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19.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131899

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 11.01.2013 – 20 U 164/12

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln

20 U 164/12

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 9. Juli 2012 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 286/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Unfall-Krankenhaustagegeldes und eines Genesungsgeldes für die Zeit vom 18. August 2010 bis zum 15. September 2010 in einer Gesamthöhe von 8.700,- €. Dies gilt sowohl unter Zugrundelegung der Darstellung der Beklagten, wonach der Versicherungsvertrag auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen abgeschlossen worden ist, als auch dann, wenn man – der Behauptung des Klägers folgend – davon ausgeht, dass die Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht Vertragsbestandteil geworden sind.

Nach Buchst. D. A. der Versicherungsbedingungen der Beklagten ist ein „unfallbedingter Krankenhausaufenthalt“ Voraussetzung für die Erbringung der versicherten Leistungen. Nach der Definition gemäß Buchst A. der Bedingungen ist ein Krankenhausaufenthalt eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung der versicherten Person in einem Krankenhaus. Damit ist klar geregelt, dass die Beklagte Versicherungsleistungen nur schuldet, wenn unfallbedingte Verletzungen in einem Krankenhaus behandelt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. VersR 1983, 677; bestätigt durch BGH VersR 1995, 1040), die der Senat teilt (Beschlüsse vom 22. Oktober 2010 und vom 24. November 2010 – 20 U 105/10, ebenfalls ergangen zu den Versicherungsbedingungen der Beklagten) ist eine Krankenhausbehandlung in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass sie unter ‑ behandlungsbedingtem - besonders intensivem Einsatz des medizinischen Personals, ggfls. ergänzt durch den Einsatz von besonderen dafür vorgehaltenen medizinisch–technischen Geräten, stattfindet. Der Behandlungsverlauf unterliegt der ständigen ärztlichen Überwachung, insbesondere durch tägliche Visiten. Regelmäßig ist der Patient – sei er bettlägerig oder nicht – vollständig durch die Behandlung in Anspruch genommen; sein Tagesablauf wird durch die Notwendigkeit der ständigen medizinischen und ärztlichen Betreuung und Behandlung bestimmt. Während der Behandlung stellt sich deshalb ein Verlassen der Einrichtung – etwa zu Spaziergängen – als Ausnahme dar. Demgemäß ist die Ausstattung eines Krankenhauses in der Regel nicht in erster Linie darauf ausgerichtet, einem Erholungsbedürfnis des Patienten Rechnung zu tragen. Im Vordergrund steht vielmehr eine den Anforderungen an eine intensive und möglichst umfassende medizinische und ärztliche Betreuung und Behandlung entsprechende Ausstattung; das schließt in der Regel auch das Vorhandensein von ausreichenden diagnostischen Möglichkeiten, von Operationseinrichtungen und solchen der Intensivmedizin ein.

Demgegenüber stellt die Durchführung einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung, die gemäß der ausdrücklichen Regelung in Buchst. A. der Bedingungen (zur Definition „Krankenhausaufenthalt“) nicht vom Versicherungsschutz gedeckt ist, hinsichtlich der Intensität des Einsatzes von medizinischem Personal und/oder beim Einsatz besonderer medizinisch-technischer Geräte geringere Anforderungen, als sie bei einer Krankenhausbehandlung vorauszusetzen sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch werden in Sanatorien Patienten aufgenommen, die entweder an einer leichteren chronischen Krankheit leiden, oder solche, die bereits einen Krankenhausaufenthalt oder eine sonstige Heilbehandlung hinter sich haben, einer weiteren Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen, jedoch noch nicht völlig wieder hergestellt sind. Der Heilerfolg wird in erster Linie von einer geregelten Lebensweise, einer zweckmäßigen Diät, der Herausnahme aus der gewohnten Umgebung und der Fernhaltung störender Umwelteinflüsse erwartet. Die Sanatoriumsgäste sind meist nicht bettlägerig; sie haben daher auch die Möglichkeit, das Sanatorium zu Spaziergängen zu verlassen. Ähnliches gilt für einen Aufenthalt in einem Kurbad.

Ebenfalls vom Versicherungsschutz nicht erfasst sind Rehabilitationsmaßnahmen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Heilerfolg nicht so sehr von der Herausnahme aus der gewohnten Umgebung, der Fernhaltung schädlicher Umwelteinflüsse und einer geregelten Lebensweise erwartet wird, sondern in erster Linie von einer Anleitung des Patienten zu eigener Tätigkeit, durch die er diejenigen Kräfte und Fähigkeiten (wieder-) erwerben soll, die ihn zu einer Teilnahme am Arbeits- und Gemeinschaftsleben befähigen (vgl. BGH a.a.O.). Das ist zwar in den Bedingungen nicht ausdrücklich geregelt. Der Umstand, dass Aufenthalte in Sanatorien und Erholungsheimen gemäß Buchst. A. der Bedingungen „ebenfalls“ nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlung in einem Krankenhaus gelten, bedeutet aber nicht, dass medizinisch notwendige Behandlungen in einer - nicht gesondert aufgeführten – Rehabilitationseinrichtung nunmehr von dem Krankenhausbegriff erfasst würden. Der Ausschluss der konkret bezeichneten Einrichtungen kann nur als beispielhaft, nicht jedoch als abschließend angesehen werden. Entscheidend für die Erstattungsfähigkeit ist die Heilbehandlung in einem Krankenhaus (Senat, aaO). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Konstellation, die dem OLG Zweibrücken (OLGR 2004, 595) zugrunde lag, denn hier ist in den Bedingungen klar geregelt, dass nur ein Aufenthalt in einem Krankenhaus den Versicherungsfall auslösen kann.

Bei dieser Sachlage scheidet – weiterhin unterstellt, die Versicherungsbedingungen der Beklagten seien vereinbart – eine Leistungspflicht der Beklagten für den hier streitgegenständlichen Aufenthalt in der Klinik S. aus. Der Kläger stellt nicht mehr in Abrede, dass die in dieser Klinik durchgeführten Behandlungen keine Krankenhausbehandlungen darstellten, sondern dass es sich um eine Reha-Maßnahme gehandelt hat (so ausdrücklich S. 3 der Berufungsbegründung, GA 150). Das ergibt sich auch unzweifelhaft aus den während des Aufenthaltes durchgeführten Maßnahmen, wie sie der Kläger selbst im Schriftsatz vom 18. Juni 2012 (GA 109 ff.) näher beschrieben hat. Damit steht dem Kläger bei Zugrundelegung der Bedingungen der Beklagten kein Krankenhaustagegeld und kein Genesungsgeld zu.

Ein Anspruch auf Versicherungsleistungen scheidet aber auch dann aus, wenn man annimmt, die Versicherungsbedingungen der Beklagten seien dem Kläger nicht im Rahmen des Vertragsschlusses von der Beklagten übersandt worden. Soweit dem Kläger deswegen möglicherweise noch ein Widerspruchsrecht nach dem hier anwendbaren § 5a VVG a.F. zustehen sollte, hat der Kläger hiervon keinen Gebrauch gemacht; dies steht auch nicht zu erwarten, denn Folge eines wirksamen Widerspruchs wäre das Nichtzustandekommen des Vertrags, aus dem der Kläger indes vorliegend gerade Leistungsansprüche herleiten will. In der Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Versicherungsbedingungen des Versicherers auch dann einbezogen bleiben, wenn der Versicherungsnehmer das Widerspruchsrecht nicht ausgeübt hat (vgl. Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5a, Rn. 57 m.w.N.). Darauf kommt es hier aber letztlich nicht entscheidend an.

Geht man – der Argumentation des Klägers folgend – davon aus, dass bei fehlender Einbeziehung von Versicherungsbedingungen der Beklagten die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebenden Musterbedingungen gelten, dann bleibt jedenfalls zu beachten, dass diese nur ergänzend zu den Voraussetzungen, unter denen die Beklagte gemäß dem Versicherungsschein eine Leistung zugesagt hat, herangezogen werden können. Vorliegend folgt aber schon aus der Versicherungspolice, dass die Beklagte Leistungen nur bei einem Krankenhausaufenthalt gewährt (Buchst. A der Police, GA 22). Nur mit dieser Maßgabe könnte dann Ziff. 2.4.1 der damals einschlägigen AUB (oder der AUB 2008) angewandt werden. Auch dann bliebe Leistungsvoraussetzung, dass ein Krankenhausaufenthalt gegeben sein muss, an dem es hier indes ‑ wie dargelegt - fehlt.

Soweit in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, der Versicherungsvertrag sei vor Übersendung der Police bereits telefonisch abgeschlossen worden, weist der Senat nochmals darauf hin, dass weder ein Versicherungsmakler noch ein Versicherungsagent vom Versicherer dazu bevollmächtigt ist, in dessen Namen Versicherungsverträge abzuschließen. Ein Versicherungsagent ist gemäß § 43 Nr. 1 VVG a.F. nur bevollmächtigt, Anträge auf Abschluss eines Versicherungsvertrags entgegenzunehmen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 3. Januar 2013 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

Berufungsstreitwert: 8.700,- €

RechtsgebietVVG a.F.Vorschriften§ 5a VVG a.F. § 43 Nr. 1 VVG a.F.