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  • 01.12.2005 | Vertragsgestaltung

    Zur Zulässigkeit einer einzelvertraglichen zweistufigen Ausschlussfrist

    von VRiLAG i.R. Dr. Hans Georg Rummel, Duisburg
    1. Der Arbeitsvertrag ist Verbrauchervertrag i.S. von § 310 Abs. 3 BGB.  
    2. In Formulararbeitsverträgen können zweistufige Ausschlussklauseln vereinbart werden. Die Mindestfrist für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche beträgt drei Monate.  
    3. Ist die Ausschlussfrist zu kurz bemessen, benachteiligt sie den ArbN unangemessen und ist deshalb unwirksam. Die Ausdehnung auf eine zulässige Dauer kommt nicht in Betracht. Es gilt dann allein das gesetzliche Verjährungsrecht.  
    4. Seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes findet bei ausgehandelten Vertragsbedingungen keine Billigkeitskontrolle i.S. einer allgemeinen, nicht auf die Besonderheiten des Falls bezogene Angemessenheitsprüfung nach § 242 BGB mehr statt.  

     

    Sachverhalt

    In dem vom ArbG formulierten Anstellungsvertrag war eine Ausschlussfrist vereinbart. Danach mussten alle Ansprüche von den Parteien binnen einer Frist von sechs Wochen seit ihrer Fälligkeit geltend gemacht und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von vier Wochen eingeklagt werden. Der ArbN machte einen Lohnfortzahlungsanspruch geltend, der ArbG lehnte den Anspruch ab. Erst ein Jahr später reichte der ArbN Klage ein. Der ArbG vertrat die Auffassung, der Anspruch sei verfallen, weil der ArbN den Anspruch nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht habe. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das BAG hat das angefochtene Urteil aufgehoben und zur Aufklärung zurückverwiesen, wie die vertragliche Ausschlussfrist zu qualifizieren sei:  

     

    • Falls AGB in Rede stünden (Formulararbeitsvertrag), sei die vereinbarte Ausschlussfrist, was die gerichtliche Geltendmachung angehe, nach § 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine Klagefrist von vier Wochen sei mit den wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar. Sie führe entgegen den Geboten von Treu und Glauben zu einer unangemessenen Benachteiligung des ArbN. Eine Frist für die gerichtliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen zweistufigen Ausschlussfrist sei unangemessen kurz. Die Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussklausel führe zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen (§ 306 Abs. 1und 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel oder eine ergänzende Vertragsauslegung stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang.

     

    • Falls keine AGB vorlägen, ließe sich dasselbe Ergebnis (Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB) aus § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB herleiten. Vorausetzung sei, dass die (wie hier) vorformulierten Vertragsbedingungen zwar nur zur einmaligen Verwendung bestimmt waren (und nicht für wenigstens drei Fälle), der ArbN aber auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.