17.04.2013 · IWW-Abrufnummer 170314
Landesarbeitsgericht Hamm: Beschluss vom 14.02.2013 – 16 Sa 1511/12
1.
Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt dessen höchstpersönliche Leistungspflicht, damit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sein auf Befreiung von der Arbeitspflicht gerichteter Urlaubsanspruch. Demgegenüber werden der Anspruch auf Jahresurlaub und der auf Zahlung des Urlaubsentgelts nach der Rechtsprechung des EuGH in der Richtlinie 2003/88/EG als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt.
Dem EuGH wird zum einen die Frage vorgelegt, ob der mit dem Tod des Arbeitnehmers eintretende Untergang der einen Komponente des Urlaubsanspruchs, nämlich der Freistellung, den Untergang des Zahlungsanspruchs mit sich zieht.
Zum anderen wird der EuGH gefragt, ob der Anspruch auf Urlaubsabgeltung so an die Person des Arbeitnehmers gebunden ist, dass dies einer Beurteilung als reiner Geldforderung entgegensteht.
2.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Urlaub von sich aus festzulegen.
Im Hinblick darauf, dass die Richtlinie Mindestvorschriften für die Sicherheit und Gesundheit des Arbeitnehmers bei der Arbeitszeitgestaltung enthält, stellt sich die Frage, ob eine effektive Umsetzung der Richtlinie eine dahingehende Verpflichtung des Arbeitgebers erfordert.
Tenor: Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen vorgelegt: 1. Ist Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub beim Tod des Arbeitnehmers in seiner Gesamtheit untergeht, nämlich neben dem nicht mehr zu verwirklichenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht auch der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts? 2. Ist Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen, dass der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung des bezahlten Mindestjahresurlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Weise an die Person des Arbeitnehmers gebunden ist, dass dieser Anspruch nur ihm zusteht, damit er die mit der Gewährung des bezahlten Jahresurlaubs verbundenen Zwecke der Erholung und Freizeit auch zu einem späteren Zeitpunkt verwirklichen kann? 3. Ist Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG dahingehend auszulegen, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer im Hinblick auf den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung Urlaub bis zum Ablauf des Kalenderjahres oder spätestens bis zum Ablauf eines für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Übertragungszeitraums auch tatsächlich zu gewähren, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer einen Urlaubsantrag gestellt hat? Gründe: Die Parteien streiten um die Bezahlung von Urlaubsansprüchen beim Tod des Arbeitnehmers. Die Klägerin ist die Ehefrau und Alleinerbin des am 19.11.2010 verstorbenen Arbeitnehmers J1 B1 der Beklagten. Dieser war seit dem 01.08.1998 bei der Beklagten beschäftigt. Er bezog zuletzt ein monatliches Gehalt von durchschnittlich 2.600,-- EUR brutto. Die Ehe wurde am 17.11.2010 geschlossen. Bereits am 26.10.2010 hatte Herr B1 die Kl ägerin testamentarisch als Alleinerbin eingesetzt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen des Einzelhandels. Sie war Vollmitglied im Einzelhandelsverband NRW und ist nach ihren Angaben seit dem 01.08.2002 Mitglied ohne Tarifbindung. Beide Parteien gehen davon aus, dass der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Er enthält in § 15 urlaubsrechtliche Regelungen. Herr J1 B1 war seit dem Jahre 2009 schwer erkrankt. Er war im Jahre 2009 vom 03.02. bis zum 02.10. sowie in der Folgezeit an weiteren Einzeltagen arbeitsunfähig. Im Jahre 2010 bestand Arbeitsunfähigkeit ebenfalls an einzelnen Tagen sowie durchgehend ab dem 11.10.2010. Zum Zeitpunkt seines Todes besaß Herr J1 B1 nach Angaben der Beklagten 140,5 offene Urlaubstage, nach Angaben der Klägerin beliefen sich diese auf 146 Tage. Bei der Beklagten bestand jedenfalls bis einschließlich 2010 die Handhabung, dass Arbeitnehmer mit ihrem Einverständnis Urlaubsansprüche ansammeln konnten, sei es, weil sie für ein größeres Ereignis angespart wurden, sei es, weil sie wegen eines erhöhten Arbeitsanfalles nicht genommen werden konnten. Mit Schreiben vom 05.01.2011 teilte die Beklagte mit, dass ab 2011 darauf zu achten sei, dass der Resturlaub nicht weiter aufgebaut werde. Nach Angaben der Klägerin hatte Herr B1 im Jahre 2010 tatsächlich 15,5 Urlaubstage erhalten. Zur Ansammlung der Urlaubsansprüche ist es nach dem Vortrag der Klägerin gekommen, weil Herr B1 aufgrund personeller Engpässe den Urlaub nicht nehmen konnte. Die Beklagte hat keinen Grund für die Ansammlung der Urlaubsansprüche angegeben. Mit Schreiben vom 31.01.2011 machte die Klägerin neben einem tariflichen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Sterbefall Urlaubsabgeltungsansprüche für 146 Urlaubstage geltend. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 03.02.2011 beide Ansprüche ab, den Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit der Begründung, dass Zweifel daran bestünden, dass ein vererbbarer Anspruch bestehen könne. Mit ihrer am 17.02.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin ihre Ansprüche weiter verfolgt. Den Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 146 Urlaubstage hat sie mit 14.600,-- EUR berechnet. Mit Schriftsatz vom 26.05.2011 hat die Klägerin ihre Klage um einen Betrag von 1.400,-- EUR für 14 Urlaubstage erweitert, was sie damit begründet, dass ihrem verstorbenen Ehemann während seiner Arbeitsunfähigkeit Urlaub gewährt worden sei. Mit Urteil vom 01.12.2011 hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Für die Entscheidung über die Urlaubsabgeltung hat es sich zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezogen, wonach bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht entstehe. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin ordnungsgemäß Berufung eingelegt. Sie stützt ihren Urlaubsabgeltungsanspruch im Wesentlichen darauf, dass es mit Europarecht nicht vereinbar sei, den Urlaubsabgeltungsanspruch von der Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs abhängig zu machen. Sei der Urlaubsanspruch wegen des Versterbens des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber nicht erfüllbar, so habe dies keine Auswirkungen auf den mit dem Tod des Arbeitnehmers entstehenden Urlaubsabgeltungsanspruchs. Außerdem hat sie sich darauf berufen, dass Herr B1 seinen Urlaub nicht habe nehmen dürfen. Mit Beschluss vom 18.10.2012 hat das Berufungsgericht das Verfahren um den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 14.600,-- EUR und weiteren 1.400,-- EUR nebst Zinsen abgetrennt. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Antrag verfolgt die Klägerin im abgetrennten Berufungsverfahren nunmehr das Begehren, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.600,-- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2011 und weitere 1.400,-- EUR zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hält sie für vereinbar mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG, wie das Bundesarbeitsgericht ausführlich begründet habe. B - Rechtlicher Rahmen I -Unionsrecht Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) Art. 7 Jahresurlaub (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. (2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Art. 15 Günstigere Vorschriften Das Recht der Mitgliedstaaten, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung für die Sicherung und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten, bleibt unberührt. Nach Art. 17 der Arbeitszeitrichtlinie können die Mitgliedstaaten von bestimmten Vorschriften dieser Richtlinie abweichen. Hinsichtlich des Art. 7 der Richtlinie ist keine Abweichung erlaubt. II-Nationales Recht 1) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 249 BGB (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. ... § 251 BGB (1) Soweit die Herstellung nicht möglich ist oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. ... § 280 BGB (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. ... (2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen. ... § 286 BGB (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. ... (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, ... § 287 BGB Der Schuldner hat während des Verzuges jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde. § 613 Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar. § 1922 (1) Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere Personen (Erben) über. ... 2) Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) vom 08.01.1963 in der Fassung vom 07.05.2002 § 1 Urlaubsanspruch Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. § 3 Dauer des Urlaubs (1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs (1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. ... (2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen. (3) Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. ... ... (4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. § 13 Unabdingbarkeit (1) Von den vorstehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 kann in Tarifverträgen abgewichen werden. Die abweichenden Bestimmungen haben zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Im Übrigen kann, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2, von den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. 3) Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen in seiner bis zum 31.12.2011 gültigen Fassung § 15 Urlaub (1) Der Urlaub dient der Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers. ... (2) Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. ... (3) Der Urlaub beträgt je Kalenderjahr ... nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Werktage. ... (9) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten. Hierbei ist je Urlaubstag 1/26 des Monatseinkommens zugrunde zu legen. C - Entscheidungserheblichkeit und Erläuterung der Vorlagefragen I 1) Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat durch Urteil vom 20.09.2011 (9 AZR 416/10, [...]; NZA 2012, 326) entschieden, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers der Urlaubsanspruch erlösche, da dessen höchstpersönliche Leistungspflicht nicht mehr bestehe und alle Ansprüche auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht untergingen. Dies gelte auch für den Urlaubsanspruch, der sich deshalb nicht mehr in einen Abgeltungsanspruch umwandeln könne. Dieses Ergebnis entspreche dem von § 7 Abs. 4 BUrlG und Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie verfolgten Abgeltungszweck. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besäße die Klägerin keinen Anspruch auf Abgeltung der Urlaubstage, die ihrem Ehemann bei dessen Tod noch zustanden. a) Das Bundesarbeitsgericht definiert den Inhalt des Urlaubsanspruchs seit seiner grundlegenden Entscheidung vom 28.01.1982 (6 AZR 571/79, [...]; BAGE 37, 382) als Beseitigung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers für die Dauer der Urlaubszeit. Die übrigen Pflichten des Arbeitsvertrages werden durch die Urlaubsgewährung grundsätzlich nicht berührt. Dies gilt vor allem für die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers. Die Gewährung des Urlaubs in Form der Freistellung von der Arbeitspflicht stellt lediglich eine Nebenpflicht des Arbeitgebers dar. Der Arbeitgeber ist nicht wegen der Urlaubsgewährung zur Zahlung eines Urlaubsentgelts verpflichtet, sondern zur Zahlung des Arbeitsentgelts. Der vertragliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers besteht auch für die Dauer der Freistellung durch Urlaubsgewährung fort (BAG vom 08.03.1984, 6 AZR 600/82, [...]; BAGE 45, 184). Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach § 1 BUrlG enthält danach eine Ausnahme von dem Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". b) An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht bislang festgehalten, auch wenn es seine Rechtsprechung mit Urteil vom 24.03.2009 den europarechtlichen Vorgaben angepasst hat (9 AZR 983/07, [...], BAG NZA 2009, 538). Es hat seine Entscheidung zur Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs vom 20.09.2011 (9 AZR 416/10, aaO.) hierauf gestützt und an seine frühere Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung beim Tod des Arbeitnehmers angeknüpft (s. Urteile vom 26.04.1990, 8 AZR 517/89, [...], BAGE 65, 122; vom 23.06.1992, 9 AZR 111/91, [...], BAGE 70, 348). Wie in der Vergangenheit stellt das Bundesarbeitsgericht in diesem Urteil darauf ab, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers regelmäßig dessen höchstpersönliche Leistungspflicht nach § 613 BGB erlösche. Hieraus folge zugleich, dass auch alle Ansprüche auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht untergingen. Versterbe ein Arbeitnehmer, so erlösche bereits deshalb zugleich sein auf Befreiung von der Arbeitspflicht gerichteter Urlaubsanspruch (vgl. Rdnr. 17 und 22 des Urteils vom 20.09.2011). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch hat dies nach der Entscheidung zur Folge, dass ein solcher nicht entsteht. Sterbe der Arbeitnehmer, so führe nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 7 Abs. 4 BUrlG, sondern bereits der Tod des Arbeitnehmers zum Untergang des Urlaubsanspruchs. Er könne sich nicht zeitgleich in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Anspruchsuntergang und gleichzeitige Umwandlung des Anspruchs schlössen sich aus (Rdnr. 22, 23 und 31 des Urteils vom 20.09.2011). c) Diese die gesetzlichen Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz betreffende Rechtsprechung ist durch die tariflichen Regelungen des § 15 MTV nicht modifiziert worden. Die tariflichen Bestimmungen folgen insoweit vielmehr den gesetzlichen Regelungen. § 15 Abs. 9 Satz 1 MTV entspricht wörtlich § 7 Abs. 4 BUrlG. 2) Demgegenüber werden nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Anspruch auf Jahresurlaub und der auf Zahlung des Urlaubsentgelts in der Richtlinie 2003/88/EG als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt (vgl. Urteil vom 16.03.2006, Robinson-Steel C-131/04, Sammlung 2006, I - 2531, NZA 2006, 481, Rdnr. 58 zur Richtlinie 93/104/EG; Urteil vom 20.01.2009, Schultz-Hoff, C-350/06, Sammlung 2009, I - 129 Rdnr. 60, NZA 2009, 135). Hieraus könnte folgen, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bei seinem Tod nicht untergeht, sondern insoweit fortbesteht, als er auf die Zahlung des Urlaubsentgelts gerichtet ist. Dieser originäre Teil des Urlaubsanspruchs könnte nach nationalem Recht (§ 1922 BGB) auf den oder die Erben übergehen. a) Grundsätzlich steht es den Mitgliedstaaten allerdings frei, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub festzulegen, sie dürfen dabei die Entstehung dieses Anspruchs selbst nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen. Gleiches kann für Regelungen gelten, die das Erlöschen dieses Anspruchs vorsehen (EuGH vom 20.01.2009, Schultz-Hoff, aaO. Rdnr. 48; vom 22.11.2011, KHS C-214/10, NZA 2011, 1333 Rdnr. 28). b) Bei dem Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub handelt es sich um einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Union. Neben Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG ist dieser Anspruch auch in Art. 31 Abs. 2 der Charter der Grundrechte der Europäischen Union verankert, sodass ihm seit dem 01.12.2009 der gleiche Rang wie den Verträgen zukommt. Das Arbeitsverhältnis des Herrn J1 B1, das am 19.11.2010 endete, wurde hiervon bereits erfasst. c) Allerdings könnte sich aus dem Zweck des unionsrechtlich verbürgten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub ergeben, dass nationale Bestimmungen, die zum Untergang dieses Anspruchs beim Tod des Arbeitnehmers führen, ihm nicht entgegen stehen. Mit dem unionsrechtlichen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wird ein doppelter Zweck verfolgt, der darin besteht, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. Urteil vom 20.01.2009, Schultz-Hoff aaO., Rdnr. 25; vom 22.11.2011, KHS, aaO., Rdnr. 31). Diese Zwecksetzung lässt sich mit dem Tod des Arbeitnehmers nicht mehr verwirklichen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Entgeltkomponente des Urlaubsanspruchs so mit dem Freistellungsanspruch verknüpft ist, dass der Anspruch auf Entgeltzahlung mit dem Anspruch auf Arbeitsbefreiung erlischt, wenn letzterer nicht mehr realisiert werden kann oder ob der Entgeltzahlungsanspruch isoliert betrachtet werden muss. Hierfür könnte sprechen, dass es sich bei dem Urlaubsanspruch um ein aus dem Arbeitsverhältnis abgeleitetes Recht handelt, das der Arbeitnehmer erworben hat. So hat der Gerichtshof im Urteil vom 22.04.2010 (C-486/08 Tirol, [...] NZA 2010, 557, Rz. 32) aus Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG abgeleitet, dass bei einem Übergang von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung der Anspruch auf Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworben hat, nicht gemindert werden darf. In der Sache hat er dem Anspruch damit einen Vermögenswert zugebilligt. Die weitere in dieser Entscheidung aufgestellte Voraussetzung für den Erhalt des höheren Entgeltanspruchs, dass dies nämlich nur gilt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, diesen Anspruch auszuüben, ist beim Tod des Arbeitnehmers gegeben. Darüber hinaus betont der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass es den Mitgliedstaaten nicht erlaubt sei, bereits die Entstehung dieses ausdrücklich allen Arbeitnehmern zuerkannten Anspruchs auszuschließen. In der Rechtssache Dominguez hat der Gerichtshof entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von einer effektiven Mindestarbeitszeit von 10 Tagen oder einem Monat während des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden darf. Er hat damit nicht darauf abgestellt, ob ein konkretes Erholungsbedürfnis entstanden ist. Demgegenüber hat er in der Rechtssache KHS allerdings das Ansammeln von Urlaubsansprüchen mit dem Verweis darauf begrenzt, dass dem Jahresurlaub seine positive Wirkung als Erholungszeit über gewisse Grenzen hinaus fehle (Urteil vom 20.11.2011, aaO., Rdnr. 33). Ob unionsrechtlich der mit dem Tod des Arbeitnehmers eintretende Untergang der einen Komponente des Urlaubsanspruchs, nämlich der Freistellung, den Untergang des Zahlungsanspruchs mit sich zieht, ist Gegenstand der ersten Vorlagefrage. d) Für den Fall, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers mit seinem Tod nicht untergeht, sondern jedenfalls in Form der Zahlung des Urlaubsentgelts erhalten bleibt, stellt sich dennoch die Frage, welche Rechtsfolgen die durch den Tod des Arbeitnehmers eingetretene Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie darf der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Hieraus folgt zunächst ein Abgeltungsverbot im laufenden Arbeitsverhältnis (EuGH vom 06.04.2006, Federatie Nederlandse Vakbeweging, C-124/05, Sammlung 2006, I - 34/34, NZA 2006, 719 LS). Wenn das Arbeitsverhältnis endet, ist es jedoch nicht mehr möglich, tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss eines Anspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt wird, sieht Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie vor, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hat (Urteil vom 20.01.2009, Schultz-Hoff aaO., Rdnr. 56). Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 20.09.2011 (aaO., Rdnr. 28) hierin einen Anspruch gesehen, der nur in der Person des ausgeschiedenen Arbeitnehmers entstehen könne. Sowohl die Normierung des Abgeltungsverbots im laufenden Arbeitsverhältnis als auch die Zuerkennung einer finanziellen Vergütung im Falle der Beendigung - anstelle des dem Arbeitnehmer sonst zustehenden Urlaubs - knüpften an dessen Person an. Wäre dies der Fall, so wäre der Urlaubsabgeltungsanspruch als höchstpersönlicher Anspruch zu charakterisieren, was nach nationalem Recht einer Vererblichkeit entgegenstände. Die Klägerin besäße in diesem Fall keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Dies entspräche im Übrigen der früheren Rechtsprechung des BAG, wonach der Abgeltungsanspruch selbst dann ersatzlos unterging, wenn der Arbeitnehmer starb, nachdem das Arbeitsverhältnis beendet war (BAG vom 22.10.1991, 9 AZR 433/90, NZA 1993, 28). Allerdings sieht das BAG in dem Abgeltungsanspruch nunmehr eine reine Geldforderung (BAG vom 19.06.2012, 9 AZR 652/10, NZA 2012, 1087). Dies hätte zur Folge, dass er keinen an die Person des Arbeitnehmers gebundenen Einschränkungen unterläge. Dennoch kann die Beurteilung als reine Geldforderung nicht als uneingeschränkt günstigere Qualifizierung der Forderung im Sinne von Art. 15 Arbeitszeitrichtlinie angesehen werden. Handelte es sich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um eine an die Person des Arbeitnehmers gebundene Forderung, so wäre sie nach nationalem Recht zwar nicht vererbbar und auch nicht abtretbar, sie könnte aber auch nicht gepfändet werden. Mit der zweiten Frage möchte die vorlegende Kammer deshalb wissen, ob die Urlaubsabgeltung nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie an die Person des Arbeitnehmers gebunden ist und dies einer Beurteilung als reiner Geldforderung entgegensteht. II 1) Unabhängig von der vorstehenden Problematik weist der vorliegende Fall die Besonderheit auf, dass Herrn J1 B1 bei seinem Tod noch Urlaubsansprüche im Umfang von mindestens 140,5 Urlaubstagen zustanden, was bedeutet, dass er für mehrere Jahre auch seinen jährlichen Mindesturlaubsanspruch nicht verwirklicht hat. Ob Herr B1 diese Urlaubsansprüche auf Veranlassung der Beklagten angesammelt hatte, steht zwar nicht fest. Die Beklagte selbst hat jedoch vorgetragen, dass solche Urlaubsansprüche bei ihr akkumuliert werden konnten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine solche Absprache jedenfalls in Grenzen als eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung zulässig (BAG vom 21.06.2005, 9 AZR 200/04, [...], AP Nr. 11 zu § 55 InsO). 2) Nach nationalem Recht kann der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch haben, wenn er Urlaub beantragt, der Arbeitgeber ihm diesen grundlos nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung in der Folgezeit verfällt. Dieser Anspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 287 BGB. Mit der erfolglosen Geltendmachung hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in Verzug gesetzt. Nach § 249 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitgeber in seinem solchen Fall nach dem Grundsatz der Naturalrestitution die Wiederherstellung des untergegangenen Urlaubsanspruchs, d.h. die zukünftige Freistellung des Arbeitnehmers. Kann er den Urlaubsanspruch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllen, so ist er abzugelten. Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall jedoch nicht die urlaubsrechtliche Spezialvorschrift des § 7 Abs. 4 BUrlG, sondern die dem allgemeinen Schuldrecht zuzurechnende Regelung des § 251 BGB (vgl. aus jüngerer Zeit BAG vom 17.05.2011, 9 AZR 197/10, [...] Rdnr. 10; s. auch Urteil vom 07.11.1985, 6 AZR 169/84, [...], NZA 1986, 392; vom 26.06.1986, 8 AZR 75/83, [...], NZA 1987, 98). Für diese Ersatzleistung erscheint es nach nationalem Recht nicht ausgeschlossen, dass sie nicht so mit der Person des Arbeitnehmers verbunden ist, dass dies einer Vererblichkeit entgegenstände. Immerhin hat das BAG in seinem Urteil vom 20.09.2011 (9 AZR 416/10, aaO., Rdnr. 48) das Vorliegen eines Schadensersatzanspruchs geprüft und diesen verneint, ohne in diesem Zusammenhang darauf abzustellen, dass der Arbeitnehmer nur höchstpersönlich von seiner Arbeitspflicht befreit werden könne. 3) Jedoch hat die Klägerin die in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch nur allgemein vorgetragen, indem sie angegeben hat, dass Herr B1 den Urlaub wegen personeller Engpässe nicht hätte nehmen können. Dieser Sachvortrag ist prozessual nicht ausreichend, um einen Anspruch zu begründen. Die Klägerin hätte für jeden Einzelfall angeben müssen, dass Herr B1 seinen Urlaub geltend gemacht und die Beklagte die Erteilung grundlos verweigert hat. Der Urlaubsantrag stellt die Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB dar. Der Klägerin wird es kaum möglich sein, ihren Vortrag entsprechend diesen Anforderungen zu ergänzen. 4) Anders könnte allerdings zu entscheiden sein, wenn die Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich wäre, weil die Zeit der Leistung nach dem Kalender bestimmt ist. Dies wird in der Literatur zum Teil vertreten (Staudinger/Löwisch/Caspers, 2009, Kommentar zum BGB, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, § 275 Rdnr. 16). Diese Auffassung entspricht jedoch nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das entschieden hat, dass der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 BUrlG nicht verpflichtet ist, den Urlaub von sich aus festzulegen (Urteil vom 18.09.2001, 9 AZR 571/00, [...], Rdnr. 16). Es fragt sich jedoch, ob an dieser Rechtsprechung im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG festgehalten werden kann. Die Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung durch die Gewährung u.a. eines Mindestjahresurlaubs. Aufgrund seiner Organisationsgewalt kann der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer die ihnen zustehenden Erholungszeiten auch tatsächlich erhalten. Er kann den Urlaub erteilen und die Arbeitnehmer in die Lage versetzen, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Die Verantwortung hierfür durch das Erfordernis eines Antrags in vollem Umfang dem Arbeitnehmer zu überlassen, könnte einer effektiven Umsetzung des mit der Richtlinie verfolgten Arbeitsschutzes entgegenstehen. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Zahlung der mit dem Urlaubsanspruch verbundenen finanziellen Vergütung vollends frei werden könnte. Er hätte möglicherweise ein der Verwirklichung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer gegenläufiges wirtschaftliches Interesse. 5) Bei der dritten Frage geht es deshalb um die dem Arbeitgeber für die Verwirklichung des unionsrechtlich garantierten Anspruchs auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub obliegenden Verpflichtungen.