Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Haftung

LG Bremen: Keine Haftung des Versicherungsvermittlers für Empfehlung eines Wechsels in PKV

von Rechtsanwalt Jens Reichow, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, Hamburg

| Geht bei einem Versicherungsnehmer bei einem Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung (PKV) etwas schief, soll regelmäßig der Versicherungsvermittler für den Schaden einstehen. Da ist es gut, wenn der Vermittler umfassende Dokumente und Schriftverkehr vorlegen und die Beratungssituation belegen kann. |

Streit um angeblich fehlerhafte Beratung

Das LG Bremen musste sich in zwei Verfahren mit der Haftung eines Versicherungsvermittlers wegen einer angeblich fehlerhaften Beratung befassen. Dem Vermittler wurde vorgeworfen, er habe den sozialversicherungsrechtlichen Status zweier Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) falsch ermittelt.

 

Beratung von GGf hinsichtlich PKV und private Altersvorsorge

Der Versicherungsvermittler war zum Zeitpunkt der Beratung zweier GGf im Namen einer Vertriebs-GmbH tätig, für die er als Handelsvertreter fungierte. Aufgrund der Beratung

  • wechselten die GGf von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung und
  • schlossen eine umfangreiche private Altersvorsorge ab ‒ im Glauben daran, nicht mehr gesetzlich rentenversicherungspflichtig zu sein.

 

Statusfeststellungsverfahren stellt Sozialversicherungspflicht fest

Nach einem Statusfeststellungsverfahren stellte sich jedoch heraus, dass beide GGf sehr wohl sozialversicherungspflichtig sind und damit sowohl gesetzlich renten- als auch gesetzlich krankenversicherungspflichtig waren.

 

Der Versicherungsvermittler hatte seine Handelsvertretertätigkeit für den Vertrieb zwischenzeitlich beendet und eine eigene Versicherungsmakler-GmbH gegründet. Von dieser GmbH verlangten die GGf die Begleichung nicht erstatteter Arztrechnungen sowie die Differenz zwischen den eingezahlten Beiträgen und dem Rückkaufswert der Altersvorsorge.

 

Im Rahmen des Verfahrens dehnten die GGf die Klage auch auf den Versicherungsvermittler persönlich aus. In beide Stoßrichtungen hatten sie keinen Erfolg (LG Bremen, Urteile vom 10.10.2017, Az. 3 O 1035/16, Abruf-Nr. 199344 und Az. 3 O 1036/16, Abruf-Nr. 199345).

Keine Haftung des Versicherungsvermittlers gegenüber GGf

Das LG wies die Klage sowohl gegen die Versicherungsmakler-GmbH als auch gegen den Versicherungsvermittler selbst ab.

 

Keine Haftung der späteren Makler-GmbH

Eine Haftung der Makler-GmbH schied nach Ansicht des LG aus. Denn die Makler-GmbH hatte der Versicherungsvermittler erst nach der Beendigung seiner Handelsvertretertätigkeit gegründet. Die GmbH bestand im Zeitpunkt der Beratungen noch nicht. Sie haftete daher weder als juristische Person noch als Vor-GmbH.

 

Keine persönliche Haftung des Vermittlers

Nach Ansicht des LG traf den Versicherungsvermittler keine persönliche Haftung. Denn die beiden GGf hätten nicht nachgewiesen, dass der Versicherungsvermittler ihnen gegenüber als selbständiger Versicherungsmakler aufgetreten sei. Vielmehr glaubten die Richter der Version des Vermittlers: Dieser hatte nämlich vorgetragen und durch E-Mail-Verkehr auch untermauern können, dass er zum Zeitpunkt der Beratung im Namen einer Vertriebs-GmbH aufgetreten war, für die er damals als Handelsvertreter fungierte.

 

Nach Ansicht des LG kam es somit auf den Inhalt der gemeinsamen Gespräche gar nicht an.

 

Wichtig | Die Vertriebs-GmbH selbst, für die der Vermittler tätig war, haben die beiden GGf nicht in Anspruch genommen. Weshalb nicht, blieb offen.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Ihre Beratungsdokumentation muss eine ordnungsgemäße Beratung belegen, um später der Abwehr möglicher Schadenersatzansprüche zu dienen. Beherzigen Sie daher Folgendes:

 

  • Achten Sie darauf, dass Sie den Inhalt Ihrer Beratung immer ordnungsgemäß und hinreichend dokumentieren, um damit ggf. nachweisen zu können, weshalb Sie wann welche Empfehlung gegeben haben.

 

  • Dokumentieren Sie stets explizit, in wessen Namen Sie auftreten.

 

  • Lassen Sie die Dokumentation von Ihren Kunden unterschreiben. Damit können Sie später belegen, dass Ihr Kunde das Beratungsdokument gesehen hat und mit dem Inhalt einverstanden war.

 

  • Verlassen Sie sich bei der Beratung auf die Angaben externer Dienstleister wie z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, so bietet es sich an, diese Stellungnahmen zu „verschriftlichen“, damit diese nachweisbar werden.
  •  
  • PRAXISHINWEIS | Am besten ist es, wenn Ihr Kunde selbst die für die Beratung erforderlichen Umstände bei seinen Beratern anfragt und deren Ergebnisse an Sie übermittelt. Sie können dann die Ergebnisse zur Grundlage Ihrer Beratung machen. Nehmen Sie diese Ergebnisse auch zu Ihren Dokumenten.

     

Weiterführender Hinweis

Quelle: Ausgabe 03 / 2018 | Seite 5 | ID 45104294