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  • 01.02.2007 | Nachteilsausgleich

    Wann beginnt die Maßnahme bei einer geplanten Betriebsstilllegung?

    von VRiLAG i.R. Dr. Hans Georg Rummel, Duisburg
    1. Begründet ein Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch betriebsverfassungswidriges Verhalten Ansprüche auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG, handelt es sich um Neumasseverbindlichkeiten i.S.v. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Sie können regelmäßig im Wege der Leistungsklage verfolgt werden.  
    2. Ein ArbG beginnt durch die widerrufliche Freistellung der ArbN noch nicht mit der Durchführung einer beabsichtigten Betriebsstilllegung.  
    (BAG 30.5.06, 1 AZR 25/05, NZA 06, 1122, Abruf-Nr. 070130)  

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Kläger war ArbN einer GmbH mit ca. 60 Beschäftigten. Es bestand ein Betriebsrat. Am 30.1. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser zeigte noch am selben Tag die Masseunzulänglichkeit an. Danach unterrichtete er in einer Betriebsversammlung die Belegschaft von der beabsichtigten Betriebsstilllegung und stellte bis auf fünf ArbN, die er zur Erledigung von Abwicklungsarbeiten einsetzte, alle ArbN widerruflich von der Arbeitsleistung frei. Außerdem kündigte er an diesem Tag vier Ausbildungsverhältnisse. Am 26.2. erteilte er einer Drittfirma den Auftrag zur Versteigerung des beweglichen Anlagevermögens. Am 18.3. kam es zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Am selben Tag kündigte der Beklagte allen ArbN. Am 1.4. wurde das Anlagevermögen versteigert. Mit Schreiben vom 2.4. wurde der Mietvertrag über das Betriebsgrundstück gekündigt.  

     

    Der Kläger verlangte die Zahlung eines Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 BetrVG. Er vertrat die Ansicht, der beklagte Insolvenzverwalter hätte mit der Betriebsstilllegung begonnen, ohne zuvor den Versuch eines Interessenausgleichs unternommen zu haben. Der Beginn der Betriebsstilllegung habe in der Freistellung der ArbN am 30.1., der Kündigung der Ausbildungsverhältnisse an diesem Tage sowie der Vergabe des Versteigerungsauftrags am 26.2. gelegen. Demgegenüber vertrat der Beklagte die Auffassung, mit diesen vor Abschluss des Interessenausgleichs gelegenen Maßnahmen sei die Durchführung der Stilllegung noch nicht begonnen worden. Sie seien noch nicht endgültig und unumkehrbar gewesen.  

     

    Das BAG hat die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung des beklagten Insolvenzverwalters gefolgt, dass in den vom Kläger genannten Maßnahmen noch kein Beginn der Durchführung der Stilllegung gelegen habe.