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· Fachbeitrag · Betriebliche Altersversorgung

Gestaltungselemente bei den Altersgrenzen einer arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung

von Dr. Claudia Veh, Schweizer Leben Pensionsmanagement, München

| Bei der Erstellung einer betrieblichen Versorgungsordnung müssen Arbeitgeber zahlreiche rechtliche Vorgaben beachten. Diese ändern sich immer wieder aufgrund neuer Gesetze, Verwaltungsanweisungen oder Rechtsprechung. Aktuell hat das BAG Urteile zur (Un-)Zulässigkeit von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Berechtigung oder die Höhe einer arbeitgeberfinanzierten Versorgungsleistung gefällt. Nachfolgend erfahren Sie, welche Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben und was nicht zulässig ist. |

Grundregel: Bezug nicht vor Alter 60 bzw. 62 Jahren

Damit es sich überhaupt um eine betriebliche Altersversorgung (bAV) im Sinne des BetrAVG und im Sinne des Steuerrechts handelt, darf die Altersgrenze für den Bezug einer Altersleistung nicht unter 60 Jahren liegen. Bei Versorgungszusagen, die nach dem 31. Dezember 2011 erteilt wurden oder werden, erhöht sich die Grenze auf 62 Jahre. Nur in eng begrenzten Fällen sind hiervon Ausnahmen möglich (berufsspezifische Besonderheiten, BMF, Schreiben vom 24.7.2013, Az. IV C 3 - S 2015/11/10002; IV C 5 - S 2333/09/10005; Abruf-Nr. 132690, Rz. 286, sowie PSV-Merkblatt 300/M4). Es ist somit schlichtweg keine bAV, wenn die Versorgungsordnung Altersleistungen zum Beispiel ab Alter 58 vorsehen würde.

Festlegung eines Höchstaufnahmealters

Unter einem Höchstaufnahmealter versteht man eine Regelung, wonach nur Mitarbeiter in die Versorgungsordnung einbezogen werden, die bei Eintritt in das Unternehmen ein bestimmtes Alter, zum Beispiel 50 Jahre, noch nicht überschritten haben. Damit wäre das Versorgungswerk für einen Arbeitnehmer verschlossen, der mit 51 Jahren in das Unternehmen eintritt. Ein Höchstaufnahmealter wirkt wie eine Wartezeit. Denn bei einer Wartezeit von beispielsweise 15 Jahren wären bei einer Altersgrenze von 65 Jahren alle Arbeitnehmer ausgeschlossen, die erst im Alter von 50 Jahren oder älter eintreten.

 

Grundsätzlich keine Diskriminierung

Betroffene Arbeitnehmer fühlen sich bei solchen Regelungen oft wegen ihres Alters unzulässig diskriminiert. Das BAG hält jedoch in ständiger Rechtsprechung diese Ungleichbehandlung nach § 10 Satz 3 Nr. 4 des AGG für gerechtfertigt (BAG, Urteil vom 12.2.2013, Az. 3 AZR 100/11; Abruf-Nr. 130759).

 

PRAXISHINWEIS | Höchstaltersgrenzen machen das System der arbeitgeberfinanzierten bAV für den Arbeitgeber kalkulierbarer. Zudem liegt es in seinem Ermessen, ab welcher Betriebszugehörigkeitsdauer er einen Arbeitnehmer mit einer Anwartschaft auf bAV „belohnen“ will.

 

Prüfung der Interessen der Arbeitnehmer

Das BAG betont, dass bei der Festlegung einer Höchstaltersgrenze als Voraussetzung für den Bezug der bAV-Leistungen auch die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigt werden müssen. Denn die bAV hat nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter.

 

Diesbezüglich ist eine weitere Entscheidung wichtig: Auch bei der Überführung einer Versorgungsordnung in ein geändertes System sieht das BAG den Ausschluss von Arbeitnehmern, die das 63. Lebensjahr vollendet haben, nicht als unzulässige Diskriminierung wegen des Alters an (BAG, Urteil vom 17.9.2013, Az. 3 AZR 686/11; Abruf-Nr. 133962). Die Altersgrenze von 63 Jahren berücksichtige, dass die Arbeitnehmer bei einer Regelaltersgrenze von 65 Jahren ohnehin nur noch eine relativ geringe Betriebstreue erbringen und nur noch geringe Zuwächse erdienen können. Außerdem war es im entschiedenen Fall üblich, dass Arbeitnehmer spätestens mit 63 Jahren ausschieden.

Festlegung eines Mindestalters

Das Anrecht auf eine arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente von einem Mindestalter abhängig zu machen, verstößt ebenfalls nicht gegen das Diskriminierungsverbot (BAG, Urteil vom 10.12.2013, Az. 3 AZR 796/11; Abruf-Nr. 133933). Im Urteilsfall war in der Versorgungsordnung eine Invalidenrente wegen Berufsunfähigkeit nur für die Fälle vorgesehen, bei denen der Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls mindestens das 50. Lebensjahr beendet hat.

 

PRAXISHINWEIS | Eine Altersgrenze dient grundsätzlich der Begrenzung der Kosten der bAV für den Arbeitgeber sowie der Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen. Diese Ziele sind objektiv, angemessen und damit gerechtfertigt.

 

Keine geschlechtsspezifischen Unterschiede

Früher waren in Versorgungsplänen oftmals unterschiedliche Altersgrenzen für Männer und Frauen festgelegt. Es stellt jedoch eine unmittelbare Diskriminierung von Männern dar, wenn diese zum Beispiel erst ab dem 65. Lebensjahr eine Betriebsrente erhalten, Frauen bereits ab dem 60. Lebensjahr. Unterschiedliche Altersgrenzen sind für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 unzulässig (EuGH, Urteil vom 17.5.1990, Rs. C-626/88).

 

PRAXISHINWEIS | Bei den Leistungen sowie den Leistungsvoraussetzungen dürfen grundsätzlich keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen gemacht werden (auch unzulässig wäre eine Witwenrente oder Witwerrente).

 

Festlegung einer Wartezeit

Oft sehen Versorgungspläne eine Wartezeit vor. Tritt zum Beispiel während der ersten zehn Beschäftigungsjahre ein Leistungsfall ein, werden keine Leistungen aus der bAV fällig. Dass ein Arbeitgeber nicht gleich nach kurzer Dienstzeit mit Leistungsansprüchen belastet werden will, ist zulässig (BAG, Urteil vom 12.2.2013, Az. 3 AZR 100/11; Abruf-Nr. 130759).

Sonstige Ausschlusskriterien

Neben der Festlegung bestimmter Altersgrenzen kann die Versorgungsordnung von weiteren Kriterien abhängig gemacht werden. Die wichtigsten sind:

 

  • Der Geltungsbereich einer Versorgungsordnung kann auf Personen mit einem bestimmten Status begrenzt werden, zum Beispiel Abteilungsleiter. Aufgrund des Gleichbehandlungs- und Gleichberechtigungsgrundsatzes sowie des AGG müssen sachliche Gründe für die Gruppenbildung vorliegen. Für den Fall der Abteilungsleiter kann argumentiert werden, dass diese besonders stark an das Unternehmen gebunden werden sollen. Das Versorgungsversprechen gilt dann auch erst mit Erreichen des Status als erteilt.

 

  • Befristet beschäftigte Arbeitnehmer dürfen vom bAV-System ausgeschlossen werden (BAG, Urteil vom 15.1.2013, Az. 3 AZR 4/11; Abruf-Nr. 140247). Die sachliche Rechtfertigung liegt in diesem Fall darin, dass die bAV unter anderem die Betriebstreue des Arbeitnehmers fördern und belohnen will. Die während des befristeten Arbeitsverhältnisses erbrachte Betriebstreue wird dadurch ausreichend berücksichtigt, dass die Beschäftigungszeit, wenn sich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt, vom Beginn der ununterbrochenen Beschäftigungszeit an rechnet.

 

  • Teilzeitkräfte oder geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer („Mini-Jobber“) dürfen grundsätzlich nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitkräfte (§ 4 TzBfG). Auch hier gilt allerdings die Ausnahme, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten.
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  • PRAXISHINWEIS | Bei Mini-Jobbern kann und sollte die Höhe der Leistungen aus der bAV entsprechend dem Beschäftigungsgrad im Vergleich zu Vollzeitkräften reduziert werden.

     

Keine Altersgrenzen bei arbeitnehmerfinanzierter bAV

Der Ausschluss bestimmter Personen von der bAV, zum Beispiel durch eine Mindest- oder Höchstaltersgrenze, ist bei einer Entgeltumwandlung im Rahmen des § 1a BetrAVG nicht möglich. Das bedeutet für eine arbeitnehmerfinanzierte bAV: Unabhängig von seinem Alter hat jeder in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmer - auch ein nur befristet Beschäftigter - das Recht, bis zu vier Prozent der rentenversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze (im Jahr 2014 2.856 Euro) von seinem Bruttogehalt in eine Anwartschaft auf bAV umzuwandeln.

 

Weiterführender Hinweis

Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 18 | ID 42583631