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· Fachbeitrag · Füllungstherapie

Amalgamentfernung unter Schutzmaßnahmen: Vorgehen und Abrechnung

von Tanja Jacobs, Dortmund, www.coaching-schmiedel.de

| Die Diskussion um eine gesundheitliche Gefährdung durch Amalgam gibt es schon seit vielen Jahren. Nun wurde im Zuge der neuen Quecksilberverordnung durchgesetzt, dass ab dem 01.07.2018 bei Schwangeren sowie Stillenden und Kindern bis zur Vollendung des 15. Lebensjahrs Amalgam nur dann verwendet werden darf, wenn der Zahnarzt ein spezifisches medizinisches Erfordernis diagnostiziert! Doch wie schaut es aus, wenn z. B. der Heilpraktiker eine Belastung durch das bereits verarbeitete Amalgam festgestellt hat? Und was gilt für die Abrechnung? Näheres dazu im folgenden Beitrag. |

Bestandteile des Amalgams werden freigesetzt

Die quantitative Freisetzung von Bestandteilen des Amalgams (Hg, Ag, Sn, Cu, Zn) ‒ durch ständigen Abrieb, Knirschen, Politur der Füllungen und säurehaltige Lebensmittel ‒ kann heute durch Multielementanalysen des Speichels leicht nachgewiesen werden. Die Kürzel der freigesetzten Amalgambestandteile haben jeweils folgende Bedeutung:

 

Kürzel
Beschreibung

Hg

Quecksilber

 Ag

Silber

Sn

Zinn

Cu

Kupfer

Zn

Zink

 

Wann ist eine begleitende Amalgamsanierung angezeigt?

Immer mehr Menschen leiden an den Folgen einer Amalgambelastung. Die Belastung des Patienten kann durch toxische (giftige) und/oder allergische Reaktionen auftreten und ist sehr individuell. Die Symptome, die für eine erforderliche Amalgamentfernung sprechen, sind breit gefächert:

 

  • Symptome für eine erforderliche Amalgamsanierung
  • Starke Müdigkeit
  • Sehschwäche
  • Metallischer Geschmack im Mund
  • Schwindel
  • Blähungen/Verstopfung
  • Unklares schlechtes Allgemeinbefinden
  • Entzündungen des Mundraums
  • Schmerzen in Hand und Fuß
 

Welche Schutzmaßnahmen sind vor der Entfernung zu treffen?

In Absprache mit dem Hausarzt sowie mit dem Heilpraktiker und abhängig vom Gesundheitszustand wird der chronisch kranke Patient nur unter zusätzlichen Schutzmaßnahmen bei einer Amalgamsanierung behandelt. Selbstverständlich lohnt sich auch ein präventiver Schutz! Eine Amalgamentfernung durch die Zahnarztpraxis unter Schutzmaßnahmen läuft dann wie folgt ab:

 

1. Lüften des Behandlungsraums

Der Behandlungsraum sollte während der kompletten Behandlung gut belüftet sein, dafür sollte ein Fenster geöffnet werden.

 

2. Tragen einer Schutzmaske

Der behandelnde Zahnarzt und die ZFA setzen sich eine Schutzmaske auf (z. B. eine Goldfiltermaske).

 

3. Sauerstoffzufuhr für den Patienten

Dem Patienten wird medizinischer Sauerstoff (durch eine Nasenbrille) zugeführt. Die Sauerstoffzufuhr läuft während der kompletten Ausbohrung.

 

4. Nutzung von Kofferdam oder einer „direkten Absaugkappe“

Zum Schutz vor unnötiger Kontamination mit Amalgamresten oder Quecksilberdämpfen bietet sich das Spanngummi (Kofferdam) oder eine „direkte Absaugkappe“ an. Das direkte Absaugen ist hier deutlich zu empfehlen, da der Kofferdam bei falscher Nutzung eher zu einer nicht sofort zugänglichen Ansammlung von Amalgamresten führt (Resorption durch die Schleimhäute!).

 

5. Amalgamentfernung mit speziellem Hartmetallbohrer

Mit dem speziellen Hartmetallbohrer (Einmalartikel) wird das Amalgam nun entfernt. Die Amalgamfüllung wird nicht wie bei einem üblichen Füllungsaustausch ausgebohrt, sondern die Füllung wird g‒ wenn möglich ‒ geschlitzt und anschließend ausgehebelt.

 

6. Abnahme der Sauerstoffmaske

Die Sauerstoffzufuhr wird abgedreht und die Sauerstoffmaske dem Patienten abgenommen. Der Patient spült den Mund für ca. 30 Sekunden mit einer Natriumthiosulfat-Lösung um.

 

7. Chlorella-Einlage

Nun erfolgt die Chlorella-Einlage (Algen-Präparat). Das Chlorella-Pulver wird in die eröffnete Kavität eingebracht, um die Amalgamreste aus den feinen Dentinkanälen zu binden, da häufig auf eine schützende Zementfüllung vor dem Einbringen der Amalgam-Füllung verzichtet wurde. Die Einlage verbleibt für ca. 10 Minuten im Mund. Anschließend wird sie ausgewaschen und abgesaugt.

 

8. Die neue Füllung wird gelegt

Die neue Füllung wird gelegt (Füllungsmaterial nach vorheriger Absprache und ggf. Vereinbarung mit dem Patienten).

 

Auf eine Direktversorgung mit Metallkronen oder Goldinlays ist für mindestens 6 Monate zu verzichten. Weitere Maßnahmen zur Ausleitung von Schwermetallen übernimmt der behandelnde Arzt bzw. Heilpraktiker.

Wie berechne ich die Amalgamentfernung?

Die Entfernung der Amalgamfüllung unter den o. g. Schutzmaßnahmen ist weder im BEMA noch in der GOZ beschrieben. Die GOZ-Nrn. 2050 ff. und 2060 ff. beschreiben lediglich das Präparieren der Kavität, jedoch nicht den vorausgehenden Aufwand. Die GOZ-Nr. 2290 kommt von der Leistungsbeschreibung dem Aufwand sehr nahe. Daher könnte diese als mögliche Analogposition für die Amalgamentfernung herangezogen werden.

 

Leistungen, die nicht in der GOZ oder in dem zahnärztlichen Zugriff eröffneten Abschnitten der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschrieben sind, müssen „analog“ ‒ d. h. mit einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung ‒ berechnet werden.

 

  • Beispiel für die Analogberechnung

GOZ-Nr. 2290a: „Aufwendige Amalgamentfernung unter besonderen Schutzmaßnahmen (Chlorella-Einlage, Natriumthiosulfat-Lösung/inkl. Einwirkzeit) ‒ analog gemäß § 6 Abs. 1 GOZ entsprechend Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges o. Ä.“

 

Für den GKV-Patienten muss vorab eine Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z (neu) erfolgen, damit aus dem GKV-Patienten ein Privatpatient wird.

 

Die anschließende Versorgung wird abhängig vom entsprechenden Füllungsmaterial eventuell ebenfalls privat mit dem Patienten vereinbart.

 

PRAXISTIPP | Bitte beachten Sie dabei: Sollte die Amalgamfüllung nicht insuffizient sein, müssen auch die Begleitleistungen als Verlangensleistung nach § 2 Abs. 3 der GOZ vereinbart und auch als solche in der Rechnung gekennzeichnet werden.

 

Nrn. 13e-g jetzt auch bei Schwangeren und Kindern möglich

Die BEMA-Nrn. 13e-g konnten bisher nur für Patienten mit einer Amalgamallergie und bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz berechnet werden. Nun hat die KZBV im beschleunigten Verfahren im Bewertungsausschuss eine neue Einigung erwirkt. Sollte der Zahnarzt wegen der medizinischen Erfordernisse eine Behandlung bei einer Schwangeren, einer Stillenden oder eines Kindes bzw. Jugendlichen bis zur Vollendung des 15. Lebensjahrs als zwingend notwendig erachten, darf er bei diesem Patientenkreis ebenfalls die BEMA-Nrn. 13e-g ansetzen.

 

Zudem wurde für den o. g. Patientenkreis eine neue Leistungsposition für den Seitenzahnbereich beschlossen ‒ die BEMA-Nr. 13h bei mehr als dreiflächigen Kompositfüllungen im Seitenzahnbereich (100 Punkte).

Quelle: Ausgabe 08 / 2018 | Seite 2 | ID 45379688