19.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143287
Oberlandesgericht München: Urteil vom 11.07.2014 – 25 U 658/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht München
v. 11.07.2014
Az.: 25 U 658/14
In dem Rechtsstreit
...
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 25. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 11.07.2014 auf Grund des Sachstands vom 27.06.2014 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes
Endurteil
Tenor:
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 06.02.2014 wird zurückgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.
Die Revision wird zugelassen.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des je zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12.415,26 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt nach Widerruf eines Lebensversicherungsvertrags Rückzahlung der geleisteten Prämien.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II (Bl. 34/41 d.A.) wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger stünde die geltend gemachte Klageforderung aus Bereicherungsrecht nicht zu. Der vom Kläger mit Anwaltsschreiben vom 21.10.2012 (Anlage B 12) erklärte Widerspruch gemäß § 5 a VVG a.F. sei verfristet. Der Kläger habe aufgrund des Lebensversicherungsvertrags als Rechtsgrund keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückforderung der von ihm geleisteten Zahlungen. In den Hilfsanträgen sei die Klage wegen der unbestimmten Formulierungen bereits unzulässig.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren, soweit es die Hauptforderung betrifft, weiterverfolgt. Die streitgegenständlichen Widerspruchsbelehrungen würden den gesetzlichen Anforderungen des § 5 a VVG a.F., der zudem europarechtswidrig sei, nicht entsprechen. Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 09.04.2014 (Bl. 55/59 d.A.) und den Schriftsatz vom 13.06.2014 (Bl. 71 d.A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger 12.415,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2013 zu bezahlen,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß. Das Policenmodell sei europarechtskonform. Im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderung vom 02.06.2014 (Bl. 65/67 d.A.) Bezug genommen.
Am 05.06.2014 hat der Senat beschlossen, dass mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (Bl. 68/69 d.A.).
Ergänzend wird auf die hier und im landgerichtlichen Urteil ausdrücklich benannten Aktenbestandteile ebenso Bezug genommen wie auf die Schriftsätze des Klägers vom 06.05.2014 (Bl. 63 d.A.) und der Beklagten vom 26.05.2014 (Bl. 64 d.A.) jeweils einschließlich der dort benannten Aktenbestandteile.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts in vollem Umfang und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen umfassende Ausführungen Bezug. Die Berufungsbegründung gibt lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass.
1. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein vom 20.01.1999 (Anlagenkonvolut K 1 mit Anlage B 6) entspreche den Anforderungen des § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG in der Fassung vom 21.07.1994 (im Folgenden: VVG a.F.). Die Belehrung ist in drucktechnisch hinreichend deutlicher Form erfolgt. Sie befindet sich an markanter Stelle unten auf der zweiten Seite des Versicherungsscheins unmittelbar vor den Unterschriften, ist fettgedruckt, durch eine Zwischenüberschrift hervorgehoben und springt direkt ins Auge. Die Auffassung des Klägers, die Belehrung sei sehr unauffällig, teilt der Senat nicht: Die Belehrung fällt vielmehr sofort auf, da die zweite Seite des Versicherungsscheins nur halbseitig bedruckt ist. Sie besteht nur aus vier jeweils kurzen Absätzen. Dabei ist der vierte Absatz, der das Widerspruchsrecht betrifft, mehr als doppelt so lang wie die anderen Absätze, die jeweils nur aus zwei oder drei Zeilen bestehen. Als einziger Absatz ist er durchgehend fettgedruckt. Durch die prominente Lage direkt vor der Unterschriftenzeile ist er auch bei flüchtiger Betrachtung nicht zu übersehen.
2. Rechtsfehlerfrei, überzeugend und in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hat das Landgericht ausgeführt, dass das Policenmodell gemäß § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. europarechtskonform ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28.11.2013 - IV ZR 144/13 unter Zurückweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Senats vom 06.03.2013 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Verfahren 25 U 4780/12). Der Senat hält an seiner Beurteilung des Policenmodells als europarechtskonform fest.
Die Frage der Europarechtskonformität von § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F., auf die alleine sich die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 28.03.2012 und vom 07.05.2014 im Verfahren IV ZR 76/11 beziehen, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO, § 45 Abs. 1 GKG.
2. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache bezüglich der oben unter II 2 angesprochenen Problematik grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 03.03.2014 - 1 BvR 2534/10, VersR 2014, 609 unter IV).
Verkündet am 11.07.2014