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14.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132557

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 03.06.2013 – 6 K 2289/11

Eine Klausel, mit der der Versicherungsvertreter „im Rahmen seiner Möglichkeiten” laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern zu pflegen und sie zu beraten hat mit dem Ziel, dass der Kunde stets umfassend versichert ist und bleibt, ist zu unbestimmt, um eine Rechtspflicht des Vertreters zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen ohne Folgeprovisionen zu begründen.


Finanzgericht Rheinland-Pfalz v. 04.06.2013

6 K 2289 / 11

Tatbestand

Streitig sind Rückstellungen eines Versicherungsvertreters wegen Erfüllungsrückstands aufgrund der Verpflichtung zur Pflege von Versicherungsverträgen, für die nur Abschlussprovisionen erzielt wurden.

Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.

Der Kläger ist selbstständiger Versicherungskaufmann. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG.

Seine Tätigkeit für die A Versicherungs-AG basiert auf dem Vertretungsvertrag vom 26.02.2001/01.03.2001 (Bl. 109 – 118 Akte 6 K 2288/ 11 ). Nach diesem Vertrag sind Folgeprovisionen nur für Sachversicherungen vereinbart.

Es wurde die Anwendung der allgemeinen Vertragsbestimmungen für hauptberufliche Vertreter und der allgemeinen Provisionsbestimmungen (Bl. 269 – 275 Akte 6 K 2289 / 11 im Folgenden Prozessakte -PA-) vereinbart.

Ziffer 100 der allgemeinen Vertragsbestimmungen lautet:

„Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten, pflegt der Vertreter im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern, berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch. Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist und bleibt.”

Mit der Nachbetreuung von Versicherungsverträgen sind drei Mitarbeiter des Klägers betraut.

Lt. Steuererklärung betrug der Verlust des Klägers im Streitjahr 2005 126.281 €. Gewinn mindernd hatte er eine Rückstellung in Höhe von 284.609 € für die Kosten der Betreuung von Lebens- und Unfallversicherungsverträgen gebildet (Berechnung Bl. 29 PA). Dabei setzte der Kläger einen Nachbetreuungsaufwand von 2 Stunden je Wirtschaftsjahr und Vertrag an.

Der Beklagte berücksichtigte die Rückstellung nicht und legte dem Einkommensteuerbescheid 2005 einen Gewinn in Höhe von 158.328 € zugrunde.

Der Kläger legte gegen die Einkommensteuerfestsetzung Einspruch ein und berief sich auf das Urteil des BFH vom 28.07.2004 – XI R 63/03 (BStBl II 2006, 866), wonach der Versicherungsvertreter eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden habe, wenn er vom Versicherungsunternehmen die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch die weitere Betreuung des Versicherungsvertrages erhalten habe.

Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als der Beklagte eine Gewerbesteuerrückstellung berücksichtigte. Im Übrigen wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.03.2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger im ersten Rechtsgang vor, die Bildung der Rückstellung sei nach der Rechtsprechung des BFH berechtigt. Der Nichtanwendungserlass des BMF negiere lediglich die Wesentlichkeit des Nachbetreuungsaufwands ohne konkrete Feststellungen hierzu.

Den Betreuungsaufwand habe die A in einem Rundschreiben mit 2 Stunden angegeben. Diesen Wert habe der Kläger deshalb ansetzen dürfen. Er habe eine Aufstellung gefertigt, in der stichprobenartig der Aufwand pro Vertrag erfasst sei; hieraus habe sich eine Bearbeitungszeit pro Vertrag von 112 Minuten ergeben. Der Aufstellung lägen Aufzeichnungen in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.05.2007 zugrunde, die repräsentativ für das Streitjahr seien. Fahrtkosten seien in der Aufstellung noch nicht enthalten. Die Werte lägen künftig erwartungsgemäß eher noch höher, wenn eine Umstellung der gezillmerten Verträge vorgenommen werden müsse.

Folgende Arbeiten habe er im Rahmen der Nachbetreuung zu erledigen:

Arbeitgeberwechsel/Versicherungsnehmerwechsel, ggf. Fahrt zum neuen Arbeitgeber

Namensänderung

Bezugsrechtsänderung

Policendarlehen und Rückführung

Kontoänderungen

Veränderung der Zahlungsweise

Reduzierung der Versicherungssumme / des Beitrages

Todesfall

Berechnung der Ablaufsumme / des Rückkaufwertes

Auskünfte über veränderte Überschussbeteiligung und Erklärung warum

Auswirkungen auf die Vermögensplanung

Auswirkung auf die Finanzierung

Nachversicherung

Aufbereitung für Bürgschaften

Rentenberechnungen

Änderungen im Zuge der dynamischen Anpassung

Abwicklung bei Berufsunfähigkeit, ggf. mit Fahrt zum Arzt, zur A, zum Kunden

Kündigung/Abwehr

Trennungen

Auswirkungen auf die Pensionszusage etc.

Sonstiges (z.B. Fahrzeiten, Aufbereitung für Rentenberechnungen, Auswirkung geänderte staatliche Berufsunfähigkeits-, bzw. Invalidenrente, Auswirkung auf die Berufsunfähigkeit/Versorgung, verschiedene sonstige Fragen)

Er legte ein Schreiben der A vom 05.10.2005 (Bl. 28 PA) vor, mit dem diese bestätigt, dass er mit dem Agenturvertrag vom 01.04.2001 folgende Vertragsverpflichtungen übernommen hatte:

Vermittlung von Lebens- und Sachversicherungen

Betreuung und Erhaltung des Bestandes von Sach-, Lebens- und Rentenversicherungsverträgen

Außerdem legte er eine Liste der Lebens- und Rentenversicherungsverträge mit Angabe des jeweiligen Zeitaufwands vor (Bl. 72 – 93 PA) sowie den Agenturvertrag und die Provisionsvereinbarungen (Bl. 109 – 118 PA).

Bei einer evtl. vom Gericht vorzunehmenden Schätzung sei zu berücksichtigen, dass pro Mitarbeiter und Vertrag ein Zeitaufwand von jährlich 30 Minuten anfalle.

In der Liste seien Fahrtkosten noch nicht enthalten. Nicht alle Sachverhalte ließen sich telefonisch klären, so dass die Mitarbeiter zu den Kunden fahren müssten. Oft gehe es um Berufsunfähigkeitsversicherungen, deren Versicherungsnehmer nur eingeschränkt mobil seien. Zahlreiche Tätigkeiten müssten vor Ort vorgenommen werden, insbesondere wenn Unterschriften erforderlich seien.

Bei der Betrachtung sei die Höhe der Personalaufwendungen des Klägers in dem Zeitraum von zehn Jahren zu berücksichtigen.

Der Beklagte trug im ersten Rechtsgang vor, in Übereinstimmung mit dem Erlass des BMF vom 28. 11 .2006 (BStBl I 2006, 765) setze die Bildung einer Rückstellung eine ungewisse Verbindlichkeit voraus, die den Verpflichteten aus wirtschaftlicher Sicht wesentlich belaste. Die Nachbetreuung laufender Lebensversicherungsverträge stelle für den Versicherungsvertreter keine wirtschaftlich wesentlich belastende Verpflichtung dar.

Der Kläger habe den von ihm vorgetragenen Nachbetreuungsaufwand nicht hinsichtlich der einzelnen Verträge konkretisiert, sondern lediglich pauschal angesetzt. Er trage jedoch die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Rückstellungsbildung.

Der Vortrag zum zeitlichen Aufwand im Einzelnen werde bestritten. Soweit in der Liste nacheinander Verträge desselben Versicherungsnehmers ausgewiesen seien und jedem dieser Verträge die gleichen Aufgaben mit dem gleichen Zeitaufwand zugewiesen seien, erscheine dies nicht glaubhaft.

Die Liste betreffe im Übrigen nur ein halbes Jahr in 2007 und sei schon deshalb auf das Streitjahr nicht übertragbar.

Gegen einen Nachbetreuungsaufwand überhaupt würde im Übrigen sprechen, dass bei Verkäufen des Versicherungsbestandes die Käufer keine Abschläge wegen der Verpflichtung zur Nachbetreuung machen würden, sondern in solchen Fällen ausschließlich für die Chance, neue Provisionen verdienen zu können, ein Entgelt gezahlt werde.

Das Gericht hat der Klage im ersten Rechtsgang teilweise stattgegeben. Der BFH hat das Urteil aufgehoben mit Urteil vom 19.07.2011 Az. X R 8/10. In seinem Urteil führt der BFH aus:

„II. Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben; die Sache wird gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 EStG sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden; geboten ist ein Bilanzausweis u.a. aber bei Vorleistungen und Erfüllungsrückständen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl 1997 II S. 735 m.w.N.). Es entspricht der gefestigten BFH-Rechtsprechung, dass Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden sind, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält (BFH-Urteil in BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866; Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860; vgl. auch Wendt, Festschrift für Herzig, Unternehmensbesteuerung, 2010, 517; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 84 und Rz 550 Stichwort „Bestandspflege”).

a) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen eine dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem anderen voraus; es genügt, dass Grund und Höhe wahrscheinlich sind (Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 361, 376). In zeitlicher Hinsicht muss die Verbindlichkeit in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht sein; es muss bereits bis zum Bilanzstichtag eine wirtschaftliche Belastung eingetreten sein (BFH-Urteile vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371 und vom 29. November 2007 IV R 62/05, BFHE 220, 85, BStBl II 2008, 557).

b) Dem Einwand des FA, die Bildung der Rückstellung sei wegen Unwesentlichkeit der Verpflichtung ausgeschlossen (ebenso Nichtanwendungserlass des BMF in BStBl I 2006, 765), vermag der Senat nicht zu folgen. Es fehlt bereits an einer rechtlichen Grundlage für die Annahme, die Bildung einer Rückstellung sei nur bei wesentlichen Verpflichtungen zulässig (dazu unten aa). In jedem Fall wäre die hier gegebene --langfristige und mit erheblichen Aufwendungen verbundene-- Verpflichtung aber als „wesentlich” anzusehen (dazu unten bb).

aa) Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und den Regelungen des EStG lässt sich keine Einschränkung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen auf wesentliche Verpflichtungen entnehmen. Entgegen der Auffassung des FA folgt ein solcher Rechtssatz auch nicht aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

(1) In dem genannten BMF-Schreiben ist ausschließlich das BFH-Urteil vom 18. Januar 1995 I R 44/94 (BFHE 177, 61, BStBl 1995 II S. 742 unter II.5.) erwähnt. Dort verweist der BFH auf frühere Rechtsprechung zur Bedeutung unwesentlichen Aufwands. Tragend ist diese Urteilspassage jedoch nicht, weil der BFH im konkreten Fall die Wesentlichkeit bejaht hat.

(2) Verfolgt man die Verweise in dem genannten BFH-Urteil zurück, zeigt sich, dass auch das BFH-Urteil vom 25. Februar 1986 VIII R 134/80 (BFHE 147, 8, BStBl 1986 II S. 788 unter II.3.) keine tragenden Aussagen zu den hier interessierenden Fragen enthält. Vielmehr findet sich lediglich ein knapper Verweis auf frühere Rechtsprechung, wobei die Wesentlichkeit im konkreten Fall bejaht worden ist. Dabei ging es um eine Verpflichtung zur Erstellung von Abrechnungen; die Rückstellung belief sich auf 3,9 % des Forderungsbetrags.

(3) Letztlich verweisen die beiden vorgenannten BFH-Entscheidungen auf das BFH-Urteil vom 15. November 1960 I 189/60 U (BFHE 72, 126, BStBl III 1961, 48). Dabei handelt es sich --soweit ersichtlich-- um die einzige Entscheidung, in der der vom BMF herangezogene „Wesentlichkeitsgrundsatz” bisher tragende Bedeutung erlangt hat.

In der Sache selbst ging es um die Bewertung von Rückstellungen für die Rückvergütung von Rabattmarkenheften. Zwischen den dortigen Beteiligten war unstreitig, dass die Verpflichtung der Klägerin aus der künftigen Einlösung von Rabattmarken um den Anteil an Heften zu kürzen war, die erfahrungsgemäß niemals mehr zurückgegeben wurden. Das FA wollte die Rückstellung aber darüber hinaus noch um 300 DM bzw. 400 DM je Bilanzstichtag für die künftige Einlösung sog. „Schlussmarken” kürzen. Dabei handelte es sich um einen Teilbetrag von 0,15 DM je Markenheft im Wert von 3,15 DM, den die dortige Klägerin bei den künftigen Einlösungsvorgängen einbehalten hatte. Diese weitere Kürzung der Rückstellung --so der BFH-- könne aus Vereinfachungsgründen unterbleiben, da es sich um Kleinbeträge handele, die in den ersten Monaten des folgenden Geschäftsjahrs ausgeglichen würden und deshalb das Ergebnis nicht wesentlich beeinflussten.

In dieser Entscheidung hat der BFH --anders als das BMF offenbar meint-- nicht etwa die Bildung einer Rückstellung unter Verweis auf deren angebliche Unwesentlichkeit versagt, sondern er ist einer Kürzung der gebildeten Rückstellung durch das FA nicht gefolgt, weil die Kürzung nur unwesentlich sei.

bb) Selbst wenn die Bildung von Rückstellungen für unwesentliche Verpflichtungen --entgegen der Auffassung des Senats-- unzulässig wäre, müsste der Senat aufgrund der den Streitfall prägenden Umstände die von dem Kläger übernommenen künftigen Betreuungspflichten als „wesentlich” würdigen.

Der Sachverhalt, der der unter aa (3) genannten BFH-Entscheidung zugrunde lag, ist nicht einmal ansatzweise mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Denn die Betreuungsverpflichtung für Lebensversicherungsverträge realisiert sich bei dem Kläger nicht bereits innerhalb der ersten Monate des folgenden Geschäftsjahrs, sondern verteilt sich über die folgenden 25 Jahre. Der absolute Betrag der Rückstellung liegt im Streitfall erheblich über den in dem angeführten BFH-Urteil einschlägigen Beträgen von 300 DM bzw. 400 DM.

cc) Entgegen der Auffassung des FA ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit nicht auf die künftigen Betreuungsaufwendungen für den einzelnen Vertrag, sondern auf die im Unternehmen des Klägers künftig insgesamt anfallenden Aufwendungen für die Betreuung abzustellen. Für die vom FA vertretene Atomisierung der Verpflichtungen bietet weder das Gesetz noch die bisherige Rechtsprechung eine Grundlage. Vielmehr ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass nicht der Aufwand für das einzelne Vertragsverhältnis, sondern die Bedeutung der Verpflichtung für das Unternehmen maßgebend ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 177, 61, BStBl 1995 II S. 742 unter II.5., betr. die einzelnen Jahresabrechnungen eines Versorgungsunternehmens). Auch in dem unter aa (3) angeführten BFH-Urteil in BFHE 72, 126, BStBl III 1961, 48 ist die Bildung einer Rückstellung für die künftige Einlösung von Rabattmarkenheften zugelassen worden, obwohl pro Heft lediglich 3 DM auszuzahlen waren und sich die Wesentlichkeit erst aus der Summe der --jeweils nur geringfügigen-- Einzelverpflichtungen ergab.

dd) Das FA kann sich auch nicht auf den Beschluss des erkennenden Senats des BFH vom 18. März 2010 X R 20/09 (BFH/NV 2010, 1796) berufen, nach dem es einem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung (nach dem Maßstab des § 6 Abs. 2 EStG) auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten. Zum einen war der Steuerpflichtige nach wie vor zum Bilanzansatz berechtigt, zum anderen sind die Größenverhältnisse des Streitfalls auch nicht ansatzweise vergleichbar.

2. Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, der Kläger sei rechtlich zur Nachbetreuung der Versicherungsverträge verpflichtet. Zwar bindet die Vertragsauslegung des FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO den BFH, wenn sie den Auslegungsgrundsätzen entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. Februar 2009 IX R 76/07, BFH/NV 2009, 1268). Im Streitfall entspricht die Auslegung des FG aber nicht dem klaren Inhalt der Verträge; der hierin liegende Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Aus den vom Kläger vorgelegten Vertragsunterlagen, auf die das FG unter 2.1. Bezug genommen hat (Bl. 109 bis 118 der FG-Akte), ergibt sich lediglich, dass er für Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen --anders als für Sach-, Schaden- und Unfallversicherungen-- keine Folgeprovisionen erhalten hat. Ob und ggf. in welchem Umfang er aber gegenüber der A-Versicherung eine Rechtspflicht zur Betreuung der von ihm abgeschlossenen Versicherungsverträge übernommen hat, kann der Senat anhand der vorgelegten Vertragsunterlagen nicht erkennen. Die vom Kläger ebenfalls im finanzgerichtlichen Verfahren eingereichte Bestätigung der A-Versicherung, wonach er zur Betreuung und Erhaltung des Bestandes von Sach-, Lebens- und Rentenversicherungsverträgen verpflichtet sei (Bl. 14 der FG-Akte), ist zu vage, als dass hieraus die von ihm behaupteten umfangreichen Rechtspflichten gegenüber der A-Versicherung abgeleitet werden könnten. Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang die Frage zu klären haben, ob und in welchem Umfang der Kläger zur Betreuung der Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen verpflichtet war. Leistungen, die der Kläger gegenüber seinen Kunden ohne Rechtspflicht erbracht hat, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 860).

3. Sofern die weiteren Ermittlungen des FG ergeben, dass eine Rechtspflicht zur weiteren Betreuung der abgeschlossenen Versicherungsverträge bestanden hat, sind hinsichtlich der Höhe der Rückstellung folgende Grundsätze zu beachten:

a) Die Nachbetreuungsverpflichtung ist eine Sachleistungsverpflichtung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG; sie ist mit den Einzelkosten und den Gemeinkosten zu bewerten.

b) Abzustellen ist auf die Anzahl der Versicherungsverträge, für die noch künftige Betreuungsleistungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung zu erbringen sind, für die aber kein weiteres Entgelt beansprucht werden kann.

Einbezogen werden dürfen nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge. Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden (auch Bestandskunden) zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen (Einwerbung von Neugeschäften), sind nicht rückstellbar.

Nicht einzubeziehen ist der Aufwand für die eigene künftige Arbeitsleistung des Betriebsinhabers; Vertreter ohne angestelltes Personal können daher von vornherein keine Rückstellung bilden. Sollte neben dem angestellten Personal auch der Einzelunternehmer selbst in die Betreuung eingeschaltet sein, könnte für den von ihm erbrachten Teil der Leistungen ebenfalls keine Rückstellung gebildet werden.

c) Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr von entscheidender Bedeutung; zur Darlegung des (voraussichtlichen) Zeitaufwandes ist im Einzelnen notwendig:

die genaue Beschreibung der einzelnen Betreuungstätigkeiten; die Darstellung muss das FA und das FG in die Lage versetzen, anhand der rechtlichen Anforderungen zu prüfen, ob der Aufwand für die jeweilige Tätigkeit zur Bildung einer Rückstellung berechtigt;

die Angabe, welchen Zeitbedarf die jeweilige Tätigkeit mit sich bringt, wenn sie im Einzelfall anfällt;

die Angabe, wie oft die jeweilige Tätigkeit über die Gesamtlaufzeit des jeweiligen Vertrags zu erbringen ist;

die Höhe der Personalkosten pro Stunde Betreuungszeit;

die Laufzeit bzw. Restlaufzeit der einzubeziehenden Verträge; dabei ist vor allem auch der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass ein Teil der Verträge vorzeitig gekündigt wird.

d) Neben dem zeitlichen Umfang der Betreuungsleistungen ist für die Bemessung der Rückstellung der Stundenlohn der vom Kläger für die Nachbetreuung eingesetzten Mitarbeiter von Bedeutung. Wie das FG sieht auch der Senat konkret keine Veranlassung, die vom Kläger angesetzten Beträge in Höhe von 14 €, 19 € und 22 € zu beanstanden.

e) Kommt das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, dass eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand auszuweisen ist, wird diese gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG --wie bereits im ersten Rechtsgang geschehen-- abzuzinsen sein.

4. Über die unter 3. bezeichneten Angaben sind Aufzeichnungen zu führen und vorzulegen.

a) Diese Aufzeichnungen müssen so konkret und spezifiziert sein, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass eine Rückstellung ein Passivposten ist, der eine dem Grund und/oder der Höhe nach noch ungewisse (also nur wahrscheinliche) künftige Verbindlichkeit zum Ausdruck bringt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Rückstellung jedes Jahr angepasst werden muss und jedes Jahr zu prüfen ist, in welchem Umfang der rückgestellte Aufwand tatsächlich eingetreten ist und ob für die Zukunft Korrekturen vorzunehmen sind. Dieser Natur des Rückstellungspostens entsprechend (Schätzung von Aufwand, der auf u.U. sehr langfristigen Verpflichtungen beruht) kann ggf. auch auf spätere Aufzeichnungen zurückgegriffen werden, sofern sie geeignet sind, die voraussichtlich anfallenden Kosten zu belegen.

b) Die laufenden Aufzeichnungen sind „vertragsbezogen” zu führen; der Steuerpflichtige hat zu belegen, welche einzelnen Tätigkeiten (z.B. Fälle von Namens- und Adressenänderungen, Beitragsfreistellungen, Baufinanzierungen, Abtretungen, Änderungskündigungen) in welcher Häufigkeit mit welchem Zeitaufwand über die Gesamtlaufzeit des einzelnen Vertrags (typischerweise) anfallen werden. Diese Prüfung muss nicht für alle Verträge einzeln vorgenommen werden; im Einzelfall können fundierte Stichproben (z.B. anhand eines bestimmten Prozentsatzes der Verträge oder nach bestimmten Anfangsbuchstaben der Kundennamen) ausreichen, um eine hinreichende Rückstellungswahrscheinlichkeit zu begründen.

c) Die Richtigkeit der vorgenommenen Aufzeichnungen kann im Einzelfall verprobt werden durch eine Gegenüberstellung von Verträgen ohne Bestandspflegeprovision mit Verträgen mit Bestandspflegeprovision. Dabei muss die Vergleichbarkeit der Versicherungen gewährleistet sein; so darf etwa der Teil der Bestandspflege, der auf den Inhaber der Versicherungsagentur entfällt, nicht berücksichtigt werden.

d) Eine derartige Dokumentation der Beratungsleistungen erlegt dem Steuerpflichtigen keine unangemessenen und unverhältnismäßigen Belastungen auf. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der zu führende Belegnachweis sich auf Vorgänge bezieht, die sich allein in der Sphäre des Steuerpflichtigen zugetragen haben und die zu einem späteren Zeitpunkt nur in eingeschränktem Umfang und nur mit erheblichem Ermittlungsaufwand auf ihre zutreffende Erfassung hin überprüft werden können (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl 2006 II S. 408 unter II.1.c, zu den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch). Zum anderen sind auch angesichts der Höhe und der Zeitdauer des vom Kläger geltend gemachten Erfüllungsrückstandes aussagekräftige Aufzeichnungen geboten.

5. Zutreffend ist das FG im ersten Rechtsgang davon ausgegangen, dass die Kläger letzten Endes die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die von ihnen behaupteten Aufwendungen für Betreuungsleistungen tragen. Da es sich um Angaben aus der Sphäre der Steuerpflichtigen handelt, die von der Finanzverwaltung regelmäßig nur eingeschränkt nachgeprüft werden können und die zudem der Herbeiführung einer Steuerminderung dienen, tragen die Steuerpflichtigen die volle Feststellungslast für ihre entsprechenden Tatsachenbehauptungen (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2007 X R 11 /07 , BFHE 220, 3, BStBl II 2008, 335).

III.

Die Revision des FA ist ebenfalls begründet; auch im Umfang der Klagestattgabe beruht das angefochtene Urteil auf der beanstandeten Vertragsauslegung (s. oben unter II.2.).e”

Im zweiten Rechtsgang trägt der Kläger vor, aus der bereits im ersten Rechtsgang vorgelegten Liste der Tätigkeiten ergäben sich die vom BFH geforderten Angaben, nämlich Vertrag, Wohnort, Ablauf des Vertrages, Beitrag, Zeitaufwand in Minuten und Art der Tätigkeit. Aus den Listen ergebe sich auch, dass der Kläger selbst nicht tätig geworden sei. Für das Jahr 2011 habe der Kläger die Liste komplett geführt; es handele sich um ca. 2.400 Seiten. Auf Anforderung hin könne die Liste für 2011 vorgelegt werden. Die A habe mit Schreiben vom 26.01.2012 (Bl. 264/265 PA) erneut bestätigt, dass der Kläger keine Betreuungsprovisionen erhalte, gemäß Ziffer 100 der Vertragsbedingungen (Bl. 269 PA) sei er gleichwohl zur Nachbetreuung verpflichtet. Als Zeuge hierfür werde der Vorstandsvorsitzende der A, Herr D., benannt.

Neuere Verträge der A enthielten die Nachbetreuungspflicht explizit; der Kläger könne jedoch auf eine Ergänzung seiner Verträge deshalb nicht bestehen, weil die A dies als Neuabschluss werte mit der Folge, dass er die neuen, wesentlich ungünstigeren Bedingungen akzeptieren müsse.

Gleichwohl sei auch er zur Nachbetreuung verpflichtet, denn wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkomme, riskiere er, seinen Agenturvertrag zu verlieren.

Soweit der Beklagte moniere, dass die Berufsunfähigkeitsversicherungen in der Liste nicht enthalten seien, sei anzumerken, dass es sich dabei um eine Untergliederung der Sparte Lebensversicherungen handele. Diese seien daher mit erfasst.

Der BFH habe im Übrigen festgestellt, dass die Unterlagen des Klägers dem Grunde nach durchaus geeignet seien, den Betreuungsaufwand durch die Mitarbeiter zu belegen.

Zur vom Beklagten geforderten Prognose für den Teil vorzeitig gekündigter Verträge sei anzumerken, dass der Kläger die Rückstellung in 2005 erstmalig gebildet habe. In den Folgejahren habe er die Rückstellung fortgeschrieben und eventuelle Veränderungen stets berücksichtigt.

Soweit der Beklagte meine, aufgrund des Schreibens der A vom 26.01.2012 sei das erste Jahr in Abzug zu bringen, sei dem entgegen zu halten, dass es sich um vom Vorgänger des Klägers übernommene Bestände handele.

Die vom Finanzgericht vorgenommene Schätzung des jährlichen Zeitaufwandes mit 20 Minuten sei die Untergrenze, da ein Mitarbeiter sich regelmäßig in den Vertrag erst einmal einlesen müsse.

Infolge der Finanzkrise habe der Kläger sein Personal um zwei weitere Mitarbeiter aufstocken müssen, um sein Arbeitspensum überhaupt zu schaffen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 8. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2007 dahin zu ändern, dass Rückstellungen für Nachbetreuungskosten in Höhe von 284.609 € anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt im zweiten Rechtsgang vor, eine rechtliche Verpflichtung zur Nachbetreuung habe der Kläger nicht nachgewiesen, weshalb eine Berechnung der Höhe nach sich erübrige.

Eine rechtliche Verpflichtung ergebe sich – entgegen dem Schreiben der A vom 26.01.2012 – insbesondere nicht aus Ziffer 100 der Vertragsbestimmungen. In dem nicht den Streitfall betreffenden Urteil vom 19.07.2011 – X R 26/10 habe der BFH zu dieser Ziffer 100 der Vertragsbestimmungen ausgeführt:

Im Streitfall sind die vom FG getroffenen Feststellungen, dass die Verpflichtungen des Klägers auf dem Vertrag vom 21. Oktober 1998 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 8. Dezember 2000 bzw. 8. Januar 2001 beruhten, indes zu vage, als dass hieraus die von den Klägern behaupteten umfangreichen Rechtspflichten gegenüber dem Versicherungsunternehmen abgeleitet werden könnten. Das FG begnügt sich mit dem Hinweis auf den Vertrag, ohne auf den Inhalt und den Umfang der Pflichten einzugehen. In dem Vertretungsvertrag (Muster, Einkommensteuerakte Bl. 45) heißt es: „Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten, pflegt der Vertreter im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern, berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch. Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist und bleibt.” Diese Formulierungen deuten eher darauf hin, dass die laufende Kontaktaufnahme dem Abschluss weiterer Verträge dienen soll. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Kläger folgt eine entsprechende Verpflichtung auch nicht unmittelbar aus § 84 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Handelsvertreter ständig damit betraut, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Werbung und Betreuung sind daher nicht kennzeichnend oder bestimmend für diesen Vertragstyp (vgl. Hopt, in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 84 Rz 22 f., 41 f.). Das FG wird deshalb im zweiten Rechtsgang die Frage zu klären haben, ob und in welchem Umfang der Kläger zur Betreuung der Lebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen im Einzelnen rechtlich verpflichtet war. Leistungen, die der Kläger gegenüber seinen Kunden ohne Rechtspflicht erbracht hat, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 860).

Daraus ergebe sich, dass die in der vertraglichen Formulierung enthaltenen Obliegenheiten nicht die Qualität einer rechtlichen Verpflichtung hätten. Aus dem Orientierungssatz Nr. 7 des BFH-Urteils vom 09.12.2009 – X R 41/08 ergebe sich, dass für eine Obliegenheit keine Rückstellung gebildet werden könne. In Ziffer 23 dieses Urteils führe der BFH aus, dass es hinsichtlich der Nachbetreuungspflicht einer inhaltlich eindeutigen Individualvereinbarung bedürfe.

Der BFH habe keinen Zweifel daran gelassen, dass die Standardformulierung, wonach der Vertreter den Kontakt zu den Kunden pflegen und diese beraten müsse, nicht ausreichend konkret sei.

Auch aus den im 2. Rechtsgang vorgenommenen Sachverhaltsermittlungen ergebe sich keine Rechtspflicht. Es liege allenfalls eine Obliegenheit zur Nachbetreuung vor (so auch das Sächsische Finanzgericht mit Urteil vom 17.06.2010 – 4 K 154/07 und das Urteil des FG Hamburg vom 06.09.2012 – 2 K 90/12, EFG 2013, S. 191).

Zur Ermittlung der Höhe der Rückstellung trägt der Beklagte hilfsweise vor, die erneut vorgelegten Listen aus dem Jahr 2007 habe der BFH für nicht ausreichend aussagekräftig gehalten. Unter Beachtung der vom BFH aufgestellten Kriterien für die Anforderungen an derartige Aufzeichnungen könnten die Aufzeichnungen des Klägers nicht als Schätzungsgrundlage dienen.

Zwar enthalte die Liste die mit Nummern verschlüsselten einzelnen Tätigkeiten, es fehle jedoch der auf die einzelne Tätigkeit entfallende Zeitaufwand. Der Zeitaufwand sei vielmehr nur insgesamt für sämtliche angefallenen Tätigkeiten angegeben. Zudem ergebe sich nicht welcher Mitarbeiter mit welchem Stundensatz die jeweiligen Tätigkeiten ausgeführt habe.

Der lt. BFH zu berücksichtigende Erfahrungssatz für den Teil der vorzeitig gekündigten Verträge sei bisher vom Kläger nicht beziffert worden.

Nach dem Schreiben der A vom 26.01.2012 müsse von den Vertragslaufzeiten jeweils ein Jahr abgezogen werden, da die Nachbetreuung im ersten Jahr mit der Abschlussprovision abgegolten sei.

Ob die Anzahl der ohne Folgeprovision zu betreuenden Verträge gemäß den Aufzeichnungen des Klägers aus dem Jahr 2007 den Gegebenheiten des Streitjahres 2005 entspreche, müsse noch festgestellt werden.

Die im aufgehobenen Urteil des Finanzgerichts vom 25.02.2010 geschätzte Rückstellungshöhe sei überhöht. Der Ansatz von 20 Minuten im Jahr sei nicht realistisch. Aus den vom Kläger selbst vorgelegten Aufstellungen ergebe sich, dass von den gesamten Vertragsabschlüssen noch nicht einmal 20% nachbearbeitet worden seien. Zu berücksichtigen sei auch die nicht rückstellungsfähige Zeit, die der Kläger selbst zur Nachbetreuung aufwende.

Aus den genannten Gründen sei zweifelhaft, ob die Unterlagen des Jahres 2011 geeignet seien, eine Rückstellung für 2005 zu belegen.

Die Aufzeichnungen aus dem Jahr 2007 seien Parteivortrag und könnten allenfalls als Anhaltspunkt für eine Schätzung seitens des Gerichts dienen, so wie auch im ersten Rechtsgang verfahren worden sei. Gleiches gelte für die für das Jahr 2011 vorgelegten Aufzeichnungen.

Das Gericht hat eine schriftliche Anfrage an den Vorstandsvorsitzenden der A Herrn D., sowie die Mitarbeiterin L., die den Vertrag mit dem Kläger unterzeichnet hatte, gerichtet (Bl. 285/286 PA). Auf die Antwortschreiben (Bl. 305 – 307 PA) wird Bezug genommen.

Das Gericht hat einen Erörterungstermin abgehalten. Auf das Protokoll vom 13.09.2012 (Bl. 324 – 333 PA) wird Bezug genommen.

Das Gericht hat eine schriftliche Anfrage an den Mitarbeiter der A, Herrn L. S., gerichtet (Bl. 349/350 PA); auf das Antwortschreiben (Bl. 353 PA) wird Bezug genommen.

Der Kläger hat Aufzeichnungen für das Jahr 2011 vorgelegt.

Das Gericht hat Muster der Verträge mit den Versicherungsnehmern für die streitbefangenen Versicherungsarten angefordert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 29.05.2013 ein Muster vorgelegt (Bl. 395 – 442 PA).


Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

1.

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.

Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl 1997 II S. 735 m.w.N.). Schwebende Geschäfte sind gegenseitige Verträge i.S. der §§ 320 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten Partei -abgesehen von unwesentlichen Nebenpflichten- noch nicht voll erfüllt sind (BFH, Großer Senat in BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 m.w.N.). Um derartige schwebenden Geschäfte geht es im Streitfall nicht.

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen eine dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit voraus; Grund und Höhe der Verbindlichkeit müssen wahrscheinlich sein. In zeitlicher Hinsicht muss die Verbindlichkeit in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht sein; es muss bereits zum Bilanzstichtag eine wirtschaftliche Verursachung eingetreten sein (BFH Urteil vom 19.07.2011 – X R 8/10, n.v., BFH/NV 2011, 2035, Juris).

Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte. Der BFH knüpfte den Begriff des Erfüllungsrückstandes eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung. Darüber hinaus hat er aber auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten wird. Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich seither auch bei Dauerschuldverhältnissen nicht mehr entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten (Sach-)Leistung (BFH, Großer Senat in BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 m.w.N.). Erfüllungsrückstand setzt nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus (BFH-Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866 m.w.N.).

Der BFH hat mit Urteil vom 28.7.2004 XI R 63/03 entschieden, dass nach diesen Grundsätzen ein Versicherungsvertreter, der für die Vermittlung von Lebensversicherungen Provisionen erhalten hat, mit denen auch die künftige Betreuung dieser Verträge abgegolten war, eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands bilden kann und zu bilden hat. Mit Beschluss vom 16. 11 .2007 X B 167/07 (BFH/NV 2008, 244) hat er seine Rechtsprechung bestätigt.

Diese Grundsätze sind jedoch dann nicht anzuwenden, wenn die Abschlussprovision nur die Vermittlungsleistung vergütet und der Versicherungsvertreter für die Betreuung und Erhaltung des Versicherungsbestandes Folgeprovisionen erhält. In diesem Fall befindet er sich nicht mit etwaigen Betreuungs- und Bestandspflegeleistungen in Erfüllungsrückstand. Vielmehr stehen sich dann Vermittlungsleistung und Abschlussprovision ausgeglichen gegenüber. Folgeprovisionen werden für die hier streitigen Versicherungen jedoch nicht geleistet.

Allerdings setzt die Rückstellungsbildung voraus, dass der Kläger rechtlich zur Nachbetreuung der Versicherungsverträge verpflichtet ist (BFH Urteil vom 19.7.2011 X R 8/10).

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Nachbetreuung – auf Grund gewerberechtlicher oder handelsrechtlicher Vorschriften – besteht nicht. Eine solche ergibt sich weder aus §§ 34c, 34d GewO, noch aus §§ 84, 86, 92 HGB; auch die Rechtsprechung des BGH stellt für die hier zu beurteilenden Versicherungen keine gesetzliche Nachbetreuungspflicht fest (Urteil des FG Hamburg vom 6.9.2012 2 K 90/12, EFG 2013, S. 191).

Somit muss die geforderte rechtliche Verpflichtung sich aus vertraglichen Vereinbarungen (Individualvereinbarungen oder allgemeinen Vertragsbedingungen) ergeben.

Die Nachbetreuung ist eine Sachleistung; es handelt sich um eine Verpflichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b) EStG, die mit den Einzel- und Gemeinkosten zu bewerten ist. Abzustellen ist auf die Zahl der Versicherungsverträge, für die künftige Betreuungsleistungen zu erbringen sind. In die Rückstellung dürfen nur solche Leistungen einbezogen werden, die für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge anfallen. Leistungen im Zusammenhang mit neuen Vertragsabschlüssen – auch bei Bestandskunden – sind nicht rückstellungsfähig. Die eigene Arbeitsleistung des Betriebsinhabers ist ebenfalls nicht rückstellungsfähig (BFH Urteil vom 19.7.2011 X R 8/10).

Für die Feststellung des Umfangs des Aufwandes für Betreuungsleistungen trägt der Kläger die objektive Beweislast. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich um Angaben aus der Sphäre des Steuerpflichtigen handelt, die nur sehr eingeschränkt nachgeprüft werden können und die zudem der Herbeiführung einer Steuerminderung dienen. Deshalb sind nachvollziehbare Darlegungen der konkreten Verhältnisse des Betriebes erforderlich, die auch eine Trennung von nicht rückstellungsfähigen – da bereits abgegoltenen – Leistungen ermöglichen.

Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand pro Vertrag und Jahr maßgeblich. Hierzu bedarf es nach dem Urteil des BFH vom 19.7.2011 X R 8/10 der Darlegung folgender Details:

genaue Beschreibung der einzelnen Betreuungstätigkeiten

Angabe des Zeitbedarfs für jede einzelne Tätigkeit

Angabe, wie oft die jeweiligen Tätigkeiten über die Gesamtlaufzeit der Verträge zu erbringen sind

Höhe der Personalkosten pro Stunde Betreuungszeit

Laufzeit, bzw. Restlaufzeit der nachzubetreuenden Verträge

Der Steuerpflichtige muss vertragsbezogene Aufzeichnungen über die Nachbetreuungsleistungen führen.

Der Kläger ist grundsätzlich berechtigt, Rückstellungen für die Verbindlichkeiten auch insoweit erfolgswirksam zu bilden, als sie in der Vergangenheit entstanden waren. Bisher war der Ansatz in den Bilanzen zu Unrecht unterblieben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind unzutreffende Aktivierungen und Passivierungen grundsätzlich auch dann erfolgswirksam zu korrigieren, wenn die Ertragsteueransprüche für die Veranlagungszeiträume, in denen sich die unrichtige Bilanzierung bereits steuerrechtlich ausgewirkt hat, schon verjährt sind (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 7.6.1988 VIII R 296/82, BStBl. II 1988, 886 und vom 16.5.1990 X R 72/87, BStBl 1990 II S. 1044 sowie BFH-Beschluss vom 30.3.1994 I B 81/93, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1995, 192 jeweils mit weiteren Nachweisen). Nach den Grundsätzen der Bilanzberichtigung muss die Passivierung erfolgsmindernd in der Bilanz des ersten Wirtschaftsjahres nachgeholt werden, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 8.12.1988 IV R 33/87, BStBl. II 1989, 407).

2.

a) Der BFH hat für den 2. Rechtsgang bindend festgestellt, dass die vom Kläger vorgelegten vertraglichen Bestimmungen (Bl. 109 – 118 Akte 6 K 2288/ 11 ) nicht zum Nachweis einer rechtlichen Verpflichtung zur Nachbetreuung ausreichen.

b) Aus Ziffer 100 der allgemeinen Vertragsbestimmungen ergibt sich ebenfalls keine rechtliche Verpflichtung zur Nachbetreuung.

Zwar lässt sich der Bestimmung nicht entnehmen, dass diese eher darauf hindeutet, dass die laufende Kontaktaufnahme vornehmlich dem Abschluss weiterer Verträge dienen soll (BFH-Urteil vom 19.7.2011 – X R 26/10); dagegen sprechen die eindeutigen Formulierungen „Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten ...” und „Ziel ist es dabei immer, dass der Kunde umfassend versichert ist und bleibt ”.

Gleichwohl geht das Gericht davon aus, dass sich aus dieser Bestimmung keine einen Erfüllungsrückstand begründende Rechtspflicht zur Nachbetreuung ergibt. Die Formulierungen sind zu allgemein gehalten, um daraus ganz konkrete Verpflichtungen zu bestimmten Nachbetreuungsleistungen ableiten zu können.

Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des FG Hamburg (Urteil vom 06.09.2012 2 K 90/12, EFG 2013, S. 191) und des Sächsischen Finanzgerichts (Urteil vom 17.6.2010 4 K 154/07, Juris) an.

In dem vom FG Hamburg entschiedenen Fall enthält der Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft keine über die allgemeine Betreuung und Kundenpflege hinaus gehende konkrete Verpflichtung zur Nachbetreuung. Allein die allgemeine Pflicht zur Gewährleistung einer guten und umfassenden Kundenbetreuung löst noch keine vertragliche Verpflichtung zur Nachbetreuung von abgeschlossenen Versicherungsverträgen aus.

Gleiches gilt für den vom Sächsischen FG mit Urteil vom 17.6.2010 4 K 154/07 entschiedenen Fall. Das Sächsische FG stellte zu der dort in Rede stehenden Klausel („sich für die Betreuung und Erhaltung des Bestandes einzusetzen”) fest, es fehle für einen Rechtsbindungswillen an einer ausreichenden Präzisierung.

Auch das FG Münster hatte mit Beschluss vom 18.12.2012 11 V 3094/12 E,G (EFG 2013, 528) über eine Klausel zu entscheiden mit der bestimmt wurde, dass der Vertreter sich zur Erhaltung der in seinem Bestand befindlichen Versicherungen laufend den Kontakt zu den Versicherungsnehmern pflegt, sie berät und so für jederzeit umfassenden Versicherungsschutz sorgt. Das FG Münster legte diese Formulierung allerdings dahin gehend aus, dass sie allein auf den Abschluss neuer Verträge abziele.

Die von der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung angeführten Urteile des Hessischen Finanzgerichts vom 22.8.2012 4 K 1620/10 und vom 30.10.2012 1 K 1264/07 betreffen hingegen andere Sachverhaltsgestaltungen. Jedoch hatte auch das Hessische Finanzgericht im Urteil vom 22.8.2012 4 K 1620/10 hinsichtlich der Klausel „insbesondere den Bestand zu erhalten und betreuen und die vermittelten Verträge nachbearbeiten” eine Rechtspflicht zur Nachbetreuung verneint, da diese Klausel zu unspezifisch sei. In dem Urteil vom 30.10.2012 1 K 1264/07 hatte das Gericht hingegen bei einer ähnlich lautenden Klausel eine über eine bloße Obliegenheit hinaus gehende Verpflichtung bejaht.

Auch wenn die hier zu beurteilende Bestimmung nach Auffassung des Senats sich auf die bereits bestehenden und nicht auf künftige Verträge beziehen dürfte, ist sie in gleicher Weise allgemein gehalten wie in den vom FG Hamburg und vom Sächsischen FG entschiedenen Fällen und daher nicht geeignet, eine konkrete rechtliche Verpflichtung zur Nachbetreuung zu begründen.

Maßgeblich hierfür ist insbesondere die Formulierung „im Rahmen seiner Möglichkeiten”, die nach Auffassung des Senats dagegen spricht, dass eine rechtsverbindliche Übernahme der in Ziffer 100 genannten Aufgaben in der Weise erfolgte, dass der Versicherungsvertreter ggf. im Verhinderungsfalle für Ersatz sorgen müsste.

Die Formulierung „im Rahmen seiner Möglichkeiten” ist auch nicht in der Weise zu verstehen, dass sie lediglich die Rechtsfolge des § 275 Abs. 1 BGB bei Unmöglichkeit der Leistung wiederholt. Zum einen bedurfte es einer solchen Wiederholung der gesetzlichen Regelung nicht und zum anderen hätte es sich – wäre dies gewollt gewesen – eine Bezugnahme oder Wiederholung des Gesetzeswortlauts angeboten. Dass stattdessen eine andere Formulierung gewählt wurde, die erhebliche Interpretationsspielräume lässt, spricht deshalb dafür, dass die Aufgaben des Vertreters nur in allgemeiner Form festgehalten werden sollten, ohne im Einzelfall konkrete Verpflichtungen zu begründen.

c) Aus der Auskunft des am Vertragsabschluss auf Seiten der A beteiligten Herrn S. (Bl. 353 PA) ergibt sich zwar, dass die Nachbetreuung bei den Vertragsverhandlungen zur Sprache kam. Letztlich entscheidend ist aber, dass die konkrete Verpflichtung sich im Vertrag selbst nicht niedergeschlagen hat.

Aus der Auskunft der A vom 27.04.2012 (Bl. 306/307 PA) lässt sich ableiten, dass sich die Vertragsparteien einig waren, dass die das Versicherungsunternehmen betreffende gesetzliche Pflicht zur Nachbetreuung an den Versicherungsvertreter delegiert werden sollte. Doch auch dies hat im Vertrag – insbesondere in Ziffer 100 der Vertragsbestimmungen - keinen Niederschlag gefunden. Ziffer 100 regelt weder nach seinem Wortlaut, noch nach dem Sinn seines Inhalts die Übernahme der Pflichten des Versicherers gemäß § 6 Abs. 4 VVG durch den Versicherungsvertreter in dem Sinne, dass dieser als Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB für den Versicherer tätig wird.

Zwar ist nach § 133 BGB der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien maßgeblich (Reichold in JurisPK § 133 BGB, Rz. 18).

Soweit sich aus dem von der A verfassten Schreiben vom 05.10.2005 ergibt, dass diese von einer Rechtspflicht zur Nachbetreuung ausgeht, stellt dies die – von den Zivilgerichten bisher nicht bestätigte – Rechtsauffassung der A dar. Aufgrund dieses Schreibens hatte der Senat im ersten Rechtsgang einen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zur Begründung einer Rechtspflicht des Klägers zur Nachbetreuung bejaht. Dass dieses Schreiben zum Nachweis der Rechtspflicht nicht ausreicht, hat der BFH jedoch mit Bindungswirkung für den zweiten Rechtsgang festgestellt.

Da sich aus den Schreiben vom 26. 11 .2012 und vom 27.04.2013 insoweit nichts inhaltlich Neues ergibt (die Schreiben sind lediglich ausführlicher) und der Senat bereits im ersten Rechtsgang aufgrund des mit Schreiben der A vom 05.10.2005 von einem zu beachtenden übereinstimmenden Parteiwillen ausgegangen war, sieht der Senat sich nunmehr gemäß § 126 Abs. 5 FGO an die Beurteilung des BFH gebunden.

Hieraus folgt, dass das Gericht nicht aufgrund einer Auslegung der Vertragsbestimmungen gemäß § 133 BGB von einer Rechtspflicht ausgehen darf.

Der Senat versteht das BFH-Urteil vom 19.07.2011 vielmehr dahin, dass dem Kläger durch die Zurückverweisung lediglich die Möglichkeit gegeben wurde, durch ausdrückliche Vertragsklauseln den Nachweis einer Rechtspflicht zur Nachbetreuung noch zu erbringen.

d) Aus den mit den Kunden abgeschlossenen einzelnen Versicherungsverträgen ergibt sich eine rechtliche Verpflichtung zur Nachbetreuung ebenfalls nicht.

Aus dem vorgelegten Mustervertrag ergibt sich zwar, dass unter den dort genannten Voraussetzungen Anpassungen vorzunehmen sind. Diese ggf. vorzunehmenden Anpassungen lösen Nachbetreuungsaufwand aus. Im Vertrag werden als Ansprechpartner des Versicherungsnehmers sowohl der Kläger als auch die Versicherungsgesellschaft erwähnt (Bl. 404 PA).

Die Erwähnung des Versicherungsvertreters als Ansprechpartner reicht nicht aus, um eine Rechtspflicht zur Nachbetreuung gegenüber dem Versicherungsnehmer zu begründen. Der Versicherungsnehmer hat zwar einen Rechtsanspruch auf Nachbetreuung; es bleibt jedoch dem Versicherer als Vertragspartner des Versicherungsnehmers überlassen, ob er selbst die Anpassungsarbeiten vornimmt oder dies an den Versicherungsvertreter delegiert. Dies folgt bereits aus der Formulierung „Ihren persönlichen Kundenberater nennen wir Ihnen in unseren Schreiben”. Der Versicherungsnehmer kann nur die Leistung selbst verlangen, aber nicht die Ausführung der Leistung durch den Vertreter.

e) Soweit der Kläger vorträgt, er sei faktisch verpflichtet, die kostenlose Nachbetreuung vorzunehmen, da er sonst Gefahr laufe, seinen Agenturvertrag zu verlieren, vermag dies die – vor den Zivilgerichten einklagbare – rechtliche Verpflichtung nicht zu ersetzen (Urteil des BFH vom 19. Juli 2011 X R 8/10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zugelassen, im Hinblick auf die bereits anhängigen Revisionen III R 14/ 11 und IV R 62/ 11 sowie die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG Hamburg (Az. X B 209/12).

Die Revisionszulassung war im Übrigen auch geboten zur Klärung der Rechtsfrage, inwieweit ein zivilrechtlich zu beachtender übereinstimmender Wille der Vertragsparteien, der jedoch im schriftlichen Vertrag keinen Niederschlag gefunden hat, für die Rückstellungsbildung zu beachten ist. In dem vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 26.1.2010 8 K 15222/07 (Juris) entschiedenen Fall, der Gegenstand des Revisionsverfahrens III R 14/ 11 ist, hatte das Gericht aufgrund einer Bestätigung eines Mitarbeiters des Versicherungsunternehmens die Rechtspflicht zur laufenden Betreuung der Versicherungsverträge bejaht.

Auch zur Klärung der Reichweite der Bindungswirkung gemäß § 126 Abs. 5 FGO erscheint die Revisionszulassung geboten.

RechtsgebieteEStG, HGBVorschriftenEStG § 4 Abs. 1 EStG § 5 HGB § 249