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· Fachbeitrag · Courtage

Umdeckungsaufforderung des Versicherers nach Kündigung der Courtagevereinbarung rechtens?

von Dr. Peter Loibl, Rechtsanwalt, Meerbusch

| Zum Makleralltag gehört es, dass ein Versicherer eine Courtagevereinbarung kündigt - mit oder ohne Angabe eines Kündigungsgrundes. Wenn sie Kündigungsgründe nennen, sind dies meist eine mangelnde Anzahl der vom Makler vermittelten Verträge oder eine zu hohe Schadenquote seiner Kunden. Oft kündigen Versicherer dann mit der Aufforderung an den Makler, alle bisher geschlossenen Versicherungsverträge zur nächsten Hauptfälligkeit umzudecken, verbunden mit der Ankündigung, diese selbst zu kündigen, sollte der Makler der Umdeckung nicht nachkommen. Ist das rechtens? |

Fristgerechte Kündigung des Versicherers

Kündigt ein Versicherer die Courtagevereinbarung - mit oder ohne Umdeckungsaufforderung - unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist, verhält er sich vertragskonform. In diesem Fall muss er keinen Kündigungsgrund angeben.

 

Gibt er gleichwohl einen Kündigungsgrund an, etwa einen zu geringen Bestand, eine zu hohe Schadenquote, ist das rechtlich ohne Bedeutung. Kommt der Makler der Umdeckungsaufforderung nicht nach, kann der Versicherer die Versicherungsverträge fristgerecht selbst kündigen.

Sofortige fristlose Kündigung

Einen - wichtigen - Kündigungsgrund muss der Versicherer nur angeben, wenn er bei einer vereinbarten Kündigungsfrist den Vertrag mit sofortiger Wirkung fristlos kündigt (§ 314 BGB).

 

Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

 

Wichtige Gründe aus dem Gesetz

Bezogen auf den Makler leiten sich wichtige Gründe aus dem Gesetz ab, etwa aus § 34d Abs. 2 GewO. Demnach liegt ein wichtiger Grund beispielsweise vor, wenn die Zuverlässigkeit wegfällt, die Vermögensverhältnisse nicht mehr geordnet sind oder die Berufshaftpflichtversicherung nicht mehr besteht.

 

Wichtige Gründe aus der Courtagevereinbarung

In einigen Fällen sind Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Versicherer auch bereits in der Courtagevereinbarung geregelt. Vertragsrechtlich darf der Versicherer das regeln.

Wenn Regelungen zur Laufzeit und Kündigung fehlen?

Ist in einer Courtagevereinbarung weder eine Laufzeit noch eine Kündigungsfrist geregelt, gilt § 314 BGB ebenfalls.

 

Angemessenheit

Der Berechtigte kann ein Dauerschuldverhältnis innerhalb einer angemessenen Frist kündigen (§ 314 Abs. 3 BGB). Was angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

 

Die Angemessenheit ist gegeben, wenn die aus der Maßnahme resultierenden Nachteile in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die durch sie entstehen. Im Ausgangsfall müsste dem Makler ausreichend Zeit gegeben werden, die Verträge umdecken zu können. Je größer die Anzahl der umzudeckenden Verträge und/oder je komplizierter das umzudeckende Risiko ist, desto mehr Zeit muss ihm für die Umdeckung gewährt werden.

 

Wichtiger Kündigungsgrund und gegebenenfalls Abmahnung

Liegt hingegen ein wichtiger Kündigungsgrund vor, kann auch hier von jedem Vertragsteil ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Voraussetzung ist allerdings das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes (siehe oben).

 

Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig (§ 314 Abs. 2 BGB).

 

  • Beispiel

Ein Makler ist wegen eines Stornos mit der Courtagerückzahlung einer unbestrittenen Forderung des Versicherers in Verzug. Der Versicherer kann erst nach erfolglosem Ablauf der von ihm bestimmten Rückzahlungsfrist oder nach erfolgloser Abmahnung kündigen.

Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind allerdings entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

 

  • Beispiel

Ein Makler fälscht in betrügerischer Absicht Kundenunterschriften auf Versicherungsanträgen, um den Versicherer um Courtagen zu prellen, oder er fälscht Kundenunterschriften auf Maklervollmachten, um eine Bestandsübertragung „problemlos“ bewerkstelligen zu können.

 

Keine Kündigung zur Unzeit

Liegt kein wichtiger Kündigungsgrund vor, ergeben sich - ergänzend zu den Regelungen des § 314 BGB - die Fristen für die ordentliche Kündigung eines nicht explizit im BGB geregelten Dauerschuldverhältnisses aus der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 28.2.1972, Az. III ZR 212/70). Demnach dürfte der Versicherer die Courtagevereinbarung, die als Dauerschuldverhältnis im BGB nicht gesondert geregelt ist, nicht zur Unzeit kündigen (§ 723 Abs. 2 BGB).

 

  • Beispiel

Der Versicherer kündigt die Courtagevereinbarung mit der Aufforderung, zur nächsten Hauptfälligkeit umzudecken, zur Unzeit, wenn abzusehen ist, dass dies dem Makler zum Beispiel wegen der Vielzahl der Verträge und der Kürze der Zeit nicht möglich ist.

 

Folge: Die Kündigung der Courtagevereinbarung ist als solche zwar wirksam, allerdings macht sich der Versicherer schadenersatzpflichtig, sollte dem Makler wegen der Kündigung zur Unzeit ein Schaden entstehen (auch bereits § 314 Abs. 4 BGB). Ein Schaden könnte sich daraus ergeben, dass der Versicherer zwar fristgerecht kündigt (zum Beispiel am letztmöglichen Kündigungstag), wohl wissend, dass der Makler seinen Bestand (zum Beispiel 1.000 Verträge) nicht rechtzeitig umdecken kann.

Auch bei „Courtagezusagen“ Kündigungsregelungen möglich

Für den Widerruf einer Courtagezusage ist das hier Gesagte in der Regel entsprechend anwendbar. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich bei einer Courtagezusage rechtlich um eine Courtagevereinbarung handelt. Das ist der Fall, wenn in der Courtagezusage eine oder mehrere Pflichten des Maklers aufgeführt werden und der Makler die „Zusage“ zur „Kenntnisnahme“ unterzeichnen soll.

 

PRAXISHINWEIS | Sollte Ihnen ein Versicherer die Courtagevereinbarung kündigen und Sie damit in organisatorische Schwierigkeiten bringen, fragen Sie ihn zum Zwecke der juristischen Überprüfung nach der konkreten Rechtsgrundlage, am besten schriftlich. Kommt er Ihrem Wunsch nicht nach, verweisen Sie je nach Einzelfall auf die fehlende Angemessenheit der Kündigungsfrist, auf das Nicht-Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes oder auf das Vorliegen der Kündigung zu Unzeit. Deuten Sie ferner darauf hin, gegebenenfalls Schadenersatz von ihm zu verlangen. In vielen Fällen wird der Versicherer seine Vorgehensweise überdenken bzw. zu Verhandlungen bereit sein.

 

Weiterführender Hinweis

  • Beitrag „Auch für Versicherer gilt - Nichts geht ohne Rechtsgrundlage!“, WVM 4/2013, Seite 6
Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 5 | ID 42921805