht mit ihrem Sachvortrag auseinandergesetzt. Anders sei nicht zu erklären, dass das Arbeitsgericht fälschlich behaupte, sie habe nicht vorgetragen, dass der Vorwurf unzutreffend sei und die Beklagte dies wider besseres Wissens behauptet habe. Sie habe Gegenteiliges vorgetragen. Auf den bisherigen Sachvortrag nehme sie Bezug. Folglich seien die Schlussfolgerungen des Arbeitsgerichts zu diesem Punkt fehlgehend und damit auch das Urteil in sich falsch.

    Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Sinnhaftigkeit der Anweisung der Geschäftsführerin seien fehlerhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Veränderungen von Personalakten, das "Anherrschen" von Untergebenen und ähnliche Vorgänge ein sinnvolles, von sachlichen Überlegungen getragenes - zudem noch sozialadäquates - Verhalten der Geschäftsführerin sein solle. Ebenfalls fehlgehend seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Frage der Verkehrssicherungspflicht im Fall der Nichtunterbindung von mobbingfreundlichen Strukturen.

    Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Frage des Ersatzes von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts im Allgemeinen seien fehlgehend. Eine Beschränkung der Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei unzulässig. Die vom Arbeitsgericht herangezogene Rechtsprechung zum Mobbing missachte die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die eindeutige Rechtsprechung des BVerfG binde auch das BAG. Die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass es einer Entscheidung über ihren Feststellungsantrag für zukünftige noch nicht bezifferbare Schäden nicht bedürfe, sei unzutreffend. Diese Frage sei selbstverständlich - und zwar für sie positiv - zu klären gewesen.

    Das Arbeitsgericht habe außerdem verkannt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 15 AGG gegeben seien.

    Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 08.06.2012 (Original: Seite 1-206 = Bl. 1235-1440 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 1441-1523 d.A.) Bezug genommen.

    Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

    die beklagte und berufungsbeklagte Partei unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011 zu verurteilen, an die klägerische und berufungsklägerische Partei ein angemessenes Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über, dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, das EUR 120.125,88 nicht unterschreiten soll,

    die beklagte und berufungsbeklagte Partei unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011 zu verurteilen, an die klägerische und berufungsklägerische Partei einen Betrag von EUR 2.905,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011 festzustellen, dass die beklagte und berufungsbeklagte Partei verpflichtet ist, alle weiteren Gesundheits-, Vermögens- und sonstigen Schäden zu ersetzen, die der klägerischen und berufungsklägerische Partei aufgrund der in der Klage beschriebenen Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Form von Benachteiligungen, Belästigungen und Diskriminierungen durch die beklagte und berufungsbeklagte Partei und ihre Mitarbeiter im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses entstanden sind und die zukünftig entstehen werden soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,

    die beklagte und berufungsbeklagte Partei unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011 zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 4.173,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die klägerische Partei zu zahlen,

    unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.11.2011 festzustellen, dass die beklagte und berufungsbeklagte Partei verpflichtet ist, die weiteren Kosten der gerichtlichen Rechtsverfolgung an die klägerische und berufungsklägerische Partei zu zahlen,

    des Weiteren wird beantragt,

    der klägerischen und berufungsklägerischen Partei nach Erlass des Urteils eine vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung zu er-teilen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 12.07.2012 (Bl. 1545-1561 d.A.), auf den Bezug genommen wird, als zutreffend.

    Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klägerin hat das am 21.11.2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Mainz nur zum Teil mit der Berufung angefochten. Der Umfang der Anfechtung eines erstinstanzlichen Urteils ergibt sich zunächst aus den Berufungsanträgen (§ 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

    Das Arbeitsgericht hat den mit Klageerweiterungsschrift vom 04.05.2011 gestellten Klageantrag (Ziff. 2) auf Zahlung der Nettodifferenz zwischen Krankengeld und Arbeitsentgelt für die Zeit vom 16.06.2010 und bis zum 30.04.2011 in Höhe von EUR 3.810,77 abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat außerdem den Klageantrag (Ziff. 3) auf Zahlung von EUR 3.303,52 für die Zeit von Januar 2010 bis April 2011 (EUR 206,47 x 16 Mon.) auf das Versorgungskonto der Klägerin bei der Zusatzversorgungskasse in Y-Stadt abgewiesen. Beide Anträge hat die Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift vom 08.06.2012 ausdrücklich nicht mehr gestellt. Auch dem Inhalt der 206-seitigen Berufungsbegründung lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass die Klägerin diese Anträge zweitinstanzlich weiterverfolgen will. Insoweit hat das nur teilweise angefochtene klageabweisende Urteil mit Ablauf der bis 11.06.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist Rechtskraft erlangt.

    Die Klägerin hat in Ziff. 2 der Berufungsbegründungsschrift ausdrücklich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 2.905,38 zu zahlen. Es handelt sich um den Betrag, den die Klägerin in erster Instanz im ersten Klageerweiterungsschriftsatz vom 09.11.2010 eingeklagt hatte. Er setzte sich aus zwei Teilbeträgen zusammen: der Differenz zwischen dem Krankengeld und dem errechneten Netto Tagesverdienst vom 17.06.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von insgesamt EUR 1.740,56 sowie dem Weihnachtsgeld 2010 in Höhe von EUR 1.164,82. Die Forderung auf Zahlung von Weihnachtsgeld wollte die Klägerin erstinstanzlich - ohne die bereits vor Fälligkeit erhobene Klage ausdrücklich zurückzunehmen - "nicht mehr geltend machen", weil ihr der Beklagte bei Fälligkeit EUR 978,35 Weihnachtsgeld überwiesen hat (Schriftsatz vom 16.12.2010, Bl. 620 d.A.). Ausweislich der Berufungsbegründung (Seite 135/136 [von 206]; Bl. 1369/1370 d.A.) verlangt sie zweitinstanzlich gleichwohl die zwei Teilbeträge von EUR 1.740,56 und EUR 1.164,82. Damit hat sie Inhalt und Grenzen der Prüfung der erstinstanzlichen Entscheidung festgelegt, § 528 ZPO.

    II.

    Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts ist mangels einer den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig. Sie ist deshalb zu verwerfen.

    Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht ausreichend angegriffen worden. Es fehlt an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils.

    1.

    Eine Berufungsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr. etwa BAG 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 - [...]; BAG 18.05.2011 -4 AZR 552/09- AP Nr. 45 zu § 64 ArbGG 1979, jeweils m.w.N..).

    2.

    Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts nicht.

    Die Berufungsbegründungsschrift vom 08.06.2012 ist in drei Teile gegliedert. In Gliederungspunkt 1.) wird der Sachverhalt aus Sicht der Klägerin dargestellt (Sei-te 3-71). Die Schilderung der "Chronologie" der Ereignisse stimmt wörtlich mit der "Chronologie" überein, die die Klägerin bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 09.11.2010 vorgebracht hat. Eine irgendwie geartete Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung enthält dieser Teil des Schriftsatzes vom 08.06.2012 nicht ansatzweise.

    Gliederungspunkt 2.) enthält unter der Überschrift "Rechtliche Würdigung" abstrakte Ausführungen in lehrbuchartiger Darstellung (Seite 72-196). Dem wird die Behauptung vorangestellt, dass die Klägerin wegen ihres Alters, ihrer Behinderung und ihrer Weltanschauung (Betriebsratstätigkeit) diskriminiert werde. Auch diese Ausführungen, die sich weitgehend aus Textbausteinen zusammensetzen, die bereits erstinstanzlich ausgedruckt worden sind, beschäftigen sich mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts mit keinem Wort. Zwar kann eine in sich schlüssige und rechtlich haltbare Berufungsbegründung nicht verlangt werden, jedoch muss überhaupt eine Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Urteils erfolgen. Hieran fehlt es im zweiten Teil des Schriftsatzes vom 08.06.2012 ganz offensichtlich.

    Erst in Gliederungspunkt 3.) folgt die "Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung" (Seite 197-204). Dieser dritte Teil des Schriftsatzes vom 08.06.2012 ist weitgehend unverständlich. Dies beruht, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 23.08.2012 (Bl. 1597-1606 d.A.) angegeben hat, auf Übertragungsfehlern des elektronischen Diktiersystems, die bei der Endkontrolle des Schriftsatzes offensichtlich übersehen wurden. Äußere Unvollständigkeit (zB. Unlesbarkeit oder Fehlen einer von mehreren Seiten) einer Rechtsmittelbegründung schadet nicht, wenn der Rest die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt (BVerfG 23.06.2004 - 1 BvR 496/00 - NJW 2004, 3551). Die Klägerin hat hier den dritten Teil des Schriftsatzes sprachlich überarbeitet und am 23.08.2012 neu zur Gerichtsakte gereicht. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die bis zum 11.06.2012 verlängerte Begründungsfrist bereits abgelaufen war, führt die Unverständlichkeit mehrerer Textpassagen für sich allein noch nicht zur Unzulässigkeit der Berufung.

    Jedoch genügt auch der Teil der Seiten 197 bis 204 des Schriftsatzes vom 08.06.2012, der aus sich heraus noch verständlich war, nicht den Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung. Die Klägerin rügt die Ausführungen, des Arbeitsgerichts mit formelhaften Wendungen und verweist überwiegend auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Die bloße Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen reicht nach gefestigter Rechtsprechung zur Berufungsbegründung nicht aus (BAG 15.02.2002 - 2 AZR 473/01 - AP Nr. 55 zu § 519 ZPO, m.w.N..). Soweit die Klägerin hinsichtlich des behaupteten Entzugs ihrer Stellung als "Leiterin" des Personalbüros "ergänzend vorträgt", handelt es sich um eine Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Darstellung. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen reicht es nicht aus, die Würdigung durch das Arbeitsgericht mit der pauschalen Behauptung zu rügen, die Ausführungen seien "fehlgehend", "nicht nachvollziehbar" oder "vollends unsinnig".

    1.3.

    Ein früherer rechtlicher Hinweis auf die Unzulässigkeit der Berufung, der in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer erfolgt ist, war nicht erforderlich. Unkenntnis oder Missachtung der formalen Anforderungen an die Berufung kann nicht durch die Bitte um einen Hinweis ersetzt werden. Das Ausbleiben von Hinweisen, für die kein Raum besteht, macht eine Entscheidung auch nicht überraschend im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG Urteil vom 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 21, 22, [...]). Der Klägerin musste auch keine Gelegenheit gegeben werden, ihren Berufungsvortrag zu ergänzen. Dieser Vortrag hätte die Mängel der Berufungsbegründung nicht mehr heilen können, weil er außerhalb der bis zum 11.06.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist erfolgt wäre und damit nicht mehr hätte berücksichtigt werden dürfen.

    III.

    Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der ausführlichen Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage vollumfänglich unbegründet und daher abzuweisen ist.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld noch auf Ersatz eines materiellen Schadens. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverfolgung besteht ebenfalls nicht.

    1.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 120.125,88. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

    1.1.

    Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch nicht mit Erfolg auf § 15 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 AGG stützen.

    Die Klage scheitert schon daran, dass die Klägerin die Ausschlussfrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten hat. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Bei dieser Frist handelt es sich um eine von Amts wegen zu prüfende materielle Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Verfall des Anspruchs führt.

    Die am 03.05.2010 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangene Klage wahrt die Dreimonatsfrist nicht. Die Klägerin hat den Anspruch mit Schreiben ihrer früheren Rechtsanwältin vom 24.11.2009 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Die Dreimonatsfrist ist bereits am 24.02.2010 abgelaufen.

    Soweit die Klägerin meint, die in § 61 b Abs. 1 ArbGG und in § 15 Abs. 4 AGG geregelten Ausschlussfristen verstießen gegen Europarecht, trifft dies nicht zu. Dies hat das BAG mit seinen Urteilen vom 21.06.2012 (8 AZR 188/11 - [...]) und vom 15.03.2012 (8 AZR 37/11 und 8 AZR 160/11 - [...]) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Die Berufungskammer schließt sich dieser Rechtsprechung an.

    1.2.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

    Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den - auch von der Berufungskammer geteilten - Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mobbing, m.w.N..) ausgegangen. Insoweit kann auf die grundsätzlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

    Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlich nochmals erweiterte Vorbringen der Klägerin keinen Anspruch auf Schmerzensgeld unter dem Gesichtspunkt des Mobbings bzw. des Strainings rechtfertigt. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, sie sei von der neuen Geschäftsführerin des Beklagten, die am 01.07.2009 ihren Dienst aufgenommen hat, systematisch schikaniert und diskriminiert worden.

    Das Arbeitsgericht hat unter ausführlicher und sorgfältiger Würdigung des beiderseitigen Sachvortrags zu den einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorfällen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer nach Würdigung des weiteren Vorbringens vollinhaltlich an.

    Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Bewertungen der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen durch das Arbeitsgericht angreift, wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und ihre andere - subjektive - Bewertung der Vorgänge. Soweit sie bemängelt, das Arbeitsgericht habe es unterlassen, durch eine Gesamtschau den rechtsverletzenden Charakter der Handlungen oder Verhaltensweisen und die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung festzustellen, übersieht sie, dass das Arbeitsgericht auf Seite 48 des Urteils unter A. II 2 der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, dass auch eine Gesamtschau der geschilderten Vorgänge nicht geeignet ist, den Mobbingvorwurf zu stützen.

    Soweit die Klägerin in der Berufungsverhandlung nochmals als besonders schwerwiegend herausgestellt hat, dass ihr die neue Geschäftsführerin den Titel "Leiterin" des Personalbüros sowie die Leitungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern des Personalwesens entzogen habe, ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne einer "Herabwürdigung" auch für die Berufungskammer nicht feststellbar. Selbst wenn die neue Geschäftsführerin kraft ihres Direktionsrecht nicht berechtigt gewesen sein sollte, die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Klägerin im Personalbüro neu zu ordnen und zu ändern, hätte sie damit nicht ihre Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen grundsätzlich nicht geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP Nr. 5 zu § 611 Mobbing). Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist ein Streit über Inhalt und Grenzen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts. Die von der Klägerin geschilderten Konflikte offenbaren eindrucksvoll, dass es zu erheblichen Spannungen zwischen der Klägerin und ihrer neuen Vorgesetzten gekommen ist. Das sind typische Komplikationen, die nicht das erfüllen, was rechtlich unter "Mobbing" zu verstehen ist. Die Ausführungen der Klägerin vermögen kein gezieltes, schikanöses, herabwürdigendes Verhalten ihrer neuen Vorgesetzten zu belegen. Die Klägerin hat nur subjektive Empfindlichkeiten dargelegt.

    Die von der Klägerin begehrte Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Die Forderung ist aber auch von der geforderten Mindesthöhe her völlig übersetzt.

    2.

    Der zweitinstanzlich weiterverfolgte Klageantrag zu Ziff. 2) auf Zahlung eines Nettobetrages in Höhe von insgesamt EUR 2.905,38 ist unbegründet.

    2.1.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2010 in Höhe eines Teilbetrages von EUR 1.164,82 netto. Der Beklagte hat der Klägerin für das Jahr 2010 bei Fälligkeit ein Weihnachtsgeld in Höhe von EUR 978,35 netto gezahlt. Diese Zahlung hat die Klägerin im Schriftsatz vom 16.12.2010 (Bl. 620 d.A.) ausdrücklich bestätigt. Sie hat außerdem erklärt, dass sie den Anspruch "nicht mehr geltend machen" wolle. Die Höhe der bewirkten Leistung hat die Klägerin nicht beanstandet; eine Doppelzahlung steht ihr nicht zu.

    2.2.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch in Höhe der Nettodifferenz zwischen dem Krankengeld und ihrem fiktiven Nettogehalt für die Zeit vom 17.06.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von EUR 1.740,56.

    Die Klägerin ist seit dem 05.11.2009 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum endete am 16.12.2009. Ab dem 17.12.2009 zahlte ihr die M. Krankengeld in Höhe von kalendertäglich EUR 54,30 netto. Bis zum 16.06.2010 gewährte ihr die Beklagte - aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen - einen Krankengeldzuschuss. Seit dem 17.06.2010 ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung weiterhin die Nettodifferenz zwischen Krankengeld und Arbeitsvergütung als Verdienstausfallschaden auszugleichen. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage. Ein Schadensersatzanspruch auf entgangene Arbeitsvergütung (§ 252 BGB) scheitert daran, dass dem Beklagten bzw. seinen Erfüllungsgehilfen keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

    2.3.

    Den Ersatz der von ihr geltend gemachten materiellen Schäden kann die Klägerin schon deswegen nicht vom Beklagten verlangen, da sie auch insoweit die in § 61 b Abs. 1 ArbGG geregelte Ausschlussfrist nicht eingehalten hat. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 - [...]) fallen auch deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie Ansprüche aus § 15 Abs. 1 AGG gestützt werden, unter die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG und damit auch des § 61 b Abs. 1 ArbGG. Die am 03.05.2010 beim Arbeitsgericht eingegangene und mit Schriftsätzen vom 09.11.2010 und 04.05.2011 erweiterte Klage wahrt die Frist nicht. Für den Fristbeginn zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG kommt es nicht auf die Entstehung des Schadens oder dessen Fälligkeit, sondern auf den Zeitpunkt an, zu dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

    Hier hat die Klägerin mit Schreiben ihrer früheren Rechtsanwältin vom 24.11.2009 (BI. 317/318 d.A.) Verstöße gegen das AGG und Mobbing durch die neue Geschäftsführerin des Beklagten behauptet, die am 01.07.2009 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Die Klägerin hat auf ihr ausführliches und umfangreiches Mobbing-Tagebuch Bezug genommen, das sie seit Juli 2009 führt. Außerdem hat sie auf ihre Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch und als Betriebsratsmitglied hingewiesen und behauptet, der Beklagte versuche, sie durch massive Verstöße gegen das AGG und Mobbingattacken aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Die Dreimonatsfrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG hat mit Zugang dieses Schreibens am 24.11.2009 begonnen. Die erst am 03.05.2010 erhobene Klage war verspätet.

    3.

    Der Feststellungsantrag zu Ziff. 3) ist unbegründet. Der Beklagte schuldet der Klägerin aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadenersatz bzw. Entschädigung, so dass auch der entsprechende Feststellungsantrag auf Ersatz aller weiteren materiellen und immateriellen Schäden keinen Erfolg hat. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

    Hinzu kommt, dass § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung gewährt. Der Ersatz materieller Schäden ist bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur für vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (bspw. der unerlaubten Verwertung des Bildes, des Namens, der Stimme oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu kommerziellen Zwecken) anerkannt (BAG 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 - [...], m.w.N.,). Schäden, wie bspw. der entgangene Gewinn, fallen demgegenüber nicht in den Schutzbereich von § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - [...]).

    4.
    Die Klageanträge zu Ziff. 4) und Ziff. 5) sind ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsverfolgung. Dies folgt bereits daraus, dass sich der Beklagte der Klägerin gegenüber - nach den obigen Ausführungen - nicht schadensersatzpflichtig gemacht hat, wodurch für einen Kostenerstattungsanspruch die notwendige Rechtsgrundlage fehlt.

    Im Übrigen besteht nach der Bestimmung des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG selbst für die obsiegende Partei kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Dieser Ausschluss betrifft nach ständiger Rechtsprechung des BAG, der die Berufungskammer folgt, nicht nur im gerichtlichen Verfahren anfallende Vertreterkosten, sondern auch vorprozessuale Kosten unabhängig davon, ob später ein Prozess geführt wird oder nicht. Die Vorschrift des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG betrifft im Übrigen nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern entfaltet auch materiell-rechtliche Wirkung (st. Rspr. BAG 27.10.2005 - 8 AZR 546/03 - NZA 2006, 259, m.w.N..). § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt jede Kostenerstattung unabhängig von der Anspruchsgrundlage aus. Der gesetzliche Ausschluss der Kostenerstattung wegen Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren ist sowohl verfassungs-, als auch europarechtlich unbedenklich. Er führt zu einer Verbilligung des Verfahrens. Das belegt der vorliegende Fall: Die Klägerin muss - trotz ihres Unterliegens - dem Beklagten die erstinstanzlichen Kosten in Höhe von über EUR 4.000,00 nicht erstatten.

    IV.

    Die Klägerin ist gemäß § 97 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

    Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

    VorschriftenAGG § 15 Abs. 1, AGG § 15 Abs. 2, AGG § 15 Abs. 4, ArbGG § 12 a, ArbGG § 61, BGB § 611, BGB § 823 Abs. 1