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  • · Fachbeitrag · Kontopfändung

    Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung: Das ist zu beachten

    | In der Praxis versuchen Gläubiger regelmäßig, Kontoauszüge des gepfändeten Kontos zu erhalten, da sie hierdurch mitunter weitere pfändbare Forderungen erkennen können und sich ggf. Vorteile sichern lassen. Hier ist für Schuldner und ihre Berater Vorsicht geboten. |

    1. Anspruch des Schuldners aus Zahlungsdienstevertrag

    Der Anspruch des Schuldners als Kontoinhaber auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen ist ein selbstständiger Anspruch aus dem Girovertrag, der bei einer Kontenpfändung nicht als Nebenanspruch mit der Hauptforderung mitgepfändet werden kann (§ 675c Abs. 1, § 666 BGB; BGH VE 06, 25).

     

    MERKE | Ginge nämlich der selbstständige und umfassende Auskunftsanspruch des Schuldners auf den Pfändungsgläubiger über, erhielte dieser Informationen, die keine Beziehung zu dem gepfändeten Hauptanspruch auf Auszahlung des positiven Saldos haben und daher nicht mehr durch den Zweck des übergegangenen Nebenanspruchs gedeckt sind. Für den (reinen) Zahlungsanspruch des Gläubigers ist es aber gerade nicht notwendig zu erfahren, welche Lastschriften aufgrund der vorrangigen Pfändung zurückgegeben wurden bzw. woher eine Gutschrift kam und welcher Anspruch dieser zugrunde lag. Vielmehr könnte der Gläubiger sich dadurch umfassend über die gesamte Geschäftstätigkeit des Schuldners informieren und somit ggf. weitere Pfändungsgrundlagen ermitteln und Folgepfändungen gegen andere Drittschuldner ausbringen. Damit würde die Pfändung der Ansprüche aus dem Girokonto auf eine unzulässige, von der ZPO nicht vorgesehene Ausforschungspfändung hinauslaufen (AG Meldorf WM 87, 1503).

     

    Dem vollständigen Übergang des Anspruchs auf Herausgabe der Kontoauszüge und Rechnungsabschlüsse auf den Pfändungsgläubiger steht zudem entgegen, dass dem Kreditinstitut damit die Möglichkeit genommen würde, einen Kontokorrentabschluss im Sinne des § 355 HGB herbeizuführen (LG Itzehoe WM 88, 994), weil für das Saldoanerkenntnis trotz der Pfändung weiterhin der Schuldner zuständig bleibt. Außerdem wäre der Schuldner als Kontoinhaber nicht hinreichend über die Ein- und Ausgänge auf seinem Konto und die Höhe der gepfändeten Beträge informiert (LG Stuttgart Rpfleger 94, 471). Er hätte nicht mehr die Möglichkeit, zu prüfen, ob von ihm zu reklamierende Fehlbuchungen oder durch §§ 850k, 899 ff. ZPO oder § 55 SGB I geschützte Gutschriften erfolgt sind.

     

    2. Auskunftsanspruch als Nebenanspruch

    Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auch auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen (BGH Rpfleger 03, 669). Zu diesen Nebenrechten zählt auch der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gemäß §§ 666, 675 BGB. Der als Nebenanspruch des gepfändeten Hauptanspruchs auf den Gläubiger übergehende Auskunftsanspruch zielt nämlich nur darauf ab, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln (BGH WM 03, 1891). Denn die Höchstpersönlichkeit der als Hauptforderung gepfändeten Leistung ist hierbei zu verneinen. Dies gilt dann auch für unselbstständige Nebenrechte. Der Nebenanspruch folgt dem gepfändeten Hauptanspruch aber nur, soweit dessen Geltendmachung eine Auskunft oder eine Rechnungslegung erfordert. Besteht der gepfändete Auszahlungsanspruch daher nicht, weil auf dem Konto des Schuldners kein Guthaben vorhanden ist, und geht deshalb die Pfändung ins Leere, kann auch der Auskunftsanspruch nicht auf den Gläubiger übergehen.

     

    Beachten Sie | Der Nebenanspruch kann nicht selbstständig gepfändet werden. Einer gesonderten Neben- oder Hilfspfändung bedarf es daher nicht. Das Vollstreckungsgericht kann jedoch auf Antrag des Gläubigers in dem das Hauptrecht pfändenden Beschluss die Mitpfändung ohne Weiteres aussprechen (BGH Rpfleger 03, 669), also den Pfändungsbeschluss nachträglich ergänzen.

    3. Verfahrensrechtlicher Auskunfts- und Herausgabeanspruch

    Gemäß § 836 Abs. 3 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Kontoauszüge erlangt der Gläubiger daher nur durch den Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO über die folgende Anordnung auf Seite 7 bzw. 8 des amtlichen Formulars.

     

    • Seite 7 bzw. 8

    ☒ Es wird angeordnet, dass

    • ☐ der Schuldner die Lohn- oder Gehaltsabrechnung oder die Verdienstbescheinigung einschließlich der entsprechenden Bescheinigungen der letzten drei Monate vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger herauszugeben hat
    • ☐ der Schuldner das über das jeweilige Sparguthaben ausgestellte Sparbuch (bzw. die Sparurkunde) an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser das Sparbuch (bzw. die Sparurkunde) unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☐ ein von dem Gläubiger zu beauftragender Gerichtsvollzieher für die Pfändung des Inhalts Zutritt zum Schließfach zu nehmen hat
    • ☐ der Schuldner die Versicherungspolice an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser sie unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☐ der Schuldner die Bausparurkunde und den letzten Kontoauszug an den Gläubiger herauszugeben hat und dieser die Unterlagen unverzüglich dem Drittschuldner vorzulegen hat
    • ☒ der Schuldner die dem Drittschuldner vorgelegten Bescheinigungen und Belege, die zu einer Erhöhung des Pfändungsfreibetrags nach § 850k Abs. 2, 5 ZPO führen, herausgeben muss (BGH, Vollstreckung effektiv 13, 78);
    • ☒ der Schuldner die Kontoauszüge, nach seiner Wahl auch Kopien hiervon, an den Gläubiger herausgeben muss, die Buchungsvorgänge betreffen, die ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Drittschuldnerin (§ 829 Abs. 3 ZPO) erfolgt sind (BGH VE 12, 74). Insofern sind Schwärzungen einzelner Buchungen unzulässig (BGH VE 12, 78).
     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 123 | ID 47608108