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01.10.2006 | Offene Steuerfragen vor den Finanzgerichten

Profitieren Sie optimal von den Verfahren anderer!

Das Steuerrecht wird zunehmend komplizierter. Immer mehr Streitpunkte landen vor den Finanzgerichten (FG). Steuerzahler können von diesen Verfahren profitieren, wenn sie ihre Fälle mittels Einspruch offen halten, bis der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil gefällt hat. Bei positivem Ausgang profitieren sie dann vom Erfolg anderer.

Was fehlt, ist häufig ein Überblick über die bei den verschiedensten Gerichten anhängigen Verfahren. Wir listen daher die für Versicherungsmakler und ihre Kunden wichtigsten Verfahren auf, zeigen Ihnen, um welche Streitpunkte es hierbei geht, und geben Tipps für die Praxis.

Checkliste "Anhängige Verfahren"

Der strittige Sachverhalt Die aktuelle Verfahrenslage
Steuerpflicht von Courtagen
Eine kreuzweise Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen oder Bekannten hat den Vorteil, dass hierfür Courtagen gezahlt werden, die beim Direktabschluss nicht angefallen wären. Auch wenn diese Vermittlungsgebühren anschließend an den Versicherten übergehen und es sich um eine Einmalaktion handelt, sieht das FG Niedersachsen hierin steuerpflichtige sonstige Einnahmen (Urteil vom 25.1.2005, Az: 13 K 555/00; Abruf-Nr.  052758 ). Es könnte sich bei dieser Gestaltung allerdings auch lediglich um eine Minderung der Anschaffungskosten für die jeweilige eigene Lebensversicherung handeln. Dies wäre dann nicht steuerbar.

Unser Tipp: Weisen Sie Versicherte auf das anhängige Verfahren beim BFH (Az: IX R 25/05) hin. Diese sollten die Courtage zwar in ihrer Steuer-Erklärung angeben, gegen die Erfassung dann aber Einspruch einlegen.

Ansatz der Internet-Adresse als Betriebsausgabe
Die laufenden Kosten seines Internet-Auftritts kann der Makler grundsätzlich als sofort abzugsfähigen Aufwand Gewinn mindernd verbuchen. Dies soll nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 16.11.2004, Az: 2 K 1431/03) aber nicht für Kosten einer Domain-Adresse gelten. Diese sind weder als Betriebsausgabe noch im Wege der AfA absetzbar. Eine aussagekräftige Web-Adresse ist als Eingangstor zum Internet ein Garant für Umsätze. Ohne laufende Anpassungen treten aber Abnutzungserscheinungen ein.

Unser Tipp: Selbstständige sollten wegen begrenzter zeitlicher Verwertbarkeit und technischer Weiterentwicklung eine wirtschaftliche Abnutzung beantragen. Sie verweisen dabei auf die anhängige Revision (Az: III R 6/05).

Schätzung von Einnahmen auf Privatkonten
Wickeln Versicherungsmakler über ein Privatkonto auch gelegentlich geschäftliche Transaktionen ab, müssen sie bei der Betriebsprüfung anschließend sämtliche Bankbelege sowie Ein- und Ausgangsrechnungen vorlegen. Sind diese nicht vollständig oder wird die Vorlage verweigert, darf das Finanzamt Betriebseinnahmen hinzuschätzen, so das FG Münster (Urteil vom 19.5.2004, Az: 14 K 767/00). Wer nicht strikt getrennt hat zwischen privat und beruflich vorgenommen, muss bei einer Hinzuschätzung möglicherweise zu viel Steuern zahlen. Ob die Beamten aber hier grundsätzlich hinzuschätzen dürfen, muss der BFH noch klären (Az: X R 20/05).

Unser Tipp: Mit diesem Problem belastete Makler sollten ihre Schätzungsbescheide nicht bestandskräftig werden lassen.

Vermittlungsgebühr bei einer Kombi-Rente
Immer wieder Streit mit dem Finanzamt haben Steuerzahler, die eine fremdfinanzierte Sofortrente abschließen. Hier will die Finanzverwaltung lediglich zwei Prozent der Kreditvermittlungsgebühr den abzugsfähigen Finanzierungskosten zuordnen, so dass der Restbetrag als Aufwand auf der Vermögensebene keine Rolle spielt. Für Verkaufsgespräche ist dies keine steuergünstige Ausgangslage. Dem BFH liegen mehrere Revisionen vor (Az: R 34/04, VIII R 108/03 oder VIII R 15/05). Allerdings hat der BFH bereits in anderen Entscheidungen angedeutet, dass dieser pauschale Abzug durchaus praxisgerecht ist.

Unser Tipp: Dennoch sollten Sie Versicherten empfehlen, die endgültige Entscheidung über ein ruhendes Verfahren abzuwarten.

Steuerpflicht von vor 2005 abgeschlossenen Lebensversicherungen
Bei vor 2005 abgeschlossenen Policen kommt es trotz zwölfjähriger Laufzeit zur Steuerpflicht, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind. Das trifft auf Fälle zu, in denen Ansprüche aus dem Vertrag der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen. Das FG Köln hält sogar den Erwerb von Aktienfonds unter Einsatz einer Lebensversicherung (LV) für steuerschädlich, weil Investmentfonds nicht zu den privilegierten Wirtschaftsgütern gehören (Urteil vom 24.11.2005, Az: 10 K 1364/02; Abruf-Nr.  061253 ). Versicherungsbeiträge sind unter anderem nicht absetzbar, wenn die Ansprüche aus dem Vertrag der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dienen, das keine Forderung ist. Ob dies auch für ein aus Aktien zusammengestelltes Vermögen gilt, muss der BFH (Az: VIII R 1/06) klären. Allerdings sind klare Regeln zu beachten. Wird ein abgesichertes Darlehen auch nur teilweise steuerschädlich verwendet, ist die LV insgesamt steuerpflichtig. Ob dies auch auf die Investition bei Fonds zutrifft, ist offen.
Rabatt-Freibetrag bei Verzicht auf Vermittlungsentgelt
Überlässt eine fremde Policen vermittelnde Bank ihren Mitarbeitern die Provision, sofern sie Verträge für sich oder ihre Verwandten abschließen, gilt der Rabatt-Freibetrag von 1.080 Euro. Nach Ansicht des FG Köln macht es keinen Unterschied, ob der Versicherer den Angestellten ein günstigeres Angebot unterbreitet oder die Bank ihre Provision weiterleitet (Urteil vom 21.4.2005, Az: 10 K 7434/01; Abruf-Nr.  052029 ). Die Voraussetzungen für den Freibetrag sind erfüllt, weil die Bank solche Vermittlungsleistungen allen Kunden anbietet. Die Finanzverwaltung hat Revision eingelegt (Az: VI R 44/05). Argument hierbei ist ein früheres Urteil des BFH, wonach der Arbeitgeber für den Ansatz des Freibetrags im Voraus auf die ihm zustehende Provision verzichten und die Versicherung den Arbeitnehmern im Gegenzug günstigere Konditionen gewähren muss. Doch ob es wirklich einen Unterschied macht, ob von vornherein ein günstigeres Angebot unterbreitet oder über die Bank eine Provision kassiert wird, muss der BFH erneut entscheiden.
Aufteilung von Reisekosten
Der BFH hat entschieden, dass beruflich und privat veranlasste Reisen bei Arbeitnehmern nicht mehr zu voll lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn führen müssen. Solche gemischten Veranstaltungen dürften nun aufgeteilt werden. Makler können diese günstige Sichtweise (noch) nicht nutzen, weil ein Abzugsverbot für Betriebsausgaben gilt, wenn die Reisen auch private Aspekte enthalten. Mehrere FG wenden die arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung auf Selbstständige an (FG Berlin, Urteil vom 15.10.2003, Az: 2 K 2134/01, FG Köln, Urteil vom 21.6.2001, Az: 10 K 6288/96, FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.6.2005, Az: 5 K 1575/01 E; Urteil vom 7.3.2006, Az: 6 K 1786/03). Unser Tipp: Selbstständige und Arbeitnehmer sollten entsprechende Fälle wegen anhängiger Revisionen (Az: IV R 52/05, IX R 24/06, VI R 65/04 und VI R 94/01) offen halten, wenn sie beispielsweise eine Fortbildungsreise bezahlt haben, die auch Freizeitaktivitäten umfasste. Versicherungsmakler sollten die bereits akzeptierten Aufteilungsgrundsätze bei Reisen zum Arbeitslohn verwenden. Die Kosten werden zeitanteilig berücksichtigt, rein beruflicher Aufwand wie etwa eine Seminargebühr wird voll den Betriebsausgaben zugeschlagen.
Quelle: Ausgabe 10 / 2006 | Seite 15 | ID 98813