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28.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211900

Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 27.09.2019 – 12 U 78/18

Widerspruch gegen einen Lebensversicherungsvertrag nach § 5a VVG a.F.

1) Der Abschluss weiterer Lebens- und Rentenversicherungen bei demselben Versicherer und eine eventuell in diesem Verhalten zum Ausdruck kommende allgemeine Zufriedenheit mit dessen Produkten stellt für sich allein keinen gravierenden Umstand dar, der den späteren Widerspruch nach § 5a VVG a.F. eines unrichtig belehrten Versicherungsnehmers als treuwidrig erscheinen ließe (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 06.12.2016 - 12 U 137/16).

2) Zur Berechnung des Bereicherungsanspruchs nach wirksamem Widerspruch:

a) Auf seinen Rückgewähranspruch muss sich der Versicherungsnehmer den objektiven Verkehrswert des genossenen Risikoschutzes anrechnen lassen. Dieser Wert kann anhand der vom Versicherer kalkulierten Prämienanteile geschätzt werden. Auf die letztendlich vom Versicherer für den Risikoschutz verauslagten - geringeren - Risikokosten und auf eine bei wirksamem Vertrag gutgeschriebene Überschussbeteiligung kommt es nicht an.

b) Der Versicherer hat Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil auch insoweit gezogen und herauszugeben, als er diesen zur Bestreitung von Aufwendungen des Versicherungsbetriebs verwendet hat.

c) Die Höhe der gezogenen Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil kann anhand der vom Versicherer in der fraglichen Zeit erzielten Nettoverzinsung geschätzt werden. Die Eigenkapitalrendite ist demgegenüber keine geeignete Schätzungsgrundlage.

d) Rückvergütungen seitens der mit der Fondsanlage betrauten Investmentgesellschaften ("kick back") sind vom Versicherer nicht als gezogene Nutzungen herauszugeben.


Oberlandesgericht Karlsruhe

Urteil vom 27.09.2019


In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
gegen
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:

wegen Widerspruchs gegen Lebensversicherung

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 12. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. xxx und den Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2019 für Recht erkannt:

Tenor:
  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg - 2. Zivilkammer - vom 08.05.2018, Az. 2 O 198/17, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
    a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.607,06 € zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2017 zu bezahlen.
    b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht die Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und gezogenen Nutzungen nach Beendigung einer fondsgebundenen Lebensversicherung (Vers.-Nr. ...-01).

Den Vertrag hatte ein Herr B. (im Folgenden: der Zedent) 1999 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten im so genannten Policenmodell nach § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) abgeschlossen. Versicherungsbeginn war der 01.11.1999. Die anfängliche Monatsprämie betrug 300 DM. Das einseitige Begleitschreiben (Anl. K6), mit dem der Versicherungsschein (Anl. K2) dem Zedenten übermittelt wurde, enthielt unmittelbar vor der Unterschriftszeile in Dickdruck folgende Belehrung:

"Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz steht Ihnen ein 14-tägiges Widerspruchsrecht zu. Die Versicherung gilt auf Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen der Versicherung widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung."

Vor Vertragsschluss hatte der Zedent bei der Beklagten bereits eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. 2001 und 2005 folgten eine weitere fondsgebundene Lebensversicherung sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung.

Für die Zeit von November 1999 bis Januar 2015 entrichtete der Zedent Versicherungsprämien in Gesamthöhe von 47.667,24 €. In den Jahren 2006, 2007, 2009, 2010, 2012 und 2013 widersprach er jeweils der dynamischen Beitragserhöhung. Anfang 2015 kündigte er den Vertrag,

woraufhin die Beklagte den Rückkaufswert zum 01.02.2015 mit 52.659,62 € ermittelte und unter Hinzurechnung eines Beitragsguthabens für den Monat Februar 2015 auszahlte (vgl. Schreiben der Beklagten vom 11.02.2015, Anl. B2). Anfang 2016 trat der Zedent alle ihm in Bezug auf die Versicherung zustehenden Rechte an die Klägerin ab (Abtretungsvereinbarung, Anl. K4). Mit Schreiben vom 20.07.2017 (Anl. K5) erklärte die Klägerin den Widerspruch, den die Beklagte zurückwies.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin unter Bezugnahme auf ein versicherungsmathematisches Gutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen S. vom 20.07.2017 (Anl. K1) die Rückzahlung der vom Zedenten entrichteten Versicherungsbeiträge (nach Abzug des erstatteten Beitragsguthabens) zuzüglich der durch die Beklagte gezogenen Nutzungen und abzüglich des ausgezahlten Rückkaufswerts sowie der angefallenen Risikokosten. Sie hat die Ansicht geäußert, ihr Widerspruch sei wirksam, weil der Zedent nicht ordnungsgemäß über sein entsprechendes Recht belehrt worden sei. Verwirkung sei nicht eingetreten. Hinsichtlich der Anspruchshöhe hat sie behauptet, die Beklagte habe für Risikokosten 1.239,35 € kalkuliert, tatsächlich aber nur 619,67 € verauslagt. An Abschlusskosten, die mit 3.432,04 € zu kalkulieren seien, seien nur 2.431,03 € angefallen. Die Verwaltungskosten seien auf 3.336,71 € zu schätzen. Die Beklagte habe Nutzungen aus dem Sparanteil der Versicherungsbeiträge von 13.000,48 € und aus dem Kostenanteil von - unter Zugrundelegung der Eigenkapitalrendite geschätzten - 10.266,54 € gezogen. Überdies habe sie Rückflüsse (Kickbacks) aus Verwaltungskosten seitens der Investmentfonds i.H.v. 4.015,30 € erzielt, die ebenfalls als Nutzungen herauszugeben seien.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 21.670,26 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Zedent habe ein etwaiges Recht zum Widerspruch verwirkt. Er habe den Vertrag ersichtlich als wirksam behandelt und als solchen an die Klägerin abgetreten. Er habe den Vertragsschluss mit der Beklagten nicht bereut, sonst hätte er sich kaum durch zwei weitere Verträge mit letztlich gleichem Inhalt an die Beklagte gebunden. Sein Interesse am Fortbestand des Vertrags zeige sich auch darin, dass er jeweils im dritten Jahr mit seinen Dynamikwidersprüchen ausgesetzt habe, um die grundsätzliche Möglichkeit der dynamischen Beitragserhöhung nicht generell aufgeben zu müssen. Die Vertragskündigung sei zu einer Zeit erfolgt, in der die fehlende Europarechtskonformität von § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. allgemein bekannt gewesen sei. Indem der Zedent in seiner Kündigung erklärt habe, dass er sich jegliche Kontaktaufnahme seitens der Beklagten verbitte, habe er deutlich zu verstehen gegeben, dass er von einem endgültig abgewickelten Vertragsverhältnis ausgehe. Die Beklagte habe danach nicht mehr damit rechnen müssen, dass noch ein Widerspruchsrecht geltend gemacht werde. Ungeachtet dessen könne die Klägerin sich nicht auf ein fortbestehendes Widerspruchsrecht stützen, weil sie sich als gewerbliche Policenaufkäuferin eine Rechtsposition verschafft habe, die nicht mehr in den Schutzbereich des ausgeübten Rechts falle.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe hat sie behauptet, zur Absicherung der Mindesttodesfallsumme seien Risikokosten von 1.424,69 € angefallen. Für Abschluss- und Verwaltungskosten seien von den gezahlten Beiträgen 11.358,25 € abgezogen worden, aus denen dem Fondsguthaben des Zedenten wiederum 3.466,43 € über die Überschussbeteiligung gutgeschrieben worden seien. Die tatsächlichen Abschlusskosten hätten 5.339,58 € und die tatsächlichen Verwaltungskosten 2.552,24 € betragen. Der kostenbereinigte Anlagebeitrag habe bei 34.884,06 € gelegen. Aus der Gesamtinvestition habe sich bis zur Erklärung des Widerspruchs ein Fondsguthaben von 50.446,31 € entwickelt, so dass die "Rendite" bei 12.095,82 € liege. Für die darüber hinaus von der Klägerin geforderten angeblichen Nutzungen aus Eigenkapital bestehe keine Rechtsgrundlage.

Die ursprünglich erhobenen Verwaltungskosten seien zu einem großen Teil entweder verbraucht, den Versicherungsnehmern durch die Überschussbeteiligung nachträglich wieder gutgeschrieben worden oder in die Rückstellungen für die Beitragsrückerstattung geflossen. Eine nominelle Rückrechnung der aufgewandten Kosten auf den einzelnen Vertrag sei nicht möglich. Die Beklagte habe sich durch den Einsatz der Prämien für die Vertragsverwaltung auch nicht den Einsatz anderweitiger Kapitalmittel erspart. Die von den Investmentfonds aus den laufenden Verwaltungskosten gezahlten Rückvergütungen seien nicht als Nutzungen herauszugeben. Nutzungen könnten insbesondere nicht unter Ansatz der Eigenkapitalrendite geschätzt werden.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 1 BGB aus abgetretenem Recht des Zedenten nicht zustehe. Zwar sei davon auszugehen, dass die ihm erteilte Widerspruchsbelehrung fehlerhaft sei. Sein danach grundsätzlich fortdauerndes Widerspruchsrecht sei aber verwirkt. Da seit dem Vertragsschluss bis zur Erklärung des Widerspruchs nahezu 18 Jahre vergangen gewesen seien, sei das Zeitmoment erfüllt. Hinsichtlich des Umstandsmoments lägen in der Gesamtschau besondere, auf dem Verhalten des Zedenten beruhende Umstände vor, die das Vertrauen der Beklagten rechtfertigen, der Zedent werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen.

Er habe bei der Beklagten bereits vor Vertragsschluss eine fondsgebundene Lebensversicherung im Policenmodell und später eine weitere fondsgebundene Lebensversicherung sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen. Dadurch habe er zum Ausdruck gebracht und bei der Beklagten den Eindruck erweckt, mit den bestehenden Verträgen zufrieden zu sein. Hinzu komme, dass es sich bei den 2001 und 2005 abgeschlossenen Verträgen um gleichartige oder zumindest vergleichbare Verträge mit ähnlichen Risiken gehandelt habe. Bei ihrem Abschluss habe dem Zedenten aufgrund der in der Regel mindestens jährlich erfolgenden Mitteilungen über die Entwicklung des Fondsguthabens bewusst sein müssen, dass das Guthaben Schwankungen unterliege und es auch zu Verlusten kommen könne. Des Weiteren habe er wiederholt auf die Ausgestaltung des Vertrags eingewirkt, indem er insgesamt sechsmal der anstehenden dynamischen Beitragserhöhung widersprochen, dazwischen aber die Dynamik angenommen habe, um die grundsätzliche Möglichkeit der dynamischen Beitragserhöhung nicht generell aufgeben zu müssen. Damit habe er seinen Vertragsbindungswillen dokumentiert.

Wer wie der Zedent durch sein Verhalten den Eindruck erweckt habe, mit dem Vertrag zufrieden zu sein und an ihm festhalten zu wollen, verhalte sich widersprüchlich und treuwidrig, wenn er bzw. sein Rechtsnachfolger dem Vertrag erst nach 18 Jahren widerspreche. Dass die Beklagte davon ausgegangen sei oder habe ausgehen müssen, der Zedent habe von seinem Widerspruchsrecht keine Kenntnis, schließe eine Verwirkung nicht aus. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt habe, weil sie eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung nicht erteilt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vortrags ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie rügt, die vom Landgericht hervorgehobenen Umstände reichten für die Annahme der Verwirkung nicht aus. Insoweit hätte es entweder einer Wiederinkraftsetzung des Vertrags nach erfolgter Kündigung oder seines sofortigen oder wiederholten Einsatzes zur Sicherung eines Kredits bedurft. Die bloße Vertragsdurchführung genüge dagegen nicht.

Bei der Anspruchshöhe sei zu berücksichtigen, dass Abschluss- und Risikokosten zugunsten der Beklagten nur insoweit anzusetzen seien, als sie nicht in ihrem Betriebsvermögen verblieben seien. Erachtete man die vom Versicherer kalkulierten Kosten als maßgeblich, stünde der Versicherungsnehmer schlechter als im Fall der Kündigung, bei der er einen Teil der Kostenüberschüsse zurückerhalte. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, einen Teil der Kostenüberschüsse bereits in Fondsanlagen investiert zu haben, sei zu beachten, dass auch insoweit die entstandenen Gewinne herauszugeben seien.

Der Wertersatz für den genossenen Versicherungsschutz könne nur dann anhand der kalkulierten Beträge bemessen werden, wenn man die an den Versicherungsnehmer ausgezahlten Überschüsse zuvor herausrechne. Dies sei der "Preis", den ein Versicherungsnehmer für den gewährten Risikoschutz bezahle. Die Beklagte könne als Wertersatz nicht mehr fordern, als sie während der Vertragslaufzeit für den Risikoschutz verlangt und tatsächlich erhalten habe. Sie müsse auch die seitens der Fondsgesellschaft gewährten Rückvergütungen herausgeben, nachdem sie diese dem streitgegenständlichen Vertrag während dessen Laufzeit zugeordnet habe. So sehe es auch der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe.

Die seitens der Beklagten aus dem verfügbaren Kostenanteil gezogenen Nutzungen seien anhand der Eigenkapitalrendite zu ermitteln, die einen Maßstab für die Höhe des Gewinns aus dem allgemeinen Betriebsvermögen darstelle. Wolle man dagegen auf die von der Beklagten erzielte Nettoverzinsung abstellen, seien die im Schriftsatz vom 06.03.2019 aufgelisteten Werte anzusetzen, die von einem versicherungsmathematischen Sachverständigen aus den Geschäftsberichten der Beklagten ermittelt worden seien. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 19.08.2019 hat die Klägerin die von der Beklagten angegebenen Werte unstreitig gestellt. Im Übrigen meint sie, die Nutzungen seien bis zum Zeitpunkt des Widerspruchs und nicht der Kündigung zu berechnen, weil die Beklagte auch nach der Kündigung noch Nutzungen aus den einbehaltenen Kostenanteilen gezogen habe.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 21.670,26 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Verwirkung sei anzunehmen, weil der Zedent seinen Vertragsbindungswillen hinreichend zum Ausdruck gebracht habe. Bezüglich der Anspruchshöhe hat die Beklagte eingewandt, der Privatsachverständige Schramm sei in bestimmten Punkten von falschen Grundannahmen ausgegangen, was sich nicht zuletzt aus seiner Vernehmung in einem anderen Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg ergebe. Zudem gehe die Klägerin bei den Risikokosten von zu hohen Überschüssen aus, an denen sie mangels wirksamen Vertrags ohnehin nicht zu beteiligen sei und die für den objektiven Wert des Versicherungsschutzes keine Bewandtnis hätten. Mit den Sparanteilen der Prämien von insgesamt 34.884,06 € sei ein Fondsgewinn von 13.015,75 € erzielt worden (vgl. Anl. BB2). Eliminiere man die Investition der Überschussbeteiligung, ergebe sich für die Sparanteile inkl. der hieraus erzielten Erträge ein Fondsguthaben von 47.899,81 €. Die von den Fondsgesellschaften gezahlten Rückvergütungen seien außerhalb des Portfolios geflossen und damit nicht herauszugeben.

Aus den Kostenanteilen könne die Klägerin nicht die von ihr geltend gemachten Nutzungen verlangen, weil diese überwiegend aufgebraucht worden seien. Die verbrauchten Verwaltungskosten hätten den Gewinn der Beklagten reduziert und müssten deshalb bei Ermittlung der gezogenen Nutzungen beachtet werden. Daneben sei zu berücksichtigen, dass Kostenanteile während der Vertragslaufzeit dem Fondsguthaben des Zedenten im Rahmen der Überschussbeteiligung gutgeschrieben worden seien und daher ebenfalls nicht zum Wirtschaften zur Verfügung gestanden hätten.

Die von der Klägerin für die Nettoverzinsung genannten Werte seien unzutreffend, weil sie bei deren Herleitung aus den Geschäftsberichten versäumt habe, die Erträge der und die Aufwendungen für die Kapitalanlage um das fondsgebundene Geschäft zu bereinigen (Beispielsrechnung für 2015: GA II 188 f.). Diese Positionen, die in der Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten miterfasst seien, seien den Kunden der fondsgebundenen Versicherung unmittelbar zugeordnet und deshalb nicht Bestandteil des allgemeinen Vermögens der Beklagten. Die herauszurechnenden Beträge würden in den Geschäftsberichten jeweils im Fließtext benannt. Die korrekten Zahlen für die Nettoverzinsung ergäben sich aus der im Schriftsatz vom 05.04.2019 enthaltenen Übersicht. Eine volle Verzinsung nach der Vertragskündigung käme nicht in Betracht, weil mit der Auszahlung des Rückkaufswerts die im Fondsguthaben enthaltenen Kostenüberschüsse bereits ausgekehrt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die Feststellungen des Landgerichts, soweit sie zu den hier getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

1. Die von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB sind dem Grunde nach gegeben.

a) Der Widerspruch der Klägerin erfolgte rechtzeitig.

aa) Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass die Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden ist, weil der Zedent nicht ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt wurde.

Die im Begleitschreiben zum Versicherungsschein enthaltene Belehrung ist inhaltlich fehlerhaft, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die Mitteilung, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung, war insoweit nicht ausreichend (BGH, Urteil vom 26.09.2018 - IV ZR 304/15, VersR 2018, 1367 Rn. 21 m.w.N.).

bb) Das Widerspruchsrecht bestand nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort, wie die richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17 ff.).

Auch die Kündigung des Versicherungsvertrags steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. BGH, aaO Rn. 36 m.w.N.).

b) Anders, als das Landgericht angenommen hat, ist das Recht zum Widerspruch auch nicht verwirkt.

Es fehlt hier am Umstandsmoment. Die Beklagte kann ein schutzwürdiges Vertrauen nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Zedenten keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2018 - IV ZR 304/15, VersR 2018, 1367 Rn. 23 m.w.N.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre dann zu machen, wenn der Zedent durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hätte, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und der nachträgliche Widerspruch deshalb treuwidrig erschiene. Hierfür reicht die "normale" Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (Senatsurteil vom 06.12.2016 - 12 U 137/16, r+s 2017 [juris Rn. 26]). Solche liegen hier nicht vor.

aa) Indem der Zedent vor und nach 1999 weitere fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen bei der Beklagten abschloss, erweckte er nicht den Eindruck, gerade die fragliche Versicherung unbedingt fortsetzen zu wollen. Eine eventuell in diesem Verhalten zum Ausdruck kommende, ehedem bestehende allgemeine Zufriedenheit mit den Produkten der Beklagten stellt für sich allein keinen gravierenden Umstand dar, der die spätere Abstandnahme von der 1999 abgeschlossenen Lebensversicherung als treuwidrig erscheinen ließe.

Nichts Anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 06.12.2016 (12 U 137/16), in dem ausgeführt wurde, der Abschluss einer weiteren Lebensversicherung durch den Versicherungsnehmer bei demselben Versicherer sei geeignet gewesen, bei dem Vertragspartner den Eindruck zu erwecken, mit der bestehenden Vertragsbindung nicht grundsätzlich unzufrieden zu sein (r+s 2017, 177 Rn. 28). Denn diesem Umstand hat der Senat in der genannten Entscheidung nur im Rahmen der Gesamtbetrachtung mit mehreren weiteren, die Verwirkung begründenden Umständen Bedeutung beigemessen. An solchen weiteren Umständen fehlt es hier.

Ohne Belang ist insofern, ob dem Zedenten - wie das Landgericht meint - bei Abschluss dieser Verträge aufgrund der regelmäßigen Mitteilungen über die Entwicklung des Fondsguthabens habe bewusst sein müssen, dass dieses Schwankungen unterliege und es auch zu Verlusten kommen könne. Inwiefern hierdurch der Eindruck eines unbedingten Fortsetzungswillens des Zedenten hätte entstehen sollen, ist nicht ersichtlich.

bb) Zu Recht wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht in den Widersprüchen des Zedenten gegen die dynamischen Beitragserhöhungen eine Dokumentation seines Vertragsbindungswillens erblickt hat. Denn die Abgabe solcher Erklärungen bleibt im Rahmen der "normalen" Vertragsdurchführung. Dem steht das von der Berufungserwiderung zitierte Urteil des OLG Köln vom 19.09.2014 (20 U 69/14) nicht entgegen, das sich mit der Bewertung einer - hier nicht erfolgten - Beitragsreduktion auf Wunsch des Versicherungsnehmers befasst (juris Rn. 20 f.).

Eine abweichende Bewertung ist nicht unter Berücksichtigung der vermutlich bewussten Taktung der Widersprüche durch den Versicherungsnehmer zur Erhaltung der Möglichkeit künftiger dynamischer Anpassungen geboten. Auch hierin kann kein Anzeichen dafür erkannt werden, dass der unvollständig über sein Widerspruchsrecht informierte Zedent unter allen Umständen am Vertrag festhalten wollte (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2016 - IV ZR 217/15, r+s 2017, 129 Rn. 14).

cc) Auch die weiteren durch die Beklagte erstinstanzlich vorgebrachten Umstände rechtfertigen weder für sich noch in der Gesamtschau die Annahme der Verwirkung.

(1) Die Abtretung aller im Hinblick auf den bereits gekündigten Vertrag bestehenden Rechte an die Klägerin lässt keine Bekräftigung eines vertraglichen Bindungswillens des Zedenten erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2016 - IV ZR 217/15, r+s 2017, 129 Rn. 14 zur Vertragsübertragung auf einen Versicherungsmakler). Vielmehr deutet sie angesichts des Wortlauts der schriftlichen Vereinbarung (Anl. K4) umgekehrt darauf hin, dass der Zedent von einer fortbestehenden Widerspruchsmöglichkeit ausging und diese nicht antasten wollte.

(2) Ebenso ist ohne Belang, ob die Kündigung des Vertrags zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die fehlende Europarechtskonformität von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bereits allgemein bekannt gewesen sei. Denn es war Aufgabe der Beklagten, den Zedenten ungeachtet der Berichterstattung in der Presse über sein Lösungsrecht ordnungsgemäß zu belehren. Ihr etwaiges Vertrauen, dass dem Zedenten die Europarechtswidrigkeit von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und insbesondere die daraus resultierenden Folgen kaum habe verborgen geblieben sein können (GA I 73), ist danach nicht schutzwürdig, wobei zu berücksichtigen ist, dass die wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.05.2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101) im Zeitpunkt der Kündigung weniger als ein Jahr zurücklag und nicht ersichtlich ist, dass der Zedent über versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse verfügt hätte.

(3) Die in der Kündigungserklärung enthaltene Bitte des Zedenten, von einer Kontaktaufnahme abzusehen, erzeugte nicht den Eindruck, er gehe von einem endgültig abgewickelten Rechtsverhältnis aus. Ausweislich des Wortlauts der Erklärung wollte er in erster Linie "Rückwerbemaßnahmen" unterbinden (vgl. Anl. B1). Dass er zugleich jegliche gegenseitigen Rechte als erledigt angesehen hätte, kommt darin nicht zum Ausdruck.

c) Der Widerspruch scheitert nicht daran, dass die Klägerin als gewerbliche Policenaufkäuferin nicht in den Schutzbereich des ausgeübten Rechts fiele. Der entsprechende Einwand der Beklagten scheitert schon daran, dass das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG keine Verbrauchereigenschaft des Widersprechenden voraussetzt. Die Ausführungen zum Umfang der Informationspflichten nach § 10a VAG a.F. gegenüber juristischen Personen gehen insoweit fehl.

2. Die Klägerin kann indes nicht Zahlung in der von ihr beanspruchten Höhe fordern. Vielmehr kann sie lediglich noch eine Nachzahlung i.H.v. 8.607,06 € verlangen, die sich nach folgender Maßgabe errechnet:

a) Die Beklagte schuldet aufgrund des wirksamen Widerspruchs die Rückerstattung der vom Zedenten gezahlten Versicherungsprämien. Diese belaufen sich in der Summe unstreitig auf 47.667,24 €.

b) Hierauf muss sich die Klägerin den Wert des genossenen Risikoschutzes anrechnen lassen, der anhand der von der Beklagten für die Absicherung des Todesfallrisikos einbehaltenen Prämienanteile gemäß § 287 ZPO auf 1.424,69 € zu schätzen ist. Dabei ist der kalkulierte Gesamtbetrag, dessen Höhe von der Beklagten vorgetragen und bereits Ende erster Instanz durch die Klägerin nicht mehr bestritten worden ist, voll zu berücksichtigen.

Die Klägerin meint zwar, es sei nur gerechtfertigt, die Hälfte des genannten Gesamtbetrags anzusetzen, weil Risikokosten seitens der Versicherer aufgrund aktuariell üblicher Vorsicht so hoch kalkuliert würden, dass es zur Deckung der tatsächlich anfallenden Kosten nur etwa der Hälfte der angesetzten Beträge bedürfe (vgl. Anl. K1 S. 2). Dieser Einwand greift indessen nicht durch, weil er nicht hinreichend berücksichtigt, dass es nicht um die tatsächlichen Risikoaufwendungen geht, um die der Versicherer entreichert ist, sondern um den Wert des genossenen Versicherungsschutzes, den sich der Versicherungsnehmer als Vermögensvorteil anrechnen lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 45). Dieser Wert bestimmt sich nicht allein nach den Beträgen, die der Versicherer für "Todesfallkosten" (so die Klägerin, GA I 207) letztendlich verauslagen musste. Entscheidend ist vielmehr der objektive Verkehrswert des Versicherungsschutzes (vgl. BGH, Urteile vom 7. März 2013 - III ZR 231/12, BGHZ 196, 285 Rn. 28; vom 5. Juli 2006 - VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 Rn. 39 zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB), der auf Grundlage der Versicherungsprämie, die wiederum auf der Kalkulation des Versicherers beruht, geschätzt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 29.07.2015 - IV ZR 384/14, r+s 2015, 435 Rn. 36 f.; IV ZR 448/14, r+s 2015, 1104 Rn. 35).

Dabei ist es irrelevant, inwiefern die Beklagte dem Zedenten Teilbeträge der kalkulierten Risikokosten ursprünglich im Wege der Überschussbeteiligung wieder gutgeschrieben hatte. Denn der Anspruch auf Überschussbeteiligung setzt, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, einen wirksamen Vertrag voraus (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2016 - IV ZR 343/15, VersR 2016, 973 Rn. 24), an dem es hier - nach Erklärung des Widerspruchs - fehlt. Die Klägerin kann insoweit nicht verlangen so gestellt zu werden, wie der Versicherungsnehmer im Falle der Vertragsdurchführung stünde.

Überdies trifft es entgegen der Ansicht der Berufung nicht zu, dass der "Preis", den ein Versicherungsnehmer für seinen Versicherungsschutz zahle, dem Unterschiedsbetrag zwischen kalkulierten und den im Rahmen der Überschussbeteiligung erstatteten Kosten entspreche. Tatsächlich sind die kalkulierten Risikokosten vom Versicherungsnehmer zunächst in voller Höhe zu entrichten, ohne dass feststünde, ob und in welcher Höhe später Rückflüsse in Form der Überschussbeteiligung erfolgen. Dementsprechend erhält der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt der Beitragszahlung den Versicherungsschutz nicht bereits für die Differenz zwischen den kalkulierten und den ggfs. später im Wege der Überschussbeteiligung teilweise zurückgewährten Risikokosten, sondern nur gegen Begleichung der vollen kalkulierten Beträge. Nach dieser Maßgabe geht auch der Einwand der Beklagten, der Anspruch auf Wertersatz werde durch das vereinbarte Entgelt begrenzt, ins Leere. Denn bei den kalkulierten Kosten handelt es sich um das vom Versicherungsnehmer zu zahlende Entgelt.

c) Anspruchserhöhend ist zu berücksichtigen, dass sich der Herausgabeanspruch der Klägerin gemäß § 818 Abs. 1 BGB auch auf Nutzungen erstreckt, die von der Beklagten gezogen wurden. Dabei ist im Hinblick auf die verschiedenen Prämienanteile und die von der Klägerin insoweit geltend gemachten Geldbeträge wie folgt zu differenzieren.

aa) Herauszugeben sind zunächst die aus den Sparanteilen der Prämien gezogenen Nutzungen von 13.015,75 €. Ihre Höhe ergibt sich im Streitfall der fondsgebundenen Versicherung aus der Differenz zwischen dem - nach Elimination der reinvestierten Überschussbeteiligung bereinigten - Fondsportefeuillewert bei Wirksamwerden der Kündigung und der Summe der investierten Sparanteile. Die Beklagte hat in zweiter Instanz das bereinigte Fondsguthaben mit 47.899,81 € und die Sparanteile mit insgesamt 34.884,06 € angegeben. Die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten.

bb) Hinzu kommen die Nutzungen, welche die Beklagten aus den Kostenanteilen der Prämien gezogen hat. Diese sind nach Maßgabe der nachstehenden Erwägungen gemäß § 287 ZPO auf 2.008,38 € zu schätzen.

(1) Der Kostenanteil, welcher der Beklagten zur Nutzungsziehung zur Verfügung stand, ist mit 6.018,97 € anzusetzen.

Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Beklagte Prämienanteile, die sie für Abschlusskosten aufwandte, nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 45). Anhand der von der Klägerin insoweit nicht bestrittenen Angaben stand danach von dem Gesamtkostenanteil der Prämien nur ein Teilbetrag von 6.018,97 € zur Nutzung zur Verfügung (Gesamtkostenanteil von 11.358,25 € abzgl. verauslagter Abschlusskosten von 5.339,58 €).

Anders als die Beklagte annimmt, sind zum Zwecke der Nutzungsbewertung von diesem Betrag keine weiteren Abzüge vorzunehmen. Die Verwendung von Kostenanteilen zur Bestreitung von Aufwendungen des Versicherungsbetriebs wirkt nicht bereicherungsreduzierend, weil die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2015 - IV ZR 384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 42 m.w.N.). Diese anderweitigen Finanzmittel konnte die Beklagte zur Ziehung von Nutzungen verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2018 - IV ZR 304/15, r+s 2018, 647 Rn. 32). Es griffe zu kurz, diese Nutzungen nur deshalb außer Betracht zu lassen, weil sie nicht unmittelbar aus dem Erlangten, sondern aus erspartem Vermögen herrühren. Denn ansonsten würde der Bereicherungsschuldner, der das Erlangte anstelle eigener Mittel zur Bedienung von Verbindlichkeiten verwendet, ohne sachlichen Grund gegenüber demjenigen privilegiert, der zum Ausgleich seiner Verbindlichkeiten eigene Mittel einsetzt und das Erlangte gewinnbringend anlegt (ähnlich: MünchKomm-BGB/Schwab, 7. Aufl. § 818 BGB Rn. 16).

Soweit unverbrauchte Kostenanteile von der Beklagten bilanziell als Rückstellungen o.ä. gebucht wurden, schließt dies überdies nicht aus, dass sie gleichwohl zu Anlagezwecken genutzt werden konnten. In welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt Kostenanteile im Rahmen der Überschussbeteiligung an andere Versicherungsnehmer ausgekehrt wurden, so dass sie nicht mehr zur Nutzungsziehung zur Verfügung standen, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

(2) Hinsichtlich des zwischen den Parteien streitigen Nutzungszeitraums geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass Nutzungen nicht nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie bis zur Vertragskündigung oder Auszahlung des Rückkaufswerts gezogen wurden. Vielmehr sind auch in der Folgezeit gezogene Nutzungen herauszugeben.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach Auszahlung des Rückkaufswerts nicht mehr der Gesamtbetrag von 6.018,97 € zum Zwecke der Nutzungsziehung zur Verfügung stand. Vielmehr konnte die Beklagte Nutzungen nur noch aus den Kostenanteilen ziehen, die der Beklagten nach Auszahlung des Rückkaufswerts noch verblieben.

Diese restlichen Anteile beliefen sich auf 3.050,87 €. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Übersicht (Anl. BB5), wurden dem Vertrag des Zedenten über die Jahre hinweg Kostenüberschüsse i.H.v. insgesamt 2.967,80 € über Fondsanteile gutgeschrieben und dementsprechend mit dem Rückkaufswert an ihn ausgekehrt. Zieht man von dem zuvor zur Verfügung stehenden Gesamtbetrag von 6.018,97 € diese Teilauszahlung ab, verbleibt der genannte Restbetrag von 3.050,87 €.

(3) Die Schätzung der aus dem Verwaltungskostenanteil gezogenen Nutzungen kann im Streitfall auf Grundlage der von der Beklagten vorgetragenen Nettoverzinsung erfolgen (jahrgangsweise Aufstellung: GA II 137 f.).

(a) Die Darlegungs- und Beweislast für die Ziehung von Nutzungen trägt der Versicherungsnehmer, der seinen Tatsachenvortrag nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf die tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe stützen kann (BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 48 ff.). Der insoweit erforderliche Vortrag ist seitens der Klägerin gehalten worden. Aus ihm ergibt sich, dass die Beklagte ihr Betriebsvermögen während des gesamten fraglichen Zeitraums gewinnbringend anzulegen wusste.

(b) Die Höhe der gezogenen Nutzungen kann allerdings, anders als die Klägerin meint, nicht anhand der behaupteten Eigenkapitalrendite geschätzt werden.

Diese rein betriebswissenschaftliche Kennzahl ist in diesem Zusammenhang nicht aussagekräftig, weil sie auf den Gesamtgewinn eines Unternehmens in einer bestimmten Zeitspanne abstellt, der z.B. auch vom Verkauf von Unternehmsteilen abhängen kann. Damit bildet sie nicht das Ergebnis der Vermögensanlage eines Kalenderjahres ab. Überdies ist nicht nachzuvollziehen, weshalb auf das Eigenkapital als maßgebliche Bezugsgröße abzustellen wäre. Denn es geht hier nicht darum, die Rentabilität eines Versicherers zu bewerten, sondern allein um die Frage, inwieweit dieser tatsächlich Nutzungen aus ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gezogen hat, wofür ohne Belang ist, ob diese Mittel bilanziell dem Eigen- oder Fremdkapital zuzurechnen sind.

(c) Als aussagekräftiger Maßstab zur Schätzung der tatsächlichen Nutzungsziehung gemäß § 287 ZPO erscheint demgegenüber die Nettoverzinsung, welche die Beklagte mit ihren Kapitalanlagen in der fraglichen Zeit erzielen konnte (OLG Brandenburg, Urteil vom 12.10.2018 - 11 U 36/18, juris Rn. 23; Reiff, r+s 2015, 105, 112; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017 - 7 U 80/17, juris Rn. 94).

Anders als die Beklagte annimmt, steht der Heranziehung dieser Größe als Schätzungsmittel höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen. In seinem Urteil vom 24.02.2016 (IV ZR 512/14, juris Rn. 27) hat der Bundesgerichtshof lediglich ausgeführt, der Versicherungsnehmer genüge durch eine bloße Bezugnahme auf die ausweislich der Geschäftsberichte erzielte Nettoverzinsung nicht der ihm obliegenden Darlegungslast. Dagegen hat er keine Aussage getroffen, inwiefern es dem Tatsachengericht verwehrt wäre, anhand der Nettoverzinsung Schätzungen zur Anspruchshöhe vorzunehmen.

(d) Zur Höhe der Nettoverzinsung sind - nicht zuletzt nach der Unstreitigstellung durch den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 19.08.2019 - die Angaben der Beklagten zugrunde zu legen.

(aa) Zur Schätzung der Nutzungen, die von der Beklagten aus ihr zur Verfügung stehenden Eigenmitteln gezogen wurden, kann nicht auf den Ertrag der Fondsanlage abgestellt werden, welche die Beklagte für Rechnung und Risiko von Inhabern fondsgebundener Lebensversicherungen hält. Denn diese Anlage dient allein der Investition der Sparanteile und Überschussbeteiligungen dieser Versicherungsnehmer und nicht des sonstigen Vermögens der Beklagten. Die damit erzielten Überschüsse bilden damit die Nutzungen aus den in Rede stehenden Kostenanteilen der Versicherungsprämien nicht ab.

(bb) Danach können die von der Klägerin zunächst angegebenen Werte der "Nettoverzinsung" ohnehin nicht als Grundlage herangezogen werden, um die aus den Kostenanteilen gezogenen Nutzungen zu schätzen. Unstreitig beruhen diese ausschließlich auf den Gewinn- und Verlustrechnungen der Beklagten, die jene im Rahmen ihrer Jahresberichte veröffentlicht hatte. Die darin enthaltenen Werte enthalten aber nach den Darlegungen der Beklagten, die durch durch Vorlage von Auszügen aus den Geschäftsberichten 2016 und 2017 (Anlage BB4) überzeugend belegt worden sind, auch Aufwendungen und Erträge der fondsgebundenen Versicherung.

Im Geschäftsbericht 2016 wird auf Seite 6 unter der Rubrik Kapitalanlagen im zweiten Absatz ausgeführt, dass der Saldo aus realisierten und nicht realisierten Gewinnen und Verlusten auch den Saldo aus Gewinnen und Verlusten aus dem Abgang von Kapitalanlagen der fondsgebundenen Versicherung umfasst und dass letztgenannter Saldo im Jahr 2015 ("Vj.") ca. 30,321 Mio. € betrug. Im selben Absatz wird weiter erläutert, dass die laufenden Erträge aus Kapitalanlagen auch die Erträge aus Kapitalanlagen der fondsgebundenen Versicherung enthalten und sich letztere im Jahr 2015 auf ca. 3,997 Mio. € beliefen. In der seitens der Klägerin als Teil der Anlage KB6 vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten für das Jahr 2015 ist diese Differenzierung nicht ausgewiesen. Vielmehr findet sich unter dem Rechnungspunkt "3. Erträge aus Kapitalanlagen" nur eine Aufschlüsselung nach Ertragsarten. Damit sind die Erträge aus Kapitalanlagen der fondsgebundenen Versicherung darin ohne gesonderte Ausweisung mitenthalten.

Dies steht auch in Einklang mit den Vorgaben der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung (RechVersV), nach deren Maßgabe zwar die Kapitalanlagen, nach deren Wert sich der Wert oder die Überschüsse bei fondsgebundenen Verträgen bestimmen, in der Bilanz auszuweisen sind (§ 14 Abs. 1 RechVersV; in der von der Klägerin als Anlage KB6 vorgelegten Bilanz der Beklagten für das Jahr 2015 auf der Aktivaseite unter B), eine entsprechende Differenzierung hinsichtlich der Gewinn- und Verlustrechnung aber nicht vorgesehen ist. Vielmehr sieht § 39 RechVersV ausdrücklich vor, nicht realisierte Gewinne oder Verluste aus den Kapitalanlagen für Rechnung und Risiko von Inhabern von Lebensversicherungspolicen in der Gewinn- und Verlustrechnung im Posten "Nicht realisierte Gewinne aus Kapitalanlagen" oder im Posten "Nicht realisierte Verluste aus Kapitalanlagen" auszuweisen. Damit sind in den von der Klägerin angegebenen Werten zur Nettoverzinsung zwar im "Nenner" die Kapitalanlagen, welche die Beklagte für Rechnung und Risiko von Inhabern fondsgebundener Lebensversicherungen hält, unberücksichtigt geblieben, weil sie in der Bilanz gesondert ausgewiesen sind, im "Zähler" aber die hieraus erzielten Gewinne mitenthalten, weil sie in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht gesondert ausgewiesen sind.

(cc) Nach all dem ist auf die von der Beklagten angegebenen Werte zur Nettoverzinsung abzustellen, die für die Jahre 1999 bis 2017 im Einzelnen mitgeteilt und von der Klägerin letztendlich nicht mehr bestritten worden sind. Der insoweit zuvor erhobene Einwand, bei der Schätzung der Nutzungen aus den Kostenanteilen sei eine Beschränkung auf die nicht-fondsgebundenen Anlagen der Beklagten nicht gerechtfertigt, geht an der Sache vorbei. Zwar trifft es zu, dass es für die Schätzung der Nutzungen aus den Kostenanteilen nicht darauf ankommt, in welchen Anlageformen die Beklagte die ihr zur Verfügung stehenden Mittel investierte, insbesondere ob sie in diesem Zusammenhang selbst auf Fondsprodukte zurückgriff. Diese Erwägung ist aber für die Verwertbarkeit der in Rede stehenden Werte ohne Belang, weil die Beklagte - wie die Klägerin letztlich eingeräumt hat - ausweislich ihrer Musterberechnung für das Jahr 2015 Erträge aus Eigenanlagen in Investmentvermögen nicht herausrechnete (vgl. II 188).

(e) Anhand der Nettoverzinsung sind alle aus den - nach Abzug der Abschlusskosten verbleibenden - Kostenanteilen gezogenen Nutzungen schätzbar. Zwar sind, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, während der Vertragslaufzeit Teile der Kostenanteile in Form von Überschussanteilen in das Fondsguthaben des Zedenten geflossen; aber auch dort haben sie einen Wertzuwachs erfahren. Überdies ist ohnehin nicht genau feststellbar, wann welche Teile der vom Zedenten gezahlten Prämien genau wie verwendet wurden. Vielmehr ist insgesamt eine wertende Gesamtschau vorzunehmen. In deren Rahmen können jedenfalls dann, wenn - wie hier - nicht ersichtlich ist, dass die in die Fondsbeteiligung geflossenen Kostenanteile eine von der Fondsbeteiligung wesentlich abweichende Wertentwicklung genommen haben, alle aus den Kostenanteilen gezogenen Nutzungen anhand der Nettoverzinsung geschätzt werden.

(4) Nach dieser Maßgabe ergeben sich für die aus den Kostenanteilen gezogenen Nutzungen im Wege der Schätzung folgende Beträge:

Für den Zeitraum November 1999 bis Januar 2015 wurden Nutzungen in Gesamthöhe von 1.405,23 € gezogen (vgl. Spalte (5) der von der Beklagten als Anlage BB5 vorgelegten Aufstellung). Hinzu kommen Nutzungen aus den nach Auskehrung des Rückkaufswerts verbleibenden restlichen Kostenanteilen für die Zeiträume von Februar 2015 bis Dezember 2015 i.H.v. 187,09 € (= 3.050,87 € x 6,69% x 11/12), von Januar 2016 bis Dezember 2016 i.H.v. 400,58 € (= 3.050,87 € x 13,13%) und von Januar 2017 bis Juli 2017 (Ende der geltend gemachten Nutzungsdauer) i.H.v. 15,48 € (= 3.050,87 € x 0,87% x 7/12). Damit ergeben sich in der Summe Nutzungen in Gesamthöhe von 2.008,38 € (= 1.405,23 € + 187,09 € + 400,58 € + 15,48 €).

cc) Nutzungen aus dem Risikokostenanteil der Prämien sind nicht anzusetzen. Solche macht die Klägerin zu Recht auch nicht geltend (vgl. BGH, Urteil vom 11.11.2015 - IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 42).

dd) Soweit die Beklagte von den mit der Fondsanlage betrauten Investmentgesellschaften Rückvergütungen erhalten hat, kann die Klägerin diese nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB herausverlangen, weil es sich dabei weder um Prämienbestandteile noch um Nutzungen aus von dem Zedenten gezahlten Prämienbestandteilen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2017 - IV ZR 176/15, r+s 2017, 406 Rn. 27).

Soweit die Klägerin insoweit zwischen Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten differenzieren will, findet dies in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs keine Stütze (vgl. hierzu auch das jener Entscheidung zugrundeliegende Berufungsurteil des Kammergerichts vom 13.02.2015 - 6 U 179/13, r+s 2015, 179 [juris Rn. 44]). In gleicher Weise finden die Ausführungen des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe in dem von der Klägerin angeführten Beschluss vom 17.10.2018 (9 U 163/16, juris Rn. 33), laut denen im Rahmen der Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der Berechnung der Fondserträge oder -verluste Rückflüsse an den Versicherer rechnerisch gewinnerhöhend bzw. verlustvermindernd zu berücksichtigen seien, in der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Grundlage. Der Ansatz ist auch nicht überzeugend, weil die ihm zugrunde liegende Annahme, Rückflüsse würden aus dem Ertrag des jeweiligen Fonds geleistet (aaO Rn. 33), weder belegt wird noch in ihrer Pauschalität zutreffend erscheint.

Ohne Belang ist, ob und in welchem Umfang die Beklagte die Rückvergütungen ursprünglich dem Vertrag des Zedenten während seiner Laufzeit zugeordnet hat. Denn die für diese Zuordnung maßgebliche vertragliche Grundlage ist mit dem Widerspruch entfallen. Die hinter der Argumentation der Klägerin stehende Hypothese, der widersprechende Versicherungsnehmer dürfe im Ergebnis wirtschaftlich nicht schlechter als der kündigende stehen, findet im Gesetz keine Stütze.

d) Damit ergibt sich die von der Klägerin zu beanspruchende Restanspruchshöhe aus folgender Gesamtrechnung:
 
Versicherungsprämien    47.667,24 €      
-Wert des genossenen Versicherungsschutzes    1.424,69 €      
+ Nutzungen aus Sparanteil der Prämien    13.015,75 €      
+ Nutzungen aus Kostenanteil der Prämien    2.008,38 €      
- bereits ausgezahlter Rückkaufswert    52.659,62 €      
Restanspruch    8.607,06 €     

3. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Revisionszulassung ist auch im Hinblick auf den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17.10.2018 (9 U 163/16, juris Rn. 33) nicht geboten, weil die Frage der Einordnung von Rückvergütungen von Fondsgesellschaften an Versicherer als Nutzungen bereits höchstrichterlich geklärt ist (BGH, Urteil vom 21.06.2017 - IV ZR 176/15, r+s 2017, 406 Rn. 27).

RechtsgebieteBGB, VVGVorschriftenVVG § 5a, BGB § 242, BGB § 812, BGB § 818