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01.05.2007 | Kfz-Schadenregulierung

Die wichtigsten BGH-Urteile im Überblick

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zahlreiche Urteile zum Thema Kfz-Schadenregulierung gefällt. Wir verschaffen Ihnen nachfolgend einen Überblick.

Kfz-Haftpflicht
Kein Restwertabzug bei nachgewiesener Weiternutzung

Sind die Reparaturkosten laut Gutachten (gegebenenfalls zuzüglich der Wertminderung) zwar höher als die Differenz aus Wiederbeschaffungs- und Restwert, aber niedriger als der Wiederbeschaffungswert, kann der Geschädigte wie folgt vorgehen: Er lässt in der Qualität reparieren, die er für richtig hält. Dabei genügt es, die Verkehrssicherheit wieder herzustellen. Ist die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt, kann er den Schaden auch unrepariert lassen.

Nutzt er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter, muss ihm der Versicherer den vollen Reparaturkostenbetrag laut Gutachten erstatten. Er darf nicht auf die Differenz aus Wiederbeschaffungs- und Restwert verweisen. Allerdings ist es wohl richtig, wenn der Versicherer im ersten Schritt nur die Differenz zahlt und den Rest erst nach sechs Monaten, wenn der Weiternutzungsnachweis geführt ist (BGH, Urteil vom 23.5.2006, Az: VI ZR 192/05; Abruf-Nr.  061832 ).

Sofortiger Verkauf nach vollständiger Reparatur möglich

Sind die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten niedriger als der Wiederbeschaffungswert, muss der Haftpflichtversicherer diese stets erstatten. Das gilt nach Ansicht des BGH auch, wenn der Geschädigte das Fahrzeug kurz nach der Reparatur verkauft.

Der Urteilsfall

Der Wiederbeschaffungswert lag bei 10.650 Euro, der Restwert bei 3.000 Euro, die prognostizierten Reparaturkosten bei 8.879,15 Euro (die tatsächlichen bei 9.262,45 Euro) und die Wertminderung bei 500 Euro. Der Geschädigte entschied sich während der Reparatur dafür, ein anderes Auto zu kaufen. Das tat er am Tag nach Reparaturende. Der Versicherer meinte, das sei ein Fall der Ersatzbeschaffung, so dass er dem Geschädigten nur "Wiederbeschaffungswert minus Restwert" schulde. Mehr könne der Geschädigte nur beanspruchen, wenn er das Fahrzeug nach der Reparatur weiternutze.

Der BGH hat klargestellt: Wenn die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungswert liegen, ist der Geschädigte nach tatsächlicher Reparatur in seiner Entscheidung zur Weiternutzung frei (Urteil vom 5.12.2006, Az: VI ZR 77/06; Abruf-Nr.  070295 ).

Unfallersatz-Mietwagen

Facettenreich und damit unübersichtlich ist die Rechtsprechung des BGH zum Unfallersatz-Mietwagen. Der BGH hat seine noch im Jahr 1996 an den Tag gelegte Großzügigkeit, wer einen Mietwagen zum teuren Unfallersatztarif anmiete, verstoße in der Regel nicht gegen die Schadenminderungspflicht, eindeutig aufgegeben. Begründung: Weil der unmittelbare Nachfrager nicht preisempfindlich sei ("…das muss ich ja nicht selbst bezahlen…"), seien die Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft quasi außer Kraft gewesen - und das habe zum Preiswildwuchs geführt.

Die Eckpunkte der geltenden Rechtsprechung

Kein "Mobilitätstarif": Die "Mobilitätstarife" (Mietwagen anlässlich Inspektion für 19 Euro etc.) sind für die Unfallersatzfrage unbeachtlich (Urteil vom 12.10.2004, Az: VI ZR 151/03; Abruf-Nr.  042910 ).

  • "Normaltarif": Der BGH hat den sogenannten "Normaltarif" (Selbstzahlertarif) zur Grundlage aller weiteren Überlegungen gemacht. Darauf allerdings könne ein pauschaler Zuschlag für die Mehrleistungen des Vermieters (Vorfinanzierung, höheres Ausfallrisiko etc.) rund um die Unfallersatzvermietung gemacht werden (Urteil vom 26.10.2004, Az: VI ZR 300/03; Abruf-Nr.  042911 ).
  • Zuschlag: Um diesen Zuschlag zu bestimmen, müssen keine betriebswirtschaftlichen Gutachten eingeholt werden. Der Richter darf nach §  287 Zivilprozessordnung schätzen (zuletzt Urteil vom 30.1.2007, Az: VI ZR 99/06; Abruf-Nr.  070757 ).
  • Zuschlaghöhe: Dieser Zuschlag pendelt sich in der Instanzrechtsprechung im Moment in der Größenordnung von 30 Prozent ein. Um den regional richtigen Normaltarif zu bestimmen, kann die Schwacke-Mietpreisliste zu Rate gezogen werden (Urteil vom 14.6.2006, Az: VI ZR 237/05; Abruf-Nr.  062483 ).
  • Zuschlag für Vollkasko: Auf den Zuschlag für die Vollkaskoversicherung des Mietwagens hat grundsätzlich jeder Geschädigte Anspruch, auch wenn sein eigenes Fahrzeug nicht vollkaskoversichert ist (Urteil vom 15.2.2005, Az: VI ZR 74/04; Abruf-Nr.  050809 ).
  • Vergleich: Dass der vom Geschädigten gewählte Vermieter (oft seine Werkstatt selbst oder durch seine Werkstatt vermittelt) nur einen Tarif anbietet, entlastet den Geschädigten nicht davon, gegebenenfalls bei einem anderen Vermieter zu vergleichen (zuletzt Urteil vom 30.1.2007, Az: VI ZR 99/06; Abruf-Nr.  070757 ).