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  • 01.07.2010 | Betriebsbedingte Kündigung

    Weiterhin ein Problem: Altersgruppenbildung bei geplanter betriebsbedingter Kündigung

    von RiArbG Klaus Griese, Hamm

    Gem. § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG sind in die soziale Auswahl anlässlich geplanter betriebsbedingter Kündigungen solche ArbN nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung insbesondere zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Das BAG vertritt auch nach Inkrafttreten des AGG die Auffassung, dass Altersgruppenbildungen grundsätzlich zulässig und auch nicht europarechtswidrig sind (vgl. statt aller BAG, Urteile vom 20.5.05, 2 AZR 201/04, Abruf-Nr. 052851; 9.6.07, 2 AZR 304/06, Abruf-Nr. 073195 und 6.11.08, 2 AZR 523/07, Abruf-Nr. 101842). Der folgende Beitrag zeigt auf, welche Probleme in der Praxis bei der Herausnahme von ArbN aus der Sozialauswahl entstehen.  

    Die bisherige Rechtsprechung des BAG

    Nach Auffassung des BAG ist der ArbG im Rahmen des § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG für das Vorliegen berechtigter betrieblicher Bedürfnisse für die Herausnahme bestimmter ArbN und die Notwendigkeit der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Es gehört daher zu seinem schlüssigen Sachvortrag im Einzelnen darzulegen, welche konkreten Nachteile sich ergeben würden, wenn er die zu kündigenden ArbN allein nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG auswählen würde. Zudem müsse im Sachvortrag des ArbG angegeben werden, wie viel Prozent der potenziell zu kündigenden ArbN vor Ausspruch der Kündigung den jeweiligen Altersgruppen angehörten und wie die einzelnen Kündigungen auf die einzelnen Altersgruppen verteilt worden sind, damit die bislang bestehende Altersstruktur erhalten bleibt.  

     

    In Fällen der Betriebsänderung (§ 111 BetrVG) und einem Interessenausgleich mit Namensliste verbunden mit „Massenentlassungen“ bedarf es nach Auffassung des BAG aber keiner weiteren Darlegungen des ArbG zu den „berechtigten“ entgegenstehenden betrieblichen Gründen (vgl. BAG 6.11.08, 2 AZR 523/07 und 12.3.09, 2 AZR 418/07, Abruf-Nr. 101843). Zwar müssten die legitimen Ziele einer Altersgruppenbildung grundsätzlich vom ArbG im Prozess dargelegt werden. Es sei aber vom Vorhandensein solcher legitimen Ziele regelmäßig auszugehen, wenn die Altersgruppenbildung bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung erfolge. Denn in diesen Fällen sei die Erhaltung einer auch altersmäßig ausgewogenen Personalstruktur gefährdet.  

     

    Zudem vermeide die Altersgruppenbildung nicht nur eine Überalterung der Belegschaft, sondern eben auch die bei Massenkündigungen etwa überschießenden Tendenzen der Bewertung des Lebensalters als Sozialdatum. Sie wirke so einer übermäßigen Belastung jüngerer Beschäftigter entgegen.