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31.08.2011 · IWW-Abrufnummer 112826

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 11.05.2011 – 2 K 11301/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 K 11301/08
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger eine Rückstellung für die Betreuung von Versicherungsverträgen bilden durfte.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte aus seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Rechtsverhältnisse zwischen ihm und der von ihm vertretenen Versicherung (im Folgenden: V) sind in dem zwischen beiden geschlossenen Vertretervertrag vom ... nebst Anlagen niedergelegt. Daraus ergibt sich Folgendes:
Gemäߧ 1 Nr. 1 des Vertrages bestellte die V den Kläger zum hauptberuflichen Vertreter. Auf schriftliches Verlangen der Versicherung war der Kläger außerdem verpflichtet, Versicherungsverträge für andere Unternehmen gemäß den Anlagen zum Vertrag zu vermitteln, solange die Geschäftsverbindung zwischen der Versicherung und diesem Unternehmen besteht. § 3 des Vertrages lautet: "1. Der Vertreter ist verpflichtet, die Geschäfte der V nach besten Kräften zu fördern und deren Interessen in jeder Hinsicht wahrzunehmen. 2. Demzufolge hat er insbesondere a) Versicherungsverträge zu vermitteln, b) den Versicherungsbestand zu pflegen sowie die sich daraus ergebenen geschäftlichen Vorgänge zu erledigen (...)". Ausweislich § 4 des Vertrages erhielt der Kläger für seine Tätigkeit Provisionen nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen. Für die Sachversicherungen der - zur V gehörenden - X (Anlage 1 zum Vertrag) hatte der Kläger sowohl Anspruch auf eine Abschluss- als auch auf eine Verwaltungsprovision. Mit der Abschlussprovision waren gemäß I Nr. 2 der Anlage die Vermittlung des Versicherungsvertrages und für das 1. Versicherungsjahr auch ein eventueller Beitragseinzug und andere Tätigkeiten abgegolten. Mit der Verwaltungsprovision waren hingegen die Pflege des Versicherungsbestandes, der dem Kläger übertragende Beitragseinzug, die Mitwirkung bei der Bearbeitung von Schadensfällen und sonstige ihm obliegende Aufgaben (§ 3 des Vertretervertrages) abgegolten (II Nr. 1 der Anlage 1). Im Rahmen der Lebensversicherungen (Anlage 4 zum Vertrag) hatte der Kläger nur Anspruch auf eine Abschlussprovision sowie gegebenenfalls auf zusätzliche Provisionen, welche anhand der Vertragsabschlussleistungen zu berechnen waren. Mit der Abschlussprovision waren ausweislich I Nr. 2 der Anlage 4 die Vermittlung des Versicherungsvertrages und andere Tätigkeiten abgegolten. Eine Verwaltungsprovision gab es in diesem Bereich nicht. Gemäß Ziffer 1.1 der Anlage 7 zum Vertrag sah die Versicherung in der Möglichkeit zur Vermittlung von Bausparverträgen eine sinnvolle Ergänzung des Kundendienstes. Sie hielt deshalb alle Vertreter an, bei sich bietender Gelegenheit Bausparverträge der Y zu vermitteln. Für eine solche Vermittlung erhielt der Kläger von der Y im Auftrage der V eine Abschlussprovision. Eine Verwaltungsprovision vereinnahmte der Kläger auch in diesem Bereich nicht. In der Anlage 8 zum Vertrag ("Partnerprodukte") waren die Provisionen geregelt, welche der Kläger für nicht von der V vertriebene Produkte erhielt. Für den Bereich der Krankenversicherung erhielt der Kläger demnach grundsätzlich eine Provision von vier Monatsbeiträgen, für Ausbildungstarife zwei Monatsbeiträge. Regelungen für eine Verwaltungsprovision finden sich bei der Krankenversicherung, im Gegensatz zu den ebenfalls in Anlage 8 genannten Tier- und Kreditversicherungen, nicht.
Zum 31. Dezember 2004 befanden sich ... Krankenversicherungen, ... Bausparverträge sowie insgesamt ... Lebensversicherungsverträge im Bestand des Klägers. Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2004 stellte der Kläger eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe von 311.823,58 EUR aufgrund des Erfüllungsrückstandes aus seiner Betreuungsverpflichtung ein. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - erkannte diese Rückstellung im Einkommensteuerbescheid vom 5. Dezember 2005 nicht an.
Während des gegen diesen Bescheid angestrengten Einspruchsverfahrens bestätigte die V dem Kläger unter dem 24. Januar und dem 1. März 2006, dass ein zeitlicher Aufwand für die Betreuung von zwei Stunden "nicht zu hoch gegriffen" scheint. Für eine erhebliche Verwaltungstätigkeit spreche auch, dass im Direktionsbetrieb im Bereich der Bestandssachbearbeiter viermal so viele Personen als in der Antragssachbearbeitung beschäftigt seien.
Der Beklagte führte beim Kläger, insbesondere aufgrund der im Einspruchsverfahren streitigen Rückstellung, eine Außenprüfung durch. Der Aufforderung, die Unterlagen zu 30 zufällig ausgewählten Verträgen zur Überprüfung des Betreuungsaufwands vorzulegen, kam der Kläger nicht nach. Die V hatte aus Datenschutzgründen die Einsichtnahme in die Bestandsdaten verweigert. Für den Monat Dezember 2006 ließ der Kläger seine Mitarbeiter Stundenzettel ausfüllen, auf denen die Arbeitszeit den einzelnen Versicherungssparten zugeordnet wurde. Anhand dessen ermittelte der Kläger einen Betreuungsbedarf für die Lebensversicherungen von 1:38 Stunden pro Vertrag im Jahr, welcher aber im Dezember aufgrund des Arbeitsanfalls bei den Kfz-Versicherungen niedriger als im Jahresdurchschnitt sei. Der Prüfer vertrat abschließend ebenfalls die Auffassung, die Rückstellung sei dem Grunde und der Höhe nach nicht anzuerkennen. Aufgrund anderer, hier nicht im Streit stehender Punkte, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid unter dem 6. März 2008. Das Einspruchsverfahren verlief insgesamt erfolglos.
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage, mit welcher die Kläger nur noch die Rückstellung für Lebensversicherungen, Krankenversicherungen und Bausparverträge geltend machen. Die noch im Jahresabschluss geltend gemachte Rückstellung für die Sachversicherungen begehren die Kläger nicht weiter.
Im Rahmen der Betreuung seien seitens des Klägers beispielsweise Änderungen der Zahlungsnachweise, Änderungen der Bankverbindungen, Änderungen der Adressen sowie Änderungen der Deckung zu berücksichtigen. Im Rahmen der Lebensversicherungen seien außerdem Anträge auf Beitragsfreistellung sowie Beitragsänderungen aufgrund finanzieller Engpässe vorzunehmen. Auch seien Änderungen der Laufzeit, z.B. aufgrund von Änderungen bei der Lebensarbeitszeit und jährliche Auskünfte zum Rückkaufswert vorzunehmen. Häufig würden auch Anträge auf Teilauszahlung der Lebensversicherungen oder die Möglichkeit zum Ruhenlassen der Lebensversicherung geltend gemacht. Es seien außerdem steuerliche Fragen zu beantworten, häufig sei eine Rückfrage bei der Direktion in A notwendig. Es sei durchaus üblich, dass die Versicherungsnehmer persönlich beim Kläger erscheinen oder auf ein persönliches Erscheinen des Klägers bzw. seiner Mitarbeiter bestehen. In der steuerrechtlichen Literatur sowie in der Literatur der Versicherungswirtschaft werde von einem durchschnittlich jährlichen Betreuungsaufwand pro Lebensversicherung von 2- 3 Stunden ausgegangen. Auch die V halte diesen Aufwand für angemessen. Der anzusetzende Betreuungsaufwand betrage daher mindestens zwei Stunden pro Jahr. Allerdings sei der Zeitaufwand für die Betreuung von Krankenversicherungen und Bausparverträgen geringer und belaufe sich auf 0,5 bzw. eine Stunde pro Vertrag und Jahr. Insgesamt seien ... Mitarbeiter des Klägers ganz überwiegend im Bereich der Betreuung der laufenden Versicherungsverträge beschäftigt, während ... Personen hauptsächlich im Bereich der Vermittlung neuer Versicherungen tätig seien.
Eine Betreuungspflicht für alle hier geltend gemachten Vertragsarten ergebe sich dabei aus § 3 Nr. 2b des Vertretervertrages. Da diese Verpflichtung alle vom Kläger als Vertreter der V abgeschlossenen Versicherungen betreffe, gelte diese auch für die als Anlagen dem Rahmenvertrag beigefügten Bestimmungen für die Bausparverträge und die Krankenversicherungsverträge. Die Betreuung dieser Verträge sei auch tatsächlich vom Kläger durchgeführt worden. Es seien beispielsweise Änderungen bei Zahlungsnachweisen, Änderungen der Bankverbindungen, Änderungen der Adressen, Änderungen der Deckung sowie die Änderungen des Arbeitgebers zu verwalten gewesen. Der Kläger habe jeweils keine Betreuungsprovision erhalten. Diese seien weder vereinbart noch gezahlt worden.
Für die Krankenversicherung sei daher eine Rückstellung in Höhe von ... EUR, für die Bausparverträge von ... EUR sowie für die Lebensversicherungen in Höhe von ... EUR bei einer Laufzeit von ... Jahren, ... EUR bei einer Laufzeit von ... Jahren und schließlich ... EUR bei einer Laufzeit von ... Jahren anzusetzen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid vom 6. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2008 abzuändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer Rückstellung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 188.493,73 EUR niedriger festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung. In dieser hatte das FA ausgeführt:
Die Bildung einer Rückstellung für einen Betreuungsaufwand komme dem Grunde und der Höhe nach nicht in Betracht. Es fehle zunächst schon an einem Erfüllungsrückstand des Klägers. Denn es werde weder in rechtlicher noch wirtschaftlicher Hinsicht erkennbar, dass mit der Zahlung der Abschlussprovision Betreuungsleistungen abgegolten werden, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf die Abschlussprovision noch nicht erfüllt worden seien. Insbesondere wurde eine Verpflichtung zur teilweisen Rückgewähr der Abschlussprovision nicht vereinbart. Soweit eine solche Verpflichtung bestand, weise diese keinen Bezug zur Leistung des Vermittlers im Bereich der Kundenbetreuung auf. Der Kläger werde schwerpunktmäßig im Bereich der Neuakquisition von Kunden bzw. Verträgen tätig. Es sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen, welche Leistungen er für die Abschlussprovision zu erbringen gehabt habe und welchen Umfang diese Leistungen hätten einnehmen müssen. Rückstellungsfähig seien nur wesentliche Pflichten, die wirtschaftlich verursacht sind und nicht Nebenleistungen darstellen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Betreuungsaufwand für den Kläger eine solche wesentliche Pflicht darstelle. Die vom Kläger vereinnahmte Verwaltungsprovision im Jahre 2004 in Höhe von ... EUR, welche bei weitem die Personal- und Sachkosten übersteige, führe dazu, dass für sämtliche Betreuungsleistungen keine Kostenbelastung mehr verbleibe. Der Kläger erhalte daher für die Pflege des gesamten Versicherungsbestandes eine Verwaltungsprovision.
Im Übrigen beruhe die Berechnung der Rückstellung allein auf fiktiven Werten, die in keiner Weise den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen entsprächen, sondern steuerrechtlichen Aufsätzen entnommen worden seien. Der Kläger habe nicht darlegen können, dass tatsächlich arbeitsintensive Tätigkeiten im Rahmen der Betreuung der Verträge angefallen seien. Die Tätigkeiten seien, soweit sie arbeitsintensiv seien, ausschließlich durch die Zentrale in A durchgeführt worden. Die wesentliche Aufgabe der Mitarbeiter bzw. des Klägers bestehe damit darin, Unterlagen an den Direktionsbetrieb zu versenden bzw. für die Versicherten in Empfang zu nehmen. Soweit darüber hinaus eine Kontaktaufnahme erfolge, biete sich die Gelegenheit dafür, weitere Verträge bzw. Vertragsformen zu vermitteln, was seinerseits wiederum zu Provisionsansprüchen führe.
Nach den Feststellungen der Außenprüfung seien allenfalls ... Bausparverträge berücksichtigungsfähig. Teilweise seien nämlich mehrere Bausparverträge in einer Familie abgeschlossen worden. Es sei daher davon auszugehen, dass bei den Betreuungsgesprächen über die Gesamtheit aller Verträge einer Familie gesprochen worden sei. Ebenso sei bei den Lebensversicherungen zu berücksichtigen, dass teilweise wiederum mehrere Verträge innerhalb einer Familie bestehen oder eine Person mehrere Verträge abgeschlossen habe. Der Betreuungsaufwand reduziere sich dementsprechend. Es sei daher nur von einem Bestand an Lebensversicherungsverträgen von ... auszugehen.
Zudem treffe der vom Kläger insgesamt geltend gemachte Betreuungsaufwand schon allein deswegen nicht zu, weil dieser die dem Kläger und seinen Mitarbeiter zur Verfügung stehende Jahresarbeitszeit übersteige. Es wird insoweit Bezug genommen auf die Ausführungen auf Bl. 15 und 16 der Einspruchsentscheidung.
Auch die Lohnkosten habe der Kläger nicht zutreffend berechnet. Abgesehen von einer geringfügigen Abweichung hinsichtlich der Aufwendungen hätte der Kläger auch die Lohnzuschüsse für den Mitarbeiter M in Abzug bringen müssen. Tatsächlich sei daher im Jahr 2004 ein geringerer Aufwand pro Arbeitsstunde angefallen. Außerdem sei Herr M für den Außendienst angestellt worden. Entsprechend könnten die anteiligen Gemeinkosten für die Raumaufwendungen nicht bei ihm berücksichtigt werden. Insgesamt ergebe sich daher für Herrn M ein Arbeitslohn mit Gemeinkosten pro Stunde in Höhe von ... EUR, bei Frau N hingegen ... EUR.
Die Kläger sind diesbezüglich der Ansicht, die Lohnaufwendungen für die Mitarbeiter des Klägers sei zutreffend berücksichtigt worden. Insbesondere könne der Zuschuss für die Lohnkosten des Mitarbeiters M nicht aufwandsmindernd berücksichtigt werden. Dies wäre nur dann zulässig, wenn andererseits auch der Zuschuss nicht gewinnwirksam erfasst worden wäre. Auch die Gemeinkosten dürften nicht anhand der Jahresarbeitszeit der Mitarbeiter aufgeteilt werden. Ansonsten würden die auf den Kläger entfallenden Aufwendungen ihm einerseits zugerechnet, aber andererseits bei der Ermittlung der Rückstellung außer Betracht bleiben. Die Gemeinkosten müssten daher unmittelbar auf die Kosten umgelegt werden, so dass sich die vom Kläger zutreffend ermittelten Kostenansätze ergäben.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), da das FA die Anerkennung der Rückstellung für die Lebensversicherungsverträge zu Unrecht versagte. Hinsichtlich der Bauspar- und Lebensversicherungsverträge dringen die Kläger nicht, hinsichtlich der Höhe der Rückstellung bei den Lebensversicherungen nur zum Teil durch.
1.
Nach § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) als Ausdruck eines handelsrechtlichen Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. Juni 1997, GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735, m.w.N.).
Ein Erfüllungsrückstand liegt vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte. Der BFH knüpft den Begriff des Erfüllungsrückstands herkömmlicherweise eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung. Darüber hinaus hat er aber auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen, allerdings vorausgesetzt, mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung wird nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten (BFH-Urteil vom 28. Juli 2004, XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866). Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich seither auch bei Dauerschuldverhältnissen nicht mehr entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten (Sach-)Leistung (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. Juni 1997, GrS 2/93, BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735 unter B.I.2., m.w.N.). Erfüllungsrückstand setzt nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1987, IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; vom 15. Juli 1998, I R 24/96, BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728, m.w.N.; zum Ganzen BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009, X R 41/07, BFH/NV 2010, 860).
Eine gesetzliche Verpflichtung zur Kundenbetreuung besteht für einen Versicherungsvertreter nicht (vgl. § 86 i.V.m. § 92 HGB). Im Rahmen der Vertragsfreiheit können zwar vertragliche Zusatzpflichten eines Versicherungsvertreters vereinbart werden, so z.B. Pflichten zur allgemeinen Markt-, Bestands- und Kundenpflege, genauso wie einem Versicherungsvertreter verbindliche Vorgaben für Kundenbesuche in bestimmten Zeitabständen gemacht werden können. Es bedarf dann einer entsprechenden inhaltlich eindeutigen Individualvereinbarung (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009, X R 41/07, BFH/NV 2010, 860).
2.
Nach diesen Grundsätzen befand sich der Kläger im Hinblick auf die Bausparverträge sowie die Unfallversicherungen nicht in einem Erfüllungsrückstand. Es fehlt insoweit schon an einer entsprechenden eindeutigen vertraglichen Verpflichtung zur Bestandsbetreuung.
Bei den genannten Produktsparten handelt es sich nicht um Produkte der V, sondern vielmehr lediglich um Produkte von Partnern, mit denen die V zusammenarbeitet. Dementsprechend ergibt sich aus § 3 Nr. 2b des Vertretervertrags keine ausdrückliche Verpflichtung, die entsprechenden Verträge zu betreuen, da der Kläger als Vertreter der V lediglich deren Geschäfte zu fördern und Interessen zu vertreten hat (§ 3 Nr. 1 des Vertretervertrags) und § 3 Nr. 2 des Vertrags lediglich eine Konkretisierung dieser Pflichten beinhaltet ("Demzufolge hat er insbesondere..."). Zudem folgt aus § 1 Nr. 1 des Vertretervertrags, dass der Kläger lediglich auf schriftliches Verlangen der V die Partnerprodukte zu vermitteln hat.
Auch aus den Anlagen des Vertretervertrags ergibt sich kein davon abweichendes Ergebnis. Eine Verpflichtung des Klägers zur Bestandsbetreuung ist dort an keiner Stelle erwähnt. Vielmehr finden sich auf Anlage 7 ausschließlich Regelungen zu einer Abschlussprovision und der damit einhergehenden Vermittlungstätigkeit. Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger verpflichtet war, im Hinblick auf die Bausparverträge und die Krankenversicherungen überhaupt eine Tätigkeit zu entfalten. Jedenfalls würde mit der entsprechend gezahlten Provision genau dasjenige abgegolten, was der Kläger auch zu leisten hatte, namentlich die Vermittlung der genannten Verträge. Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung des Klägers ist für den Senat nicht ersichtlich. Die bloße Erwähnung der anderen Unternehmen im Vertretervertrag hat - insbesondere aufgrund der bloßen Erwähnung der Vermittlung - nicht zur Folge, dass sämtliche Regelungen des Vertrags unbesehen auch auf die anderen Unternehmen übertragen werden könnten. Eine solche Pflicht kann auch nicht im Wege der Auslegung hergeleitet werden. Es widerspräche dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden Interesse des Klägers, eine nicht ausdrücklich vereinbarte zusätzlicher Verpflichtung zur Betreuung anzunehmen, ohne dass die Pflichten insoweit auch nur andeutungsweise im Vertrag ihren Niederschlag gefunden hätten.
3.
Hingegen befindet sich der Kläger im Hinblick auf die Lebensversicherungsverträge im Erfüllungsrückstand und ist insoweit zur Bildung einer Rückstellung dem Grunde nach berechtigt.
a)
Aus dem Vertretervertrag ergibt sich hinreichend deutlich eine Verpflichtung des Klägers, die bestehenden Verträge zu betreuen (§ 3 Nr. 2b des Vertrags). Im Gegenzug dafür erhält der Kläger auch keine Verwaltungsprovision wie insbesondere aus dem Vergleich der Provisionsbestimmungen zur X (Anlage 1 zum Vertrag) einerseits und denen der Lebensversicherungsanstalt (Anlage 2 zum Vertrag) andererseits hervorgeht. Insbesondere sollten "andere Tätigkeiten" abgegolten sein. Das hiermit die Verpflichtungen des § 3 des Vertretervertrags gemeint waren, wird deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass mit der Verwaltungsprovision bei der X genau diese Tätigkeiten bezeichnet waren.
Soweit das FA darauf abstellt, es werde nicht hinreichend deutlich, welche Tätigkeiten der Kläger zu verrichten habe, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Soweit das FA insoweit auf anderslautende Rechtsprechung Bezug nimmt, war in den entschiedenen Fällen jedenfalls keine ausdrückliche Verpflichtung zur Betreuung, wie sie hier in § 3 Nr. 2b des Vertretervertrags besteht, vorhanden (anders etwa im dem BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009, X R 41/07, BFH/NV 2010, 860 zugrunde liegenden Fall). Es kann nicht erwartet werden, dass im Vertretervertrag jede denkbare Konstellation der Betreuung durch den Vertreter geregelt wird. Die Frage, ob der Vertreter oder die Direktion im Einzelfall tätig wird, ergibt sich zur Überzeugung des Senats vielmehr aufgrund der täglichen Zusammenarbeit zwischen beiden. Der Versicherungsvertreter ist häufig der erste Ansprechpartner für den Versicherungsnehmer und zwar unabhängig davon, ob letztlich die Direktion den Vorgang bearbeitet. Zur Betreuung eines Versicherungsvertrags gehören damit bereits Vorgänge, die in der bloßen Annahme und Weiterleitung von Erklärungen des Versicherungsnehmers bestehen. Es ist damit nicht ersichtlich, welchen Vorteil des den Vertragsparteien gebracht hätte, die einzelnen Betreuungsleistungen zu bezeichnen, zumal aufgrund der Vielfältigkeit der möglicherweise zugrundeliegenden Sachverhalte eine abschließende Aufzählung ohnehin nicht möglich ist.
Richtig ist allerdings, dass die Zahlung und die Höhe der Abschlussprovision nicht von der Betreuung abhängt und auch bei fehlender Betreuung keine Sanktionierung - etwa in Form einer Rückzahlungsverpflichtung - vereinbart worden ist. Gleichwohl steht dies der Annahme eines Erfüllungsrückstands nicht entgegen. Soweit die Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009, X R 41/07, BFH/NV 2010, 860) die fehlende Sanktionsregelung als Indiz gegen eine Kundenbetreuungspflicht wertet, ergibt sich daraus für den Streitfall nichts. Denn hier war die Kundenbetreuungspflicht gerade ausdrücklich geregelt. Hieran fehlte es wie bereits erwähnt in dem vom BFH entschiedenen Fall. Ist demnach eine entsprechende Pflicht ausdrücklich vereinbart, kann daran die fehlende Sanktionierung nichts ändern, zumal der Kläger - vorbehaltlich etwaiger Spezialregelungen - gemäߧ 280 Abs. 1 BGB der V zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet wäre, welcher dieser durch eine unterbliebene Betreuung entstünde.
b)
Außerdem weist die Betreuungsprovision für die Sachversicherungen keinen Zusammenhang mit der hier zu gewährenden Rückstellung für die Lebensversicherungen auf. Es mag zutreffen, dass die Höhe dieser Provision den Aufwand des Klägers übersteigt. Wie jeder andere Unternehmer ist aber auch der Kläger auf einen Gewinn angewiesen, so dass auch nicht ernsthaft erwartet werden kann, die Provision decke nur den Aufwand ab. Ein Grund, aus welchem die Bestandsbetreuungsprovision für die Sachversicherungen die Rückstellung für die Lebensversicherungen mindern oder ausschließen sollte, erschließt sich dem Senat nicht.
c)
Der Senat übersieht den Umstand, dass es dem Kläger allein aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen regelmäßig auch im Rahmen der Bestandspflege auf den Abschluss neuer Verträge ankommen wird, nicht. Dies allein ändert aber nichts an der Verpflichtung des Klägers und den daraus entstehenden Erfüllungsrückstand. Soweit Unsicherheiten zwischen der Abgrenzung zwischen bloßer Betreuung und Neuakquisition bestehen, wirkt sich dies bei verbleibenden Zweifeln nur auf die Höhe der Rückstellung aus (dazu unter 4.).
4.
Steht danach dem Grunde nach die Berechtigung des Klägers zum Ausweis einer Rückstellung für die Betreuung der Lebensversicherungsverträge fest, begegnet die vom Kläger begehrte Höhe der Rückstellung allerdings erheblichen Bedenken. Im Rahmen der dem Senat zustehenden Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 162 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-) war danach eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand in Höhe von 23.272,38 EUR anzusetzen.
a)
Gemäߧ 162 Abs. 1 Satz 1 AO sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn sie nicht ermittelt oder berechnet werden können. Eine genaue Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen war bereits deshalb nicht möglich, weil für die Betreuungszeiten keine belastbaren Zahlen für das hier in Streit stehende Jahr 2004 vorliegen. Gleichzeitig kann, worauf das FA zu Recht hinweist, nicht pauschal auf einen Satz von zwei Stunden pro Vertrag und pro Jahr abgestellt werden. Es trifft zwar zu, dass ein solcher Zeitaufwand in der Literatur vertreten wird und die V insoweit mitteilte, dieser Umfang sei nicht zu hoch gegriffen. Belastbare Datensammlungen, auf denen diese Aussagen beruhen, ließen sich hieraus sich aber weder den von den Klägern angeführten Literaturstellen noch dem Schreiben der V entnehmen. Hinzu kommt, dass die V die Bestätigung aus Erfahrungen aus dem Direktionsbetrieb stützt, welcher mit dem Vertreterbetrieb des Klägers nicht zu vergleichen ist. Vielmehr gewinnt der Senat den Eindruck, es handele sich dabei um eine griffweise Schätzung, welche weder anhand der Realität überprüft noch ansonsten irgendeinen Bezug zum Betrieb des Klägers hat.
b)
Vor diesem Hintergrund misst der Senat einerseits den vom Kläger vorgelegten Stundenzetteln der Mitarbeiter eine besondere Bedeutung. Zwar betreffen diese den Monat Dezember 2006, gleichwohl ließen sich hieraus - ggf. unter Berücksichtigung von Unsicherheitsabschlägen - dem Grunde nach für den Betrieb des Klägers anzusetzende Werte entnehmen. Anderseits sind die konkreten Aufstellungen kaum geeignet, auch nur annäherungsweise einen Zeitaufwand pro Lebensversicherungsvertrag daraus zu ermitteln. Hierbei war zunächst zu berücksichtigen, dass schon keine hinreichende Trennung zwischen den nicht rückstellungsfähigen Riesterverträgen und den weiteren Lebensversicherungsverträgen vorgenommen wird. Selbst wenn die Riesterverträge im Streitjahr noch keinen Rahmen wie im Jahr 2006 eingenommen haben mögen, ergibt sich daraus jedenfalls nicht, dass die entsprechende Zeit im Streitjahr den rückstellungsfähigen Lebensversicherungsverträgen zuzuordnen wäre. Teilweise sind die Zeitangaben nicht nachzuvollziehen (z.B. eine Stunde für eine bloße Terminsvereinbarung), teilweise lässt sich den Tätigkeitsbeschreibungen nicht entnehmen, ob es sich überhaupt um eine Bestandspflege oder um die Anbahnung eines neuen provisionspflichtigen Vertrages geht. Gleichzeitig zeigen sich Vermengungen mit weiteren Versicherungsprodukten, so dass der Zeitaufwand nicht konkret der Lebensversicherung zugeordnet werden kann. Soweit Kündigungen der Versicherungsnehmer im Raum standen und diese "abgewehrt" wurden, dürften diese Vorgänge jedenfalls teilweise dem Erhalt der schon gezahlten Provision zugerechnet werden. Denn innerhalb einer Frist von zwei Jahren muss der Kläger die Provision zurückzahlen, wenn der Vertrag gekündigt wird (I.3. der Anlage 4 zum Vertretervertrag).
Außerdem sind jedenfalls aufwendige Betreuungsarbeiten - mit Ausnahme der später von der Direktion übernommenen Mitteilung von Rückkaufswerten - von den Klägern zu keinem Zeitpunkt substantiiert dargelegt worden. Vielmehr erschöpfen sich viele der Tätigkeiten in einer bloßen Weiterleitung von Anträgen bzw. Erklärungen von Versicherungsnehmern an den Direktionsbetrieb. Die Kläger haben letztlich zu keinem Zeitpunkt anhand einer konkreten Betreuungsleistung nachgewiesen, welche Tätigkeiten zu verrichten waren und welcher zeitliche Aufwand hierfür anfiel. Letztlich war zu berücksichtigen, dass der Kläger der Aufforderung durch die Betriebsprüfung, anhand von 30 zufällig ausgewählten Verträgen die Betreuungsleistungen nachzuweisen, nicht nachgekommen ist. Es mag dahinstehen, ob der Hinweis auf den Datenschutz insoweit zutreffend ist. Jedenfalls kann sich aus der fehlenden Mitwirkung der Kläger für sie kein Vorteil ergeben, zumal sie die Feststellungslast hinsichtlich der einer Rückstellung zugrundeliegenden Tatsachen tragen. Letztlich waren die der Sache nach zutreffenden Berechnungen des FA hinsichtlich der Jahresarbeitszeit in der Einspruchsentscheidung zu berücksichtigen. Wäre demnach die tatsächlich vom Kläger für sämtliche Versicherungen (inklusive der noch im Einspruchsverfahren ebenfalls streitbefangenen Sachversicherungen) angesetzt Betreuungszeit entstanden, verbliebe rechnerisch keine Arbeitszeit mehr für den Abschluss neuer Verträge. Dass die danach vom Kläger angesetzten Werte lebensfremd sind, bedarf keiner weiteren Erörterung, zumal der Kläger im Verwaltungsverfahren - wenn auch nur als "Diskussionsgrundlage" - zunächst selbst lediglich eine Zeit von einer halben Stunde pro Lebensversicherungsvertrag veranschlagte.
Soweit das FA im Hinblick auf die zur Betreuung eingesetzten Mitarbeiter darauf verweist, der Angestellte M sei ausschließlich im Außendienst tätig geworden, vermag der Senat hingegen nicht zu erkennen, worauf diese Annahme beruht. Es erscheint dem Senat nicht als unüblich, wie von den Klägern vorgetragen, einem Mitarbeiter in Abweichung zum Anstellungsvertrag andere Aufgaben zuzuweisen, zumal etwaige arbeitsrechtliche Konsequenzen hier ohne weitere Bedeutung sind. Anderenfalls wäre eine Reaktion auf von den Annahmen im Arbeitsvertrag abweichende tatsächliche Begebenheiten nicht möglich.
c)
Bei der darum vorzunehmenden Schätzung geht der Senat daher insgesamt von folgenden Grundlagen aus:
aa)
Die durchschnittliche Laufzeit der Lebensversicherungsverträge zum 31. Dezember 2004 beträgt ausweislich des Schriftsatzes der Kläger vom 10. Mai 2011 ... Jahre. Diesem Ansatz hat das FA in der mündlichen Verhandlung zugestimmt; für den Senat ergeben sich keine Anhaltspunkte, diesen Wert in Frage zu stellen.
bb)
Den durchschnittlichen Arbeitsaufwand schätzt der Senat griffweise mangels hinreichender anderer Anhaltspunkte mit 20 Minuten (1/3 Stunde) pro Jahr. Ein Zeitaufwand von zwei Stunden pro Jahr erscheint dem Senat als deutlich zu hoch angesetzt, da während der Laufzeit auch nach den eigenen Erfahrungen des Senats nur geringfügige Verrichtungen (Adress- und Namensänderungen etc.) anfallen. Änderungen der Verhältnisse, welche eine umfangreichere Arbeit begründen, fallen zwar gelegentlich an, jedoch nicht jedes Jahr und nicht für jeden Vertrag. Die Auszahlung bzw. der Versicherungsfall verursacht zwar einen höheren Aufwand, fällt aber nur einmal pro Vertrag an. Hinzu kommt allerdings, dass gerade bei der Wahrnehmung auswärtiger Termine durch Mitarbeiter der Klägers - etwa Herrn M - die anfallende Fahrzeit als Arbeitszeit nicht unberücksichtigt bleiben darf. Außerdem berücksichtigte der Senat den Einwand des FA, aufgrund mehrerer Verträge in einer Familie bzw. einem Unternehmen ergebe sich ein geringerer Betreuungsbedarf pro Vertrag. Ebenso ist in der geringeren geschätzten Betreuungszeit berücksichtigt, dass bei mehreren Verträgen eines Versicherungsnehmers der anfallende Betreuungsaufwand (etwa bei Namens-, Konto- oder Adressänderungen) nicht allein auf die Lebensversicherungen entfällt. Bei der Höhe der zu bildenden Rückstellung spielt es aber keine Rolle, ob aufgrund dieser aus Sicht des Senats dem Grunde nach zutreffenden Annahmen ein Abschlag bei den zu betreuenden Versicherungen oder bei der zu veranschlagenden Betreuungszeit gemacht wird. Von der vom FA begehrten Kürzung der zu berücksichtigenden Versicherungsverträge wird daher abgesehen, da damit keine für die ohnehin vorzunehmende Schätzung erhellenden Gesichtspunkte zutage treten.
cc)
Der zu berücksichtigende Mitarbeiteraufwand ergibt sich dem Grunde nach zunächst aus den Lohnkosten. In Einklang mit der von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erzielten Übereinstimmung schätzt der Senat die Lohnkosten (ohne Gemeinkosten) einheitlich ... EUR pro Stunde. Dabei war vor allem der Lohnzuschuss des Mitarbeiters M in Abzug zu bringen. Denn wirtschaftlich betrachtet stellt der Zuschuss eine Aufwandserstattung für die Lohnkosten des Mitarbeiters dar. Das Argument, der Zuschuss sei bei den Einnahmen berücksichtigt worden und dürfe daher nicht im Rahmen der Lohnkosten berücksichtigt werden, erschließt sich demgegenüber nicht. Denn es macht keinen Unterschied ob der Zuschuss direkt an den Mitarbeiter gezahlt wird und der Kläger einen geringeren Lohn leistet oder der Lohn höher ausfällt und darum der Kläger den Zuschuss vereinnahmt. Gemäߧ 6 Abs. 3 Nr. 3a Buchstb. e EStG sind bei der Bewertung der Rückstellung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden. Zwar gilt diese Regelung erst ab dem Wirtschaftsjahr 2010, jedoch entspricht sie der auch schon zuvor maßgeblichen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 1992, XI R 50/89, BFHE 168, 329, BStBl II 1992, 910). Da der Kläger nicht einmal behauptet hat, der Zuschuss werde in Zukunft wegfallen, waren die Lohnaufwendungen daher unter Abzug desselben zu berechnen.
Auch soweit die angemessenen Teile der notwendigen Gemeinkosten in Abzug zu bringen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG) sind, kann dem Ansatz des Klägers schon dem Grunde nach nicht gefolgt werden. Denn aus dem Verhältnis der Gemeinkosten zu den Lohnkosten ergibt sich nicht, welche Teile der Gemeinkosten tatsächlich auf die Betreuungsleistungen entfallen. Vielmehr ist dem Grunde nach die Betrachtung des FA zielführend, welche die Aufwendungen anhand des Verhältnisses der "Betreuungszeit" zur Jahresarbeitszeit aufteilt. Dabei ist allerdings den Klägern zuzugeben, dass insoweit auch die Jahresarbeitszeit des Klägers mit einzubeziehen ist, da ansonsten die für seine Betreuungsleistungen erbrachten Gemeinkosten ohne Ansatz blieben. Ausgehend von den Berechnungen des FA, welchen die Kläger der Höhe nach nicht entgegengetreten sind, ergibt sich dabei folgende Ermittlung:
Jahresarbeitszeit der Mitarbeiter ... Stunden
Jahresarbeitszeit des Klägers ... Stunden
Summe ... Stunden
davon für Betreuung (... Verträge x 1/3 Stunden) ... Stunden
anteilig ...%
Gemeinkosten, insgesamt ... EUR
davon für Betreuung ...% ... EUR
Der Senat weist darauf hin, dass insoweit eine Aufteilung zwischen Innen- und Außendiensttätigkeit nicht sachgerecht erscheint, da auch im Rahmen des Außendienstes die Räumlichkeiten der Agentur als Anlaufstelle dienen und dementsprechend mitbenutzt werden.
d)
Die Rückstellung berechnet sich danach insgesamt wie folgt:
Laufzeit x Betreuungszeit x Mitarbeiterlohn x Anzahl der Verträge = ... Jahre x 1/3 Stunden x ... EUR x ... = ... EUR
Anteil Gemeinkosten x Laufzeit ... Jahre x ... EUR = ... EUR
Summe 64.288,34 EUR
Dieser Jahresbetrag ist - worüber unter den Beteiligten Einigkeit besteht - aufgrund der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG abzuzinsen. Dabei ergibt sich anhand der durchschnittlichen Laufzeit von 19 Jahren aus der Tabelle 2 zum BMF-Schreiben vom 26. Mai 2005 (IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl I 2005, 699) ein Wert von 64.288,34 EUR x 0,362 = 23.272,38 EUR.
5.
Zwar ist bei der Bilanzierung der Grundsatz der Wesentlichkeit zu beachten, so dass unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu bleiben haben (BFH-Urteil vom 18. März 2010, X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796 m.w.N.). Die Nachbetreuungspflicht bei den Lebensversicherungsverträgen ist aber im Fall des Klägers nicht unwesentlich.
Ob eine Verpflichtung wesentlich ist, ist dabei nicht nach dem Aufwand für das einzelne Vertragsverhältnis, sondern nach der Bedeutung der Verpflichtung für das Unternehmen zu beurteilen, wobei jedenfalls das Verhältnis zwischen Rückstellung und Gesamtergebnisses des Betriebs zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 18. Januar 1995, I R 44/94, BFHE 177, 61, BStBl II 1995, 742). Im Urteil vom 18. März 2010 (X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796) zieht der BFH für die Bemessung einer Wesentlichkeitsgrenze die jeweils geltende Fassung des § 6 Abs. 2 EStG (im Streitjahr: 410 EUR) heran.
Bei Übertragung dieser Wertungen auf den Streitfall ergibt sich, dass die Verpflichtung des Klägers nicht als unwesentlich angesehen werden kann. Die Rückstellung beträgt nach den obigen Ausführung rund 23.000 EUR und damit mehr als 15% des ohne die Rückstellung berechneten Gewinns und erreicht auch absolut einen Betrag, welcher aus Sicht des Senats nicht mehr als unwesentlich angesehen werden kann.
Darüber hinaus spricht gegen eine bloße unwesentliche Nebenleistung bereits der Vertretervertrag, in welchem die Betreuung ausdrücklich als vertragliche Pflicht, direkt nach der jedenfalls wesentlichen Vermittlungspflicht, normiert wird. Die Vertragsparteien des Vermittlervertrags haben damit die Pflicht als wesentlich angesehen, da ansonsten deren ausdrückliche Normierung nicht nötig gewesen wäre. Dem schließt sich der Senat aufgrund der vorangegangenen Ausführungen an.
Dass die Betreuung auch ein wirtschaftliches Gewicht hat ergibt sich schon aus der Höhe der für die Sachversicherungen gezahlten Betreuungsprovision. Der Senat übersieht dabei nicht, dass diese Provision etwa auch die Bearbeitung von Schadensfällen umfasst, welche einen hohen zeitlichen Aufwand erfordert und sie daher im Bereich der Lebensversicherungen nicht gezahlt wird. Da gleichwohl auch insoweit andere Betreuungsleistungen anfallen, kann die Zahlung von mehr als ... EUR im Streitjahr insoweit als Indiz für die Wesentlichkeit der Betreuungspflicht auch in anderen Bereichen herhalten. Im Übrigen wird auch das FA nicht in Abrede stellen wollen, dass die Angestellten des Klägers auch im Bereich der Betreuung nicht umsonst tätig werden.
Soweit das BMF-Schreiben vom 28. November 2006 (IV B 2-S 2137-73/06, BStBl I 2006, 765) anführt, die Lebensversicherungsbeiträge würden regelmäßig per Lastschrift eingezogen, mag dies zwar zutreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger bzw. seine Mitarbeiter gerade im ländlichen Bereich als Ansprechpartner für die Versicherungsnehmer fungieren. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der Kontakt mit den Kunden würde sich, gerade auch bei auswärtigen Terminen, nicht in der bloßen Entgegennahme von Erklärungen erschöpfen, vielmehr würde seitens der Kunden auch ein - sei es auch nicht auf Versicherungsthemen bezogen - jedenfalls kurzes Gespräch erwartet, erscheint dem Senat nachvollziehbar und glaubhaft.
Soweit das FA sich weitergehend auf das BFH-Urteil vom 18. März 2010 (X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796) beruft und ausführt, der X. Senat sei der Entscheidung des XI. Senat entgegengetreten, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn anders als das FA meint, hat der X. Senat des BFH unter II.4. der Gründe nicht etwa das hier maßgebliche Urteil des XI. Senats des BFH vom 28. Juli 2004 (XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866) in Frage gestellt. Vielmehr führte der X. Senat lediglich aus, auch die Finanzverwaltung schließe sich dem Grundsatz der Wesentlichkeit in ihrem Nichtanwendungserlass (BMF-Schreiben vom 28. November 2006, IV B 2-S 2137-73/06, BStBl I 2006, 765), welcher sich gegen das Urteil des XI. Senats richte, an. Im Übrigen ist das vom Nichtanwendungserlass in Bezug genommene Urteil schon gar nicht geeignet, den Grundsatz der Wesentlichkeit in Frage zu stellen, da im entschiedenen Fall nur ausgeurteilt wurde, die Rückstellung sei dem Grunde nach zu bilden, ohne die Frage der Wesentlichkeit anzusprechen.
6.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb errechnen sich danach wie folgt: ...
II.
...
III.
Die Revision war gemäߧ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Die Berechnung der Höhe einer Rückstellung für Erfüllungsrückstand ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und Gegenstand anhängiger Verfahren beim BFH (z.B. Az. X R 48/08).

RechtsgebieteEStG, HGBVorschriften§ 5 Abs. 1 EStG § 249 Abs. 1 S. 1 HGB