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· Fachbeitrag · Unternehmensnachfolge

Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen richtig gestalten - Teil II

von Rechtsanwalt Dr. Günther Heinicke, Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth & Kollegen, München

| Die Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten. Der „WVM“ greift daher in einer Beitragsserie alle Aspekte der Veräußerung eines Maklerunternehmens oder der Übertragung von Versicherungsbeständen auf und gibt Ihnen Denk- und Lösungsansätze an die Hand. In dieser Ausgabe erfahren Sie, welche rechtlichen Gestaltungsoptionen Ihnen bei der Unternehmensnachfolge zur Verfügung stehen, welche Probleme dabei auftreten und wie Sie diese lösen. |

Die Alternativen bei der Unternehmensnachfolge

Wer das von ihm aufgebaute Maklerunternehmen bzw. die Mehrfachagentur ökonomisch verwerten möchte, kann dieses Ziel mit folgenden Gestaltungsalternativen verfolgen:

 

Einbringung des eigenen Einzelunternehmens in eine Gesellschaft

Die erste Alternative ist die Einbringung des eigenen Einzelunternehmens in eine Gesellschaft mit den vorgesehenen Nachfolgern oder die Aufnahme der vorgesehenen Nachfolger in eine schon bestehende Gesellschaft.

 

In diesen Fällen werden die Fragen zur Art und Dauer der vorgesehenen Zusammenarbeit, die Altersversorgung der Altgesellschafter, gegebenenfalls Zeitpunkt des Ausscheidens der Altgesellschafter gegen Abfindung oder Statuswechsel der Altgesellschafter nach einer bestimmten Zeit bei fortdauernder Kapitalbeteiligung, etwa in Form eines Kommanditanteils usw. im Gesellschaftsvertrag geregelt.

 

Unternehmensverkauf im Ganzen

Eine zweite Alternative ist der Unternehmensverkauf im Ganzen mit den folgenden Unteralternativen:

 

  • Asset Deal: Die einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens (zum Beispiel die Büroeinrichtung, Kundenlisten, Forderungen, Bestände) werden im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen. Diese Übertragungsform ist von Einzelunternehmen und von Gesellschaften auf andere Einzelunternehmen und auf Gesellschaften möglich.

 

  • Share Deal: Hier werden Anteile an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft als Ganzes auf den Erwerber übertragen. Veräußerer können Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sein (Anteilseigner), also nicht die Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden. Der Erwerber erwirbt die Anteile an der Gesellschaft, also nicht unmittelbar die Vermögensgegenstände der Gesellschaft. Ein Share Deal ist also nicht möglich, um das Gesamtunternehmen oder die diesem Unternehmen zugeordneten Vermögensgegenstände eines Einzelkaufmanns zu erwerben, soweit das Einzelunternehmen nicht zuvor - was steuerlich neutral zu Buchwerten möglich ist - durch Einbringung oder Ausgliederung in eine Gesellschaft überführt wird. Das kann auch eine Einmanngesellschaft etwa in Form einer kleinen Aktiengesellschaft, GmbH oder GmbH & Co. KG sein.

 

  • Vorteil des Share Deals: Die Gesamtrechtsnachfolge erfolgt durch Anteils-erwerb. Nachteil: Auch unbekannte, in der Bilanz nicht ausgewiesene Verbindlichkeiten können die übertragene Gesellschaft belasten.

 

Teilübertragungen oder Veräußerung eines Teilbestands

Dritte Alternative sind die Teilübertragung eines Versicherungsmaklerunternehmens oder die Veräußerung eines Teilbestands.

 

  • Die Einbringung des gesamten Einzelunternehmens oder eines selbstständigen (abgegrenzten) Teilbetriebs in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft ist nach dem Umwandlungssteuergesetz steuerneutral möglich.

 

  • Beachten Sie | Bei einem Teilbetrieb muss es sich um einen gesondert geführten Betrieb mit eigener Organisation und Buchhaltung handeln - Voraussetzungen, die bei dieser Gestaltungsvariante im Vorfeld der geplanten Veräußerung geschaffen werden müssen. Anderenfalls drohen steuerliche Nachteile durch Aktivierung stiller Reserven.

 

  • Bei Veräußerung eines Teilbestandes unterliegt der Erwerbsvorgang der Umsatzsteuerpflicht. Die Crux dabei ist, dass der erwerbende Makler die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen kann, weil Versicherungsvermittler nicht mehrwertsteuerpflichtig sind. Mehr dazu erfahren Sie in einem späteren Beitrag, in dem die steuerlichen Fragen zur Unternehmensnachfolge bei Versicherungsmaklern beantwortet werden.

 

  • Daneben ergeben sich datenschutzrechtliche Probleme: Bei der Übertragung eines Teils der Kundenbestände auf den erwerbenden Makler müssen diesem Daten der Kunden mitgeteilt werden. Das aber ist nur mit Zustimmung der Kunden zulässig.

Nachfolge durch gesellschaftsrechtliche Gestaltung

Stehen verdiente Mitarbeiter, tüchtige Handelsvertreter oder gar geeignete Familienmitglieder für die Nachfolge zur Verfügung, ohne dass diese den angemessenen Kaufpreis ad hoc aufbringen können, kann es sich anbieten, mit diesen eine Gesellschaft zu gründen und das eigene Unternehmen in diese Gesellschaft einzubringen.

 

Wichtig ist die angemessene Gesellschaftsform für das eigene, regelmäßig mittelständische Dienstleistungsunternehmen zu wählen. Hier sollte sich der Makler mit seinem Steuerberater abstimmen und einen im Gesellschaftsrecht versierten Anwalt hinzuziehen.

 

Als grober Maßstab gilt: Weniger geeignet sind Kapitalgesellschaften wegen der steuerlichen Dreifachbelastung mit Körperschaftssteuer, hiermit nicht verrechenbarer Gewerbesteuer und Abgeltungsteuer bei Gewinnausschüttungen. Besser geeignet sind Personengesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG), bei denen

  • Einkünfte aus Gewerbetrieb zu versteuern sind, die den einzelnen Gesellschaftern einkunftsanteilig zuzurechnen sind,
  • eine überwiegende Verrechnung der Gewerbesteuer mit Einkommensteuer möglich ist,
  • die Gewinnaufteilung abweichend von den Kapitalanteilen zum Beispiel nach wirtschaftlichem Vermittlungserfolg der einzelnen Gesellschafter erfolgen und
  • festgelegt werden kann, welche Kosten die Gesellschaft trägt und welche Kosten der einzelne Gesellschafter als Sonderbetriebsausgaben (zum Beispiel Kfz-Kosten).
  • Ferner können Personengesellschaften bei Zwistigkeiten leichter auseinandergenommen werden als Kapitalgesellschaften.

 

Der Vorteil der „Gesellschaftslösung“ besteht in einer hohen Kontinuität des Unternehmens, weil die Altgesellschafter zunächst weiter mitarbeiten. Der Nachteil gegenüber dem Unternehmensverkauf besteht darin, dass in der Regel an die Altgesellschafter nicht sofort Geld fließt und die Nachhaltigkeit der Altersversorgung vom wirtschaftlichen Erfolg der Neugesellschafter abhängt.

 

PRAXISHINWEIS | Die Altersversorgung lässt sich durch eine von den Neugesellschaftern zu zahlende Rente für die Übernahme von Geschäftsanteilen der Altgesellschafter sichern. Ferner können die Altgesellschafter eine dauerhafte Kapitalbeteiligung an den Erträgen der Gesellschaft bei Wechsel in eine Kommanditbeteiligung erhalten, gegebenenfalls verbunden mit der Möglichkeit, durch Vermittlung von Verträgen noch Abschlussprovisionen zu verdienen. Konflikte können dabei entstehen, wenn die Interessen nicht fair ausbalanciert sind und die Neugesellschafter den Eindruck haben, zu stark durch Zahlungen an die nicht mehr mitarbeitenden Altgesellschafter belastet zu sein.

 

Wer diese Konflikte vermeiden und Kapital generieren möchte, über das er frei verfügen kann, wird den Unternehmensverkauf im Ganzen bevorzugen.

Der Unternehmensverkauf im Ganzen

Bei allen Unternehmensverkäufen sind die folgenden, kurz zusammengefassten Gesichtspunkte zu beachten:

 

Geschäftsgeheimnisse

Bei der Vorbereitung eines Unternehmensverkaufs werden regelmäßig wichtige Geschäftsgeheimnisse offengelegt. Bevor Detailinformationen über die allgemeinen Angaben im Informationsmemorandum hinaus erteilt werden, ist mit Kaufinteressenten eine Geheimhaltungsvereinbarung nach folgenden Kriterien zu schließen:

  • Die Geheimhaltungsverpflichtung ist abzugeben vom Kaufinteressenten, bei Gesellschaften, deren Organe und für die Kaufentscheidung und Prüfung ausgewählte Mitarbeiter; gegebenenfalls mit
    • Ausdehnung auf die übrigen Mitarbeiter des Kaufinteressenten,
    • Ausdehnung auf Gesellschafter und verbundene Unternehmen und
    • Ausdehnung auf mit der Akquisition befasste Dritte, insbesondere Berater und deren Mitarbeiter.
  • Vertragsstrafe
  • Dauer der Geheimhaltung
  • Verschwiegenheitsverpflichtung und Verwertungsverbot auch bei Scheitern der Verhandlung
  • Rückgabe-/Vernichtungsverpflichtung hinsichtlich der überlassenen Unterlagen/Daten bei Scheitern der Verhandlungen

 

Letter of intent

Ein erfahrener Käufer drängt, insbesondere in fortgeschrittenen Verhandlungsstadien, oft auf den Abschluss einer Exklusivvereinbarung, wonach der Verkäufer sich verbindlich verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum nicht mit Dritten in Verhandlung zu treten oder zumindest keinen verbindlichen Vertrag über das Zielunternehmen zu schließen.

 

Aus Sicht des Verkäufers sollten hingegen parallele Verhandlungen mit mehreren Interessenten solange wie möglich stattfinden können oder zumindest als Möglichkeit offen gehalten werden. Denn der Käufer wird nur dann an die Grenzen seiner Möglichkeiten gehen, wenn er konkurrierende Angebote befürchtet.

 

PRAXISHINWEIS | Lassen sich Exklusivitätsvereinbarungen nicht vermeiden, sollten sie in einem Letter of Intent

  • auf einen möglichst kurzen Zeitraum begrenzt werden,
  • für den Fall des Scheiterns der Vertragsverhandlungen mit einer spürbaren finanziellen Entschädigung verbunden sein und
  • auf Gegenseitigkeit vereinbart werden, sodass auch der Kaufinteressent nicht mit weiteren Zielunternehmen verhandeln kann.
 

Due-Diligence-Prüfung

Vor dem Kauf des Unternehmens wird dieses in der Regel von Fachleuten (Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) sorgfältig geprüft. Dies liegt auch im Interesse des Verkäufers. Dieser kann dann dem Käufer entgegenhalten, man habe ihm Schwachpunkte des Zielunternehmens offengelegt, sodass er diese gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt habe, was die Gewährleistung einschränkt.

 

PRAXISHINWEIS | Für Verkäufer kann es sich empfehlen, eine Vendor Due Diligence durchzuführen, um im Vorfeld des Verkaufs Schwachstellen im eigenen Unternehmen aufzuspüren und zu beseitigen, Verhältnisse mit Behörden zu klären oder eine freiwillige Betriebsprüfung zu veranlassen, bisher unterlassene Verträge zu dokumentieren und so das Zielunternehmen besser zu strukturieren.

 

 

Gewährleistungsregelungen im Vertrag

Bei einem Unternehmenskauf ist auch § 434 BGB (Sachmangel) zu beachten. Danach liegt ein Mangel vor, wenn die Kaufsache nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Für den Fall, dass keine Vereinbarung getroffen wurde, ist eine Sache nur dann frei von Mängeln, wenn sie sich zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch eignet, also eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

 

Ohne vertragliche Vereinbarung kommen also zahlreiche subjektive Elemente ins Spiel. Die gesetzliche Regelung ist daher insoweit für Unternehmenskäufe ungeeignet. Vielmehr sollten im Unternehmenskaufvertrag folgende Punkte geregelt werden:

 

  • Klare Beschaffenheitskriterien sollten definiert werden.
  • Der Verkäufer sollte unter Bezugnahme auf die dem Käufer ermöglichte Due-Diligence-Prüfung präzise selbstständige Garantien geben, wofür er einzustehen hat.
  • Bei unklaren Sachverhalten ist exakt zu definieren, welche Rechtsfolge beim Eintritt welcher Entwicklung eingreift. Zum Beispiel: Kaufpreisminderung bei Abspringen von mehr als 30 Prozent der Bestandskunden im ersten halben Jahr nach Übernahme des Maklerunternehmens durch den Käufer.
  • Die Rechtsfolgen einer etwaigen negativen Abweichung des Kaufgegenstandes von der in den Garantien festgelegten Soll-Beschaffenheit sollten konkret festgelegt werden.
  • Der gesetzlich geregelte Rücktritt beim Unternehmenskauf sollte als nicht interessengerecht auch für den Fall eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) ausgeschlossen und durch Schadenersatzzahlungen kompensiert werden.
  • Zugunsten des Verkäufers sollte - außer in Fällen des Vorsatzes (§ 202 Abs. 1 BGB) - die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche auf sechs Monate ab Kenntnis des Käufers von den Anspruchsgrundlagen, spätestens jedoch zum zweiten Jahrestag ab Vertragsschluss verkürzt werden. Die Anwendbarkeit des § 203 BGB, wonach Verhandlungen die Verjährung hemmen, sollte ausgeschlossen und durch eine mögliche Verjährungshemmungsvereinbarung der Parteien ersetzt werden
  • Bagatellschäden sollten von der Haftung ausgenommen und eine Haftungsobergrenze vereinbart werden.

 

Weiterführende Hinweise

  • In der nächsten Ausgabe wird die Beitragsserie „Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen richtig gestalten“ mit Teil III fortgesetzt. Die Themen sind: Haftung gegenüber Dritten und Übernahme von Verbindlichkeiten, Festlegung des Kaufpreises und der Zahlungsmodalitäten sowie Antworten auf die Fragen zum Datenschutz.
  • Teil I der Beitragsserie „Unternehmensnachfolge im Maklerunternehmen richtig gestalten“ finden Sie in WVM 2/2014, Seite 16

 

Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 5 | ID 42478077