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08.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130087

Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 24.05.2012 – 1 K 1474/10

1. Ist eine nichtselbstständig tätige Chefsekretärin nebenberuflich für ihren Chef in einem Raum ihres Einfamilienhauses gewerblich tätig, führen die als Raummiete vereinnahmten Gelder nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern zu gewerblichen Einkünften, wenn die Vermietung des Büros und die gewerbliche Tätigkeit unlösbar miteinander verbunden sind.
2. Die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, welches räumlich nicht von dem auch privat genutzten Flur getrennt ist, sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers setzt dessen Abgeschlossenheit voraus.


Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 1. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht …, des Richters am Finanzgericht …, des Richters am Verwaltungsgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … und 7… ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 24. Mai 2012
für Recht erkannt:
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2005 vom 20. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 wird die Einkommensteuer für 2005 um 248,– EUR auf 26.810,– EUR herabgesetzt.
2. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2007 vom 26. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 wird die Einkommensteuer für 2007 um 504,– EUR auf 30.828,– EUR herabgesetzt.
3. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 22. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 wird die Einkommensteuer für 2008 um 504,– EUR auf 31.997,– EUR herabgesetzt.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 89 % und dem Beklagten zu 11 % auferlegt.
6. Die Revision wird zugelassen.
7. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bewohnten in den Streitjahren ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von insgesamt 180 m².
Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Chefsekretärin von G am Klinikum. Daneben übte sie eine selbständige Tätigkeit aus, bei der sie für G die im Rahmen seiner Nebentätigkeit erstellten Gutachten schrieb, die Abrechnung der Nebentätigkeit wahrnahm und den Zahlungseingang für die in Rechnung gestellten Gutachten kontrollierte.
Mit Mietvertrag vom 20. Dezember 2000 vermieteten die Kläger an G ein Arbeitszimmer zu einem Mietpreis von 100,– DM. Dieser wurde am 1. Januar 2007 dahingehend geändert, dass nunmher ein Arbeitszimmer „zur Ausübung einer selbständigen Schreib- und Sachbearbeitertätigkeit im Auftrag von G” vermietet und der Mietpreis auf 100,– EUR angehoben wurde. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag kann jederzeit von beiden Seiten gekündigt werden. Der vermietete Raum befindet sich im Obergeschoss des Einfamilienhauses. Er hat eine Größe von 24 m² und ist zu drei Seiten mit festen Mauern ohne Türen abgegrenzt. Die vierte Seite (Gesamtlänge: 6,75 m) grenzt an den Treppenaufgang und den Flur und besteht aus einer 3,44 m langen Steinwand, einer 1,36 m langen Glasverkleidung zum Treppenaufgang/Flur und einer 1,95 m breiten Öffnung, durch die das Zimmer vom Flur aus betreten werden kann. Über den Flur sind das Bad, der Dachboden sowie ein weiterer Wohnraum erreichbar. Zur Lage und zum Zuschnitt verweist das Gericht auf die Bauzeichnungen und ein Foto.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2008 erklärten die Kläger Einkünfte aus der Vermietung des Zimmers in Höhe von ./. 3.036,– EUR (2005), ./. 3.171,– EUR (2006), ./. 2.602,– EUR (2007) und ./. 2.544,– EUR (2008). Den Einnahmen in Höhe 614,– EUR (2005 und 2006) bzw. 1.200,– EUR (2007 und 2008) stellten sie dabei anteilige lineare AfA, anteilige Schuldzinsen, anteilige Nebenkosten sowie Steuerberatungskosten als Werbungskosten gegenüber (Anteil an den Gesamtaufwendungen jeweils 12,98 %). Der Beklagte (das Finanzamt) lehnte die Berücksichtung der erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung ab und setzte mit Bescheid vom 20. August 2007 die Einkommensteuer 2005 auf 26.810,– EUR, mit Bescheid vom 7. Oktober 2008 die Einkommensteuer 2006 auf 27.969,– EUR, mit Bescheid vom 26. August 2009 die Einkommensteuer 2007 auf 30.828,– EUR sowie mit Bescheid vom 22. Juni 2010 die Einkommensteuer für 2008 auf 31.997,– EUR fest. Zugleich setzte es mit Bescheid vom 26. August 2009 die Vorauszahlung für das 4. Quartal 2009 auf 5.400,– EUR und für das 1. und 2. Quartal 2010 auf 2.075,– EUR sowie mit Bescheid vom 22. Juni 2010 die Vorauszahlungen für das 3. und 4. Quartal 2010 auf 2.925,– EUR und für den Veranlagungszeitraum 2011 auf vierteljährlich 2.490,– EUR fest, wobei es bei der Bemessung der Vorauszahlungen jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 0,– EUR zu Grunde legte. Die hiergegen durchgeführten Einspruchsverfahren blieben in diesem Punkt ohne Erfolg. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 (Blatt 142 ff der Rechtsbehelfsakte) erhöhte das Finanzamt ohne vorherigen Hinweis auf eine beabsichtigte Verböserung die Einkommensteuer für 2005 auf 27.058,– EUR, für 2007 auf 31.332,– EUR und für 2008 auf 32.501,– EUR. Im Übrigen wies es den Einspruch teilweise als unzulässig und teilweise als unbegründet zurück. Die Erhöhung der Steuern für 2005, 2007 und 2008 beruhte darauf, dass das Finanzamt die Vermietungseinnahmen in Höhe von 614,– EUR (2005) bzw. 1.200,– EUR (2007 und 2008) nunmehr den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin zurechnete. Im Jahr 2006 führte die Erhöhung um 614,– EUR wegen einer – aus anderen hier nicht streitigen Gründen – erfolgten Verminderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zu keiner Verböserung. Mit Bescheid vom 19. April 2011 erhöhte das Finanzamt die Vorauszahlungen für das 2. bis 4. Quartal 2011 im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2009 aus anderen – hier nicht streitigen – Gründen auf nunmehr jeweils 3.277,– EUR.
Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass die Einkünfte aus der Vermietung der Wohnung nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG unterfallen würden. Für ihre selbständige Tätigkeit stehe der Klägerin das Büro in der Klinik nicht zur Verfügung, so dass sie einen zusätzlichen Büroraum benötige. Aufgrund ihrer Vollzeitbeschäftigung am Klinikum könne sie ihre Nebentätigkeit nur am Abend und an den Wochenenden ausüben. Zu diesem Zweck habe sie gemeinsam mit dem Kläger ein Zimmer in ihrem Eigenheim an G vermietet, der ihr diesen Raum zur Ausübung ihrer gewerblichen Nebentätigkeit zur Verfügung stelle. Der Raum werde ausschließlich betrieblich genutzt, da daneben ausreichend private Räumlichkeiten vorhanden seien.
Der Auffassung des Finanzamts, dass es sich um einen pauschalen Zuschuss des Auftraggebers G im Rahmen der selbständigen Tätigkeit der Klägerin handele, könne nicht gefolgt werden. Die Subsidiaritätsklausel des § 21 Abs. 3 EStG sei nicht einschlägig. Das Finanzamt gehe unzutreffend davon aus, dass die Vermietung des Büros untrennbar mit der selbständigen Tätigkeit verbunden sei. Die unselbständige Arbeit der Klägerin an der Klinik sei vollkommen losgelöst von ihrer selbständigen Tätigkeit für G. Die Zahlung der Miete habe ihre Rechtsgrundlage im gesondert vereinbarten Mietvertrag. Dieser sei im betrieblichen Interesse von G geschlossen worden, so dass die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geforderte Fremdnützigkeit gegeben sei. Dies spiegle sich dadurch wieder, dass der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit zu einem marktüblichen Mietzins abgeschlossen und mit einer Kündigungsregelung versehen worden sei. Der Mietvertrag und dessen Nutzung seien von den Bedürfnissen des G geprägt, da dieser keinen anderen Raum für die ihm gegenüber geschuldeten Tätigkeiten zur Verfügung stellen könne. Es sei davon auszugehen, dass G einen vergleichbaren Raum für die Tätigkeit der Klägerin angemietet hätte, wenn die Nutzung der Wohnung im Eigenheim der Kläger nicht möglich gewesen wäre. Auch unter Berücksichtigung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13. Dezember 2005 (Az.: IV C 3 – S 2253 – 112/05) betreffend die Vermietung eines Büroraums an den Arbeitgeber ergebe sich nichts anderes. Des Weiteren habe das Finanzamt die Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf BFH-Urteil vom 20. März 2003 VI R 147/00) nicht hinreichend berücksichtigt, dem ein dem vorliegenden Fall vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde gelegen habe. Dass die genannte Entscheidung sich auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber beziehe, stehe einer Anwendung der Entscheidung in vorliegenden Fall nicht entgegen. Es bleibe festzuhalten, dass die Mieteinahmen der Kläger nicht einer anderen Einkunftsart zuzuordnen seien, so dass die Subsidiaritätsklausel nicht zur Anwendung komme und die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht eingreife.
Hilfsweise werde geltend gemacht, dass es sich bei dem Zimmer um ein häusliches Arbeitszimmer handele, das bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb steuermindernd zu berücksichtigen sei. Insbesondere handele es sich bei dem Raum um kein Durchgangszimmer. Er müsse nicht betreten werden, um in andere Räume zu gelangen und sei auch von den übrigen Räumen der Wohnung abgegrenzt. Hinsichtlich der Abgeschlossenheit werde zudem auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 19. Mai 2011 und das hierzu beim BFH anhängige Revisionsverfahren X R 32/11 hingewiesen.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 vom 20. August 2007 (2005), 7. Oktober 2008 (2006), 26. August 2009 (2007) und 22. Juni 2010 (2008) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 die Einkommensteuer für 2005 auf 25.596,– EUR, für 2006 auf 26.151,– EUR, für 2007 auf 29.736,– EUR und für 2008 auf 30.923,– EUR herabzusetzen,
unter Änderung der Bescheide vom 26. August 2009 über die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 und für das Jahr 2010 sowie vom 22. Juni 2010 für das 3. und 4. Quartal und das Jahr 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2010 die Vorauszahlungen für das 4. Quartal 2009 auf 4.148,– EUR, für 2010 auf 8.934,– EUR und für 2011 auf 8.900,– EUR herabzusetzen,
hilfsweise das Ruhen des Verfahrens anzuordnen
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, dass die fraglichen Einnahmen gemäß § 21 Abs. 3 EStG den gewerblichen Einkünften zuzuordnen seien. Die Vermietung des Arbeitsraums sei untrennbar mit der Tätigkeit der Klägerin für G verbunden. Ein Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben komme nicht in Betracht, da der Raum nicht gegenüber dem Flur im Obergeschoss abgeschlossen sei. Eine Berücksichtigung der erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung 2008 für die Berechnung der Einkommensteuervorauszahlungen 2011 sei daher nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zu Gericht gereichten Steuerakten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nur teilweise Erfolg.
I. Dem Antrag der Klägerin, im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 32/11 anhängige Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, konnte nicht entsprochen werden. Denn für die Verfahrensruhe sind gemäß § 251 ZPO i.V.m. § 155 FGO übereinstimmende Anträge des Klägers und des Beklagten erforderlich. Das Finanzamt hat einen solchen Antrag nicht gestellt.
II. Das Finanzamt hat in der Sache zu Recht die Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen für das Zimmer abgelehnt.
1. Bei den von G erhaltenen Beträgen aus dem Mietvertrag vom 1. Januar 2007 handelt es sich nicht um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
a) Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch Einkünfte aus der Vermietung von Gebäudeteilen. Die steuerliche Zuordnung von Einnahmen richtet sich nicht nach der äußeren Form und Bezeichnung des von den Beteiligten geschlossenen Vertrags, sondern nach seinem wirtschaftlichen Gehalt. Eine Zahlung, die sich ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstands darstellt (Ausnahme: § 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG), ist daher bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Gehören die betreffenden Einkünfte allerdings (auch) zu einer anderen Einkunftsart, so sind sie gemäß § 21 Abs. 3 EStG dieser zuzurechnen (Subsidiaritätsklausel).
b) Im Streitfall ist die Vermietung des Arbeitszimmers nach Aktenlage untrennbar mit der Tätigkeit der Klägerin für G verbunden. Das Gericht hält es für ausgeschlossen, dass die Kläger das Arbeitszimmer ohne diese Tätigkeit an G vermietet hätten, etwa damit dieser selbst oder eine dritte Person dort Bürotätigkeiten nachgehen können. Damit bedingen sich das Vermieten des Büros und die Tätigkeit der Klägerin für G gegenseitig unlösbar; weder kann die Tätigkeit der Klägerin ohne den Büroraum ausgeübt werden, noch wäre das Arbeitszimmer ohne diese Tätigkeit an G vermietet worden. Sie sind daher steuerlich einheitlich zu betrachten; die Einkünfte sind gemäß § 21 Abs. 3 EStG den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen.
c) Das Ergebnis wird dadurch gestützt, dass G mit den Klägern keinen Mietvertrag über einen konkret bezeichneten Raum geschlossen hat und dass G kein Verfügungsrecht über den Raum erhalten hat (das Zutrittrecht war nicht geregelt, es ist nicht erkennbar, dass G einen Schlüssel erhalten hat). Auch hat G weder die Möblierung des Büroraums übernommen, noch hat er die notwendigen technischen Geräte, wie möglicherweise Telefax, Telefonanlage und PC mit Internetanschluss aufgestellt. Weiter fehlen ausdrückliche schriftliche Vereinbarungen über die Bedingungen der Nutzung des überlassenen Raums und zu den Betriebskosten.
d) Damit sollte nach Überzeugung des Senats mit dem Mietvertrag lediglich (teilweise) der Aufwand für die Bereitstellung eines entsprechenden Büroraums ausgeglichen werden. Der pauschalierte Zuschuss zu den Aufwendungen für den Büroraum war damit Bestandteil des Dienstverhältnisses mit G und damit den Einkünften der Klägerin aus gewerblicher Tätigkeit zuzurechnen.
e) An dem gefunden Ergebnis vermag auch der Hinweis der Kläger auf das BFH-Urteil vom 20. März 2003 VI R 147/00 nichts zu ändern. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob die Grundsätze der Entscheidung auf den Streitfall Anwendung finden, weil der BFH über die Vermietung an den Arbeitgeber entschieden hat und G nicht Arbeitgeber der Klägerin ist. Jedenfalls hat der BFH dort ausdrücklich festgestellt, dass der Mietvertrag keine Koppelung an das Arbeitsverhältnis enthält; im Streitfall hingegen sind – wie dargestellt – die Vermietung des Büros und die Tätigkeit der Klägerin für G unlösbar verbunden. Zudem hat bei einem Angestelltenverhältnis grundsätzlich der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass dem Arbeitnehmer ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht; bei einer gewerblichen Tätigkeit obliegt diese Aufgabe regelmäßig dem eigenverantwortlichen Auftragnehmer und wird vom Auftraggeber im Rahmen der abgerechneten Leistung mit bezahlt.
2. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil das Arbeitszimmer nicht gegenüber dem Flur im Obergeschoss abgeschlossen und die private Nutzung des Flurs nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Zwar sind derartige Aufwendungen grundsätzlich durch den Betrieb veranlasst (§ 4 Abs. 4 EStG), doch steht im Streitfall dem Abzug § 12 Nr. 1 EStG entgegen.
a) Nach dieser Vorschrift dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Hierzu gehören auch Aufwendungen für die Lebensführung, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Die Vorschrift enthält ein Aufteilungs- und Abzugsverbot für solche Aufwendungen, die sowohl betrieblich als auch durch die Lebensführung veranlasst sind, mit der Folge, dass auch der Teil der Aufwendungen nicht abzugsfähig ist, der beruflich veranlasst ist.
§ 12 Nr. 1 EStG steht einer Aufteilung der Kosten des Raumes in einen privaten und einen betrieblichen Anteil entgegen, da ein einzelner Raum nicht in einen dem Betriebsvermögen und einen dem Privatvermögen zuzuordnenden Teil zerlegt werden kann. Bei der Aufteilung eines Gebäudes in Wirtschaftsgüter des Privatvermögens einerseits und des Betriebsvermögens andererseits stellt der durch Wände und Türen abgeschlossene Raum die kleinste Einheit dar. Zwar sagt die Abgeschlossenheit eines Raums nichts über die Art seiner Nutzung aus. Erst die Abgeschlossenheit macht den Raum aber zu einem Gebäudeteil, über dessen Nutzungsart sich überhaupt eine nachprüfbare Aussage treffen lässt (BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 98/93, BFH/NV 1994, 853).
Der BFH hat daher z.B. im Urteil vom 19. Mai 1995 IV R 3/95 (BFH/NV 1995, 880) entschieden, „dass die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass es gegenüber den übrigen Räumen der Wohnung abgegrenzt ist (…) Würden von dem Grundsatz, dass eine Abgrenzung zu den übrigen Räumen vorliegen muss, Ausnahmen zugelassen werden, so würden sich zahlreiche Abgrenzungsprobleme ergeben, die eine Rechtsunsicherheit und daraus folgend eine unterschiedliche Rechtsanwendung bewirken würden”. Der Senat schließt sich dem an.
b) Hinzu kommt, dass der aus Arbeitsplatz und Flur bestehende Raum als Durchgangsraum für die Nutzung des gesamten Hauses unverzichtbar ist, weil nur durch ihn eine Nutzung des Badezimmers und des weiteren Wohnraums erfolgen kann. Durch die insoweit erforderliche Nutzung als Durchgangsraum findet eine mehr als nur geringfügige Mitnutzung für private Zwecke statt.
c) Auch die Frage, ob es sich bei dem Arbeitszimmer um eine Betriebsstätte handelt, ändert an dem gefundenen Ergebnis nichts. Der BFH hat mehrfach entschieden, dass es für die Qualifizierung als „häusliches Arbeitszimmer” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ohne Bedeutung ist, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung darstellt (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BStBl II 2003, 185; vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BStBl II 2005, 212, und vom 20. November 2003 IV R 30/03, BStBl II 2004, 775). Ebenso ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen die betriebliche Nutzung eines solchen Raums nicht mehr „arbeitszimmertypisch” ist und der insoweit entstehende Aufwand deshalb uneingeschränkt als Betriebsausgabe abziehbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 21. März 1995 XI R 93/94, BFH/NV 1995, 875; vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BStBl II 2003, 463). Danach ist ein „häusliches Arbeitszimmer” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG stets anzunehmen, wenn der betreffende Raum in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten vorwiegend büromäßiger Art dient (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 164/00, BStBl II 2003, 350,BFH-Beschluss vom 29. April 2009 VIII B 149/08, juris). Von einer Betriebsstätte könnte demnach nur ausgegangen werden, wenn aufgrund nach außen erkennbarer Umstände die häusliche und wohnliche Privatsphäre zu Gunsten eines eindeutig betrieblichen Bereichs zurücktritt (z.B. Werkstatt, Lagerraum). Dies ist hier aber nicht der Fall.
III. Die Klage hat aber insoweit Erfolg, als das Finanzamt die Einkommensteuer für 2005, 2007 und 2008 ohne vorherigen Hinweis auf die insoweit beabsichtigte Verböserung im Rahmen der Einspruchsentscheidung erhöht hat. Ein solcher Hinweis ist nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO vor Erlass der Einspruchsentscheidung zwingend erforderlich. Die Bescheide standen auch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Eine andere einschlägige Änderungsvorschrift liegt ebenfalls nicht vor, insbesondere fehlt es bereits an einer „neuen Tatsache” im Sinne von § 173 AO. Dementsprechend war der Klage insoweit teilweise stattzugeben, als die Steuer für 2005, 2007 und 2008 um die Beträge gemindert wird, um die sie in der Einspruchsentscheidung erhöht wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf das in der Frage der Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers bei privater Mitbenutzung abweichende Urteil des FG Köln 19. Mai 2011(10 K 4126/09) und die hierzu beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 32/11 anhängige Revision zugelassen.

VorschriftenEStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 21 Abs. 3, EStG § 12 Nr. 1