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  • 01.01.2006 | Kündigungsrecht

    Verhaltensbedingte Kündigung: Die Voraussetzungen der Verdachtskündigung

    von VRiLAG Dr. Wilfried Berkowsky, Halle

    In der Praxis spielt eine schillernde Kündigungsform eine erhebliche Rolle: Die sog. „Verdachtskündigung“. Diese Kündigung kommt in Betracht, wenn der ArbG den Verdacht hegt, ein bestimmter ArbN habe sich eine schwere Vertragsverletzung zuschulden kommen lassen, er dies aber nicht mit solch hinreichender Gewissheit beweisen kann, dass er deswegen erfolgreich aus verhaltensbedingten Gründen ggf. außerordentlich kündigen könnte. Der Beitrag erläutert die Einzelheiten.  

     

    Beispiel

    Der ArbG, eine Spielbank, erfährt über den Zeugen Z., der ArbN, ein Croupier, habe einem Spielbank-Gast an einem bestimmten Tag vorschriftswidrig Jetons ohne Bezahlung zugesteckt. Bei näherer Aufklärung stellt sich heraus, dass Z. zwar ein ungewöhnliches Verhalten des Croupiers und die Tatsache, dass der Gast kurze Zeit später im Besitz zahlreicher Jetons war, bestätigen konnte, nicht aber deren unmittelbare Übergabe durch den ArbN (Fall nach BAG NZA 05, 1056). Der ArbG kündigt das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß, wegen Veruntreuung der Jetons, hilfsweise wegen des dringenden Verdachts dieses schwer vertragswidrigen Verhaltens.  

     

    Bei dieser Sachlage kann der ArbG nicht schlüssig beweisen, dass der ArbN dem Gast vertragswidrig Jetons ohne Bezahlung zugesteckt hat. Die bewiesenen Umstände begründen aber den dringenden Verdacht, dass der ArbN genau so gehandelt hat. Bei solchen (und vergleichbaren) Fallgestaltungen hält das BAG eine Verdachtskündigung für möglich.  

     

    Verdachtskündigung – eigenständiger Kündigungsgrund

    Das BAG geht davon aus, dass eine ordentliche, ggf. auch eine außerordentliche Kündigung wegen des Verdachts schwerer Vertragsverletzungen möglich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Verdacht auf eine Vermögensstraftat gegen den ArbG bezieht. Das BAG wertet dabei die Verdachtskündigung als eine eigenständige Kündigungsart gegenüber der Tatkündigung, bei der die Begehung der Vertragswidrigkeit erwiesen ist. Als solche ist sie allerdings in § 1 KSchG nicht vorgesehen. Ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen sind deshalb richterrechtlich konstituiert worden.